Die Alzheimer-Krankheit, auch Morbus Alzheimer genannt, ist die bekannteste und häufigste Demenz-Erkrankung. Aktuellen Hochrechnungen zufolge leben in Deutschland derzeit rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, wobei der Großteil von ihnen von der Alzheimer-Krankheit betroffen ist - mit steigender Tendenz. Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie "Weg vom Geist" oder "ohne Geist". Das beschreibt den Kern einer Demenz recht gut: Es handelt sich um den fortschreitenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit. Betroffen sind das Gedächtnis, das Denken, die Konzentrationsfähigkeit, aber auch eine Reihe anderer Hirnleistungen sowie das Verhalten. Grund für den Verlust der geistigen Fähigkeiten ist bei allen primären Demenzen ein fortschreitender Untergang von Nervenzellen im Gehirn. Die Ursachen dafür sind vielfältig und Gegenstand intensiver Forschung.
Die Krankheit ist nach Alois Alzheimer benannt, einem deutschen Psychiater und Neuropathologen, der die Erkrankung erstmals beschrieb. Dieser Artikel beleuchtet das Leben und Werk von Alois Alzheimer und seine bahnbrechenden Entdeckungen.
Frühes Leben und Ausbildung
Alois Alzheimer wurde am 14. Juni 1864 in Marktbreit in Bayern geboren. Er verließ mit zehn Jahren das Elternhaus, um in Aschaffenburg das humanistische Gymnasium zu besuchen. Nach seiner Schulzeit in Aschaffenburg studierte Alzheimer an den Universitäten Berlin, Tübingen und Würzburg Medizin. An der Julius-Maximilians-Universität schrieb er 1887 seine Dissertation zum Thema „Über die Ohrenschmalzdrüsen“.
Karrierebeginn und Interesse an Hirnforschung
1888 arbeitete er als Assistenzarzt an der „Städtischen Anstalt für Irre und Epileptische“ in Frankfurt am Main. Durch diese Tätigkeit wurde Alzheimers Interesse an menschlichen Gehirnen geweckt und er widmete seine Zeit in den darauffolgenden Jahren den histologischen und histopathologischen Studien der Hirnrinde. Hier wurden psychisch Kranke nicht mehr nur verwahrt und mit Zwangsmaßnahmen ruhig gestellt, sondern menschenwürdig gepflegt und therapiert. Schon bald kritisierte er bestehende Behandlungsmethoden, bei denen Menschen mit psychischen Erkrankungen zwangsweise festgebunden wurden. Er sprach sich gegen Zwangsjacken, Zwangsfütterungen und andere Zwangsmittel aus, die zu dieser Zeit das Bild in den Anstalten dominierten. Statt dessen versuchte er Isolierzimmer zu vermeiden und er erprobte neue, menschenfreundlichere Behandlungsmethoden. So wurde die Bettbehandlung der Kranken eingeführt, später die Therapie besonders unruhiger Patienten durch wärmende Dauerbäder.
1894 heiratete Alois Alzheimer die Witwe eines Bankiers, Cäcilia Geisenheimer, was ihn finanziell unabhängig machte. Nach sieben Jahren Ehe, in denen sie drei Kinder geboren hatte, verstarb sie. Um seinen Kummer zu bewältigen, vergrub er sich noch tiefer in der Arbeit.
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1895 wurde er schließlich Oberarzt in Frankfurt. 1902 wurde er wissenschaftlicher Assistent von Professor Emil Kraepelin an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg. 1903 folgte er ihm als Oberarzt nach München. Alois Alzheimer arbeitete von 1904 bis 1912 unter Kraepelin an der Königlichen Psychiatrischen Klinik der Universität München und baute dort ein hirnanatomisches Labor von Weltrang auf.
