Leistenschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, das viele Ursachen haben kann. Sie äußern sich am vorderen Teil des Beckens und können durch Überlastung, zu viel Sitzen und zu wenig Bewegung entstehen. Die Leiste ist eine anatomisch komplexe Region, in der verschiedene Strukturen zusammenlaufen, was die Diagnose erschweren kann. Es ist wichtig, die verschiedenen Nerven zu kennen, die in der Leiste verlaufen, um die Ursachen von Leistenschmerzen besser zu verstehen und gezielte Behandlungen zu entwickeln.
Anatomie der Leiste
Die Leiste, auch Regio inguinalis genannt, bildet den Übergang vom Bauch zum Oberschenkel. Sie verbindet das Becken beidseitig mit dem Oberschenkel und stützt den Inhalt der Bauchhöhle, einschließlich Organe wie Leber, Bauchspeicheldrüse, Milz, Darm und Magen. In der Leistengegend verlaufen verschiedene Muskeln, Sehnen, Nerven und Blutgefäße. Die Muskeln und Sehnen sind entscheidend für Bewegungen wie das Beugen, Spreizen und Anziehen der Beine. Die Nerven und Blutgefäße sorgen für die Sensibilität und die Blutversorgung der Beine.
Die Leiste beherbergt den muskulofaszialen Ursprung der Bauchdecke sowie die den Rumpf mit dem Oberschenkel verbindenden Muskelstränge, das Leistenband, Faszienstränge, Lymphknoten, die großen Beingefäße sowie viele wichtige Nervenäste zur Versorgung der unteren Extremitäten. Sie ist auch ein Teil der vorderen Bauchwand, einer Funktionsgemeinschaft von Muskulatur und Aponeurosen, die in ihrem distalen Anteil den Leistenkanal bilden.
Nerven in der Leiste
Verschiedene Nervenstränge durchziehen die Leiste bzw. den Leistenkanal. Das dicke Nervengeflecht, das in der Leistenregion verläuft, trägt neben den Drüsen, Schleimbeuteln und anderem Weichteilgewebe dazu bei, dass die Leiste äußerst sensibel auf Veränderungen reagiert. Zu den wichtigsten Nerven in der Leiste gehören:
- Nervus femoralis (Oberschenkelnerv): Er entspringt dem Rückenmark im Bereich der Lendenwirbelsäule und versorgt wichtige Muskeln der Hüft- und Oberschenkelmuskulatur. Mit seinen motorischen Fasern innerviert der Femoralnerv Kniegelenkstrecker wie den Musculus quadriceps femoris und den Musculus sartorius am Oberschenkel sowie die Hüftgelenkbeuger Musculus psoas major und Musculus iliacus. Er leitet die Empfindungen aus dem Bereich des vorderen und inneren Oberschenkels sowie vom inneren Unterschenkel an das Gehirn. Bei einer Schädigung kann es zu einer Femoralislähmung kommen, bei der man sich nicht mehr aus dem Liegen aufrichten und/oder das Knie nicht mehr aus eigener Kraft strecken kann. Ein weiteres Anzeichen sind Sensibilitätsstörungen und der Ausfall des Kniescheibensehnenreflexes.
- Nervus cutaneus femoris lateralis (seitlicher Hautnerv des Oberschenkels): Er vermittelt die Empfindung von Berührung, Schmerz und Temperatur am seitlichen und vorderen Oberschenkel. Zu einer Schädigung kommt es meist durch Druck. Patient*innen haben dann Beschwerden an der Vorder- bzw. Außenseite des Oberschenkels. Charakteristisch sind ein Kribbeln, brennende Schmerzen, Missempfindungen und Taubheit. Die Symptome treten vor allem dann auf, wenn der Druck auf den Nerv steigt - etwa beim Tragen enger Hosen ("Jeanskrankheit") und in der Schwangerschaft.
- Nervus ilioinguinalis und Ramus genitalis des Nervus genitofemoralis: Diese Nerven verlaufen durch den Leistenkanal und können bei verschiedenen Erkrankungen gereizt oder eingeklemmt werden. Ihre Verläufe haben vielfach eine anatomische Lagevariabilität.
- Drei sensorische Nerven (Ileo-hypogastrischer, Ileo-inguinaler und Genito-femoraler Nerv): Diese drei Nerven verlaufen in der Leistengegend und können, wenn sie durch die Hernie zusammengedrückt werden, Schmerzen signalisieren. Die Nervenkompression tritt in der Leistengegend auf, aber der Schmerz kann auch in anderen Bereichen wie der Innenseite des Oberschenkels, dem Hoden und nicht in den unteren Bauchquadranten empfunden werden, die alle Gebiete der drei Leistennerven sind.
Ursachen von Leistenschmerzen im Zusammenhang mit Nerven
Da verschiedene Nerven die Leiste bzw. den Leistenkanal durchziehen, ist es möglich, dass auch komprimierte Nerven die Schmerzen auslösen können. Ursache für diese Nervenreizung ist mitunter eine Sehnenentzündung in der Leiste. Auch Überspannungen im Bereich der Wirbelsäule können bestimmte Nervenbahnen, beispielsweise den Ischiasnerv in der Lendenwirbelsäule, so stark einengen, dass die Signalübertragung beeinträchtigt ist. Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen, Nervenwurzelentzündungen und Verengungen des Spinalkanals können unmittelbare Auswirkungen auf den Leistenbereich haben. Schmerzen können in Leiste, Gesäß, Oberschenkel und mitunter bis in die Waden strahlen.
