Nervenschmerzen nach Gürtelrose: Dauer, Ursachen und Behandlung

Gürtelrose (Herpes Zoster) ist eine Viruserkrankung, die durch die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus verursacht wird, dem gleichen Virus, das auch Windpocken verursacht. Nach einer Windpockeninfektion verbleibt das Virus inaktiv in den Nervenzellen und kann später, meist bei einem geschwächten Immunsystem, reaktiviert werden. Gürtelrose betrifft Haut und Nerven und kann sehr starke Schmerzen verursachen. Eine häufige Komplikation der Gürtelrose sind chronische Nervenschmerzen, die auch nach dem Abheilen des Ausschlags über Monate oder sogar Jahre bestehen bleiben können. Dieser Artikel beleuchtet die Dauer von Nervenschmerzen nach Gürtelrose, die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.

Was ist Gürtelrose (Herpes Zoster)?

Gürtelrose ist eine Folgeerkrankung der Windpocken, die Haut und Nerven betrifft. Auslöser ist das Varizella-Zoster-Virus (VZV), das zu den Herpesviren gehört. Beim ersten Kontakt mit dem Erreger, meist in der Kindheit, entwickeln sich Windpocken. Nach der Genesung verbleibt ein Teil der Erreger im Körper und zieht sich in die Nervenknoten (Ganglien) von Rückenmark und Gehirn zurück. Dort können die Viren teils über Jahrzehnte hinweg unbemerkt überdauern, bis sie durch ein geschwächtes Immunsystem, zum Beispiel im Alter oder durch eine Krankheit, aus ihrem „Schlummermodus“ erwachen. Nach einer solchen „Reaktivierung“ wandern die Viren am betroffenen Nerv entlang an die Oberfläche. Der Nerv und der Hautbereich, der durch ihn versorgt wird, entzünden sich und die Bläschen werden sichtbar.

Symptome und Verlauf der Gürtelrose

Gürtelrose verläuft typischerweise in zwei Phasen. Die ersten Anzeichen können leicht übersehen werden: Betroffene verspüren ein Kribbeln, Brennen oder Jucken in einem bestimmten Hautbereich, begleitet von stechenden Schmerzen. Hinzu können auch grippeähnliche Symptome wie leichtes Fieber, Müdigkeit oder Gliederschmerzen auftreten. Nach wenigen Tagen entwickelt sich der typische Hautausschlag und die Schmerzen können intensiver werden, da die Nerven stärker angegriffen werden. Während dieser Phase kann es auch zu starkem Juckreiz kommen.

Der Hautausschlag hat ein charakteristisches Erscheinungsbild. Er beginnt mit roten Flecken, die sich innerhalb weniger Tage zu kleinen Bläschen entwickeln. Diese Bläschen sind mit klarer oder gelblicher Flüssigkeit gefüllt und gruppieren sich entlang der betroffenen Nervenbahnen. Daher tritt der Ausschlag meist gürtelförmig und nur auf einer Körperseite auf.

Die Gürtelrose kann sich an verschiedenen Körperstellen zeigen, wie z.B.:

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  • Kopf: Betrifft oft die Kopfhaut, die Stirn oder den Schläfenbereich. Eine Gürtelrose im Gesicht kann gefährlich werden, insbesondere wenn die Augen betroffen sind (Zoster ophthalmicus).
  • Hals: Äußert sich meist als einseitiger Ausschlag, der sich von der Halsregion bis zur Schulter erstreckt.
  • Rücken: Der Ausschlag verläuft typischerweise entlang der Rippen und kann starke, ziehende Schmerzen verursachen, die von der Wirbelsäule zur Brust ausstrahlen.
  • Brust: Besonders unangenehm, wenn sie sich unter der Brust oder in den Achselhöhlen ausbreitet.
  • Bauch: Verläuft oft in einem typischen gürtelförmigen Muster um die Taille.
  • Arme/Beine: Kann Taubheitsgefühle oder ein brennendes Schmerzempfinden auslösen.

Bei leichtem Krankheitsverlauf heilen die Bläschen normalerweise nach 1 bis 2 Wochen ab. Meistens gehen die Schmerzen zusammen mit dem Hautausschlag zurück. In manchen Fällen können jedoch auch nach Abheilung des Ausschlags teils heftige Nervenschmerzen über Monate oder sogar Jahre bestehen bleiben (Post-Zoster-Neuralgie).

Post-Zoster-Neuralgie (PZN): Anhaltende Nervenschmerzen nach Gürtelrose

Die Post-Zoster-Neuralgie (PZN) ist die häufigste Komplikation einer Gürtelrose. Sie wird definiert als Nervenschmerz, der länger als drei Monate nach dem Beginn einer akuten Gürtelrose andauert. Nach Ausheilen der Gürtelrose kommt es bei ca. 15 % der Betroffenen zu anhaltenden Schmerzen im betroffenen Hautbereich.