Die Begegnung mit Auguste Deter und die Entdeckung
Es war 1901, als Alois Alzheimer, zu diesem Zeitpunkt Oberarzt in der „Anstalt für Irre und Epileptische“ in Frankfurt am Main, erstmals Auguste Deter begegnete, eine der bekanntesten Patientinnen in der Medizingeschichte. Am 25. November 1901 bringt ein völlig verzweifelter Ehemann seine Frau in die "Städtische Anstalt für Irre und Epileptische" in Frankfurt am Main. "Wie heißen Sie? - Auguste. - Familienname? - Auguste. - Wie heißt ihr Mann? - Ich glaube … Der Befund scheint eigentlich klar: "Dementia" - komplette geistige Verwirrung. Allerdings kennt Alzheimer das bisher nur bei über 70-jährigen Patienten, Auguste Deter aber ist erst 51. Die Frau war erst 51 Jahre alt, litt jedoch an einer ausgeprägten Verwirrtheit, wie sonst eher von sehr alten Menschen bekannt war. „Ihr ganzes Gebaren trug den Stempel völliger Ratlosigkeit“, sagte Alzheimer später über die Frau. „Beim Lesen kommt sie von einer Zeile in die andere, liest buchstabierend oder mit sinnloser Betonung.“ Oft bekommt sie Schreianfälle, weil sie sich so sehr über ihre eigene Unfähigkeit ärgert. „Ich habe mich sozusagen verloren“, sagte Auguste Deter zu ihrem Arzt Alois Alzheimer.
Alzheimer beobachtete bei ihr starke Gedächtnisprobleme, Desorientierung und auch Halluzinationen. Aufgrund seiner diagnostischen Fähigkeiten erkannte Alzheimer sofort, wie ungewöhnlich ihr Fall war: Von Anfang an untersuchte er selbst die Patientin, deren geistiger Verfall so früh eingesetzt hatte, und dokumentierte akribisch den Krankheitsverlauf, ihre Sprachstörungen und den Verlust ihres Sozialverhaltens. Schon damals vermutete er als Ursache bestimmte Gehirnveränderungen. Zeitgenossen nannten ihn den „Irrenarzt mit dem Mikroskop“: Alois Alzheimer setzte früh auf die Verknüpfung von Beobachtung und wissenschaftlicher Forschung. Die Verknüpfung von Krankenbeobachtung und wissenschaftlicher Forschung ist ein Markenzeichen von Alois Alzheimer. Zeitgenossen nennen ihn den "Irrenarzt mit dem Mikroskop". Er vermutete bereits zum damaligen Zeitpunkt, dass es biologische Ursachen für den Verwirrtheitszustand seiner Patientin geben konnte.
Der Fall wurde nochmals für Alzheimer interessant, als Deter 1906 im Alter von 56 Jahren verstarb. Nach dem Tod der Patientin 1906 untersuchte er ihr Gehirn. Da zu diesem Zeitpunkt in der Medizin eine derartige Verwirrtheit nur bei älteren Menschen als Krankheitsbild bekannt war, wollte Alzheimer das Gehirn der Patientin erneut untersuchen. So kommt es, dass Alzheimer das Gehirn der Auguste Deter selbst seziert, nachdem diese 1906 in völliger Umnachtung gestorben war. Dabei bemerkte er, dass die Hirnrinde dünner war als bei gesunden Gehirnen und zudem Ablagerungen (Plaques) zu finden waren. Und er entdeckt ganz besondere Veränderungen: Jene Teile der Hirnrinde, zuständig für Gedächtnis, Orientierung und Gefühlsleben, sind stark ausgedünnt; außerdem findet er Eiweißablagerungen, "Plaques", und verfilzte Nervenfaserbündel. Mit einem neuartigen Färbemittel konnte Alzheimer erstmals auch eine Veränderung der Neurofibrillen nachweisen.
Veröffentlichung der Ergebnisse und späte Anerkennung
Am 03. November 1906 hielt Alois Alzheimer einen Vortrag bei der 37. Versammlung Südwestdeutscher Irrenärzte und beschrieb dort erstmals das „eigenartige Krankheitsbild“, das er bei Auguste Deter entdeckt hatte. In diesem Vortrag beschrieb Alzheimer das "eigenartige Krankheitsbild" seiner Patientin Auguste D. (16. Jahren führte. Alzheimer stellte seine Forschungsergebnisse im gleichen Jahr auf der 37. Versammlung der Südwestdeutschen Irrenärzte in Tübingen vor. Im November 1906 berichtet Alzheimer erstmals bei einer Tagung in Tübingen "Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde". Aber die Sensation bleibt aus.
