Die faszinierende Welt der Nervenzellen im menschlichen Gehirn

Oftmals liest man unterschiedliche Angaben zur Anzahl der Nervenzellen im menschlichen Gehirn. Die Spanne reicht von 100 Milliarden bis zu 86 Milliarden. Doch welche Zahl ist nun die zutreffende? Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Forschungslage, erklärt die Methoden zur Zählung von Nervenzellen und geht auf die Bedeutung dieser Zahlen im Vergleich zum Tierreich ein.

Aktuelle Schätzungen: 86 Milliarden Nervenzellen

Die derzeit genaueste Schätzung der Anzahl von Nervenzellen im menschlichen Gehirn liegt bei etwa 86 Milliarden. Diese Zahl wurde nicht durch eine vollständige Zählung aller Nervenzellen ermittelt, sondern durch eine Hochrechnung auf Basis von Zählungen in kleineren Hirnabschnitten.

Methoden zur Zählung von Nervenzellen

Um die Anzahl der Nervenzellen zu bestimmen, werden üblicherweise folgende Schritte unternommen:

  1. Entnahme von Hirnabschnitten: Es werden kleinere Abschnitte aus verschiedenen Gehirnregionen entnommen.
  2. Zählung der Nervenzellen: In diesen Abschnitten werden die Nervenzellen gezählt.
  3. Hochrechnung auf das Gesamtgehirn: Die Anzahl der Nervenzellen wird dann mathematisch auf das gesamte Gehirn hochgerechnet.

Die brasilianische Neurowissenschaftlerin Suzana Herculano-Houzel hat mit Kollegen eine genauere Methode angewandt, indem sie Gehirne von Männerleichen entnahm und homogenisierte. Dadurch waren sämtliche Hirnstrukturen gleichmäßig miteinander verquirlt, und die entnommenen Proben verfügten über eine durchschnittliche Verteilung von Zellen und Zelldichten. So konnten die Zellzahlen auf das gesamte Hirnvolumen hochgerechnet werden.

Herausforderungen bei der Zählung

Die Zählung von Nervenzellen ist mit einigen Herausforderungen verbunden. Eine davon ist die unterschiedliche Zelldichte in verschiedenen Gehirnregionen. Selbst innerhalb des Großhirns variiert die Dichte der Nervenzellen. Daher ist es wichtig, Messungen an verschiedenen Stellen vorzunehmen und dies bei der Hochrechnung zu berücksichtigen.

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Ein Vergleich mit der Messung des Salzgehalts im Ozean verdeutlicht das Problem: Würde man nur an einer Stelle den Salzgehalt messen und daraus auf den gesamten Ozean schließen, wäre das Ergebnis ungenau, da der Salzgehalt regional unterschiedlich ist.

Mehr als nur das Gehirn: Nervenzellen im gesamten Körper

Es ist wichtig zu betonen, dass die Zahl von 86 Milliarden Nervenzellen sich nur auf das Gehirn bezieht. Im gesamten Körper gibt es noch viele weitere Nervenzellen. Beispiele hierfür sind das enterische Nervensystem im Darm und das Rückenmark.

Das enterische Nervensystem

Das enterische Nervensystem, auch bekannt als „Bauchgefühl“, ist ein komplexes Netzwerk von Nervenzellen im Darm. Es steuert die Verdauungsprozesse und kommuniziert mit dem Gehirn.

Das Rückenmark

Das Rückenmark ist der Teil des zentralen Nervensystems, der in der Wirbelsäule liegt. Es leitet Signale zwischen Gehirn und Körper und ist für die Verarbeitung einfacher Reflexe verantwortlich. Das Rückenmark besteht sowohl aus der weißen Substanz der Nervenfasern als auch aus der grauen Substanz der Zellkerne.

