Sind Energy-Drinks schädlich für das Gehirn? Eine umfassende Analyse

Energy-Drinks sind aus dem modernen Lebensstil vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Sie versprechen einen schnellen Energieschub, um Müdigkeit zu vertreiben und die Konzentration zu steigern. Besonders beliebt sind sie in der Partyszene, oft in Kombination mit Alkohol. Doch wie wirken sich diese zuckerhaltigen Koffeinbomben tatsächlich auf unser Gehirn und unsere Gesundheit aus? Dieser Artikel beleuchtet die potenziellen Gefahren von Energy-Drinks, insbesondere in Bezug auf die Gehirnfunktion, und gibt einen Überblick über aktuelle Forschungsergebnisse und Empfehlungen.

Beliebtheit und Inhaltsstoffe von Energy-Drinks

Energy-Drinks erfreuen sich großer Beliebtheit, insbesondere bei Jugendlichen. Eine Erhebung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2019 ergab, dass etwa 68 Prozent der 10- bis 18-Jährigen in Deutschland Energy-Drinks konsumieren. Ein gelegentlicher Verzehr gilt oft als unbedenklich, doch die für Jugendliche geltenden Grenzen werden häufig überschritten. Einige trinken etwa sieben Liter im Monat.

Was macht Energy-Drinks inhaltlich aus? Für alle Getränke gilt, dass sie nicht mehr als 150 Milligramm Taurin- oder Koffeingehalt pro Liter enthalten dürfen. Im Vergleich zu einer Cola ist das doppelt so viel Koffein. Für Energy-Drinks ist das hingegen ein relativ normaler Wert. Es gibt sogar Drinks, deren Wert noch deutlich darüber liegt. Außerdem enthalten Energy-Drinks viel Zucker, welcher noch zusätzlich eine aufputschende Wirkung hat.

Kurzfristige Auswirkungen auf den Körper

Innerhalb weniger Minuten nach dem Konsum werden etwa 80 Milligramm Koffein und 27,5 Gramm Zucker vom Körper aufgenommen. Das entspricht etwa neun Stücken Würfelzucker. Zudem lässt das Koffein Blutdruck und Puls steigen. Nach etwa 20 Minuten entfaltet das Koffein seine Wirkung: Man fühlt sich wach, aufgeputscht und kann sich besser konzentrieren. Auch der Blutzuckerspiegel ist jetzt auf seinem Höhepunkt. Nach 40 Minuten ist das Koffein vollständig vom Körper aufgenommen. Zudem pumpt die Leber weiteren Zucker in die Blutbahn, der Blutdruck steigt. Außerdem schüttet das Gehirn Dopamin aus, einen Botenstoff, der das Belohnungszentrum anregt. Nach etwa einer Stunde lässt der Koffeinrausch langsam nach. Der Körper hat den Zucker verarbeitet und beginnt Fett umzuwandeln. Man wird wieder müde und leichter reizbar. Nach zwölf bis 24 Stunden ist das Koffein komplett abgebaut. Bei Menschen, die regelmäßig Energy-Drinks trinken, kann es jetzt zu Entzugserscheinungen kommen. Kopfschmerzen und Verstopfungen sind ebenfalls möglich.

Langzeitfolgen für das Gehirn

Eine Studie, die sich mit den Langzeitfolgen des Mischkonsums von Energy-Drinks und Alkohol beschäftigte, liefert Hinweise darauf, dass der Konsum von Alkohol gepaart mit Energy-Drinks die Gehirnstruktur negativ verändern kann. Zu Anfang beobachtete man bei Ratten, welche die Kombination aus Alkohol und Energy-Drinks zugeführt bekommen hatten, dass sich die Gehirnparameter und -funktionen verbesserten. Das hielt jedoch nicht lange an: Mit der Zeit und bis ins Erwachsenenalter nahm die Leistung des Gehirns durch Energy-Drinks und Alkohol immer weiter ab.

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Die Tests ergaben, dass insbesondere die jugendlichen Ratten, welche die Mixgetränke zugeführt bekamen, dauerhafte Veränderungen in ihrer Lern- und Erinnerungsfähigkeit aufwiesen. Zudem zeigten die Analysen auf, dass sich der Hippocampus - die Schaltstelle zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis - veränderte. Das könnte die Plastizität des Gehirns beeinträchtigen, also die Eigenschaft, sich strukturell zu verändern, um sich bspw. an Umweltbedingungen anzupassen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Konsum von Alkohol gemischt mit Energy-Drinks während der Adoleszenzperiode (Übergang von Kindheit zur Jugend; A. d. R.) Risiken für die Gehirnreifung darstellt", so die Forscher.

Die polnische Ernährungswissenschaftlerin Justyna Marszałkowska erklärt, dass der Konsum von Energy-Drinks schlecht für die Entwicklung des Gehirns ist. Wenn das Gehirn bis zum Alter von 30 mit Koffein, großen Mengen von Zucker oder Taurin überschüttet wird, kann es zu irreparablen Schäden führen. Bestätigt wird ihre Aussage durch eine Studie des Robert Koch-Instituts, in der Jugendliche Energy-Drinks trinken sollten. Das Ergebnis: Energy-Drinks haben Auswirkungen auf die Fließgeschwindigkeit vom Blut in der größten Hirn-Arterie. Der Blutfluss könnte sich um rund 10 Prozent verringern.

