Die Diagnose Alzheimer-Demenz stellt für die meisten Betroffenen und ihre Angehörigen einen einschneidenden Wendepunkt dar. Einerseits kann die Diagnose ein Schock sein, andererseits kann sie zuvor unerklärliche Verhaltensänderungen und Persönlichkeitsveränderungen verständlich machen. Der Umgang mit der Diagnose ist individuell verschieden und hängt von Faktoren wie dem Charakter, der Lebensgeschichte, der aktuellen Lebenssituation und den Beziehungen des Betroffenen ab.
Umgang mit der Diagnose
Einige Menschen mit Alzheimer-Demenz können weiterhin ein aktives und erfülltes Leben führen, während andere Schwierigkeiten haben. Die meisten Betroffenen benötigen jedoch Unterstützung. Auch für Angehörige und Freunde stellt die Erkrankung eine große Herausforderung dar. Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen, beispielsweise in Selbsthilfegruppen, kann als wertvoll erlebt werden.
Im Laufe der Zeit müssen viele Entscheidungen getroffen werden, die Unterstützung im Alltag, die Behandlung, die spätere Versorgung und die passende Wohnform (häusliches Umfeld, Pflegeheim, Wohngruppe) betreffen. Es ist wichtig, dass Menschen mit Demenz aktiv an Entscheidungen über ihre Belange beteiligt werden, solange dies möglich ist. Angehörige sollten in die Behandlungspläne einbezogen werden und Angebote erhalten, die auf ihre persönliche Situation und Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Wenn die Demenzerkrankung weit fortgeschritten ist und eine umfassende Betreuung erforderlich macht, kann der Umzug in eine Einrichtung mit professioneller Pflege, Betreuung und medizinischer Versorgung die bessere Lösung sein. Die Entscheidung für ein Pflegeheim oder eine betreute Wohngemeinschaft ist oft schwierig.
Der Weg zur Diagnose
Die meisten Demenzerkrankungen beginnen schleichend und bleiben oft lange unbemerkt. Wenn sich das Gedächtnis oder andere kognitive Fähigkeiten dauerhaft und auffällig verschlechtern, ist der Hausarzt meist die erste Anlaufstelle.
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Anamnese und körperliche Untersuchung
Zunächst findet ein Anamnese-Gespräch statt, in dem der Arzt nach aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamenten und möglichen Risikofaktoren fragt. Anschließend erfolgt eine allgemeine körperliche Untersuchung.
Kognitive Tests
Kognitive oder neuropsychologische Tests können wichtige Hinweise auf eine Demenzerkrankung geben. Diese Tests untersuchen verschiedene Bereiche der geistigen Leistungsfähigkeit, wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, räumliches Denken und Exekutivfunktionen. Es gibt verschiedene Arten von kognitiven Tests, darunter:
- Mini-Mental-Status-Test (MMST): Ein kurzer Test, der Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Rechnen, Sprache und visuell-konstruktive Fähigkeiten prüft.
- Demenz-Detektion (DemTect): Ein Spezialtest zur Früherkennung, der Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächtnis, Sprachflüssigkeit und Zahlenwandelaufgaben umfasst.
- Montreal Cognitive Assessment (MoCA): Ein Test zur Früherkennung von Defiziten des Gedächtnisses und Denkvermögens, der verschiedene Bereiche der Leistungsfähigkeit abfragt, wie Lernen, visuell-räumliche Verarbeitung, Konzentration, Exekutivfunktionen, Abstraktionsfähigkeit, Sprache und Orientierung.
- Uhren-Test: Ein einfacher Test, bei dem der Patient eine Uhr mit bestimmten Zeigern zeichnen soll.
- ADL-Skalen: Messen die Auswirkungen der Demenz auf die Alltagsfähigkeiten.
Weitere Untersuchungen
Welche weiteren Untersuchungen sinnvoll sind, hängt von der vermuteten Demenzform ab.
- Alzheimer-Krankheit: Der Nachweis bestimmter Proteine (Amyloid-beta, Tau) im Nervenwasser oder Blut kann die Diagnose absichern. Für eine Behandlung mit Leqembi ist dieser Nachweis eine zentrale Voraussetzung.
