Ein Schlaganfall ist ein Notfall, der sofortige medizinische Behandlung erfordert. Jährlich erleiden in Deutschland etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Obwohl das Durchschnittsalter der Patienten bei 75 Jahren liegt, ist ein Schlaganfall keine ausschließliche Alterserkrankung, sondern kann auch Frauen, Männer und Kinder jeder Altersgruppe treffen.
Was ist ein Schlaganfall?
Schlaganfälle, medizinisch auch als Hirnschlag oder Apoplex bezeichnet, werden meist durch ein Blutgerinnsel ausgelöst, das ein Gefäß im Gehirn verstopft. Dadurch werden Nervenzellen geschädigt, was zu einem plötzlichen Ausfall bestimmter Gehirnfunktionen führt. Die Symptome hängen davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Da das Gehirn auf eine ausreichende Sauerstoffversorgung angewiesen ist, können bereits minimale Versorgungslücken erhebliche körperliche Schäden verursachen.
In der Medizin unterscheidet man drei Arten von Schlaganfällen:
Schlaganfälle aufgrund einer Durchblutungsstörung (Hirninfarkt): Ein Gefäßverschluss ist die Ursache für einen ischämischen Schlaganfall. Dies kann durch einen Blutpfropf (Thrombus) geschehen, der eine Arterie verschließt. Dieser Blutpfropf kann sich beispielsweise im Herzen oder in der Halsschlagader bilden. Löst er sich, kann er mit dem Blutfluss in die Hirngefäße transportiert werden und ein Gefäß verschließen. Die Folge ist, dass Teile des Gehirns nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden und Nervenzellen geschädigt werden. Eine weitere Ursache können Gefäßverkalkungen an den Hirngefäßen oder hirnversorgenden Halsgefäßen sein, die ebenfalls zu Verschlüssen oder Einengungen führen.
Schlaganfälle aufgrund einer Hirnblutung: Ein hämorrhagischer Schlaganfall wird durch eine Einblutung in das Gehirngewebe oder zwischen der inneren und äußeren Gehirnhautschicht verursacht. Häufig ist ein gerissenes Hirnaneurysma die Ursache. Wenn Betroffene zu einer schwachen Wandstruktur der Blutgefäße im Gehirn neigen oder unter Bluthochdruck leiden, können die Gefäßwände platzen oder es kann zu einem Einriss der Gefäßwand kommen. Blut gelangt so in das Gehirn und schädigt dort Nervenzellen dauerhaft. Viele Betroffene verspüren ungewohnte, sehr starke Kopfschmerzen, meist mit Übelkeit und Erbrechen. Hirnblutungen machen circa 15 Prozent aller Schlaganfälle aus.
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TIA (Transitorische ischämische Attacke): Bei einer TIA handelt es sich um eine sehr kurz anhaltende Durchblutungsstörung des Gehirns. Die Symptome, wie z. B. eine schmerzlose Lähmung der Hand, Sprachstörungen oder die Erblindung eines Auges, halten nur wenige Minuten an und verschwinden von selbst. Eine TIA geht Schlaganfällen oft voraus und gilt deshalb als Frühwarnzeichen. Betroffene sollten die Symptome ernst nehmen und umgehend einen Arzt aufsuchen.
Risikofaktoren für einen Schlaganfall
Ein Schlaganfall kann jeden treffen. Es ist daher wichtig, die Risikofaktoren zu kennen und ihnen entgegenzuwirken.
- Bluthochdruck: Der Blutdruck ist der Druck des Blutes in einem Gefäß. Ist er zu hoch, spricht man von Bluthochdruck. Er ist für rund 54 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich und somit eine der häufigsten Ursachen.
- Vorhofflimmern: Beim Vorhofflimmern kommt es zu plötzlich auftretenden unregelmäßigen Herzschlägen, Herzstolpern, Druckgefühl in der Brust und Atemnot. In der Folge können sich kleine oder größere Blutgerinnsel (Thromben) im linken Vorhof des Herzens bilden, die dann mit dem Blutstrom in hirnversorgende Arterien eingeschwemmt werden.
- Diabetes und Fettstoffwechselstörungen: Patienten, die an Diabetes oder einer Fettstoffwechselstörung leiden, haben ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Bei einer Fettstoffwechselstörung neigen Patienten zu erhöhten Blutfettwerten. Sind die Werte zu hoch, kann es früher oder später zu einer Verengung der Blutgefäße kommen. Das Gehirn wird nicht mehr mit ausreichend Blut versorgt, und Betroffene sind einem hohen Risiko für einen Hirninfarkt ausgesetzt.
- Nikotin und Alkohol: Neben ungesunder Ernährung und wenig bis gar keinem Sport sind auch der Konsum von Alkohol und Nikotin ein wesentlicher Risikofaktor für Schlaganfälle. Da sowohl häufiger Alkoholkonsum als auch regelmäßiges Rauchen zu Gefäßverengungen und Bluthochdruck führen, ist eine Reduzierung oder ein gänzliches Verzichten auf Alkohol und Nikotin empfehlenswert.
