Langsam wirkende Synapsen: Funktionsweise und Bedeutung

Synapsen sind die fundamentalen Verbindungsstellen im Nervensystem, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen (Neuronen) oder zwischen Nervenzellen und anderen Zellen, wie Muskel- oder Drüsenzellen, ermöglichen. Sie sind keine starren Verbindungen, sondern dynamische, spezialisierte Bereiche, die Reize gezielt weiterleiten, filtern, verstärken oder hemmen. Ohne Synapsen wären grundlegende Funktionen wie Lernen, Erinnern und Muskelsteuerung nicht möglich.

Aufbau einer Synapse

Um die Funktionsweise einer Synapse zu verstehen, ist es wichtig, ihren Aufbau zu kennen. Eine typische Synapse besteht aus drei Hauptteilen:

  1. Präsynapse: Dies ist das Endknöpfchen des sendenden Neurons. Hier werden Neurotransmitter in kleinen Bläschen, den Vesikeln, gespeichert. Wenn ein Aktionspotential das Axonendknöpfchen erreicht, öffnen sich Calciumkanäle, und Calciumionen strömen in die Zelle. Dies führt zur Wanderung der Vesikel zum synaptischen Spalt, wo sie mit der präsynaptischen Membran verschmelzen und Neurotransmitter freisetzen.

  2. Synaptischer Spalt: Dieser winzige Zwischenraum (etwa 20-50 Nanometer breit) trennt die Präsynapse von der Postsynapse. Die freigesetzten Neurotransmitter diffundieren durch diesen Spalt zur postsynaptischen Membran.

  3. Postsynapse: Dies ist die Membran der empfangenden Zelle. Sie enthält Rezeptoren, an die die Neurotransmitter binden. Diese Bindung löst in der Postsynapse ein Signal aus, das entweder erregend oder hemmend sein kann.

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Neben diesen Hauptbestandteilen existieren noch viele regulierende Proteine, Enzyme und Transportmechanismen, die für Präzision und Selektivität in der Signalübertragung sorgen.

Arten von Synapsen

Synapse ist nicht gleich Synapse. Unterschiedliche Anforderungen im Nervensystem haben zur Ausbildung verschiedener Synapsentypen geführt:

  • Chemische Synapse: Bei der chemischen Synapse erfolgt die Signalübertragung indirekt mittels Neurotransmittern. Sie ist im menschlichen Nervensystem am häufigsten und ermöglicht komplexe Regulation, Verstärkung und Hemmung. Die chemischen Synapsen sind langsam, aber kontrollierbar.

  • Elektrische Synapse: Diese seltenere Form findet man z.B. im Herzmuskel oder bei gewissen Reflexbahnen. Hier übertragen spezielle Kanäle (Gap Junctions) elektrisch geladene Teilchen (Ionen) direkt von Zelle zu Zelle. Der Signalfluss ist dabei extrem schnell, aber weniger regulierbar als bei der chemischen Synapse.

In der Schule lernt man in der Regel erstmal den Standardaufbau einer chemischen Synapse. Bei elektrischen Synapsen gibt es keine Neurotransmitter und auch keinen synaptischen Spalt. Hier liegen zwei Zellen dicht aneinandergedrängt. Dadurch läuft die Signalübertragung schneller, ist aber auch schwieriger zu kontrollieren / regulieren. Im Nervensystem finden sich überwiegend chemische Synapsen. Elektrische kommen in bestimmten Muskelgruppen vor.

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Funktionsweise einer chemischen Synapse

  1. Freisetzung von Neurotransmittern: Ein Aktionspotential erreicht die Präsynapse und führt zur Öffnung von Calciumkanälen. Der Einstrom von Calciumionen löst die Exozytose der Vesikel aus, wodurch Neurotransmitter in den synaptischen Spalt freigesetzt werden.

  2. Bindung an Rezeptoren: Die Neurotransmitter diffundieren durch den synaptischen Spalt und binden an spezifische Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran. Neurotransmitter und Rezeptor sind im Sinne des Schlüssel-Schloss-Prinzips spezifisch füreinander optimal passend.

