Nervus femoralis: Anatomie, Funktion und klinische Bedeutung

Der Nervus femoralis, auch Oberschenkelnerv genannt, ist der stärkste und längste Ast des Plexus lumbalis. Er spielt eine zentrale Rolle bei der Innervation der unteren Extremität und ist sowohl für motorische als auch für sensible Funktionen verantwortlich.

Anatomie des Nervus femoralis

Ursprung und Verlauf

Der Nervus femoralis entspringt den Wurzeln der Spinalnervensegmente L1 bis L4 des Rückenmarks im Bereich der Lendenwirbelsäule. Er verläuft im Becken zwischen dem Musculus iliacus und dem Musculus psoas major nach distal. Unterhalb des Leistenbandes, genauer gesagt unterhalb des Ligamentum inguinale, teilt er sich in seine Äste auf.

Der Nerv tritt an der lateralen Seite des Musculus psoas major unter der Fascia iliaca aus und verläuft dann zwischen dem Musculus psoas und dem Musculus iliacus durch die Lacuna musculorum zum Oberschenkel. Zusammen mit der Vena femoralis und der Arteria femoralis gelangt er weiter nach distal zum Adduktorenkanal. Schließlich setzt er sich im Rahmen seines sensiblen Endastes, des Nervus saphenus, fort. Der Nervus saphenus zieht zunächst durch das Septum intermusculare vastoadductorium nach ventral/medial.

Äste des Nervus femoralis

Oberhalb des Leistenbandes gibt der Nervus femoralis Rami musculares zum Musculus iliopsoas und zum Musculus pectineus ab. Unterhalb des Ligamentum inguinale verlassen den Nerven sensible Hautäste zur Versorgung des ventralen Oberschenkels. Am Oberschenkel gehen weitere Muskeläste zum Musculus quadriceps femoris sowie zum Musculus sartorius ab.

Der Nervus saphenus ist der sensible Endast des Nervus femoralis und versorgt die Haut am medialen Unterschenkel und Fuß. Er zieht mit der Arteria femoralis durch den Canalis adductorius und gibt in Höhe des Kniegelenks den Ramus infrapatellaris ab.

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Funktion des Nervus femoralis

Motorische Innervation

Der Nervus femoralis innerviert folgende Muskeln:

  • Musculus iliopsoas: Hüftbeugung
  • Musculus pectineus: Hüftbeugung, Adduktion und Außenrotation
  • Musculus sartorius: Beugung der Hüfte und des Knies, Außenrotation des Oberschenkels
  • Musculus quadriceps femoris: Knies Extension (Streckung). Der Musculus quadriceps femoris besteht aus vier Köpfen:
    • Musculus rectus femoris
    • Musculus vastus lateralis
    • Musculus vastus medialis
    • Musculus vastus intermedius

Sensible Innervation

Der Nervus femoralis versorgt sensibel folgende Bereiche:

  • Vorderseite des Oberschenkels (Rr. cutanei anteriores)
  • Innenseite des Unterschenkels (Nervus saphenus)
  • Medialer Bereich unterhalb des Kniegelenks (Ramus infrapatellaris)

Der Nerv leitet die Empfindungen aus dem Bereich des vorderen und inneren Oberschenkels sowie vom inneren Unterschenkel an das Gehirn. Er vermittelt die Empfindung von Berührung, Schmerz und Temperatur am seitlichen und vorderen Oberschenkel.

Klinische Bedeutung

Schädigung des Nervus femoralis (Femoralisparese)

Eine Schädigung des Nervus femoralis kann verschiedene Ursachen haben, darunter:

  • Iatrogen: Operationen an der Leiste oder im kleinen Becken, insbesondere Hüftoperationen (z. B. Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks)
  • Kompression: Engpasssyndrome, z. B. in der Lacuna musculorum unter dem Leistenband
  • Psoas-Syndrom: Verspannung oder Verkürzung des Musculus psoas major
  • Infektionen oder Entzündungen: Abszesse oder Eiteransammlungen im Becken oder Leistenbereich, Gürtelrose
  • Verletzungen: z. B. durch direkte Traumata oder Frakturen
  • Tumore: Druck aufgrund eines Tumors
  • Anästhesiekomplikationen: Fehlerhafte Regionalanästhesie
  • Arterielle Durchblutungsstörungen: Stenosen in der Arteria iliaca oder Arteria femoralis
  • Diabetische Neuropathie: Nervenschäden durch Diabetes