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Zu seiner Enttäuschung wurden seine Erkenntnisse zunächst überhaupt nicht ernst genommen. Denn damals ging man noch davon aus, dass „Altersblödsinn“ keine biologischen Ursachen habe, sondern auf einen unzüchtigen Lebenswandel zurückzuführen ist.
1907 veröffentlichte er seine Entdeckung in der Schrift „Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde“.
1910 verwendete Emil Kraepelin den Fall unter dem Namen „Alzheimersche Krankheit“ in seinem Buch, was für viele Jahre die einzige Beachtung der Forschungsergebnisse Alzheimers bleiben sollte. Erst seit den 1970er Jahren spricht man überhaupt wieder von der Alzheimer'schen Krankheit, weil immer mehr Patienten auftauchen. Kraepelin nahm die Entdeckung seines Mitarbeiters 1910 als „Alzheimers Krankheit“ in die 8. Auflage seines einflussreichen „Lehrbuchs für Studierende und Ärzte“ auf - und bewies damit geniale Voraussicht. Denn erst mit dem zunehmenden Auftreten der Erkrankung in späteren Jahrzehnten und prominenten Patienten wie Rita Hayworth, Ronald Reagan oder Herbert Wehner wurde die sensationelle Bedeutung von Alzheimers Forschungsergebnissen offenkundig.
Berufung nach Breslau und früher Tod
1912 ging Alzheimer nach Breslau, um eine Professur für Psychiatrie an der Friedrich-Wilhelm-Universität zu übernehmen. Dennoch erfüllt sich für ihn ein lang gehegter Wunsch, als er 1912 trotz namhafter Gegenkandidaten auf den Lehrstuhl für Psychiatrie an der Universität Breslau berufen wird. Auf der Reise erkrankte er an einer infektiösen Krankheit, die unter Anderem sein Herz betraf und von der er sich sein restliches Leben nicht mehr erholen sollte. Tragischerweise zieht sich Alzheimer auf der Reise dorthin eine schwere Infektion zu, von der er sich nicht mehr erholt. Am 19. Dezember 1915 starb Alois Alzheimer im Alter von 51 Jahren in Breslau an den Folgen dieser Infektion.
Alzheimers Erbe und die heutige Forschung
Alois Alzheimer gilt als einer der bedeutendsten Pioniere der modernen Hirnforschung. Seine detaillierten Beobachtungen und pathologischen Untersuchungen legten den Grundstein für das Verständnis der Alzheimer-Krankheit. Bis heute bilden die von Alois Alzheimer vor über 100 Jahren entdeckten Veränderungen im Gehirn von Auguste Deter die Grundlage der aktuellen Alzheimer-Forschung. Die moderne pathologische Diagnose der Alzheimer-Krankheit basiert noch immer auf denselben Untersuchungsmethoden wie 1906, als Alzheimer diese das erste Mal verwendete.
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Heute arbeiten weltweit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Erforschung dieser komplexen und bis heute unheilbaren Krankheit. So wollen sie die Mechanismen hinter dieser Demenz besser verstehen: Sie suchen nach den genauen Ursachen für die Veränderungen im Gehirn der Betroffenen und wollen aufklären, in welcher Weise die auffälligen Eiweißablagerungen die Nervenzellen schädigen. Andere Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit den möglichen genetischen Ursachen der Erkrankung. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die Suche nach Ansatzpunkten für neue Therapien. Nicht zuletzt fahnden Forschende nach sogenannten Biomarkern, typischen messbaren Veränderungen z. B. im Blut oder Nervenwasser, die als frühe Warnzeichen dafür dienen können, dass eine Person später an Alzheimer erkranken wird. Es gibt jedoch Therapien und Medikamente, die den Krankheitsverlauf verzögern und die Lebensqualität der Erkrankten verbessern können.
Obgleich in Franken geboren und in Schlesien verstorben, wird sein Name bis heute am stärksten mit Frankfurt verknüpft. Hier machte er seine wichtigste Entdeckung, hier ist er auf dem Hauptfriedhof begraben. Alzheimers Wirkungsstätte, die städtische psychiatrische Klinik, existiert dagegen nicht mehr. An ihrer Stelle erstreckt sich heute der Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich in der Liebigstraße 53 Alzheimers ehemaliges Wohnhaus. In dem repräsentativen Bau, der heute hauptsächlich als Bürohaus genutzt wird, lebte er von 1894 bis 1898.
