Trockener Hals, Herzklopfen, eine brüchige Stimme - dies sind typische Anzeichen von Aufregung, die oft in unpassenden Momenten auftreten. Diese Symptome, gesteuert durch autonome Funktionen des Körpers, verdeutlichen die enge Verbindung zwischen Körper und Geist. Das Nervensystem spielt hierbei eine entscheidende Rolle, indem es vegetative Abläufe wie Verdauung, Atmung, Temperaturregulation und die Koordination aller Organe und Gewebe steuert. Eine Verletzung der Nerven im Rückenmark kann sich daher dramatisch auf die Motorik und viele lebenswichtige Bereiche auswirken.
Zentrales und peripheres Nervensystem
Wenn vom Nervensystem die Rede ist, kann sowohl das zentrale Nervensystem (ZNS) als auch das periphere Nervensystem (PNS) gemeint sein. Das ZNS umfasst Gehirn und Rückenmark, während das PNS alle Nerven außerhalb des ZNS beinhaltet. Funktionell lässt sich das Nervensystem in einen willkürlich steuerbaren (somatischen) und einen unwillkürlich steuerbaren (autonomen oder vegetativen) Anteil unterteilen.
Das Zentralnervensystem umfasst die zentralen Anteile des somatischen und autonomen Nervensystems in Rückenmark und Gehirn. Hier werden sowohl willkürlich als auch autonom zu steuernde Reize verarbeitet. Im Gehirn liegt die graue Substanz außen (Cortex), während sie im Rückenmark von der weißen Substanz umhüllt wird. Gehirn und Rückenmark sind von Hirn- bzw. Rückenmarkshäuten (Meningen) umschlossen und durch den Schädelknochen und 26 Wirbelkörper geschützt. Im Gegensatz zum peripheren Nervensystem können sich Nerven des ZNS nicht regenerieren.
Das vegetative Nervensystem
Das vegetative oder autonome Nervensystem besteht aus dem Sympathikus, seinem Gegenspieler dem Parasympathikus und dem enterischen Nervensystem. Sympathikus und Parasympathikus arbeiten bei der Feinregulierung der Körperfunktionen genau aufeinander abgestimmt, während das enterische Nervensystem (ENS) als eigene Einheit funktioniert. Im Gegensatz zu den willentlich steuerbaren Nerven des somatischen Nervensystems funktionieren in den drei autonomen Bereichen alle Aktionen ohne absichtliche Steuerung durch den Menschen. Dies zeigt sich beispielsweise im körperlichen Ausdruck von Angst, Schrecken oder Wut: Die Pupillen erweitern sich, eine Verengung der Gefäße führt zu Erbleichen, das Herz rast. Alle Organe empfangen ständig Signale von sympathischen und parasympathischen Nerven. Die Wirkung hängt vom Verhältnis dieser Reize ab, also davon, welcher Einfluss gerade überwiegt.
- Sympathikus: Vermittelt anregende, leistungssteigernde Reize.
- Parasympathikus: Fördert die Erholung.
- Enterisches System: Ein Netzwerk von Neuronen in den Wänden des Gastrointestinaltrakts, das Reize empfängt und reflexartig beantwortet, etwa durch Absonderung.
Während die Nervenbahnen des Sympathikus das Rückenmark in Höhe der Thorakalsegmente und Lumbalsegmente (T1 bis L1/L2) verlassen, verlaufen die Bahnen des Parasympathikus im Bereich des Sakralmarks (S2 bis S4) sowie als Hirnnerv (Nervus vagus) vom Kopf aus in fast alle Organe. Damit sind parasympathische Nerven weniger breit auf das Rückenmark verteilt und weniger von Verletzungen betroffen.
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Neuronen: Die Bausteine des Nervensystems
Gemeinsam mit den umhüllenden Gliazellen bilden alle Neuronen zusammen das Nervensystem. Schematisch dargestellt sieht eine Nervenzelle aus wie eine Baumkrone mit Ästen. Die Zellfortsätze können als Dendriten (griech. „Baum“) kurze, stark verzweigte Ausläufer bilden oder als Neurit/Axon in Form eines langen Strangs den Zellkörper fortsetzen. Vereinfacht gesagt, leitet das Axon den elektrischen Impuls einer Nervenzelle weiter, während ein Dendrit ihn aufnimmt. Beide sind als Zellfortsätze ohne Übergang mit dem Zellkörper verbunden und verknüpfen sich untereinander über Kontaktstellen, die Synapsen.
Neurowissenschaftler wissen, dass die Verschaltung der Nervenzellen untereinander nicht statisch ist, sondern ständig auf sich ändernde Umweltbedingungen reagieren kann und somit eine lebenslange Veränderbarkeit bewahrt. Im Mittel haben Nervenzellen 10.000 bis 100.000 Synapsen, über die sie mit anderen Nervenzellen in Kontakt stehen. Diese können neu aufgebaut, abgebaut, in ihrer Effektivität verstärkt (z. B. beim Lernen) oder abgeschwächt werden. Jedes Axon ist von einer fettartigen Schicht (Myelin) umgeben, die es wie die Beschichtung eines Kabels isoliert. Eine zweite Umhüllung mit kleinen Einschnürungen (Schwann`sche Scheide) schützt es zusätzlich. Das menschliche Axon kann eine Länge von 1,5 m erreichen und stößt nicht immer auf eine weitere Nervenzelle, sondern kann auch bei einer Drüse, einem Muskel oder anderem Gewebe enden. Auch dort gelangt der Impuls über eine Synapse zur gegenüberliegenden Membran. Die meisten Synapsen übermitteln Informationen in Form einer chemischen Reaktion. Dazu geben viele synaptische Bläschen im Umfeld der Synapse einen chemischen Stoff ab, der die Reizübertragung erst möglich macht. Sympathikus und Parasympathikus nutzen unterschiedliche Neurotransmitter zur Übertragung ihrer Impulse: Sympathische Reize werden vor allem mit den Stoffen Adrenalin und Noradrenalin übertragen, während parasympathische Einflüsse Azetylcholin zum Transport brauchen. Neuronen verbinden das zentrale Nervensystem mit Muskeln, Drüsen oder anderen ausführenden Geweben. Die Zellkörper der Nervenzellen liegen größtenteils im ZNS, aber auch in den Nervenknoten (Ganglien) außerhalb von Rückenmark und Gehirn.