  3. Postsynaptisches Potential: Die Bindung der Neurotransmitter an die Rezeptoren führt zur Öffnung von Ionenkanälen in der postsynaptischen Membran. Dies verursacht eine Veränderung des Membranpotentials, das als postsynaptisches Potential (PSP) bezeichnet wird. Es gibt zwei Arten von PSPs:

    • Erregendes postsynaptisches Potential (EPSP): Eine Depolarisation der postsynaptischen Membran, die die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Aktionspotential ausgelöst wird. Typisches Beispiel: Glutamat wirkt stimulierend im Gehirn.
    • Hemmendes postsynaptisches Potential (IPSP): Eine Hyperpolarisation der postsynaptischen Membran, die die Wahrscheinlichkeit verringert, dass ein Aktionspotential ausgelöst wird. Wie GABA oder Glycin.
  4. Inaktivierung der Neurotransmitter: Damit Signale nicht "hängenbleiben", werden Neurotransmitter nach ihrem Einsatz rasch abgebaut oder zurück in die Präsynapse aufgenommen (Reuptake).

    • Abbau: Enzyme im synaptischen Spalt spalten die Neurotransmitter in inaktive Bestandteile. Ein konkretes Beispiel ist das Enzym Acetylcholinesterase, das Acetylcholin abbaut.
    • Wiederaufnahme: Die Neurotransmitter werden von der Präsynapse wieder aufgenommen und in Vesikeln gespeichert, um erneut verwendet zu werden. In den meisten Fällen werden die freien Neurotransmitter allerdings über einen Wiederaufnahmekanal erneut in den Signal-sendenden Nerv aufgenommen.

Langsam wirkende Synapsen

Die Geschwindigkeit der synaptischen Übertragung hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art des Neurotransmitters, die Art des Rezeptors und die beteiligten Signalwege. Langsam wirkende Synapsen zeichnen sich durch eine längere Verzögerung zwischen der Ankunft des Aktionspotentials in der Präsynapse und der Reaktion in der Postsynapse aus.

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Mechanismen langsam wirkender Synapsen

  1. Indirekte Wirkung der Neurotransmitter: Bei direkt wirkenden Transmittern führt die Bindung des Transmitters an den Rezeptoren der postsynaptischen Membran direkt zur Depolarisation und damit zur Entstehung des postsynaptischen Potenzials. Die Freisetzung indirekt wirkender Transmitter hat zunächst die Synthese eines second messengers zur Folge, der ein in der postsynaptischen Membran lokalisiertes Protein aktiviert, das nun die Öffnung der Porenkanäle und damit die Depolarisation der Membran bewirkt.

  2. Metabotrope Rezeptoren: Langsam wirkende Synapsen verwenden häufig metabotrope Rezeptoren. Im Gegensatz zu ionotropen Rezeptoren, die direkt Ionenkanäle öffnen, aktivieren metabotrope Rezeptoren intrazelluläre Signalwege. Die Aktivierung dieser Signalwege kann zur Öffnung von Ionenkanälen, zur Veränderung der Genexpression oder zu anderen zellulären Veränderungen führen. Diese Prozesse sind langsamer als die direkte Öffnung von Ionenkanälen durch ionotrope Rezeptoren.

  3. Neuropeptide: Einige langsam wirkende Synapsen verwenden Neuropeptide als Neurotransmitter. Neuropeptide sind größere Moleküle als klassische Neurotransmitter und werden langsamer freigesetzt und abgebaut. Sie können auch länger anhaltende Wirkungen auf die Postsynapse haben.