Nervenzellen im Tierreich: Ein Vergleich

Im Tierreich ist die Anzahl der Nervenzellen nicht unbedingt ein Indikator für Intelligenz oder Einzigartigkeit. Größere Gehirne haben nicht zwangsläufig mehr Nervenzellen, da das Volumen der Zellen bei verschiedenen Tierarten variiert.

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Gehirngröße und Intelligenz

Es ist ein Irrglaube, dass ein größeres Gehirn automatisch mit höherer Intelligenz einhergeht. Der Elefant hat beispielsweise ein größeres Gehirn als der Mensch, aber das bedeutet nicht, dass er intelligenter ist.

Aufgaben der Nervenzellen

Die Intelligenz hängt stark von den jeweiligen Aufgaben der Nervenzellen ab. Manche Tiere haben einen sehr guten Geruchssinn oder viele Sinneszellen auf der Haut. Diese Fähigkeiten spiegeln sich in der Struktur des Gehirns wider. Bei Mäusen macht das Geruchssystem einen großen Teil des Gehirns aus, was jedoch nicht direkt mit Intelligenz in Verbindung steht.

Human Bias

Es könnte auch ein „Human Bias“ bei der Schätzung der Nervenzellenzahl im menschlichen Gehirn eine Rolle spielen. Diese kognitive Verzerrung könnte dazu führen, dass Menschen sich als etwas Besonderes sehen möchten, beispielsweise indem sie annehmen, dass die Anzahl der Nervenzellen im menschlichen Gehirn die Zahl der Sterne im Weltall übersteigt.

Aufbau und Funktion des Gehirns

Das Gehirn (Encephalon) ist der Teil des zentralen Nervensystems, der innerhalb des knöchernen Schädels liegt und diesen ausfüllt. Es besteht aus unzähligen Nervenzellen, die über zuführende und wegführende Nervenbahnen mit dem Organismus verbunden sind und ihn steuern. Das Gehirnvolumen (Mensch) beträgt etwa 20 bis 22 Gramm pro Kilogramm Körpermasse, und das Gewicht (Gehirn) macht mit 1,5 bis zwei Kilogramm ungefähr drei Prozent des Körpergewichts aus.

Gehirnzellen und ihre Verbindungen

Ein Mensch hat ungefähr 100 Milliarden Gehirnzellen, die das zentrale Nervensystem aufbauen und untereinander verknüpft sind. Die Zahl dieser Verknüpfungen wird auf 100 Billionen geschätzt. Die Nervenzellen im Gehirn sind eingebettet in ein stützendes Gewebe aus Gliazellen.

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Schutzhüllen des Gehirns

Das Gehirn ist von drei Hirnhäuten umgeben: Dura mater, Arachnoidea und Pia mater. Diese Schutzhüllen schützen das Gehirn vor äußeren Einflüssen.

Gehirnabschnitte und ihre Funktionen

Das menschliche Gehirn lässt sich grob in fünf Abschnitte gliedern:

  1. Großhirn (Telencephalon)
  2. Zwischenhirn (Diencephalon)
  3. Mittelhirn (Mesencephalon)
  4. Kleinhirn (Cerebellum)
  5. Nachhirn (Myelencephalon, Medulla oblongata)

Die verschiedenen Anteile der Großhirnrinde übernehmen ganz unterschiedliche Funktionen.

Graue und weiße Substanz

Die graue Substanz im Gehirn besteht in erster Linie aus Nervenzellkörpern, während die weiße Substanz aus den Nervenzellfortsätzen, den Nervenfasern (Axonen), besteht. Etwa 80 Prozent der Hirndurchblutung sind für die Versorgung der grauen Substanz notwendig.

Hirnnerven und Blutversorgung

Dem Gehirn entspringen zwölf paarige Nerven, die den Kopf, den Hals und Organe im Rumpf versorgen. Die Blutversorgung des Gehirns erfolgt über die rechte und linke innere Halsschlagader (Arteria carotis interna) und über die Arteria vertebralis.

