Weihrauch bei Nervenschmerzen: Studienlage und Wirkungsweise

Weihrauch, ein aromatisches Harz, das seit Jahrtausenden in verschiedenen Kulturen für rituelle und medizinische Zwecke verwendet wird, rückt zunehmend in den Fokus der Wissenschaft. Insbesondere die entzündungshemmenden Eigenschaften des Weihrauchs wecken das Interesse an seiner potenziellen Anwendung bei chronischen Entzündungs- und Schmerzerkrankungen, einschließlich Nervenschmerzen. Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Studienlage und die zugrunde liegenden Wirkmechanismen von Weihrauch bei Nervenschmerzen.

Die Inhaltsstoffe und ihre Wirkungsweise

Verantwortlich für die medizinische Wirkung des Weihrauchs sind vor allem die sogenannten Boswelliasäuren, eine Gruppe von Triterpenen, die im Harz des Weihrauchbaumes vorkommen. Diese Boswelliasäuren beeinflussen das Entzündungsgeschehen im Körper auf vielfältige Weise.

Ein wichtiger Wirkmechanismus besteht in der Beeinflussung des Enzyms 5-Lipoxygenase. Dieses Enzym spielt eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Leukotrienen, einer Gruppe von Entzündungsbotenstoffen. Studien haben gezeigt, dass Boswelliasäuren die 5-Lipoxygenase nicht nur hemmen, sondern sie sogar "umprogrammieren" können. Anstatt entzündungsfördernde Leukotriene zu produzieren, katalysiert die 5-Lipoxygenase unter dem Einfluss von Boswelliasäure die Synthese entzündungsauflösender Substanzen. Dieser innovative Ansatz unterscheidet sich von herkömmlichen Entzündungshemmern wie Ibuprofen oder Diclofenac, die lediglich die Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe blockieren, aber nicht die Auflösung der Entzündung fördern.

Neben der Beeinflussung der 5-Lipoxygenase können Boswelliasäuren auch die Bildung von Prostaglandinen und Thromboxanen hemmen, die ebenfalls eine wichtige Rolle im Entzündungsgeschehen spielen. Darüber hinaus können sie die Produktion von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-1, IL-6 und TNFα reduzieren.

Studienlage bei Nervenschmerzen und anderen Erkrankungen

Die entzündungshemmenden Eigenschaften des Weihrauchs legen nahe, dass er potenziell bei verschiedenen Erkrankungen eingesetzt werden könnte, bei denen Entzündungsprozesse eine Rolle spielen. Dazu gehören unter anderem:

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  • Chronische Entzündungs- und Schmerzerkrankungen: Hierzu zählen beispielsweise Arthrose, rheumatoide Arthritis und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED).
  • Neurologisch-entzündliche Erkrankungen: Diskutiert wird der Einsatz von Weihrauchharz bei Multipler Sklerose (MS).
  • Weitere Erkrankungen: Lymphödem, Fibromyalgie und Mukoviszidose.

Weihrauch bei Arthrose

Die Studienlage zu Weihrauch bei Arthrose ist relativ gut. Mehrere kleine, placebokontrollierte klinische Studien haben gezeigt, dass die orale Einnahme von Weihrauchextrakten die Arthroseschmerzen lindern kann. In diesen Studien wurden verschiedene Weihrauch-Spezialextrakte (Cap-Wokvel®, 5-Loxin®, Aflapin®) verwendet. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Ergebnisse in größeren, konfirmatorischen Studien bestätigt werden müssen.

Weihrauch bei Multipler Sklerose (MS)

Eine Studie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) untersuchte die Auswirkungen von Weihrauchextrakt auf die schubförmige MS. Die Ergebnisse zeigten, dass Weihrauch die Entzündungsaktivität deutlich drosseln konnte. Die Anzahl und Größe der Entzündungsherde hatten sich reduziert, und es wurde ein geringerer Verlust an Gehirnsubstanz beobachtet. Zudem erhöhten sich die Marker für regulatorische CD4 T-Zellen, während die Menge an CD8 T-Zellen, die den Entzündungsbotenstoff Interleukin-17A produzieren, stark sank.

Weihrauch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED)

In der traditionellen Medizin und Erfahrungsheilkunde werden Boswellia-Extrakte auch bei Gelenkschmerzen aufgrund von Arthritis und rheumatoider Arthritis eingesetzt. Es gibt auch Studien, die den Einsatz von Weihrauch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) untersuchen. Dabei entzünden sich schubweise oder kontinuierlich Teile des Darms. Die beiden häufigsten chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.

Weitere Anwendungsgebiete

Es gibt auch Hinweise darauf, dass Weihrauch bei Asthma, Schuppenflechte und Hirntumoren positive Wirkungen haben könnte. Allerdings ist die Studienlage hier noch begrenzt, und weitere Forschung ist erforderlich.

Worauf ist bei der Verwendung von Weihrauch zu achten?

Weihrauch ist in Deutschland bisher nur als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich, nicht aber als Arzneimittel. Daher ist kein Wirknachweis und keine Zulassung erforderlich. Dies bedeutet, dass die Qualität und Zusammensetzung der verschiedenen Weihrauchprodukte stark variieren können.

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Beim Kauf von Weihrauchprodukten sollte man daher auf folgende Punkte achten:

  • Art des Extrakts: Für medizinische Zwecke wird vor allem das Gummiharz von indischem Weihrauch (Boswellia serrata) verwendet.
  • Inhaltsstoffe und Dosierung: Die Produkte der verschiedenen Anbieter sind kaum miteinander vergleichbar, da weder die Art des Extraktes noch Inhaltsstoffe oder Dosierung standardisiert sind. Achten Sie auf den Anteil an Boswelliasäuren.
  • Reinheit: Es gibt Hinweise darauf, dass Weihrauchpräparate mit Schadstoffen wie Blei belastet sein können. Achten Sie auf unabhängige Qualitätskontrollen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die in den wenigen klinischen Studien untersuchten Weihrauch-Spezialextrakte sich von den in Deutschland erhältlichen weihrauchhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln unterscheiden. Eine Übertragung der Aussagen zu Dosierung und Wirkung dieser Extrakte auf hiesige Nahrungsergänzungsmittel ist daher nicht möglich.

Mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen

Einige Studien geben Hinweise auf unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit, Magensäure-Reflux sowie allergische Reaktionen bei der Einnahme von Weihrauchextrakt. Weihrauch-Extrakte können Wechselwirkungen mit einer Vielzahl von Medikamenten haben, insbesondere solchen, die mittels P-Glycoprotein transportiert werden. Außerdem sollten Sie Weihrauchprodukte nicht verwenden, wenn Sie Blutgerinnungshemmer wie Warfarin (Coumadin®) einnehmen. Suchen Sie also unbedingt vor der Verwendung das ärztliche Gespräch oder fragen Sie in der Apotheke, wenn Sie regelmäßig Medikamente einnehmen.

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