Ein Schlaganfall ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die durch eine plötzliche Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns verursacht wird. Diese Unterbrechung kann entweder durch einen Verschluss eines Blutgefäßes (ischämischer Schlaganfall) oder durch eine Blutung im Gehirn (hämorrhagischer Schlaganfall) entstehen. Unabhängig von der Ursache führt ein Schlaganfall zu einer Schädigung des Hirngewebes, was zu einer Vielzahl von neurologischen Ausfällen führen kann. Jährlich erleiden in Deutschland etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall.
Definition und Ursachen des Schlaganfalls
Ein Schlaganfall (ICD-10 I63) ist eine zeitkritische Erkrankung des Gehirns, die mit einer plötzlich auftretenden Schädigung von Hirngewebe aufgrund eines Gefäßverschlusses (ischämischer Insult) oder einer Hirnblutung (hämorrhagischer Insult) assoziiert ist. Abhängig von der Lokalisation und dem Ausmaß des unterversorgten Hirnareals kommt es zu kognitiven, sensorischen und motorischen Funktionsstörungen.
Ursächlich werden zwei Schlaganfall-Formen unterschieden: ein ischämischer Insult infolge eines thromboembolischen Gefäßverschlusses und ein hämorrhagischer Insult aufgrund einer intrazerebralen Blutung (ICB) oder Subarachnoidalblutung (SAB). Bei der ICB handelt es sich um Blutungen in das Hirnparenchym, bei der SAB um Blutungen in den Subarachnoidalraum.
Ischämischer Schlaganfall
Der ischämische Hirninfarkt wird umgangssprachlich als „weißer Schlaganfall“ bezeichnet. Die plötzliche Minderdurchblutung resultiert in der Regel aus Stenosen oder Verschlüssen hirnversorgender Arterien. Folgende Situationen können eine ischämische Ursache bedingen:
- Makroangiopathie
- Mikroangiopathie
- kardiale Embolie
- andere Erkrankungen
Hämorrhagischer Schlaganfall
Der hämorrhagische Schlaganfall wird umgangssprachlich als „roter Infarkt“ bezeichnet. Bei dieser Form geht Hirngewebe infolge einer Einblutung - meist aufgrund eines intrazerebralen Hämatoms - zugrunde. Ursache ist in der Regel ein rupturiertes Blutgefäß.
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Die Subarachnoidalblutung hat als extrazerebrales Hämatom eine Sonderstellung. Dabei rupturiert ein Gefäß im Subarachnoidalraum und komprimiert das Hirngewebe von außen. Ob ischämische oder hämorrhagische Ursache - das Ergebnis bleibt gleich. Neuronen sterben aufgrund von Sauerstoff-, Glukose- und Substratmangel ab.
Bedeutung der schnellen Diagnose
Die Prognose nach einem Schlaganfall richtet sich nach Ursache, Art und Umfang der Läsion sowie dem Zeitpunkt der therapeutischen Intervention. Je schneller ein Schlaganfall erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Chancen auf eine vollständige oder weitgehende Genesung. Das Motto lautet: "Time is Brain" - Zeit ist Gehirn. Jede Minute zählt, um bleibende Schäden durch das Absterben von Gehirnzellen zu verhindern.
Diagnostische Verfahren beim Schlaganfall
Die Diagnose eines Schlaganfalls umfasst verschiedene Schritte, die darauf abzielen, die Art des Schlaganfalls (ischämisch oder hämorrhagisch), die Lokalisation und das Ausmaß der Schädigung zu bestimmen.
Klinische Untersuchung
Jeder Patient, der mit Verdacht auf einen Schlaganfall in ein Krankenhaus eingeliefert wird, muss von einem Neurologen untersucht werden. Die neurologische Untersuchung zielt darauf ab, Ausfallerscheinungen aber auch versteckte Symptome, die auf einen Schlaganfall hinweisen, festzustellen und richtig einzuordnen. Zudem werden mögliche Risikofaktoren des Patienten und eventuell aufgetretene Frühwarnsymptome abgefragt. Die Diagnose Schlaganfall kann am Ende der neurologischen Untersuchung mit großer Sicherheit gestellt werden.
- FAST-Test: Ein einfacher Test, der auch von Laien durchgeführt werden kann, um Schlaganfallsymptome zu erkennen.
- F (Face): Fragen Sie die Person, zu lächeln. Ist das Lächeln asymmetrisch?