Symptome und Verlauf der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Erkrankung betrifft meistens erst im Alter bemerkbar wird. Nur selten sind Betroffene jünger als 60 Jahre. Dabei beginnt die Alzheimer-Erkrankung pathobiologisch Dekaden vor dem Auftreten der ersten Gedächtnisdefizite - d.h. sie entsteht im Gehirn, lange bevor erste Symptome deutlich werden. Und je älter die Bevölkerung wird, umso mehr wächst die Zahl der Alzheimer-Patientinnen und -Patienten.
Zu den typischen Symptomen der Alzheimer-Erkrankung zählen Gedächtnisverlust, Orientierungslosigkeit, Unruhezustände, Sprachstörungen sowie Aggression und Enthemmung, auch herausforderndes Verhalten genannt. Diese Probleme sind bei den Betroffenen verschieden stark ausgeprägt. Sie verstärken sich im Verlauf der Erkrankung, außerdem kommen mit der Zeit weitere Beschwerden hinzu.
Die Alzheimer-Erkrankung schleicht sich langsam ein. Die Erkrankung beginnt bereits lange Zeit, bevor die ersten Symptome einsetzen. Irgendwann machen sich die ersten, vermeintlich harmlosen Aussetzer bemerkbar. Die betroffene Person wirkt fahrig und irgendwie schusselig. Sie wird vergesslich, verlegt Dinge, bringt ihre Sätze nicht zu Ende und kann sich auch sonst schlecht konzentrieren. In dieser ersten Phase wirken Betroffene häufig bedrückt: Die Veränderungen lösen Kummer, Angst und Scham aus. Daher lässt sich die Alzheimer Erkrankung in diesem Stadium nicht immer klar von einer Depression unterscheiden.
In der mittleren Phase leidet das Sprachverständnis zunehmend. Fähigkeiten wie Autofahren, berufliche Fertigkeiten oder das Orientierungsvermögen gehen nach und nach verloren. Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist nun auch zunehmend das Langzeitgedächtnis in Mitleidenschaft gezogen. Außerdem verändert sich verstärkt auch die Persönlichkeit der Betroffenen: Sie sind häufig nervös und rastlos, aber auch misstrauisch, gereizt und zuweilen enthemmt oder aggressiv. Gegen Ende der dritten Phase gesellt sich eine große motorische Unruhe zu den Auffälligkeiten.
Im Spätstadium der Erkrankung sind solche Wanderungen nicht mehr möglich. Betroffene werden mehr und mehr zu bettlägerigen Pflegebedürftigen. Sie können nur noch wenige Worte sprechen oder verstummen ganz.
Ursachen der Alzheimer-Krankheit
Die Symptome der Alzheimer-Erkrankung sind die Folge eines massiven Nervensterbens im Gehirn. Zunächst sind vor allem die Synapsen betroffen: Das sind die Verbindungsstellen, über die Informationen von einer Nervenzelle an die nächste weitergeleitet werden.
Im Zusammenhang mit diesem Nervenzellsterben sehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auffällige Eiweißablagerungen im Gehirn der Betroffenen. Diese Ablagerungen gelten als mitverantwortlich für den Tod der Nervenzellen: Sogenannte Beta-Amyloid-Proteine verklumpen und sammeln sich zwischen Nervenzellen an. Sie formieren sich zu jenen auffälligen Plaques, die bereits Alois Alzheimer im Gehirn von Auguste Deter entdeckt hatte. Diese Ablagerungen führen zu einer entzündlichen Reaktion umgebender Immun- und Gliazellen, die auf unterschiedliche Weise die Krankheitsprozesse vorantreiben. Schließlich kommt es zu Bildung von Tau-Fibrillen in den Nervenzellen, welche die Nervenzellen in ihrer Funktion beeinträchtigen und zu ihrem Zelltod beitragen.
Die Alzheimer-Krankheit kann genetisch bedingt sein. Das ist jedoch äußerst selten und betrifft nur rund drei bis fünf Prozent aller Fälle. Bisher sind drei Gene bekannt, die für diese Form verantwortlich sind. Sind sie verändert, bricht die Alzheimer-Erkrankung in jedem Fall aus - und zwar in der Regel sehr früh, zwischen dem 30. und 65.