Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, der sofortiges Handeln erfordert. Das frühzeitige Erkennen der Symptome, unverzügliches Handeln und eine optimale Diagnostik und Therapie sind entscheidend, um die verheerenden Folgen zu minimieren.
Ursachen und Formen des Schlaganfalls
Ein Schlaganfall wird in mehr als 80 % der Fälle durch den Verschluss einer Arterie im Gehirn verursacht, wodurch die Nervenzellen des Gehirns zu wenig Blut und Sauerstoff erhalten. Seltener ist eine Hirnblutung durch einen Einriss eines Gefäßes im Gehirn die Ursache. Mit dem Auftreten des Gefäßverschlusses gehen im Schnitt 1,9 Millionen Nervenzellen pro Minute zugrunde. Die Zeit ist also der entscheidende Faktor, um die Folgen so gering wie möglich zu halten. Die größte Chance, den Schlaganfall effektiv zu behandeln, besteht innerhalb der ersten Stunden nach dem Beginn der Symptome („Time is brain“).
Es gibt im Wesentlichen zwei Formen von Schlaganfällen:
- Ischämischer Schlaganfall: Mit etwa 80 % ist dies die häufigste Form. Er wird durch eine Verstopfung einer Arterie verursacht, die das Gehirn mit Blut versorgt. Ursachen hierfür können Arteriosklerose oder ein Blutgerinnsel sein.
- Hämorrhagischer Schlaganfall: Diese Form wird durch eine Hirnblutung verursacht, die entsteht, wenn eine Arterie im Gehirn platzt. Häufige Ursache ist chronischer Bluthochdruck.
Schlaganfall-Symptome: Schnell erkennen, schnell handeln
Die Anzeichen eines Schlaganfalls schnell zu erkennen, entscheidet über Rettung oder Verlust von Gehirnzellen, die lebenswichtige Funktionen steuern. Die Symptome treten meist plötzlich innerhalb von Sekunden bis Minuten auf.
Typische Symptome
Typische Anzeichen eines Schlaganfalls sind (einzeln oder in Kombination):
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- Plötzliche Schwäche oder Taubheit: Betrifft eine Körperseite (vollständig oder teilweise). Die sogenannte Hemiparese ist durch Beeinträchtigungen der Feinmotorik in Arm und/oder Bein einer Körperhälfte gekennzeichnet.
- Gesichtslähmung: Hängende Mundwinkel auf einer Seite (faziale Parese). Manchmal lässt sich zu Beginn eines Schlaganfalls eine Asymmetrie oder Ungleichmäßigkeit im Gesicht erkennen. Oft verspürt die Person ein Taubheitsgefühl oder ein Kribbeln auf einer Gesichtshälfte, oder sie fühlt sich irgendwie „schlaff“ an.
- Sprach- und Sprechstörungen: Unverständliche oder undeutliche Sprache, Schwierigkeiten, ein Gespräch zu verstehen (Aphasie und Dysarthrie). Betroffene leiden unter einem schlagartigen Verlust der Sprache. Wenn eine Person plötzlich Probleme beim Sprechen oder Verstehen eines Gesprächs hat, kann dies den Beginn eines Schlaganfalls anzeigen. Es kann wie Verwirrung wirken, aber auch als undeutliches Sprechen, Wortfindungsstörungen, schwere Verständlichkeit oder gänzlicher Verlust der Sprachfähigkeit auftreten.
- Sehstörungen: Blindheit auf einem Auge, halbseitige Sehstörungen, Doppeltsehen. Wenn plötzlich eine Veränderung der Sehkraft festgestellt wird, ist dies ein Grund, etwas zu unternehmen. Denn hier ist ausdrücklich nicht eine allmähliche (z.B. altersbedingte) Verschlechterung des Sehvermögens gemeint, sondern eine plötzlichen Veränderung, die ohne ersichtlichen Grund auftritt. So eine Veränderung fällt bei jedem Menschen anders aus und kann sowohl einseitig als auch beidseitig sein. Plötzlich können Unschärfe, Doppeltsehen, Schwierigkeiten beim Lesen oder Schreiben auftreten.