Symptome der Post-Zoster-Neuralgie

Die Symptome der PZN variieren je nach betroffener Nervenregion. Typische Symptome sind:

  • Anhaltende brennende oder bohrende Schmerzen
  • Plötzlich einschießende Schmerzen
  • Heftige Schmerzen bei Berührung (Allodynie)
  • Missempfindungen wie Juckreiz oder Taubheitsgefühle

Die Schmerzen und Missempfindungen treten im Bereich der vorangegangenen Gürtelrose auf, am häufigsten am Rumpf, aber auch an Armen oder im Gesicht. Die Haut ist an diesen Stellen überempfindlich und jede Berührung kann schmerzhaft sein.

Ursachen und Risikofaktoren für PZN

Eine frühere Windpockenerkrankung ist die Voraussetzung, um Gürtelrose und somit auch eine PZN entwickeln zu können. Nach Abklingen der Windpocken bleibt das Virus latent im Körper und „ruht“ in den Nervenknoten der Wirbelsäule (Spinalganglien) oder des Gehirns. Unter bestimmten Umständen, z. B. bei einer Schwächung des Immunsystems, können die Viren wieder aktiv werden.

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Das Risiko, eine PZN zu entwickeln, hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Alter: Höheres Alter ist der größte Risikofaktor. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Während das Risiko bei den 55- bis 59-Jährigen bei etwa 30 % liegt, sind bei über 70-Jährigen etwa 70 % betroffen.
  • Stärke der Schmerzen während der akuten Gürtelrose: Personen, die während der akuten Gürtelrose unter besonders starken Schmerzen litten, haben ein höheres Risiko.
  • Stärke des Ausschlags: Ein besonders starker Ausschlag erhöht das Risiko für PZN.
  • Schmerzen vor Ausbruch des Ausschlags: Wenn bereits einige Zeit vor Ausbruch des Ausschlags Schmerzen auftraten, ist das Risiko erhöht.
  • Geschlecht: Frauen sind anscheinend häufiger betroffen als Männer.
  • Betroffene Körperstelle: Das Risiko ist erhöht nach einer Gürtelrose im Gesicht, an den Augen oder am Steißbein.
  • Immunschwäche: Ein geschwächtes Immunsystem, sei es alters- oder krankheitsbedingt, schafft die Voraussetzung dafür, dass die Windpockenviren wieder aktiv werden.

Diagnose der Post-Zoster-Neuralgie

In der Regel kann die Diagnose aufgrund der Krankengeschichte (Anamnese) gestellt werden. Wichtig ist, dass zuvor eine Gürtelrose aufgetreten ist. Ärzt*innen können spezielle Fragebögen einsetzen, um die Symptome zu erfassen. Die Stärke der Schmerzen kann mit einer Schmerzintensitätsskala erhoben werden. Die medizinische Fachperson untersucht das betroffene Hautareal nach Rötungen, Pusteln oder Narben und prüft, wie berührungsempfindlich die Haut ist. In unklaren Fällen kann eine Blutuntersuchung durchgeführt werden, um Entzündungswerte und Antikörper gegen das Varizella-Zoster-Virus zu bestimmen.

Behandlung von Nervenschmerzen nach Gürtelrose

Das Ziel der Behandlung ist es, die Schmerzen zu lindern, die Dauer der Nervenschmerzen zu verkürzen und dadurch die Lebensqualität zu verbessern. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze, die je nach Schweregrad der Schmerzen und individuellen Bedürfnissen eingesetzt werden können.

Medikamentöse Behandlung

  • Schmerzmittel: Bei leichten Beschwerden können einfache Schmerzmittel wie Paracetamol eingenommen werden. In einigen Fällen werden stärkere, verschreibungspflichtige Schmerzmittel (Opioide) eingesetzt.
  • Antiepileptika: Nervenschmerzen können mit Antiepileptika wie Pregabalin oder Gabapentin behandelt werden. Diese Medikamente machen die Nervenzellen weniger erregbar. Die Dosis wird langsam gesteigert, bis eine ausreichende Schmerzlinderung erreicht ist. Die Behandlung sollte mindestens 3-6 Wochen fortgeführt werden.
  • Antidepressiva: Antidepressiva können ebenfalls zur Behandlung von Nervenschmerzen eingesetzt werden. Sie hemmen die Schmerzweiterleitung zum Gehirn und dämpfen die Erregbarkeit der betroffenen Nerven.
  • Lokalanästhetika: Ein Lokalanästhetikum (Lidocain) kann als Salbe oder Pflaster auf den schmerzenden Bereich aufgetragen werden.
  • Capsaicin-Pflaster: Eine weitere Alternative ist die Verwendung eines hochdosierten Capsaicin-Pflasters. Dieser Wirkstoff ist betäubend und schmerzlindernd.