Beispiele für langsam wirkende Synapsen

  • Synapsen, die Neuropeptide verwenden: Neuropeptide wie Substanz P und Neuropeptid Y wirken langsam und haben oft modulierende Effekte auf die neuronale Aktivität.
  • Synapsen, die metabotrope Glutamatrezeptoren verwenden: Metabotrope Glutamatrezeptoren (mGluRs) aktivieren intrazelluläre Signalwege, die zu langsamen und lang anhaltenden Veränderungen der neuronalen Erregbarkeit führen können.
  • Synapsen, die Dopamin verwenden: Dopamin wirkt über metabotrope Rezeptoren und spielt eine Rolle bei der Belohnung, Motivation und Bewegungskontrolle.

Bedeutung langsam wirkender Synapsen

Langsam wirkende Synapsen spielen eine wichtige Rolle bei verschiedenen neuronalen Prozessen, darunter:

  • Modulation der neuronalen Erregbarkeit: Sie können die Erregbarkeit von Neuronen über längere Zeiträume verändern und so die Reaktion auf andere Reize beeinflussen.
  • Lernen und Gedächtnis: Langsam wirkende Synapsen sind an der Langzeitpotenzierung (LTP) beteiligt, einem zellulären Mechanismus, der dem Lernen und Gedächtnis zugrunde liegt.
  • Verhaltenssteuerung: Sie beeinflussen komplexe Verhaltensweisen wie Motivation, Emotion und soziale Interaktion.
  • Regulierung des Herz- Kreislaufsystem durch aktivierende Neurotransmitter: Epigenetische Einflussgrößen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Nach Erfahrungen in Verbindung mit systematischen wissenschaftlichen Erkenntnissen haben hier z.B. Vitamin D induziert die Bildung des Enzyms Tyrosin-Hydroxylase (Umwandlung von Tyrosin in L-Dopa). Testosteron induziert genetisch die vermehrte Bildung der Catechol-O-Methytransferase (COMT) und Monoaminooxidase (MAO), was wiederum einem beschleunigten Abbau aktivierenden Neurotransmitter verbunden ist.

Pharmakologische Bedeutung

Die Kenntnis der Funktionsweise langsam wirkender Synapsen ist wichtig für die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen. Viele Medikamente wirken auf diese Synapsen, um die neuronale Aktivität zu modulieren und Symptome zu lindern. So verwenden wir bei der Behandlung von Depression die sog. Serotonin-bzw. die Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer.

Neurotransmitter und ihre Rolle

Neurotransmitter sind Botenstoffe, die eine Nachricht vermitteln, entweder zwischen 2 Nerven oder zwischen einem Nerv und einem Endorgan, z.B. dem Herz. Kurzum, Neurotransmitter dienen der Kommunikation, vor allen Dingen im Gehirn, dem Hauptort der Informationsverarbeitung für Außeneinflüsse der Umwelt. Darüber hinaus sind sie z.T. Meistens sind es mehrere Stoffwechselschritte für die Bildung von aktivierenden Neurotransmitter aus jeweils einer Aminosäure notwendig. So nehmen wir z.B. die Aminosäure L-Phenylalanin mit der Nahrung auf und aus ihr entsteht durch verschiedene Umbauprozesse z.B. der Neurotransmitter Dopamin.

Enzyme sorgen dafür, dass Neurotransmitter meist über mehrere Stoffwechselschritte gebildet werden. Diese Enzyme sind großmolekulare Eiweiße, die die Bildung als Katalysatoren erheblich beschleunigen, ohne dass sie sich selber dabei strukturell oder funktionell verändern. Enzyme benötigen in der Regel einen oder mehrere Ko-Faktoren, um richtig zu funktionieren. Diese Ko-Faktoren sind zwar für das einzelne Enzym spezifisch, können aber bei verschiedenen Enzymen ganz unterschiedlich sein. Sie kommen häufig aus der Gruppe der sog. Mikronährstoffe; die bekanntesten sind Vitamine und Mineralien, so z.B. Für jedes Enzym gibt es einen oder mehrere optimale Ko-Faktoren. Oder anders gesagt, für jedes Schloss gibt es den passenden Schlüssel. Nun gibt es auch nicht-optimale Ko-Faktoren, die eine Stoffwechselschritt verlangsamen oder sogar blockieren können. Optimale und nicht-optimale Ko-Faktoren konkurrieren um die Bindungsstelle am Enzym. So kann es z.B. In einer Zelle kommt derselbe Enzymtyp mehrmals vor, da ein einzelnes Enzym die notwendige Syntheseleistung alleine nicht erbringen könnte. So konkurrieren optimale und nicht-optimale Ko-Faktoren um die Bindungsstelle an mehreren Enzymen eines Typs. Je nachdem wie diese Ko-Faktoren, optimale und nicht-optimale, in einem quantitativen Gleichgewicht zu einander stehen, läuft der Stoffwechselweg aller Enzyme desselben Typs in Summe schneller oder langsamer. Hieraus wird deutlich, dass Ko-Faktoren eine wichtige Regulierungsfunktion für Stoffwechselwege haben.