Je mehr einzelne Risikofaktoren gleichzeitig vorliegen, desto höher ist das Gesamtrisiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Oft liegen bei einem Menschen zwei, drei oder mehr Risikofaktoren vor.
Selten können auch Gefäßentzündungen, Blutgerinnungsstörungen, Migräne, ein Gefäßeinriss an den Halsarterien oder eine Hirnvenenthrombose Gründe für einen Schlaganfall sein.
Symptome eines Schlaganfalls
Typische Symptome sind plötzliche halbseitige Lähmungserscheinungen oder Taubheitsgefühle, vor allem auf der linken Körperseite (z. B. hängender Mundwinkel oder hängendes Augenlid) und sehr starke Kopfschmerzen. Es gibt aber noch mehr Anzeichen für einen Schlaganfall:
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- Plötzliche Sehstörungen (z. B. verschwommene Sicht, Augenflimmern, Doppelbilder oder Erblindung auf einem Auge)
- Plötzliche Sprachstörungen (z. B. abgehackte Sprechweise oder kompletter Sprachverlust)
- Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen
- Gehschwierigkeiten (z. B. Schwanken oder Stürzen)
- Plötzliche Bewusstseinsstörungen (z. B. fehlende Orientierung)
- Schluckbeschwerden/Schluckstörungen
Eine effektive Methode, um schnell herauszufinden, ob es sich um einen Schlaganfall handelt, ist die FAST-Methode:
- F = Face (Gesicht): Bitten Sie die Person mit einem möglichen Schlaganfall zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.
- A = Arms (Arme): Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, ein Arm sinkt oder dreht sich.
- S = Speech (Sprache): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.
- T = Time (Zeit): Setzen Sie sofort den Notruf 112 ab. Schildern Sie die Symptome und äußern Sie Ihren Verdacht auf einen Schlaganfall.
Ein Schlaganfall ist immer ein Notfall. Die schnelle und richtige Hilfe entscheidet über das Ausmaß der Gehirnschädigung. Jede Minute zählt, denn "Time is brain" (Zeit ist Gehirn). Handeln Sie sofort und verständigen Sie den Notruf unter 112.
Hilfreich für den Notarzt ist die Beantwortung folgender Fragen:
- Wann sind die Symptome aufgetreten?
- In welcher Situation befindet sich der oder die Betroffene?
- Welche Medikamente werden zurzeit eingenommen?
- Sind Herzrhythmusstörungen, insbesondere Vorhofflimmern, bekannt?
- Hatte die oder der Betroffene früher schon einmal ähnliche Beschwerden oder wurde bereits wegen eines Schlaganfalls behandelt?
Medizinische Behandlung eines Schlaganfalls
Kommt ein Patient mit Verdacht auf einen Schlaganfall in die Notaufnahme, werden zunächst eine Reihe von neurologischen Untersuchungen gemacht. Das ärztliche Fachpersonal der Neurologie und der Kardiologie arbeiten bei der Diagnostik eng zusammen, da man in den meisten Fällen von einer Vorerkrankung am Herzen ausgeht. In der Notaufnahme kann ein Schlaganfall durch bildgebende Diagnostik des Kopfes, wie Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT), diagnostiziert werden. Behandlungsentscheidend ist für die Ärzte, ob es sich um eine Hirnblutung oder einen Hirninfarkt handelt.
Die Thrombolyse ist eine Behandlungsoption eines Hirninfarktes. Dabei wird ein Medikament verabreicht, das den Blutpfropf auflösen soll. Je schneller die Thrombolyse nach einem Schlaganfall beginnt, desto größer sind die Therapieerfolge.
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Bei einer Hirnblutung wird versucht, die Blutung zu stoppen und Schädigungen durch das austretende Blut zu verhindern.
Stroke Units
Stroke Units sind spezielle Krankenhausstationen für Schlaganfall-Patienten. Sie verfügen über die apparativen und personellen Voraussetzungen, um bei einem Schlaganfall sofort die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen einleiten zu können. Auf einer Stroke Unit arbeiten spezialisierte Fachärzte wie Neurologen, Kardiologen sowie Radiologen und gegebenenfalls Neuro- und Gefäßchirurgen fachübergreifend zusammen. Hinzu kommen spezielle Therapiemethoden mit ausgebildeten Pflegekräften, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden.
Folgen eines Schlaganfalls
Ein Schlaganfall ist für Patienten zunächst ein ziemlicher Einschnitt in den Alltag. Je schneller mögliche Blutgerinnsel behandelt oder Blutungen im Kopf gestillt werden, desto besser kann sich der Körper von dem Schlaganfall erholen. Die konkreten Folgen eines Schlaganfalls sind je nach Größe des betroffenen Gehirn-Areals, dem Behandlungsbeginn und der Wirksamkeit der Therapie individuell verschieden. Viele der Einschränkungen lassen sich erst zwei bis drei Monate nach der Behandlung feststellen, da sich der Körper in dieser Zeit regeneriert.