Blut-Hirn-Schranke und Energieverbrauch

Das empfindliche Gewebe im Gehirn ist durch die Blut-Hirn-Schranke gegen schädigende Substanzen im Blut abgeschirmt. Der Energieverbrauch im Gehirn ist enorm hoch, fast ein Viertel des Gesamtenergiebedarfs des Körpers entfällt auf das Gehirn.

Entwicklung und Lernfähigkeit des Gehirns

Die embryonale Entwicklung des Gehirns aus dem Neuralrohr zeichnet sich durch ein besonderes Größenwachstum aus. Aus der Hirnanlage bilden sich zunächst drei hintereinander liegende Abschnitte (primäre Hirnbläschen) heraus, die dann das Vorderhirn, das Mittelhirn und das Rautenhirn bilden. In der weiteren Entwicklung entstehen daraus fünf weitere, sekundäre Hirnbläschen.

Funktionen des Gehirns

Die Gehirn-Funktionsbereiche sind vielfältig. Der Hirnstamm ist für die grundlegenden Lebensfunktionen zuständig, während das Zwischenhirn Sinneseindrücke verarbeitet. Das Kleinhirn koordiniert Bewegungen und das Gleichgewicht, und im Großhirn sitzen Sprache, Logik, Kreativität und Orientierungssinn.

Neuronale Verbindungen und Synapsen

Ein reibungsloses Funktionieren aller Organe und Gewebe im Körper sowie ein sinnvolles Verhalten sind nur möglich, wenn alle Organfunktionen von einer übergeordneten Kontrollinstanz koordiniert und kontrolliert werden. Diese Aufgabe leistet unser Gehirn, das Netzwerk aus Milliarden von Nervenzellen (Neuronen). Die Gehirnzellen sind durch Synapsen, Kontaktstellen zwischen den Zellen, miteinander verbunden.

Lernen und Gedächtnis

Lernen basiert auf einer spezifischen Verstärkung von bestimmten Synapsen, an denen die Signalübertragung durch biochemische und strukturelle Modifikationen erleichtert wird. Plastische Synapsen verändern hierbei ihre Struktur und ihre Übertragungseigenschaften, was die Grundlage für Lern- und Gedächtnisprozesse ist.

Die Rolle von Synapsen

Synapsen spielen eine entscheidende Rolle bei der Informationsübertragung im Nervensystem. Sie sind nicht nur einfache Kontaktstellen, sondern komplexe Strukturen, die Signale verstärken oder abschwächen können.

Synaptische Vesikel

An den Synapsen werden Neurotransmitter in synaptischen Vesikeln gespeichert. Diese Vesikel verschmelzen mit der Plasmamembran und setzen die Neurotransmitter frei, die dann an Rezeptoren auf der postsynaptischen Zelle binden.

Synaptische Plastizität

Die synaptische Plastizität ermöglicht es dem Gehirn, sich an neue Erfahrungen anzupassen und zu lernen. Durch die Veränderung der Stärke der synaptischen Verbindungen können Informationen gespeichert und abgerufen werden.

Forschung und Zukunftsperspektiven

Die Erforschung des Gehirns ist ein komplexes und spannendes Feld. Wissenschaftler arbeiten daran, die genauen Mechanismen der Informationsverarbeitung aufzuklären und die Ursachen von neurologischen Erkrankungen zu verstehen.

Konnektomforschung

Ein wichtiger Forschungsbereich ist die Konnektomforschung, die sich mit der Kartierung der Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn beschäftigt. Ziel ist es, einen Schaltplan des Gehirns zu erstellen und so die Funktionsweise des Gehirns besser zu verstehen.

Künstliche Intelligenz und Gehirn-Computer-Schnittstellen

Die Fortschritte in der künstlichen Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten für die Erforschung des Gehirns. Forscher arbeiten an Gehirn-Computer-Schnittstellen, die es ermöglichen, Gehirnaktivität auszulesen und zu steuern.

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