Diese Zusammenhänge haben vor dem Hintergrund der unkontrollierten Zufuhr von freiverkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln eine erhebliche Bedeutung. Wir kennen das aus der Praxis sehr gut z.B. von der übermäßigen Zufuhr von Vitamin B6 (Umwandlung von L-Dopa zu Dopamin durch L-Aminodecarboxylase). Nicht nur kann die Überbehandlung mit Vitamin B6 schwere neurologische Störungen zur Folge haben, sondern es tritt hierunter auch eine übersteigerte Stoffwechselaktivität auf, die z.T.

Enzyme werden als Eiweißstoffe selber durch ein einzelnes Gen bzw. mehrere Gene gebildet. Gene können in ihrer Funktion an- und abgeschaltet werden. Die Faktoren, die das bewirken sind unter anderem “epigenetische Faktoren“. Epigenetik bedeutet vereinfacht “beim Gen“. Die Epigenetik ist ein verhältnismäßige neues Wissenschaftsgebiet.

Sind die aktivierenden Neurotransmitter einmal gebildet, dann werden sie durch ein Signal im Nerven aus der Senderzelle in den Zellzwischenraum, den sog. synaptischen Spalt freigesetzt, um das Signal an eine Empfängerzelle zu übertragen. An der Empfängerzelle sitzen in der Zellmembran Rezeptoren, an welche die Neurotransmitter andocken. Bei einem Signal durch einen Signal-sendenden Nerv erfolgt immer die Freisetzung mehrerer Neurotransmitter. Da in der Regel ganze Nervenbündel für die Bildung bzw. Weiterhin hat auch das quantitative Verhältnis von Neurotransmittern zu ihren spezifischen Rezeptoren eine Bedeutung. So kann z.B. Wir ein aktivierender Neurotransmitter durch ein Signal aus dem Signal-sendenden Nerv freigesetzt, dann befindet er sich zunächst im Zwischenraum zwischen 2 Nerven, dem sog. synaptischen Spalt. Er dockt dann, gemäß dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an spezifische Rezeptoren auf der Signal-empfangenden Zelle an. Rezeptoren werden selber durch Gene gebildet und werden selber durch spezifische epigenetische Faktoren und zum Teil über Rezeptor-spezifisch Ko-faktoren reguliert. Wenn ein Rezeptor vermittelt durch einen Neurotransmitter ein Signal in die Signal-empfangenden Zelle übertragen hat, dann ist er danach für eine bestimmte Zeit inaktiv, d.h. er steht für eine erneute Signalübertragung nicht zur Verfügung. War das gesendete Signal aller Signal-sendenden Nerven quantitativ sehr stark, dann kann im Sinne einer Erschöpfung der ganze Signalweg für eine bestimmte Zeit blockiert sein.