Bei einer Schädigung der rechten Hirnhälfte kommt es zu Beeinträchtigungen der linken Körperseite und umgekehrt. Häufig bleibt bei den Betroffenen eine mehr oder weniger starke Lähmung von einem Gesichtsteil, Arm und/oder Bein auf einer Körperseite zurück. Man spricht in diesen Fällen von einer unvollständigen Halbseitenlähmung (Hemiparese), da nur einzelne Muskelgruppen von der Lähmung betroffen sind. Werden eine große Anzahl Nervenzellen beschädigt, kann auch die vollständige Lähmung einer Körperseite (Hemiplegie) die Folge sein. Bei einer Schädigung der dominanten (meist linken) Hirnhälfte kann es auch zu Sprachstörungen, der sogenannten Aphasie, kommen. Das Ausmaß und die Art der Aphasie sind dabei sehr unterschiedlich und individuell.
Ebenfalls kann nach einem Schlaganfall die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sein. Häufig sind in diesem Zusammenhang Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit, Gedächtnisleistung, des Planens und Handelns.
Hilfen nach einem Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall ist es für die meisten Menschen besonders wichtig, ihre Bewegungsfähigkeit, Muskelkraft und Sprache sowie ihre Selbstständigkeit wiederzuerlangen. Wichtig ist auch, das emotionale Gleichgewicht wiederzufinden.
Neben der medizinisch akuten und ersten rehabilitativen Behandlung wird eine langfristige ärztliche Begleitung notwendig sein, die je nach Ausprägung der Folgen sowohl bei Patienten als auch Angehörigen Geduld und Kraft erfordert. Gemeinsam mit den betreuenden Haus- und Fachärzten wird es darum gehen, Fähigkeiten soweit wie möglich wieder herzustellen, Funktionseinschränkungen entgegenzuwirken oder zu kompensieren und weitere Komplikationen zu vermeiden bzw. frühzeitig gegenzusteuern.
Prävention: Das Schlaganfallrisiko senken
Eine gesunde Lebensweise hilft am besten, einem Schlaganfall vorzubeugen. Zwar lässt sich das Risiko nicht auf Null senken, doch ungefähr 70 Prozent der Schlaganfälle könnten durch gezielte Vorbeugung verhindert werden. Gewisse Risikofaktoren können Sie selbst nicht beeinflussen. Dazu zählen Geschlecht, Alter und erbliche Veranlagung.
Allerdings existieren daneben eine Vielzahl an Risikofaktoren, bei denen Sie aktiv gegensteuern können:
- Bei Übergewicht ist eine Gewichtsreduktion ratsam, um einem möglichen Schlaganfall vorzubeugen.
- Ernähren Sie sich vielfältig und gesund. Eine Ernährungsberatung kann Ihnen helfen, neue und leckere Lebensmittel und Gerichte kennenzulernen und Ihre tägliche Kalorienzufuhr im Gleichgewicht zu halten.
- Nehmen Sie eventuell verordnete Medikamente, zum Beispiel zur Blutdrucksenkung, regelmäßig ein und nehmen Sie Kontrolltermine bei Ihrem Arzt wahr.
- Bleiben oder werden Sie rauchfrei.
- Bewegung tut gut und unterstützt Ihre Gesundheit.
- Gönnen Sie sich regelmäßige Ruhephasen und Entspannung.
Vorsorgeuntersuchungen
- Check-up Plus: Durch zusätzliche Untersuchungen, wie zum Beispiel einem EKG zur Bestimmung der Herztätigkeit, können mögliche Krankheiten und Funktionsstörungen rechtzeitig erkannt und somit bereits im frühen Stadium behandelt werden.
- Gesundheitsuntersuchung Check-up: Der Check-up dient der Vorsorge und wird ab 35 Jahren alle drei Jahre empfohlen.
Schlaganfall bei jüngeren Menschen
Immer häufiger treten Schlaganfälle auch bei jüngeren Menschen auf. In den vergangenen 15 Jahren sind die Schlaganfall-Fallzahlen angestiegen. Untersuchungen legen nahe, dass bis zu 40 Prozent mehr Schlaganfälle bei jungen Menschen (jünger als 55) auftreten. Die Ursachen sind nicht immer klar. Bei einigen jüngeren Patienten liegt es an der ungesunden Lebensweise, bei den meisten sind es aber andere Gründe wie Herzfehler, Einrisse an Gefäßwänden oder Störungen der Blutgerinnung.
Daten und Fakten zum Schlaganfall in Deutschland
- Rund 270.000 Menschen erleiden jährlich in Deutschland einen Schlaganfall, knapp 200.000 davon sind erstmalige Schlaganfälle.
- Die Altersgruppe ab 60 Lebensjahren erleidet fast 80 Prozent aller Schlaganfälle.
- Rund 30.000 Menschen unter 55 Jahren sind betroffen.
- Mindestens 300 Kinder erleiden jährlich einen Schlaganfall. Die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher.
- Innerhalb des ersten Jahres versterben bis zu 40 Prozent aller Schlaganfall-Betroffenen. Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache.
- Ein Jahr nach dem Schlaganfall bleiben rund 60 Prozent der Patienten auf Therapie, Hilfsmittel oder Pflege angewiesen. Der Schlaganfall ist damit der häufigste Grund für erworbene Behinderungen im Erwachsenenalter.