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Weitere mögliche Ursachen für Leistenschmerzen im Zusammenhang mit Nerven sind:
- Einklemmung von Nerven: Bei einem Leistenbruch können Nerven eingeklemmt werden, was zu Schmerzen und Missempfindungen führen kann. Auch nach einer Hernienreparatur kann es zu chronischen Schmerzen kommen, wenn einer der drei sensorischen Nerven der Leiste mit dem Netz oder seinen Befestigungspunkten in Kontakt und in Konflikt gerät.
- Nervenreizung durch Muskelverspannungen: Muskelverspannungen im Bereich der Hüfte, des Beckens oder des Rückens können Nerven reizen und zu Leistenschmerzen führen.
- Erkrankungen der Wirbelsäule: Erkrankungen wie Bandscheibenvorfälle oder Spinalkanalstenosen können Nervenwurzeln im Bereich der Lendenwirbelsäule komprimieren und Schmerzen in die Leiste ausstrahlen lassen.
- Meralgia paraesthetica: Dieses Nervenleiden wird durch Kompression oder Einklemmung des seitlichen Oberschenkelnerven verursacht und äußert sich durch Schmerzen, Kribbeln und Taubheit an der Außenseite des Oberschenkels.
- Hodentorsion: Bei einer Hodentorsion verdrehen sich der Samenstrang und die Blutgefäße, sodass die Hoden nicht mehr ausreichend durchblutet werden. Dies ist ein urologischer Notfall, der frühzeitig erkannt werden muss.
Diagnose von Leistenschmerzen im Zusammenhang mit Nerven
Die Diagnose von Leistenschmerzen im Zusammenhang mit Nerven erfordert eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung. Der Arzt wird nach der Art, Lokalisation und Ausstrahlung der Schmerzen fragen sowie nach begleitenden Symptomen wie Taubheitsgefühlen, Kribbeln oder Muskelschwäche.
Bei der körperlichen Untersuchung wird der Arzt die Beweglichkeit der Hüfte und des Rückens prüfen, die Leiste abtasten und nach Druckschmerzhaftigkeit suchen. Zudem können neurologische Tests durchgeführt werden, um die Funktion der Nerven zu überprüfen.
Zur weiteren Abklärung können bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgen oder MRT eingesetzt werden. Eine Ultraschalluntersuchung kann helfen, Muskel- und Sehnenverletzungen, Raumforderungen oder Lymphknoten zu erkennen. Eine Röntgenaufnahme kann knöcherne Veränderungen wie Hüftarthrose oder Stressfrakturen darstellen. Eine MRT kann Weichteilverletzungen, Nervenkompressionen oder Entzündungen sichtbar machen.
In manchen Fällen kann eine diagnostische Infiltration durchgeführt werden, bei der ein Lokalanästhetikum in die Nähe eines bestimmten Nervs gespritzt wird. Wenn die Schmerzen nach der Injektion nachlassen, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass der Nerv die Schmerzursache ist.
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Behandlung von Leistenschmerzen im Zusammenhang mit Nerven
Die Behandlung von Leistenschmerzen im Zusammenhang mit Nerven richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Konservative Maßnahmen wie Physiotherapie, Dehnübungen, Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente können oft helfen, die Schmerzen zu lindern.
- Physiotherapie: Physiotherapeutische Übungen können helfen, Muskelverspannungen zu lösen, die Beweglichkeit der Hüfte und des Rückens zu verbessern und die Nerven zu entlasten.
- Dehnübungen: Regelmäßiges Dehnen der Muskeln im Bereich der Hüfte, des Beckens und des Rückens kann helfen, Nervenreizungen zu reduzieren.
- Schmerzmittel: Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol können helfen, die Schmerzen zu lindern.
- Entzündungshemmende Medikamente: Entzündungshemmende Medikamente wie Kortikosteroide können helfen, Entzündungen im Bereich der Nerven zu reduzieren.
- Injektionen: In manchen Fällen können Injektionen mit Kortikosteroiden oder Lokalanästhetika in die Nähe der Nerven helfen, die Schmerzen zu lindern.
- Operation: In seltenen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um die Ursache der Nervenkompression zu beseitigen, z. B. bei einem Leistenbruch oder einer Spinalkanalstenose.
Prävention von Leistenschmerzen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Leistenschmerzen aktiv vorzubeugen. Durch diese Maßnahmen kann das Risiko für Leistenschmerzen verringert und die langfristige Gesundheit der Leistenregion gefördert werden:
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung hilft, die Muskeln im Bereich der Hüfte, des Beckens und des Rückens zu stärken und die Beweglichkeit zu erhalten.
- Dehnübungen: Regelmäßiges Dehnen der Muskeln im Bereich der Hüfte, des Beckens und des Rückens kann helfen, Muskelverspannungen vorzubeugen.
- Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung kann helfen, Fehlhaltungen und Überlastungen zu vermeiden.
- Vermeidung von Übergewicht: Übergewicht kann die Belastung der Hüfte und des Rückens erhöhen und das Risiko für Leistenschmerzen erhöhen.
- Tragen von bequemer Kleidung: Das Tragen von bequemer Kleidung kann helfen, Druck auf die Nerven im Bereich der Leiste zu vermeiden.
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