Wie schädlich ist Alkohol für das Gehirn? Auswirkungen und Langzeitfolgen

Alkohol ist eine der am häufigsten konsumierten psychoaktiven Substanzen weltweit. Obwohl viele Menschen Alkohol als harmlos betrachten, ist er tatsächlich ein starkes Nervengift, das bei übermäßigem Konsum schwerwiegende Folgen haben kann. Der Konsum von Alkohol ist in vielen Kulturen tief verwurzelt und wird oft mit Entspannung und Geselligkeit assoziiert. Doch hinter dem geselligen Beisammensein verbirgt sich eine Substanz, die erhebliche Auswirkungen auf das Gehirn und den gesamten Körper haben kann.

Was Alkohol im Gehirn anrichtet

Die einfache Antwort: Alkohol zerstört das Gehirn. Drogen stören die Balance der Neurotransmitter. Das heißt, sie wirken auf die Informationsübertragung im Gehirn. Alkohol beispielsweise hemmt bestimmte Glutamatrezeptoren (zuständig für Kommunikation der Nervenzellen, das Erinnerungsvermögen und Lernen), Substanzen wie Kokain blockieren sie. Allen gemeinsam ist, sie verändern Gehirnmasse, das Gehirnvolumen wird kleiner. Grundsätzlich verstärke die Droge die Grundstimmung, in der sich jemand befindet. Ist man also depressiv und trinkt, verbessere das nicht die Laune, sondern verstärke die Depression. Und: Unterschiedliche Wirkungen werden nicht nur durch unterschiedliche Substanzen erzielt. Dieselbe Substanz kann auch von Person zu Person verschieden wirken.

Alkohol gelangt vorwiegend über die Schleimhaut des Dünndarms ins Blut. So verteilt sich der Alkohol innerhalb weniger Minuten im Blutkreislauf und schließlich im gesamten Körperwasser. Da der menschliche Körper größtenteils aus Wasser besteht, sind die meisten Gewebe im Körper und damit Organe wie das Herz, Gehirn und Muskeln dem Alkohol ausgesetzt. In stark durchblutete Organe wie die Leber und das Gehirn gelangt der Alkohol schneller als in weniger stark durchblutete Organe.

Alkohol ist ein Zellgift. Nimmt man ihn auf, verteilt er sich im ganzen Körper. Manche Organe sind empfindlicher für die Wirkung von Alkohol als andere, beispielsweise das Gehirn. Dort beeinflusst Alkohol verschiedene Botenstoffe, die dafür zuständig sind, Informationen zwischen Nervenzellen zu übermitteln. Alkohol wirkt sich hemmend oder dämpfend auf die Informationsübertragung aus. Die Wahrnehmung und das Reaktionsvermögen sind verlangsamt, wenn man Alkohol getrunken hat.

Auswirkungen auf Neurotransmitter und Gehirnstruktur

Alkohol beeinflusst verschiedene Botenstoffe im Gehirn, die für die Informationsübertragung zwischen Nervenzellen zuständig sind. Er wirkt hemmend oder dämpfend, was die Wahrnehmung und das Reaktionsvermögen verlangsamt. Langfristiger Alkoholkonsum kann die Gehirnmasse verändern und das Gehirnvolumen verkleinern.

Lesen Sie auch: Wie Alkohol das Gehirn schädigt

Regelmäßiger Alkoholkonsum kann schwerwiegende und langfristige Folgen für unser Gehirn haben. Schon eine Flasche Bier am Tag lässt die graue sowie die weiße Substanz im Gehirn schrumpfen, wenn Sie über einen langen Zeitraum regelmäßig konsumieren. Bei der grauen Substanz handelt es sich um die Großhirnrinde (oder Cortex), die rund 20 Milliarden Nervenzellkörper beherbergt. Im Inneren des Großhirns befinden sich ihre Zellfortsätze (Axone), die aufgrund ihrer helleren Farbe weiße Substanz genannt werden. Beide Substanzen sind wesentliche Bestandteile des zentralen Nervensystems und steuern nahezu alle Hirnfunktionen. Ohne sie kann das Gehirn nicht normal arbeiten. Die Veränderungen, die Alkohol in den Gehirnsubstanzen verursacht, sind jedoch nicht linear: Je mehr man trinkt, desto schneller schrumpft das Gehirn. Ein Beispiel: Erhöht eine 50-jährige Person ihren täglichen Alkoholkonsum von einem 0,25l Glas Bier auf eine 0,5l Flasche Bier, entsprechen die Veränderungen im Gehirn einer Alterung von zwei Jahren.