- Frontotemporale Demenz: Bildgebende Verfahren (MRT) sind besonders wichtig, um den für diese Form typischen Abbau im Stirn- oder Schläfenlappen zu erkennen. Bei unklarem Befund können PET- oder SPECT-Untersuchungen sinnvoll sein. Bei familiärer Vorbelastung wird eine genetische Beratung empfohlen.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Hier helfen zusätzliche Untersuchungen, etwa zur Beweglichkeit oder zum Schlafverhalten. Auch spezielle bildgebende Verfahren wie DAT-SPECT oder MIBG-Szintigrafie können zum Einsatz kommen. Typische Symptome wie Halluzinationen oder Schwankungen in der Aufmerksamkeit werden gezielt abgefragt oder getestet.
- Vaskuläre Demenz: Die Diagnose basiert auf MRT-Aufnahmen, die Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfälle zeigen. Wichtig ist dabei, ob sich die Veränderungen im Gehirn mit den beobachten kognitiven Einschränkungen erklären lassen. Auch medizinische Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes werden bei der Abklärung einbezogen.
Bildgebende Verfahren
Bei der Erstdiagnose der Demenz sollte zusätzlich entweder eine Computer-Tomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. CT und MRT erstellen Schichtaufnahmen des Gehirns und erlauben einen Einblick in den Aufbau des Gehirns. Diese bildgebenden Verfahren ermöglichen allein zwar nicht die Diagnose einer Demenz, können aber helfen, zwischen den einzelnen Formen zu unterscheiden. So können z.B. Durchblutungsstörungen bei einer vaskulären Demenz sichtbar gemacht werden. Der Hauptgrund für die Erstellung von CT- und MRT-Bildern liegt jedoch in der frühzeitigen Erkennung von behandelbaren Ursachen einer Demenz. Dies kann ein Hirntumor oder eine krankhafte Erweiterung der Hohlräume im Gehirn sein. Neuere Verfahren wie Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) und Positronen-Emissionstomographie (PET) können in unklaren Fällen und in Frühstadien zur Sicherung der Diagnose beitragen. So kann eine PET-Untersuchung z.B. einen verminderten Zuckerstoffwechsel im Gehirn nachweisen, obwohl im MRT noch keine Hirnschrumpfung darstellbar ist. Auch ist es neuerdings möglich, die für die Alzheimer-Erkrankung typischen Amyloid-Ablagerungen darzustellen.
Blutuntersuchungen und Liquordiagnostik
Der Arzt wird bei allen Patienten mit Verdacht auf Demenz auch Blut abnehmen, um einige behandelbare Ursachen einer Demenz rechtzeitig zu erkennen (z.B. Mangel an Vitamin B12 oder an Schilddrüsenhormonen). Eine sehr empfindliche Methode zur Feststellung einer Alzheimer-Erkrankung ist die Untersuchung des Nervenwassers (Liquor). Jedoch gibt es Liquor-Biomarker, die Hinweise auf das Vorliegen einer Demenz vom Alzheimer-Typ geben können. Bluttests zum Nachweis der für Alzheimer typischen Biomarker sind noch in der wissenschaftlichen Erprobung und finden momentan im Versorgungsalltag noch keine Anwendung.
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Differentialdiagnose
Zur Feststellung einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit müssen andere Erkrankungen, die ebenfalls Anzeichen einer Demenz zeigen können, abgeklärt werden: Hierzu gehören u.a. eine Verkalkung der Hirngefäße (vaskuläre Demenz), eine Demenz mit Lewy-Körperchen , gut- und bösartige Hirntumore, AIDS, ein Parkinson-Syndrom, die Erbkrankheit Chorea Huntington, eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) und ein Vitaminmangel z.B. an B12, Folsäure oder B-Vitamin Niacin. Weiter können Erkrankungen der Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse zu einer Demenz führen. Auch Alkohol- bzw. Medikamentenmissbrauch können ähnliche Symptome verursachen. Immer wieder kommt es vor, dass Patienten mit depressiven Erkrankungen aufgrund der psychischen und körperlichen Verlangsamung für dement gehalten werden („Pseudodemenz"). Der Facharzt kann hier mit speziellen Untersuchungen und Tests in der Regel zwischen den beiden Krankheiten unterscheiden.
