Prävention von Demenz: Aktuelle Studien und Empfehlungen

Die Demenzprävention ist ein wichtiges Thema angesichts der steigenden Zahl von Demenzerkrankungen in Deutschland. Da es bislang nur begrenzte Möglichkeiten gibt, die Krankheit zu stoppen oder den geistigen Abbau zu verlangsamen, ist das Interesse an beeinflussbaren Faktoren groß, um das Risiko zu senken oder den Verlauf abzumildern. Studien liefern bemerkenswerte Hinweise darauf, wie wir durch unseren Lebensstil das Demenzrisiko beeinflussen können.

Lebensstil und Demenzrisiko

Der Einfluss des Lebensstils auf Demenz, insbesondere die Alzheimer-Erkrankung, ist beträchtlich. Regelmäßige Bewegung im Alltag kann das Fortschreiten einer beginnenden Alzheimer-Erkrankung verzögern. Zahlreiche Faktoren begünstigen Demenz, darunter erhöhte Cholesterinwerte, Übergewicht, hoher Blutdruck und Rauchen. Ein bewusster und gesunder Lebensstil kann das Demenzrisiko senken. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, Hobbys und soziale Kontakte spielen eine wesentliche Rolle bei der Vorbeugung. Das menschliche Gehirn benötigt Reize und Anstöße, um leistungsfähig zu bleiben. Körperlich fitte und geistig rege Menschen leben seltener mit Demenz.

Ernährung für Körper und Gehirn

Eine mediterrane Ernährung scheint vor Alzheimer und anderen Demenzformen zu schützen. Viel Obst, Gemüse, Fisch, Olivenöl und Vollkornbrot sollten auf dem Speiseplan stehen, während Schweinefleisch und Milchprodukte wie fetter Käse und Butter nur in Maßen konsumiert werden sollten. Wer auf seine Ernährung achtet, kann in der Regel auf zusätzliche Vitamin-, Folsäure- und Fischölpräparate verzichten. Curcuma scheint sich positiv auf die geistige Leistungsfähigkeit älterer Menschen auszuwirken, kann aber den Verlauf einer Alzheimer-Demenz nicht beeinflussen. Eine ausgewogene Ernährung in Kombination mit ausreichender Bewegung reduziert das Risiko von Übergewicht, das insbesondere in der mittleren Lebensphase (40 bis 60 Jahre) das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen und Demenz im späteren Lebensalter erhöht.

Bewegung als Schlüssel zur Prävention

Regelmäßige Bewegung fördert das körperliche Wohlbefinden und bringt das Gehirn auf Touren, auch bei Seniorinnen und Senioren. Altersgerechte Angebote gibt es in fast jeder Gemeinde. Viele regionale Alzheimer Gesellschaften bieten Bewegungsangebote für Menschen mit Demenz an. Ältere Menschen können sich an kommunale Seniorenbeauftragte wenden, um lokale Angebote zu finden. Es ist wichtig, Bewegung in den Alltag zu integrieren, z. B. kurze Strecken zu Fuß zurückzulegen. Die kostenfreie App „Up & Go“ der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie ermöglicht es, Kraft und Gleichgewicht zu testen und auf mögliche Sturzgefahren hinzuweisen. Viele Kranken- und Pflegekassen bieten Apps und Programme zur Bewegungsförderung an.

Eine neue Studie, veröffentlicht im Fachjournal „Nature Medicine“, liefert bemerkenswerte Hinweise zur Rolle von Bewegung bei der Alzheimer-Prävention. Die Harvard Aging Brain Study (HABS) begleitete 296 ältere Erwachsene mit frühen Anzeichen einer Alzheimer-Erkrankung über einen Zeitraum von bis zu 14 Jahren. Die Ergebnisse zeigen, dass bereits rund 3.000 Schritte am Tag einen Unterschied machen. Zwischen 5.000 und 7.500 Schritten täglich profitierten die Teilnehmer noch stärker. Ab etwa 7.500 Schritten zeigte sich jedoch ein Plateau, d.h. zusätzliche Schritte führten nicht zu weiteren Vorteilen.

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Diese Erkenntnisse fügen sich in ein größeres Bild ein. Eine Metaanalyse von 57 epidemiologischen Studien mit über 160.000 Teilnehmern ergab, dass Menschen, die täglich 7.000 Schritte zurücklegen, ein deutlich geringeres Risiko für zahlreiche Erkrankungen und eine niedrigere Sterblichkeit haben als Personen mit nur 2.000 Schritten.