Das Belohnungssystem und Sucht

Durch die Aufnahme von Alkohol wird über einen Einfluss auf Botenstoffe auch das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert. In geringen Mengen wirkt Alkohol dadurch stimmungshebend, entspannend und angstlösend. Ein Wohlgefühl entsteht. In großen Mengen wirkt Alkohol betäubend. Das Gehirn „merkt“ sich, wie Alkoholkonsum in einer bestimmten Situation z. B. entspannend gewirkt hat. Dann kann schon ein Geruch oder eine bestimmte Person, die an eine solche Situation erinnert, das Verlangen nach Alkohol auslösen.

Alkohol ruft möglicherweise Gehirnschäden schon bei Mengen hervor, die bisher als moderat gelten. Im Rahmen der Whitehall-II-Gesundheitsstudie wurden 550 Männer und Frauen im Alter von durchschnittlich 43 Jahren zwischen 1985 und 2015 untersucht. Keiner der Probanden war zu Beginn der Studie Alkoholiker. Je mehr Alkohol die Teilnehmer pro Woche tranken, desto größer war auch der Schwund an Gehirnmasse im Hippocampus, der für das Gedächtnis und die räumliche Orientierung zuständig ist. Wer umgerechnet zehn 0,5-l-Flaschen Bier (5 Vol-%) pro Woche (240 Gramm reiner Alkohol) zu sich nahm, hatte das größte Risiko einer sichtbaren Hippocampus-Atrophie im Magnetresonanztomografen.

Akute und chronische Auswirkungen

In geringen Mengen wirkt Alkohol entspannend, angstlösend und stimulierend. Außerdem kann er kurzfristig die Stimmungslage verbessern, hilft bei der Überwindung von Unsicherheit sowie Angst und distanziert von negativen Gefühlen. Bei regelmäßigem Konsum kann Alkohol jedoch zu Nervenschäden führen, die sich in Taubheitsgefühlen, Kribbeln oder einem Verlust der Feinmotorik äußern können.

Langzeitfolgen von Alkoholkonsum auf das Gehirn

Langfristiger und regelmäßiger Alkoholkonsum kann zur Schrumpfung des Hirngewebes führen. Zuerst nehmen die Gedächtnisleistung und das Konzentrationsvermögen ab. Auch das Urteilsvermögen und die Intelligenz werden dauerhaft beeinträchtigt. Regelmäßiger Alkoholkonsum von bereits fünf bis sechs Standardgläsern pro Woche die kognitive Leistungsfähigkeit vermindert.

Lesen Sie auch: Energy-Drinks: Risiko für die Gehirnfunktion?

Im Gehirn verursacht ein regelmäßiger Konsum hoher Alkoholmengen außerdem Veränderungen, die das Risiko einer Demenzerkrankung stark erhöhen. Dabei handelt es sich um eine Krankheit, die eine fortschreitende Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit hervorruft. Betroffene Menschen können dadurch häufig kein selbstbestimmtes Leben mehr führen und sind auf Hilfe im Alltag angewiesen. Studien zeigen, dass sich das Demenzrisiko deutlich erhöht, wenn man regelmäßig viel Alkohol trinkt. Personen ab 45 Jahren, die mehr als 24 Gramm reinen Alkohol (ca. 250 ml Wein) am Tag trinken, sind besonders gefährdet.

Erhöhtes Demenzrisiko

Regelmäßiger Konsum hoher Alkoholmengen kann im Gehirn Veränderungen verursachen, die das Risiko einer Demenzerkrankung stark erhöhen. Studien zeigen, dass sich das Demenzrisiko deutlich erhöht, wenn man regelmäßig viel Alkohol trinkt. Personen ab 45 Jahren, die mehr als 24 Gramm reinen Alkohol (ca. 250 ml Wein) am Tag trinken, sind besonders gefährdet.