- Plötzliche sehr starke Kopfschmerzen: Sog. Vernichtungskopfschmerz. Einige Patient*innen beschreiben sie als „die schlimmsten Kopfschmerzen ihres Lebens“. Keinesfalls dürfen ernsthafte Symptome ignoriert werden, die aus dem Nichts zu kommen scheinen! Der Körper zeigt, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen: Plötzliches Schwanken, Unsicherheit beim Gehen oder Schwierigkeiten, sich aufrecht zu halten. Bei manchen Menschen tritt ein Schwindel auf, durch den sie sich „komisch“ fühlen oder ihnen das Gefühl vermittelt, sie könnten nicht aufstehen oder sich nicht richtig aufsetzen. Andere haben das Gefühl, dass sie keinen festen Stand haben oder dass ihr Körper nicht schnell genug auf Positions- oder Bewegungsänderungen reagiert. Es kann auch sein, dass sich die Muskeln beim Stehen, Sitzen oder Gehen einfach nicht richtig koordinieren lassen.
Die "BE FAST"-Regel
Eine einfache Eselsbrücke, um sich die Warnzeichen eines Schlaganfalls zu merken, ist die Faustformel: BE FAST (sei schnell!):
- B - Balance (Gleichgewicht): Plötzliche Gleichgewichtsstörungen oder Schwindel.
- E - Eyes (Augen): Plötzliche Sehstörungen.
- F - Face (Gesicht): Hängender Mundwinkel oder einseitige Gesichtslähmung.
- A - Arms (Arme): Schwäche oder Taubheit in einem Arm.
- S - Speech (Sprache): Sprach- oder Sprechstörungen.
- T - Time (Zeit): Zeit ist entscheidend! Sofort den Notruf 112 wählen.
Seltene Schlaganfall-Symptome
Neben den typischen Symptomen gibt es auch seltenere Anzeichen, die auf einen Schlaganfall hindeuten können, wie z.B. plötzlicher Hörverlust (Hörsturz) oder kurzzeitige Taubheit der Lippe.
Schlaganfall-Symptome bei Frauen
Frauen zeigen beim Schlaganfall häufig zusätzliche Beschwerden, die die typischen Anzeichen wie Lähmung oder Sprachstörungen verdecken können. Eine Studie von 2025 bestätigt die Unterschiede bei Schlaganfallsymptomen zwischen Frauen und Männern. „Vor allem Neglect und Blickabweichung sind bei Frauen starke Hinweise - wenn sie auftreten, muss unbedingt ein Schlaganfall ausgeschlossen werden“, sagt Fachbeirat Thomalla. Neurologisch erkrankt? Ein Grund für die oft unterschiedlichen Schlaganfall-Symptome bei Männern und Frauen könnte sein, dass Frauen häufiger Schlaganfälle durch Blutgerinnsel aus dem Herzen erleiden. Bei diesen sogenannten kardioembolischen Schlaganfällen bildet sich ein Blutgerinnsel im Herzen - meist bei einer Herzrhythmusstörung wie Vorhofflimmern.
Mini-Schlaganfall (TIA) als Vorbote
Die sogenannte transischämische Attacke (TIA), auch Mini-Schlaganfall genannt, kann ein Vorbote eines Schlaganfalls sein. Dabei treten vorübergehend die gleichen Symptome wie bei einem Schlaganfall auf, verschwinden jedoch nach kurzer Zeit wieder. Etwa jeder dritte TIA-Betroffene erleidet irgendwann in seinem Leben einen Apoplex. Achten Sie auf Symptome wie plötzlichen Sprachverlust, Doppeltsehen oder Gefühlsstörungen in Armen und Beinen.
Richtige Reaktion auf einen Schlaganfall
Wer Symptome eines Schlaganfalls bei sich selbst oder einer anderen Person bemerkt, sollte sofort den Notruf (112) wählen. Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall und erfordert sofortige ärztliche Behandlung. Selbst wenn Unsicherheit besteht, ob es sich tatsächlich um einen Schlaganfall handelt - lieber einen Fehlalarm riskieren als zu spät reagieren.
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Was tun bis zum Eintreffen des Notarztes?
- Den Betroffenen in eine sichere Position bringen (z.B. auf dem Boden liegend, um einen Sturz zu vermeiden).