Körperliche Aktivität setzt Prozesse im Körper in Gang, die dem Gehirn guttun. Eine erhöhte Hirndurchblutung verbessert die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung und unterstützt den Abtransport von Abbauprodukten des Zellstoffwechsels. Regelmäßige Aktivität führt langfristig zu einer Abnahme entzündungsfördernder Botenstoffe und trägt so zur Erhaltung der neuronalen Integrität bei. Bewegung regt den Kreislauf an und fordert den Kopf, da Personen navigieren, sich orientieren und mit ihrer Umgebung interagieren müssen. Zudem schüttet der Körper bei körperlicher Aktivität Schutz- und Wachstumsfaktoren aus.

Die Autoren der Studie betonen, dass die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren sind, da die körperliche Aktivität nur zu Beginn der Untersuchung erfasst wurde. Zudem floss ausschließlich die Schrittzahl in die Analyse ein, während andere Bewegungsformen wie Schwimmen, Radfahren oder Krafttraining nicht berücksichtigt wurden. Trotz dieser Einschränkungen empfehlen die Forschenden, die körperliche Aktivität im Alltag zu steigern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche.

Geistige und soziale Aktivität

Wer in Beruf und Freizeit geistig rege ist, hat ein geringeres Risiko, später mit Demenz zu leben. Kulturelle Aktivitäten, mathematische Knobeleien oder kreative Hobbys tragen bis ins Rentenalter dazu bei, ein gutes Gedächtnis zu bewahren. Auch alltägliche Verrichtungen können das Gehirn trainieren. Soziale Aktivitäten tragen nachweislich dazu bei, das Demenzrisiko zu senken. Der Austausch mit anderen Menschen fordert das Gehirn auf vielfältige Weise und hält es in Schwung. Je mehr wir unter Leute gehen und uns gemeinschaftlich einbringen, desto größer ist die Chance, auch im Alter geistig fit zu sein.

Weitere Risikofaktoren und Präventionsmaßnahmen

Eine interdisziplinäre und internationale Expertengruppe hat 14 beeinflussbare Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz identifiziert. Würden alle diese Risikofaktoren ausgeräumt, könnten bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen verhindert oder zumindest deutlich hinausgezögert werden. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen:

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  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Abweichungen des Fettstoffwechsels, Übergewicht und hohes LDL-Cholesterin müssen behandelt werden. Rauchen sowie übermäßiger Alkoholkonsum sollten vermieden werden.
  • Mangelzustände: Vitamin- und Hormonmangelzustände sollten regelmäßig kontrolliert werden.
  • Sensorische Beeinträchtigungen: Schwerhörigkeit und Verlust der Sehkraft erhöhen das Demenzrisiko. Dem kann man durch das frühzeitige Tragen von Hörgeräten und Sehhilfen entgegenwirken.
  • Kopfverletzungen: Schädel-Hirn-Verletzungen erhöhen das Demenzrisiko. Das Tragen eines Helms beim Radfahren, Skaten usw. ist sinnvoll.
  • Soziale Isolation und Einsamkeit: Regelmäßige soziale Kontakte und das Gefühl, verbunden zu sein, sind wichtig für die geistige Gesundheit.
  • Luftverschmutzung: Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen und die Gefäße schädigen.

Prodemiis Präventionsstudie

Die Prodemiis Präventionsstudie (Prävention degenerativer Demenz durch mentale, interaktive, individualisierte Stimulation) erforscht Therapieverfahren zur Prävention von Demenzerkrankungen. Im Rahmen dieser Studie soll überprüft werden, ob das Voranschreiten einer dementiellen Erkrankung durch computerbasiertes Gedächtnistraining verzögert werden kann. Teilnehmer erhalten entweder ein computerbasiertes kognitives Trainingsprogramm oder eine Aufklärung zu allgemeinen Verhaltensweisen inklusive Ernährung, körperlicher Aktivität und sozialen Kontakten.

Kritik und Limitationen der Forschung

Es ist wichtig zu beachten, dass viele Studien zu Demenzrisikofaktoren auf Korrelationen basieren und keine Kausalität beweisen. Das bedeutet, dass ein Risikofaktor möglicherweise mit den tatsächlichen Ursachen der Demenz korreliert, aber selbst nicht der Grund für die Krankheit ist. Schulbildung ist beispielsweise ein leicht erhebbares Maß, aber vielleicht nur ein Marker für andere Demenzursachen wie Entwicklungsstörungen, soziale Verhältnisse oder die kognitive Reserve.

Frühe Veränderungen des Zentralnervensystems vor einer Demenzdiagnose können dazu führen, dass Sprachverständnisstörungen entstehen und die Nutzung von Hörgeräten als zu schwierig empfunden wird. Dies könnte der Grund dafür sein, dass Schwerhörigkeit anscheinend nur dann mit späterer Demenz verbunden ist, wenn Patienten kein Hörgerät benutzen.

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