Symptome einer Femoralisparese:

  • Motorische Ausfälle:
    • Schwäche der Hüftbeugung (Musculus iliopsoas, Musculus sartorius)
    • Schwäche der Kniestreckung (Musculus quadriceps femoris), was zu Schwierigkeiten beim Aufrichten aus dem Liegen und beim Treppensteigen führt
  • Sensibilitätsstörungen:
    • Hypästhesie (verminderte Empfindlichkeit) oder Anästhesie (vollständiger Sensibilitätsverlust) an der medialen Oberschenkelvorderseite und am medialen Unterschenkel
    • Schmerzen, Kribbeln oder brennende Missempfindungen im Versorgungsgebiet des Nerven
  • Weitere Anzeichen:
    • Abhängig von der Höhe der Nervenschädigung
    • Ausfall des Kniescheibensehnenreflexes

Diagnostik:

  • Klinische Untersuchung: Prüfung der Hüftbeugung und Kniestreckung gegen Widerstand, Sensibilitätsprüfung, Prüfung des Kniescheibensehnenreflexes
  • Neurographie: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus femoralis und Nervus saphenus
  • Elektromyographie: Untersuchung der Muskelaktivität des Musculus quadriceps femoris und anderer betroffener Muskeln
  • Bildgebung: MRT zur Darstellung des Nervenverlaufs und zum Ausschluss von Kompressionen oder anderen Ursachen

Therapie:

Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Nervenschädigung.

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  • Konservative Therapie:
    • Physiotherapie zur Kräftigung der Muskulatur und Verbesserung der Beweglichkeit
    • Schmerztherapie mit Analgetika, Antineuropathika (z. B. Gabapentin, Pregabalin, Carbamazepin/Oxcarbazepin)
    • Injektionen mit Kortikosteroiden zur Entzündungshemmung
    • Vermeidung von Kompressionen (z. B. durch lockere Kleidung)
  • Operative Therapie:
    • Dekompression des Nerven bei Engpasssyndromen
    • Neurolyse (Freilegung des Nerven)
    • In seltenen Fällen Neurektomie (Durchtrennung des Nerven) als letzter Ausweg bei unerträglichen Schmerzen

Meralgia paraesthetica

Die Meralgia paraesthetica ist eine Kompression des Nervus cutaneus femoris lateralis, eines rein sensiblen Nerven, der die Haut des vorderen und seitlichen Oberschenkels versorgt. Die häufigste Ursache ist eine Einklemmung des Nerven im Bereich des Leistenbandes.

Symptome:

  • Kribbeln, brennende Schmerzen, Missempfindungen und Taubheit an der Vorder- bzw. Außenseite des Oberschenkels
  • Die Symptome werden oft durch enge Hosen ("Jeanskrankheit"), Schwangerschaft, Übergewicht, langes Stehen oder Gehen sowie durch Streckbewegungen im Hüftgelenk verstärkt.

Diagnostik:

  • Klinische Untersuchung
  • Lokalanästhesie an der Durchtrittsstelle des Nerven
  • Neurographie
  • Ultraschall
  • MRT

Therapie:

  • Konservative Therapie:
    • Vermeidung enger Kleidung
    • Gewichtsreduktion
    • Physiotherapie
    • Schmerztherapie
    • Injektionen mit Kortikosteroiden
  • Operative Therapie:
    • Dekompression des Nerven
    • In seltenen Fällen Neurektomie

Nervus femoralis-Blockade

Eine Nervus femoralis-Blockade ist eine vorübergehende Betäubung des Nervus femoralis, die im Rahmen von Operationen am Bein oder zur Schmerzbehandlung eingesetzt wird. Die Wirkung des Lokalanästhetikums lässt in der Regel innerhalb weniger Stunden nach.

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