- Eine Person sollte in der Nähe bleiben, um auf neu auftretende Symptome zu achten.
- Bereit sein, dem Rettungsdienst wichtige Informationen zu geben (Medikamentenplan, Vorerkrankungen etc.).
Diagnose
Sofort nach der Aufnahme in der Schlaganfall-Ambulanz oder der Stroke Unit schaut der Arzt meistens mit einer ganz kurzen Ultraschalluntersuchung, ob ein großes Gefäß im Hals oder im Gehirn verschlossen ist. Die genaue Art des Schlaganfalls stellt er dann durch eine Kernspintomographie oder Computertomographie fest.
Behandlung
Bei einem akuten Schlaganfall werden die Betroffenen idealerweise auf einer Spezialstation, einer sogenannten Stroke Unit (stroke: Schlaganfall, unit: Abteilung) behandelt. Unmittelbar nach Einlieferung wird per CT oder MRT des Kopfes festgestellt, ob es sich um einen Hirninfarkt (ischämischer Schlaganfall) oder eine Hirnblutung handelt.
Therapie bei ischämischem Schlaganfall
Bei einem Hirninfarkt muss die Durchblutung des betroffenen Gehirnbereichs so schnell wie möglich wiederhergestellt werden.
- Thrombolyse (Lyse): Dabei wird ein das Gerinnsel auflösendes Medikament über die Vene in den gesamten Körper oder mittels Katheter direkt in das verschlossene Gehirngefäß verabreicht. Die Therapie sollte idealerweise innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Schlaganfall-Symptome beginnen.
- Thrombektomie: Dabei wird ein Katheter durch die Leiste ins Gehirn eingeführt und das Blutgerinnsel mit einem weichen Metallgitter-Geflecht eingefangen und abgesaugt.
- Ballonkatheter und Stent: Ist die Thrombektomie nicht erfolgreich, kann das verstopfte Gefäß mit einem Ballonkatheter geweitet werden. Danach wird ein Stent, also eine Gefäßstütze, eingesetzt.
Therapie bei hämorrhagischem Schlaganfall
Bei einer Hirnblutung muss die Blutung zum Stillstand gebracht werden, falls noch nicht von selbst geschehen. Außerdem müssen Schädigungen durch austretendes Blut vermieden werden. In manchen Fällen ist eine Operation erforderlich, um das Blut zu entfernen und den Druck auf das Gehirn zu reduzieren.
Nachbehandlung und Rehabilitation
Nach einem Schlaganfall bleiben oft Lähmungen, Wahrnehmungs- und Sprechstörungen zurück. Um Langzeitschäden so gering wie möglich zu halten, sollte möglichst schon in den ersten Tagen in der Klinik mit Reha-Maßnahmen begonnen werden. Nach der Akuttherapie in der Klinik haben Betroffene in der Regel Anspruch auf eine Anschlussbehandlung. Depressionen gehören zu den häufigsten Komplikationen nach einem Schlaganfall. Die Dauer der Rehabilitation sollte sich nach der Schwere der Beeinträchtigungen richten.
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Um einem erneuten Schlaganfall vorzubeugen, sollten bei Risikopatienten regelmäßig der Blutdruck, die Cholesterinwerte und der Blutzucker überprüft und eingestellt werden. Auch eine Umstellung des Lebensstils mit viel Bewegung, gesünderer Ernährung und ohne Rauchen kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls verringern.
Risikofaktoren
Die wichtigsten Risikofaktoren gelten für alle Geschlechter. Einige Faktoren begünstigen aber besonders bei Frauen Schlaganfälle: Dazu gehört zum Beispiel das Vorhofflimmern. Betroffene Frauen bekommen doppelt so häufig einen Schlaganfall wie Männer mit Vorhofflimmern. Auch Frauen mit Diabetes sind stärker gefährdet als Männer. Migräne mit Aura erhöht zwar für Männer und Frauen das Risiko, einen Schlaganfall zu bekommen. Aber Frauen sind häufiger von Migräne betroffen als Männer.
In der Altersspanne von 16 bis 55 Jahren steckt oft ein kleiner angeborener Defekt im Herzen hinter einem Schlaganfall - ein offenes oder persistierendes Foramen ovale (PFO).