Risiken in Kombination mit Alkohol

Vor allem bei Jugendlichen sind Energy-Drinks in Verbindung mit Alkohol beliebt. Dabei ist gerade dieser Mix besonders schädlich. So warnt das Bundesamt für Risikobewertung (BfR): In der Vergangenheit traten Fälle mit Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen, Nierenversagen und Todesfälle auf, die in einem möglichen Zusammenhang mit dem Konsum von Energiegetränken gesehen wurden, wenn diese zusammen mit Alkohol oder ausgiebiger sportlicher Betätigung aufgenommen wurden.

Das Koffein überdeckt die Wirkung des Alkohols und suggeriert, man sei noch fit und nüchtern. Konsumenten bemerken etwa den Rausch nicht. Das Koffein soll die Müdigkeit, die der Alkohol teilweise auslöst, unterbinden. Dies führt zu einer höheren Risikobereitschaft. Studien zeigten, dass das Gefühl der Trunkenheit deutlich verringert ist, Müdigkeit und Erschöpfung werden nicht richtig wahrgenommen.

Weitere gesundheitliche Gefahren

Zuviel Koffein kann zu Schweißausbrüchen, Kopfschmerzen oder Veränderungen des Gemütszustands führen. Durch die Wirkung ist es möglich, viel nervöser oder reizbarer zu werden. Weitere Nebenwirkungen betreffen das Herz-Kreislauf-System: ein schnellerer Herzschlag, ein höherer Blutdruck und schlechteres Einschlafen. "Fürs Herz-Kreislauf-System einfach schlecht", so Nik Potthoff über die Gesundheitsschäden durch Energy-Drinks.

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An erster Stelle kritisch zu sehen ist der hohe Zuckergehalt, der pro Dose durchschnittlich neun Stück Würfelzucker entspricht. Die Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel liegt also schon auf der Hand. Da der Blutzucker auch schnell wieder abfällt und Konsumenten wieder müde werden, wird zur nächsten Dose gegriffen. Weiterhin begünstigt der dauerhafte Konsum durch den hohen Zuckergehalt Übergewicht und Diabetes. Der erhöhte Koffeingehalt einzelner Energy-Drinks kann bei regelmäßigem und/oder übermäßigem Konsum Bluthochdruck, Herzrasen und Übelkeit begünstigen oder auslösen. Darüber hinaus kann sich bei übermäßigen Konsum von Energy-Drinks ein Typ 2 Diabetes entwickeln.

Dr. Felix S. Seine EDUCATE-Studie („Energy-Drinks: Unexplored Cardiovascular Alterations in TEens and TwEens“) (1) ergab: Bei gesunden Jugendlichen steigt schon nach dem Konsum einer gewichtsadaptierten Menge eines Energy Drinks (= knapp 100 ml Energy Drink pro 10 kg Körpergewicht) zeitweise der Blutdruck an und der Herzrhythmus kann sich verändern. Aufgrund der Studienergebnisse lautet Dr. Seine Empfehlung daher, dass Kinder und Jugendliche komplett auf Energy Drinks verzichten sollten. Außerdem sollten die jungen Konsumenten über die Gesundheitsrisiken und den verantwortungsbewussten Umgang mit den Getränken besser aufgeklärt werden.

Empfehlungen und Alternativen

Angesichts der potenziellen Gefahren von Energy-Drinks sprechen sich viele Experten für einen verantwortungsbewussten Konsum oder sogar ein Verkaufsverbot an Minderjährige aus. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) spricht sich für Hinweise auf den Etiketten von Energiegetränken aus. Diese sollten beinhalten, dass Kinder, Schwangere, Stillende und coffeinempfindliche Personen auf den Verzehr von Energiegetränken verzichten sollten.

Die Verbraucherzentrale fordert daher auch in Deutschland ein Verkaufsverbot an Minderjährige. In Polen dürfen seit Anfang 2024 Energy Drinks nicht mehr an Jugendliche unter 18 Jahren abgegeben werden. In Schweden und Norwegen ist der Verkauf für Jugendliche unter 15 Jahren untersagt, in Litauen sind Verkäufe an Personen unter 14 Jahren verboten. In Estland gilt dies für Jugendliche unter 16 Jahren und in Lettland für Jugendliche unter 18 Jahren.

Es empfiehlt sich eher schwarzen, weißen oder grünen Tee über den Tag verteilt zu trinken, da das enthaltende Koffein eine kontinuierliche Wirkung hat und nicht nur punktuell wirkt wie Kaffee. Für gesunde Erwachsene gilt, dass bis zu 400 Milligramm Koffein am Tag in Ordnung sind.

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Ausreichend Schlaf und Erholungsphasen sind wichtig, um generell am Tag fit zu sein. Dazu kommen gesunde Ernährung und regelmäßige sportliche Aktivitäten. Auch in Beruf, Ausbildung und Schule sollten ausreichend Erholungsphasen gewährleistet werden. Hier spielen frische Luft und gesunde Pausensnacks eine wichtige Rolle. Zum Beispiel bestehend aus Obst, das Energie gibt, in Kombination mit einer Proteinquelle, wie Joghurt und Vollkorngetreide. Eine Hand voll Nüsse, wie etwa Walnüsse oder Pekannüsse, wirken sich positiv auf die Konzentration aus.

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