Weitere Maßnahmen

  • Multimodale Schmerztherapie: Besonders bei langwierigen Verläufen wird eine multimodale Schmerztherapie empfohlen. Diese umfasst nichtmedikamentöse Verfahren wie Psychotherapie, Physiotherapie und Entspannungstechniken.
  • Nervenblockaden: Bei anhaltenden Schmerzen, die sich durch die Therapie nicht bessern, kann die Mitbehandlung durch Schmerzspezialist*innen empfohlen werden. Eine neuere Therapieoption für schwer zu behandelnde Schmerzen sind Nervenblockaden, bei denen bestimmte Nerven mit lokal angewendeten Betäubungsmitteln oder Steroiden „abgeschaltet“ werden.
  • TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation): Manche Betroffene profitieren auch von der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS), bei der mithilfe von Elektroden auf der Haut die Nerven mit Stromimpulsen angesprochen werden. Wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit dieses Verfahrens fehlen allerdings noch.

Vorbeugung von Post-Zoster-Neuralgie

Eine frühzeitige Schmerztherapie während der akuten Gürtelrose wird empfohlen, um chronischen Schmerzen vorzubeugen. Einige Zeit wurde davon ausgegangen, dass die Behandlung mit virenhemmenden Mitteln während der Ausschlagphase dem späteren Auftreten von Schmerzen vorbeugen kann. Eine vorbeugende Wirkung der antiviralen Therapie konnte jedoch bislang nicht nachgewiesen werden.

Impfung gegen Gürtelrose

Eine Impfung kann dazu beitragen, einer Gürtelrose und ihren Komplikationen vorzubeugen. In Deutschland sind zwei Impfstoffe gegen Gürtelrose für Personen ab 50 Jahren zugelassen und verfügbar. Die Impfung mit dem Totimpfstoff ist von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Personen über 60 Jahre empfohlen. Für Patient*innen mit einer Immunschwäche oder einer chronischen Grunderkrankung empfiehlt die STIKO die Gürtelrose-Impfung bereits ab 50 Jahren. Die Impfung wird von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.

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Die Impfung von Säuglingen gegen Windpocken reduziert nachweislich das Vorkommen sowohl von Windpocken als auch von Gürtelrose bei Kindern.

Gürtelrose ist ansteckend - was ist zu beachten?

Die Hautbläschen enthalten infektiöse Erreger, die per Schmierinfektion übertragen werden können und ansteckend sind - allerdings nur für Menschen, die noch keine Windpocken hatten bzw. nicht gegen Windpocken geimpft sind. Bei dieser Personengruppe entwickeln sich Windpocken (nicht Gürtelrose). Gürtelrose-Patienten sollten Kontakt mit anderen Menschen vermeiden. Durch Abdeckung der betroffenen Hautareale (z. B. leichter Verband) lässt sich die Ansteckungsgefahr reduzieren. Wichtig: Für Neugeborene und Babys im Mutterleib sowie für Immungeschwächte kann eine Windpocken-Infektion sehr gefährlich sein. Wenn alle Bläschen ausgetrocknet und die Krusten abgefallen sind, besteht keine Ansteckungsgefahr mehr.

Alltag mit Gürtelrose und Post-Zoster-Neuralgie

Gürtelrose und insbesondere die Post-Zoster-Neuralgie können den Alltag der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Die oft quälenden Nervenschmerzen können zu einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität führen.

Tipps für den Alltag mit Gürtelrose

  • Schonen Sie sich: Vermeiden Sie Stress und gönnen Sie sich ausreichend Ruhe.
  • Vermeiden Sie Kratzen: Auch wenn der Juckreiz stark ist, vermeiden Sie es unbedingt, die Bläschen zu berühren oder zu öffnen.
  • Lockere Kleidung: Tragen Sie lockere Kleidung, um die Haut nicht zusätzlich zu reizen.
  • Sonnenschutz: Vermeiden Sie intensive Sonneneinstrahlung.
  • Ernährung: Vermeiden Sie Lebensmittel, die reich an der Aminosäure L-Arginin sind (z. B. Nüsse, Schokolade, Erdnüsse), da diese das Herpesvirus fördern können. Reduzieren Sie den Konsum von Kaffee und koffeinhaltigen Getränken.

Tipps für die Hautpflege nach Gürtelrose

  • Juckreiz mildern: Verwenden Sie Cremes mit intensiver Feuchtigkeitswirkung, um die Haut zu beruhigen und den Juckreiz zu mildern.
  • Narben pflegen: Verwenden Sie Narbengels oder -cremes mit regenerierenden Wirkstoffen, um die Haut bei der Erneuerung zu unterstützen.
  • Schutzbarriere stärken: Achten Sie darauf, die Haut vor äußeren Einflüssen wie Sonne und Kälte zu schützen.

Umgang mit der Ansteckungsgefahr

Nehmen Sie Rücksicht auf Ihre Mitmenschen, insbesondere auf Schwangere, Neugeborene, Babys und immungeschwächte Personen. Beachten Sie die Hygienemaßnahmen, um eine Ansteckung zu vermeiden.

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