Ähnlich wie bei den Ko-Faktoren der Enzyme kann aber eine nicht-optimal passende Substanz den Rezeptor für den optimal passenden Neurotransmitter und damit die Wirkung desselben blockieren. Diese Blockade kann kompetitiv sein, d.h. die Signalübertragung wird durch das quantitative Verhältnis von optimal-wirkenden Neurotransmittern zu blockierenden Substanzen bestimmt. In der Herz-Kreislaufmedizin wird das Prinzip der kompetitiven Rezeptorblockade, z.B. bei der Therapie mit Beta-Rezeptoren Blockern zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen regelmäßig eingesetzt. Wir können die kompetitive Hemmung durch den Beta-Rezeptoren Blocker übrigens sehr schön in der Stressechokardiografie beobachten. Menschen unter Beta-Blockertherapie weisen hier zunächst in Ruhe eine träge Pumpleistung auf.

Hat ein Neurotransmitter seine Funktion am Rezeptor des Signal-empfangenden Nerv erfüllt, dann löst er sich wieder, so dass er sich zunächst frei im Zwischenraum zwischen Signal-empfangenden und Signal-sendendem Nerven, dem sog. synaptischen Spalt befindet. In der Regel speichert der Signal-sendenden Nerv die Neurotransmitter nach ihrer Wiederaufnahme. Dieses geschieht in kleinen Speicherbläschen, sog. Speichervesikeln. Um in ein Speichervesikel zu gelangen, muss der Neurotransmitter erneut einen Transporter-Kanal, der ebenfalls aus Proteinen besteht, passieren. In den Vesikeln sind die Neurotransmitter vor den abbauenden Enzymen, die innerhalb der Zelle, aber außerhalb der Vesikel liegen, geschützt. Wir nutzen die Funktion eines Vesikel-Transporters auch therapeutisch. Der Blockade des Transporters VMAT2, z.B. durch Reserpin kann bei zu starker neurovegetativer Aktivierung z.B. zur Behandlung des Bluthochdrucks oder bei innerer Unruhe und Angstzuständen therapeutisch eingesetzt werden. Kurzum, Reserpin blockiert die Aufnahme von aktivierenden Neurotransmittern in die schützenden Vesikel.

Der Abbau von aktivierenden Neurotransmittern erfolgt überwiegend innerhalb des Signal-sendenden Nervs. Ebenso wie bei der Bildung von Neurotransmittern spielen bei ihrem Abbau Enzyme eine entscheidende Rolle. Von hervorgehobener Bedeutung sind hier die Enzyme Catechol-O-Methytransferase (COMT) und die Monoaminooxidasen (MAO). Für COMT und MAO kennen wir genetische Varianten. So gibt es bei Menschen alleine schon genetisch bedingt eine hohe, mittlere und niedrige Abbaurate von aktivierenden Neurotransmittern durch COMT bzw. MAO. Ist die Abbaurate z.B. niedrig, dann “stauen“ sich die Neurotransmitter vor dem Enzym und es liegt bei diesem Menschen eher ein gesteigertes Aktivitätsniveau vor. In Bezug auf das menschliche Verhalten bedeutet dieses eine höhere bzw. niedrigere Irritabilität und erklärt so auch zum Teil das unterschiedliche Temperament zwischen einzelnen Menschen. Gerade die genetischen Varianten von COMT und MAO werden in der Verhaltensforschung ausgiebig untersucht. So kann z.B. eine niedrige Aktivität von COMT mit einem “Stau“ von Dopamin und Noradrenalin innere Unruhe und eine Neigung zu Panikattacken mit erklären.

Gerade bei der Behandlung von Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck, die ja nicht nur von Störungen des Organs Herz bzw. der Blutgefäße selber abhängig sind, hat die Kenntnis der individuellen genetischen Voraussetzung für die Wirkung von aktivierenden Neurotransmittern eine zunehmende therapeutische Bedeutung. Nicht nur werden so Verhaltensmuster eher erklärbar, sondern wir können gezielter Empfehlungen bei der medikamentösen Therapie, dem Einsatz von Nahrungsergänzungsmittel und zu den Wirkungen von Hormonpräparaten, seien es Östrogen, Progesteron oder Testosteron geben. Eisenhower et al. Catecholamine metabolism: a contemporary view with implications for physiology and medicine.