- Efferente/motorische Neuronen: Sie sind „absteigend“, verlaufen also vom ZNS zu den Organen, Drüsen und Geweben.
- Afferente/sensible Neuronen: Sie sind „aufsteigend“ und verbinden Organe, Drüsen, Muskeln und andere Gewebe mit dem ZNS. Sie leiten unter anderem Sinnesinformationen weiter.
Obwohl der Begriff „Nerven“ genau genommen ein Bündel aus unterschiedlichen Neuronen meint, wird dennoch häufig von motorischen bzw. sensiblen Nerven gesprochen. Als Nerv im eigentlichen Sinne werden Bündel von Axonen bezeichnet, die meist sensible und motorische Neurone enthalten. Viele Nerven sind durch die Bündelung so dick, dass sie mit bloßem Auge zu erkennen sind. Man unterscheidet 31 paarige Spinalnerven, die dem Rückenmark entspringen, und 12 Hirnnerven.
- Spinalnerven (Rückenmarksnerven): Die meisten Nerven zweigen vom Rückenmark ab.
- Halsmark/Zervikalmark (C1-C8)
- Brustmark/Thorakalmark (Th1-Th12)
- Lendenmark/Lumbalmark (L1-L5)
- Kreuzmark/Sakralmark (S1-S5)
- Schwanzmark/Kokzygealmark (Co1)
Das eigentliche Rückenmark verläuft nur durch etwa zwei Drittel der Wirbelsäule, d. h. die Wirbelkörper im unteren Bereich umschließen nicht mehr das Rückenmark, sondern lediglich Spinalnerven, die weiter oben aus einem bestimmten Rückenmarksabschnitt ausgetreten sind (Cauda equina). Von jedem Segment führen rein motorische und rein sensible Neuronen in den Zwischenwirbelkanal, um sich dort zu einem Nerv zu verbinden. Alle zwölf Kranialnerven entspringen dem Hirnstamm, dazu gehören beispielsweise der Sehnerv (Nervus opticus) und der Nervus vestibulocochlearis, der Gehör und Gleichgewichtssinn versorgt. Drei weitere Hirnnerven regeln die Bewegungen der Augenmuskeln. Der Nervus vagus (10. Hirnnerv) gehört zum parasympathischen System und verlässt das Gehirn, um über die Kehlkopfmuskulatur, das Herz und den Magen zum Darm zu gelangen. Alle diese Stationen beeinflusst er autonom und ist dabei auf ein intaktes Rückenmark nicht angewiesen.
Welches Körperteil hat die meisten Nerven?
Die Frage, welches Körperteil die meisten Nerven hat, ist nicht einfach zu beantworten, da es verschiedene Arten gibt, "Nerven" zu definieren und zu zählen. Es hängt davon ab, ob man die Anzahl der Nervenenden, die Dichte der Nervenfasern oder die Gesamtzahl der Neuronen betrachtet.
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Haut: Die Haut ist das größte Organ des Körpers und verfügt über eine enorme Anzahl an sensorischen Rezeptoren, die für Berührung, Temperatur, Schmerz und Druck zuständig sind. Insbesondere die Haut der Fingerkuppen, Lippen und Genitalien ist sehr dicht mit Nervenendigungen besetzt, was diese Bereiche besonders empfindlich macht.
Darm: Das enterische Nervensystem (ENS), auch bekannt als "Bauchhirn", ist ein komplexes Netzwerk von Neuronen, das den gesamten Verdauungstrakt durchzieht. Es enthält mehr Neuronen als das Rückenmark und ist in der Lage, die Verdauung weitgehend autonom zu steuern.
Auge: Das Auge ist reich an Nerven, insbesondere der Sehnerv (Nervus opticus), der Millionen von Nervenfasern enthält, die visuelle Informationen vom Auge zum Gehirn übertragen.
Gehirn: Das Gehirn selbst enthält zwar keine peripheren Nerven, aber es ist das Zentrum des Nervensystems und enthält schätzungsweise 100 Milliarden Neuronen.
Fazit: Es gibt keine einfache Antwort auf die Frage, welches Körperteil die meisten Nerven hat. Die Haut, insbesondere in bestimmten Bereichen wie den Fingerkuppen, ist reich an sensorischen Nervenendigungen. Der Darm verfügt über ein eigenes komplexes Nervensystem (ENS) mit mehr Neuronen als das Rückenmark. Das Auge enthält den Sehnerv mit Millionen von Nervenfasern. Letztendlich hängt die Antwort davon ab, welche Art von Nerven und welche Zählweise berücksichtigt werden.
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Das Nervensystem im Alltag
Das Nervensystem steuert bewusste und unbewusste Prozesse. Das sensorische Nervensystem verarbeitet Sinnesreize und leitet sie ans Gehirn weiter. Das motorische Nervensystem steuert Muskelbewegungen. Das vegetative Nervensystem kontrolliert unbewusst lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Verdauung und Stoffwechsel. Sympathikus und Parasympathikus wirken als Gegenspieler, um den Körper in Balance zu halten. Das enterische Nervensystem reguliert den Darm weitgehend unabhängig.