Um in einer sich ständig verändernden Umwelt zu überleben, müssen Organismen in der Lage sein, Reize aus ihrer Umgebung und ihrem eigenen Körper zu erkennen, aufzunehmen und zu interpretieren. Diese Fähigkeit wird durch Rezeptoren ermöglicht, spezialisierte Strukturen, die Reize in elektrische Signale umwandeln, die vom Nervensystem verarbeitet werden können. Das sensorische Nervensystem erkennt die Umwelt durch Stimulation von Rezeptoren in der Peripherie des Körpers.
Rezeptoren: Die Grundlagen
Der Begriff "Rezeptor" stammt vom lateinischen Wort "recipere" ab, was "empfangen" oder "aufnehmen" bedeutet. Rezeptoren können Sinneszellen oder Proteinkomplexe sein, die an der Reizübertragung beteiligt sind.
Sinneszellen nehmen chemische oder physikalische Reize auf, wandeln sie in elektrische Signale um und leiten sie an das zentrale Nervensystem (ZNS) weiter. Das ZNS, bestehend aus Gehirn und Rückenmark, verarbeitet diese Informationen und erzeugt eine entsprechende Reaktion des Organismus.
Rezeptor-Proteinkomplexe spielen eine Rolle bei der Signaltransduktion, bei der ein extrazelluläres Signal über eine Zellmembran in das Zellinnere weitergeleitet wird.
Sinnesrezeptoren: Spezialisten für verschiedene Reize
Sinneszellen können basierend auf den verschiedenen Sinnesmodalitäten unterschieden werden. Die klassischen fünf Sinnesmodalitäten sind:
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- Sehen
- Riechen
- Hören
- Schmecken
- Fühlen
Jede Sinnesmodalität wird durch spezifische Sinnesrezeptoren vermittelt. Diese Rezeptoren können im Gewebe verteilt sein, wie z. B. Schmerzrezeptoren in der Haut, oder in einem Sinnesorgan organisiert sein, wie z. B. Fotorezeptoren in der Netzhaut. Die Funktion von Rezeptoren kann mit der eines Sensors in der Technik verglichen werden, der Informationen aufnimmt und weiterleitet.
Ein Reiz ist eine Energieänderung im Bereich einer Zelle, die in dieser Zelle ein Signal auslöst. Rezeptoren sind hochspezialisierte Zellen, die nur auf einen spezifischen Reiz reagieren, der als adäquater Reiz bezeichnet wird. Rezeptoren haben eine niedrige Reizschwelle für adäquate Reize, sodass bereits geringe Energiemengen ausreichen, um ein Signal an das ZNS zu senden. Nicht-adäquate Reize werden nur dann in ein Signal umgewandelt, wenn die Intensität des Reizes sehr hoch ist.
Es gibt verschiedene Arten von Rezeptoren, die jeweils auf bestimmte Reize spezialisiert sind:
- Fotorezeptoren: Nehmen Lichtreize auf.
- Mechanorezeptoren: Nehmen Druck, Berührung, Schallwellen und Veränderungen der Körperhaltung wahr.
- Chemorezeptoren: Nehmen chemische Reize wie Geschmack, Geruch, Glukosegehalt, pH-Wert und Sauerstoffsättigung des Blutes wahr.
- Thermorezeptoren: Nehmen Temperaturänderungen wahr.
- Nozizeptoren: Registrieren Schmerzreize
Sinneszellen können auch danach klassifiziert werden, ob sie selbstständig ein Aktionspotenzial ausbilden können oder nicht:
- Primäre Sinneszellen: Können selbst aus einer elektrischen Erregung ein Aktionspotenzial ausbilden (Generatorpotential). Beispiele sind Mechanorezeptoren der Haut, Thermorezeptoren und Muskelspindeln.