Korsakow-Syndrom

Das Korsakow-Syndrom ist eine vor allem bei Alkoholikerinnen und Alkoholikern auftretende Form des Gedächtnisschwunds. Betroffene sind nicht in der Lage, neue Gedächtnisinhalte zu speichern oder wiederzugeben. Außerdem können sie oft Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit nicht mehr wiedergeben. Lücken im Gedächtnis werden beim Korsakow-Syndrom zum Teil mit erfundenen Geschichten aufgefüllt, die Betroffenen begreifen den Verlust der Erinnerungen nicht.

Alkoholische Kleinhirndegeneration (AKD)

Alkoholische Kleinhirndegeneration (AKD) ist eine neurologische Erkrankung, die durch chronischen Alkoholkonsum verursacht wird. Sie führt zu einer Schädigung des Kleinhirns, das für die Koordination von Bewegungen und das Gleichgewicht zuständig ist. Die Symptome der AKD umfassen Ataxie (Gangunsicherheit), Dysarthrie (Sprachstörungen) und Nystagmus (unkontrollierbare Augenbewegungen).

Alkohol und das jugendliche Gehirn

Bei Jugendlichen verändern Drogen Wachstumsfaktoren im Gehirn, steuern zum Beispiel die Plastizität. „Junge Gehirne sind dafür ganz anders empfänglich.“ Je früher jemand Drogen konsumiert, umso größere Probleme wird er haben - was umgekehrt aber nicht bedeutet, dass man auch als alter Mensch nicht noch stark abhängig werden kann.

Lesen Sie auch: AirPods: Schädlich für das Gehirn oder unbegründete Angst?

Problematisch am Alkohol ist, dass er die Reaktionsfähigkeit und das Koordinationsvermögen mindert und gleichzeitig die Risikobereitschaft erhöht. Bei jungen Menschen ist dieser Effekt noch stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen. Die Wahrscheinlichkeit für Rauschtrinken bei Jugendlichen erhöht sich, weil sich das limbische System und der präfrontale Cortex asynchron entwickeln. Das limbische System ist zuständig für die Verarbeitung von Emotionen, während der präfrontale Cortex für die Vernunft und die Kontrolle von Impulsen zuständig ist. Bei Jugendlichen ist der präfrontale Cortex noch nicht voll entwickelt, während das limbische System seine Arbeit schon mit Vollgas verrichtet. Die Konsequenzen des eigenen Tuns werden nur unzureichend abgewogen. Für den kurzfristigen Spaß werden die Risiken einfach ausgeblendet.

Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung

Rauschtrinken ist Gift für das Gehirn und kann die Entwicklung der grauen Zellen nachhaltig beeinträchtigen. Die Gehirnentwicklung ist nicht in der Kindheit abgeschlossen, sondern setzt sich bis etwa zum Alter von etwa 25 Jahren fort. Häufiges Rauschtrinken kann die Entwicklung der weißen Substanz beeinträchtigen.

Studien konnten zeigen, dass sich schon bei 16- bis 19-jährigen Jugendlichen Veränderungen der weißen Substanz durch Rauschtrinken nachweisen lassen. Jugendliche, die intensiv Alkohol trinken, haben oft einen verkleinerten Hippocampus, was zu Gedächtnisproblemen führt.

Akute Toleranz bei Jugendlichen

Tierexperimente weisen zudem darauf hin, dass sich das jugendliche Gehirn aufgrund von Alkoholkonsum womöglich langsamer entwickelt. Jugendliche können Alkohol besser vertragen, bezahlen dafür aber mit einer gebremsten Gehirnentwicklung.

Weitere gesundheitliche Risiken durch Alkoholkonsum

Alkohol zu trinken, ist grundsätzlich ungesund. Sie riskieren unter Umständen schwerwiegende gesundheitliche Folgen. Die Auswirkungen des Alkohols auf das Gehirn und nahezu alle anderen Organe können drastisch sein. Je mehr Sie trinken, desto ungesünder. Aber schon bei kleinen Mengen riskieren Sie Alkoholschäden und Krankheiten:

  • Lebererkrankungen: Die Leber ist für den Abbau des Alkohols verantwortlich und von übermäßigem Konsum besonders stark betroffen. Die weibliche Leber baut Alkohol sehr viel schlechter ab und ist deshalb besonders gefährdet.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Regelmäßiger Alkoholkonsum die Gefahr von Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder gar einem Schlaganfall erhöht.
  • Krebserkrankungen insbesondere der Leber, in Mundhöhle, Rachenraum und Speiseröhre, des Enddarms und der (weiblichen) Brustdrüse
  • Persönlichkeitsveränderungen: Unzuverlässigkeit, Reizbarkeit, Unruhe, übertriebene Eifersucht, vielfältige Ängste, Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken. Die Diagnose „psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ war im Jahr 2017 der zweithäufigste Behandlungsgrund in deutschen Krankenhäusern.
  • Alkohol und Nieren: Alkohol hat einen starken negativen Einfluss auf die Funktion der Nieren und schädigt diese langfristig.
  • Alkohol und Depressionen: Alkoholprobleme und Depressionen hängen oft zusammen.
  • Alkohol und Schlaf: Alkohol als Einschlafhilfe funktioniert anfangs, denn Alkohol entspannt.

Wie viel Alkohol ist zu viel?

Einen vollständig risikofreien Alkoholkonsum gibt es nicht. Auch geringe Trinkmengen können zu gesundheitlichen Problemen beitragen. Daher empfehlen sowohl die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) als auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), am besten gar keinen Alkohol zu konsumieren. Als risikoarm wird eine Trinkmenge bezeichnet, bei der das Risiko von schädlichen Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit relativ gering ist. Die DGE legte 2024 den aktuellen Schwellenwert für einen risikoarmen Alkoholkonsum mit weniger als 27 Gramm reinen Alkohol pro Woche fest. Das entspricht etwas mehr als einem Liter Bier oder 0,3 Liter Wein. Dieser Wert kann aber nur zur groben Orientierung dienen.

Die alkoholbezogenen Schwellenwerte gelten nur für gesunde Erwachsene. Alkoholprobleme können sich unterschiedlich äußern und unterschiedlich schwer sein. Vielleicht hat das Trinken schon Folgen nach sich gezogen.

Was versteht man weltweit unter moderatem Alkoholgenuss? Wie genau sich ein akzeptabler Alkoholkonsum pro Woche definieren lässt, variiert weltweit. In Großbritannien wurden die Richtlinien bereits im vergangenen Jahr überarbeitet: Die Regierung empfiehlt seitdem, nicht mehr als 16 g Alkohol pro Tag zu konsumieren - also 112 g pro Woche. In den USA liegt die Schwellendosis weit höher, bei 28 g pro Tag. Die Fachgesellschaften für Ernährung in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich auf Referenzwerte geeinigt, die für gesunde, nicht schwangere Frauen einen Konsum von 10 g Alkohol pro Tag als akzeptable Menge an Alkohol angeben, bei Männern sind es 20 g. Das wären ein halber Liter Bier pro Tag.

Hinweise auf einen problematischen Alkoholkonsum

Wer Alkohol konsumiert, macht sich nicht immer bewusst, wie häufig und wie viel er trinkt. Hinweise auf einen problematischen Alkoholkonsum können sein:

  • Häufiger Alkoholkonsum
  • Große Mengen Alkohol pro Trinkgelegenheit
  • Kontrollverlust über den Alkoholkonsum
  • Vernachlässigung von Verpflichtungen aufgrund von Alkoholkonsum
  • Trinken trotz negativer Konsequenzen
  • Entzugserscheinungen bei Reduktion des Alkoholkonsums

Was tun bei Alkoholproblemen?

Wer bei sich selbst feststellt, dass er zu viel trinke oder von einer Droge loskommen möchte, der muss nicht sofort in die Klinik. Er verweist auf die Suchthilfe und ambulante Angebote. Auch Selbsthilfegruppen sind gute Anlaufstellen. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, etwas zu unternehmen. Jedes Ihrer Organe hüpft vor Freude, wenn Sie nicht mehr trinken.

Suchtexperte Markus Salinger rät jedem, sich einen Maikäfer ins Gedächtnis zu rufen, um vor einem Missbrauch von Suchtmitteln gefeit zu sein. Für Salinger dient das Tier als Symbol: Es steht auf sechs Beinen und hält so seine Balance. Für Menschen sind diese sechs Beine Beruf, Familie/Partnerschaft, Gesundheit, soziale Kontakte, Individualität/Hobbys und Glaube/Spiritualität. Je ausgeglichener die Balance dieser Bereiche ist, desto sicherer sei man vor einem Suchtmittelmissbrauch.

tags: #wie #schädlich #ist #alkohol #für #das