Synaptische Plastizität

Synaptische Plastizität ist die Fähigkeit von Synapsen, ihre Stärke und Effizienz zu verändern - je nachdem, wie oft und wie stark sie benutzt werden. Sie ermöglicht es dem Gehirn, auf Erfahrungen zu reagieren und sich anzupassen. Eine berühmte Form ist die Langzeitpotenzierung (LTP): Werden Synapsen über längere Zeit wiederholt aktiviert, werden sie besonders leistungsfähig.

Diese Anpassungsfähigkeit ist die physikalische Grundlage für nahezu alle Lern- und Anpassungsprozesse im Nervensystem - von kindlicher Sprachentwicklung über das Erlernen eines Musikinstruments bis hin zur Regeneration nach einer Gehirnverletzung. Gehirnforscherinnen und -forscher sprechen deshalb oft vom "Gedächtnis der Synapsen".

  • Beispiel 1: Lernen am Instrument: Übst du Klavier, verstärken sich relevante Synapsen im Motorkortex.
  • Beispiel 2: Reflexe: Hast du je die Hand blitzschnell zurückgezogen, nachdem du etwas Heißes berührt hast?
  • Beispiel 3: Lernen unter Stress: Unter Adrenalineinfluss - etwa bei einer Prüfung - werden Synapsen kurzfristig besonders "aufmerksam" und speichern Informationen effizienter.

Synapsengifte

Nicht immer funktioniert die synaptische Übertragung reibungslos. Depressionen wiederum werden u. a. durch eine Störung im Neurotransmitterhaushalt verursacht.

Vielleicht hast du schon einmal von dem Gift des Kugelfischs oder des Schrecklichen Pfeilgiftfroschs gehört. Beide Gifte gehören in die Gruppe der Nervengifte, auch Synapsengifte genannt. Synapsengifte werden sowohl von einigen Pflanzen- als auch Tierarten produziert. Synapsengifte entfalten ihre Wirkung an unterschiedlichen Orten: Sie können an der Präsynapse, der Postsynapse oder dem synaptischen Spalt wirken.

Botulinumtoxine, Gifte der Bakterien der Gattung Clostridium, verhindern die beschriebene Vesikelfusion und somit die Ausschüttung von Acetylcholin. Im synaptischen Spalt gibt es Enzyme, die die Neurotransmitter abbauen, um deren Wirkungsdauer zu regulieren. Ein konkretes Beispiel ist das Enzym Acetylcholinesterase, das Acetylcholin abbaut. Synapsengifte aus der Gruppe der Alkylphosphate hemmen die Aktivität dieses Enzyms. Alkylphosphate sind beispielsweise Bestandteil von Pflanzenschutzmitteln.

In der postsynaptischen Membran gibt es Acetylcholinrezeptoren, an die im Regelfall Acetylcholin bindet. Infolgedessen öffnen sich Natriumkanäle und Natriumionen strömen ein, ein neues Aktionspotenzial wird ausgelöst und somit wird das Nervensignal weitergeleitet. Die Natriumkanäle bleiben so lange geöffnet, wie das Acetylcholin an den Rezeptoren gebunden ist. Das Gift des Kugelfischs, Tetrodotoxin (Abk. TTX), blockiert die Natriumkanäle dauerhaft. So wird eine Weiterleitung des Aktionspotenzials verhindert, Muskelzellen werden nicht aktiviert. Lähmungserscheinungen sind die Folge.

Curare, ein Pflanzengift, blockiert hingegen die Acetylcholinrezeptoren. So kann Acetylcholin aus dem synaptischen Spalt nicht binden und eine Weiterleitung des Aktionspotenzials wird ebenfalls unterbunden. Auch hier sind Lähmungen die Folgeerscheinung. Da das Curare mit Acetylcholin um die gleiche Bindungsstelle am Rezeptor konkurriert, spricht man von kompetitiver Hemmung.