- Sekundäre Sinneszellen: Bilden selbstständig kein Aktionspotenzial aus. Die Depolarisierung der Zelle führt lediglich zu einem Rezeptorpotenzial. Ein nachgeschaltetes Neuron ist erforderlich, um ein Aktionspotenzial zu generieren. Ein Beispiel sind die Geschmacksknospen auf der Zunge.
Reizweiterleitung und -verarbeitung
Sinnesrezeptoren wandeln Reize in elektrische Signale um, die in Form von Aktionspotenzialen an die nächste Zelle und somit an das ZNS weitergeleitet werden. Ein Aktionspotenzial ist eine kurzzeitige Umkehr des elektrischen Potenzials der Zellmembran einer Nervenzelle.
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Im Ruhezustand hat eine Nervenzelle ein Ruhepotential von -45 bis -70 mV. Wenn ein Reiz eine lokale Spannungsänderung verursacht, passiert zunächst nichts. Nur wenn der Reiz stark genug ist, um die Schwellenspannung für ein Aktionspotenzial zu überschreiten, kommt es zu einem Aktionspotenzial. Dabei strömen positiv geladene Ionen in die Nervenzelle, was zu einer Depolarisierung der Zellmembran führt (-70 mV bis 0 mV). Der Einstrom von positiv geladenen Ionen hält kurz an, was zu einem Überschießen (Overshoot) führt, bei dem das Membranpotential kurzzeitig positiv wird (+30 mV), bevor die Repolarisation einsetzt. Während der Repolarisation werden positiv geladene Ionen aus der Nervenzelle gepumpt, um den Ruhezustand wiederherzustellen. Dabei kann es kurzzeitig zu einer Hyperpolarisation kommen, bei der das Membranpotential negativer ist als im Ruhezustand, bis die Zelle das Ionengleichgewicht bei -70 mV wiederhergestellt hat.
Die Depolarisierung führt zu einem exzitatorischen postsynaptischen Potenzial (EPSP) und somit zu einem Aktionspotenzial im nächsten Neuron. Über die Signaltransduktion wird die elektrische Erregung des Rezeptorpotentials weitergegeben und über Nervenbahnen an das ZNS weitergeleitet. Erst im Gehirn ist eine Wahrnehmung des Reizes möglich.
Afferente Nerven leiten Informationen über Neuronen an Gehirn und Rückenmark weiter, während efferente Nervenbahnen vom ZNS abgehen und Informationen an Gliedmaßen und Organe leiten.
Reizstärke und Frequenz
Die Intensität des Rezeptorpotentials ist proportional zur Stärke des Reizes. Je höher die Reizstärke, desto höher ist die Frequenz der aufeinanderfolgenden Aktionspotenziale. Dies ermöglicht es, unterschiedlich laute Töne oder unterschiedlich starke Schmerzen zu unterscheiden. Die Dauer des Rezeptorpotentials entspricht der Dauer des Reizes.
Adaptation an Reize
Bei anhaltender Reizeinwirkung mit gleichbleibender Intensität gewöhnt sich der Körper daran, ein Phänomen, das als Adaptation bezeichnet wird. Die Art und Weise, wie eine Adaptation abläuft, hängt vom Rezeptortyp ab.
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Rezeptoren können basierend auf ihrer Anpassung an lang anhaltende Reize in drei Gruppen eingeteilt werden:
- Phasische Sinnesrezeptoren: Zeigen eine Adaptation bei einem konstanten Reiz. Ihre Reizantwort nimmt ab, und es kommt zu einer "Gewöhnung" an den Reiz.
- Tonische Rezeptoren: Zeigen keine Adaptation. Die Aktionspotenzialfrequenz nimmt nicht mit der Zeit ab. Schmerzrezeptoren sind ein Beispiel für tonische Rezeptoren.
- Phasisch-tonische Rezeptoren: Stellen eine Mischform dar und sind im menschlichen Körper am häufigsten zu finden. Die Impulsfrequenz ist zu Beginn hoch, fällt aber mit der Zeit auf einen niedrigen, konstanten Wert ab. Lichtrezeptoren sind ein Beispiel für phasisch-tonische Rezeptoren.