Früherkennung von Alzheimer
Weltweit arbeiten Demenzforscherinnen und -forscher daran, die Diagnostik von Demenzerkrankungen zu verbessern. Ein wichtiges Ziel ist es, Demenzerkrankungen wie Alzheimer früher zu erkennen. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die korrekte Abgrenzung von Demenzerkrankungen. Während die Alzheimer-Krankheit mittlerweile sehr gut zu Lebzeiten eindeutig diagnostiziert werden kann, sind andere, seltenere Demenzen diagnostisch nach wie vor eine Herausforderung, zum Beispiel die Frontotemporale Demenz oder die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE), die durch Kopfverletzungen hervorgerufen wird. Hier kann oft erst eine Untersuchung des Gehirns nach dem Tod endgültig Gewissheit bringen. Die Forschung arbeitet daran, auch diese Diagnosen frühzeitig und eindeutig zu ermöglichen.
Bedeutung der Früherkennung
Eine frühe Diagnose von Alzheimer ist aus mehreren Gründen wichtig:
- Therapiemöglichkeiten: Inzwischen stehen Medikamente zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf verlangsamen können. Diese Mittel müssen rechtzeitig eingenommen werden, um den Betroffenen möglichst lange zu einem normalen Leben zu verhelfen.
- Lebensqualität: Durch Lebensstiländerungen, geistiges Training und Medikamente kann den Patienten lange eine gute Lebensqualität gesichert werden.
- Planung: Eine frühe Diagnose ermöglicht es den Betroffenen und ihren Familien, sich auf die Zukunft vorzubereiten und wichtige Entscheidungen zu treffen.
- Erklärung: Die Diagnose Demenz bietet eine Erklärung für bislang unerklärliches Verhalten und andere Auffälligkeiten.
Methoden der Früherkennung
Neben den etablierten Diagnoseverfahren werden auch neue Methoden zur Früherkennung von Alzheimer erforscht:
- Bluttests: Forscher arbeiten an Bluttests, die spezifische Proteine (Aß-Peptide) nachweisen können, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Morbus Alzheimer spielen.
- Bildgebende Verfahren: Die Kernspintomographie (MRT) wird so weiterentwickelt, dass sie bereits kleinste, für die Alzheimer-Erkrankung typische Veränderungen des Gehirns entdecken kann. Eine spezielle Technik, das so genannte Diffusion Tensor Imaging (DTI), macht auf Schnittbildern des Gehirns den Untergang von Nervenfasern sichtbar.
Kritik an der Früherkennung
Trotz der Vorteile der Früherkennung gibt es auch Kritik:
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- Falsch-positive Ergebnisse: Es besteht die Gefahr, dass Menschen fälschlicherweise positiv getestet werden und unnötig beunruhigt werden.
- Belastung durch die Diagnose: Das Wissen um eine zukünftige Erkrankung kann das Leben verändern und belasten.
- Fehlende Heilung: Bislang gibt es keine Therapie, die Alzheimer heilt oder das Fortschreiten vollständig stoppt.
Demenz-Tests zur Selbsteinschätzung
Es gibt verschiedene psychometrische Tests, mit denen man selbst zuhause das Denkvermögen einer Person einordnen kann. Die Ergebnisse können ein Hinweis auf eine Demenz oder Alzheimer sein. Besonders bekannt und ziemlich zuverlässig sind „DemTect“, der „Mini-Mental-Status-Test (MMST)“, der „MoCa-Test“ und der „Uhrentest“. All diese Tests können aber nur Hinweise auf eine mögliche Demenz geben.
Wichtig: Ein Demenz-Test ersetzt keine Beratung bzw. Diagnose eines Haus- oder Facharztes. Sollten Sie während oder nach Durchführung dieses Online-Tests eventuelle Anzeichen einer Erkrankung feststellen, suchen Sie Ihren Hausarzt auf und fragen Sie ihn, ob bei Ihnen eine Alzhimer-Erkrankung vorliegen könnte. Aus dem Ergebnis des Tests kann keine direkte Entscheidung für oder gegen eine individuelle Behandlung abgeleitet werden.
Maßnahmen zur Vorbeugung von Demenz
Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen durch einen gesunden Lebensstil und die gezielte Beeinflussung von Risikofaktoren verhindert oder hinausgezögert werden können. Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte und geistige Aktivität spielen dabei eine zentrale Rolle.
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