Das Gift des Schrecklichen Pfeilgiftfroschs, Batrachotoxin, hat hingegen eine gegenteilige Wirkung. Es bindet zwar ebenfalls an die Acetylcholinrezeptoren der postsynaptischen Membran, führt allerdings zu einer permanenten Aktivierung. Die Natriumkanäle bleiben durchgehend geöffnet und die Muskelzellen werden übermäßig aktiviert.

Ihre Effekte sind meist sehr ähnlich. So führen sie, bis auf Batrachotoxin, in hohen Dosen zu einer Atemlähmung und damit zum Tod.

Neuromorphes Computing: Das Gehirn als Vorbild

Das menschliche Gehirn dient Physikern als Vorbild, um neuartige Computerarchitekturen zu entwickeln. Das menschliche Gehirn besteht aus hundert Milliarden Nervenzellen, den Neuronen, die durch Billiarden synaptischer Verbindungen miteinander verknüpft sind. Diese Architektur scheint den menschgemachten Rechenmaschinen noch weit überlegen: Obwohl das Gehirn Unmengen an Informationen verarbeitet, liegt seine Leistungsaufnahme nur bei rund zwanzig Watt. Ein Laptop verlangt dagegen mindestens hundert Watt, Supercomputer mehrere Megawatt.

Das Gehirn hat also gelernt, mit fehlerhaften Komponenten zu arbeiten. Bei einem Mikroprozessor, der typischerweise aus hundert Millionen Transistoren besteht, kann bereits eine defekte Komponente das gesamte System lahmlegen. Zudem führen Computer lediglich Algorithmen - also eine Abfolge von feststehenden Kommandos - aus und können dementsprechend nur solche Probleme lösen, die der Programmierer in der Software auch vorgesehen hat.

Wie das Gehirn Informationen derart erfolgreich verarbeitet, ist immer noch nicht im Detail verstanden. Man weiß, dass die Nervenzellen sowohl über elektrische Pulse als auch über chemische Signale miteinander kommunizieren. Die Information steckt etwa im chemischen Zustand der Synapsen - also den Kontaktstellen der Nervenzellen - oder der Aktivität der elektrischen Pulse, die in dem komplexen Netzwerk hin- und herlaufen.

Karlheinz Meier und seine Kollegen bauen in ihrem Labor physikalische Modelle von neuronalen Schaltkreisen nach, nicht zuletzt um die verschiedenen Theorien zur Informationsspeicherung überprüfen zu können. Im einfachsten Modell imitieren elektrische Kondensatoren und Widerstände die Neuronen, während hinein- und hinausfließende Ströme als erregende und hemmende Synapsen agieren.

Jede Nervenzelle besteht dabei aus dreihundert Transistoren, jede Synapse aus 25 dieser elektronischen Bauelemente. Damit der Schaltkreis auf der rund zwanzig Zentimeter großen Siliziumscheibe gewissermaßen zum Leben erwachen kann, müssen die Forscher erst die Verbindungen zwischen den Neuronen - also den Schaltplan - vorgeben.

In den vergangenen zehn Jahren haben Meier und seine Kollegen in zwei Forschungsprojekten bereits die Grundlage für die neuromorphen Systeme gelegt. In den kommenden Jahren wollen sie die neuartige Computerarchitektur im Rahmen des Human Brain Projects weiterentwickeln. Das Ziel dieses Großvorhabens, an dem gut 250 Wissenschaftler aus 23 Ländern mitwirken, ist es, neue medizinische und neurowissenschaftliche Einblicke in das Gehirn und seine Erkrankungen zu erhalten, aber auch innovative Computer- und Robotiktechniken zu entwickeln.

Anwenden ließen sich die neuromorphen Systeme auch außerhalb der Biologie. Eine Utopie wären beispielsweise neuartige Wettervorhersagen. Heutzutage überwachen Meteorologen das Wetter rund um den Globus und können mithilfe von Klimamodellen, in denen unser Wissen über die zugrunde liegende Physik steckt, das Wetter für den kommenden Tag recht genau vorhersagen. Nun könnte man die Wetterdaten für eine bestimmte Region auf der Welt auch in den neuromorphen Rechner einspeisen.

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