Geruchs- und Geschmackssinn sind Beispiele für phasische Rezeptoren, während Schmerzrezeptoren zu den tonischen Rezeptoren gehören. Lichtrezeptoren sind phasisch-tonisch, da eine Anpassung der Pupille an die Lichtverhältnisse stattfindet.
Schmerz als komplexes Beispiel
Die Wahrnehmung von Schmerzen ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Arten von Reizen (thermisch, chemisch, mechanisch) und Stoffwechselvorgänge umfasst. Schmerzreize werden von Nozizeptoren registriert und weitergeleitet, freien Nervenendigungen, die in der Haut und fast allen inneren Organen vorhanden sind.
Nozizeptoren besitzen verschiedene Signalempfänger (Rezeptoren) für unterschiedliche Reizarten. Im Rückenmark leiten Synapsen das Schmerzsignal von einer Nervenzelle zur nächsten weiter, bis es das Gehirn erreicht, wo die eigentliche Schmerzempfindung entsteht.
Die Stärke des Schmerzes ist subjektiv und wird im Gehirn emotional verarbeitet und bewertet. Das Schmerzsignal kann stärker oder schwächer sein und unbewusste körperliche Reaktionen wie erhöhten Blutdruck oder beschleunigte Atmung auslösen.
Der Körper kann selbst Stoffe herstellen, die Schmerzen reduzieren oder ausschalten können, sogenannte Endorphine. Das Nervensystem sendet schmerzauslösende Signale an das Gehirn, aber auch schmerzhemmende Impulse zum Rückenmark, die zur Ausschüttung von Substanzen wie Noradrenalin führen.
Das nozizeptive System
Neuronale Strukturen, die zur Verarbeitung schmerzhafter Stimuli dienen, werden als nozizeptives System bezeichnet. Periphere sensorische Nervenfasern werden nach Struktur, Durchmesser, Myelinisierung und Leitungsgeschwindigkeit unterschieden. Nozizeptoren sind primär afferente Neurone mit nichtmyelinisierten oder dünn myelinisierten Axonen.
Monomodale Nozizeptoren reagieren spezifisch auf eine Reizart, während die meisten Nozizeptoren polymodal sind und Transduktionsmechanismen für noxische mechanische, thermische und chemische Reize besitzen. Nozizeptoren haben auch eine efferent sekretorische Funktion und tragen zur Entwicklung einer neurogenen Entzündung bei.
Viszerale Nozizeptoren existieren in den großen Körperhöhlen und den entsprechenden Organen. Im Vergleich zu anderen sensorischen Rezeptoren führen ausschließlich starke, gewebebedrohliche Reize zur Aktivierung von Nozizeptoren.
Periphere und zentrale Sensibilisierung
Die Steigerung der Erregbarkeit von Nozizeptoren durch Schmerzreize wird als periphere Sensibilisierung bezeichnet, die durch Bindung biologisch aktiver Substanzen an spezifische Rezeptoren der Nozizeptormembran vermittelt wird. Ein sensibilisierter Nozizeptor hat eine abgesenkte Reizschwelle und reagiert bereits auf schwache, normalerweise nichtschmerzhafte Reize.
Im Rückenmark wird der aus der Peripherie eintreffende elektrische Impulsstrom auf sensorische nozizeptive Neurone synaptisch übertragen und kann dort moduliert werden. Interneurone können den ankommenden Impulsstrom verstärken oder abschwächen. Zahlreiche Hinterhornneurone projizieren zu höheren Gehirnzentren.
Die Wahrnehmung von Schmerz erfolgt in supraspinalen Gehirnregionen. Daraufhin werden von Mesenzephalon und Pons deszendierende Bahnen zur Schmerzhemmung aktiviert. Diese deszendierenden, schmerzhemmenden neuronalen Bahnen enden wiederum an den spinalen Hinterhornneuronen.