- A (Arms): Bitten Sie die Person, beide Arme auszustrecken. Kann sie sie halten, oder sinkt ein Arm nach unten?
- S (Speech): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz wiederholen. Gibt es Verwirrung oder Unverständlichkeit?
- T (Time): Wenn eines dieser Anzeichen vorhanden ist, ist Zeit entscheidend. Rufen Sie sofort den Notruf an.
Bildgebende Verfahren
Die Verdachtsdiagnose wird mit bildgebenden Verfahren wie Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) oder einer Angiographie bestätigt. Um zu unterscheiden, ob es sich um einen Hirninfarkt (ischämischer Schlaganfall) oder um eine Hirnblutung handelt, werden bildgebende Untersuchungen durchgeführt. Dabei handelt es sich um Schichtaufnahmen des Gehirns, entweder mittels Computertomographie (CT) oder mittels Kernspin- bzw. Magnetresonanztomographie (MRT). Meist erfolgt dabei auch eine Darstellung der hirnversorgenden Gefäße (CT- oder MR-Angiographie).
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Computertomografie (CT): Sie ermöglicht, zwischen einer Durchblutungsstörung (ca. 85% der Schlaganfälle) und einer Hirnblutung (ca. 15% der Schlaganfälle) zu unterscheiden. Auch mit Hilfe der Kernspintomographie (Magnetresonanz-Tomographie, MRT) kann das Gehirn sowie der Verlauf und Zustand der Blutgefäße dargestellt werden. Die CT liefert spezielle Röntgenbilder des Gehirns, der Knochen sowie der Blutgefäße. Die Untersuchung geht sehr schnell und am Ende steht eine dreidimensionale Darstellung der inneren Organe beziehungsweise des Gehirns. Häufig wird durch beziehungsweise mithilfe einer Kontrastmittelgabe die Durchblutung des Gehirns gemessen. Hierbei wird gezielt geprüft, ob ein großer Gefäßverschluss vorliegt. Auf diese Weise kann die Akutbehandlung besser gesteuert werden.
Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT liefert wesentlich genauere Ergebnisse als die Computertomographie, benötigt auf der anderen Seite dafür aber auch mehr Zeit und ist teurer. Die MRT kann das Gehirngewebe noch genauer darstellen und erfasst selbst kleinste Veränderungen und Unregelmäßigkeiten im Gehirn. Sie wird deshalb meistens nicht als erstes Untersuchungsverfahren eingesetzt. Die MRT ermöglicht dem Neurologen, sich ein sehr präzises Bild über den Ort und das Ausmaß der Schädigung im Gehirn zu machen. Im Gegensatz zu anderen bildgebenden Verfahren, entsteht bei der Magnetresonanztomographie (auch Kernspintomographie) für die Patienten keine Strahlenbelastung. Dadurch ist das MRT auch für Schwangere mit akutem Schlaganfall geeignet.
Angiographie: Bei der Angiographie werden die Blutgefäße im Gehirn dargestellt. Man unterscheidet drei verschiedene Verfahren. Die anschließend durchgeführte Röntgenaufnahme zeigt den Verlauf der Hirnarterien und -venen. Diese Untersuchungsmethode kann auch therapeutisch eingesetzt werden, wenn die lokale Behandlung eines Blutgerinnsels in einem größeren Blutgefäß des Gehirns durch lokale Thrombolyse oder Thrombusentfernung über einen Kathether sinnvoll erscheint. Die Angiographie wird auch bei Schlaganfällen eingesetzt, die durch eine Blutung ins Gehirn verursacht wurden und bei denen der Verdacht auf eine krankhafte Veränderung der Arterien oder eine Gefäßmissbildung (z.B. Aneurysma) besteht. Nicht-invasive Möglichkeiten zur Gefäßsdarstellung sind die Magnetresonanz-Angiographie (MRA) sowie die CT-Angiographie. Beide Untersuchungsmethoden geben Aufschluss über die Art und Ausdehnung von Gefäßeinengungen und -verschlüssen und verdeutlichen Gefäßschäden, die zu Hirnblutungen geführt haben.
Weitere diagnostische Maßnahmen
- Ultraschalluntersuchung (Doppler- und Duplexsonographie): Eine Ultraschalluntersuchung (Doppler- und Duplexsonographie) der Hals- und Nackenarterien, zu denen auch die Halsschlagader gehört, zeigt, wie stark die erkrankten Blutgefäße z.B. durch Arterienverkalkung (Arteriosklerose) eingeengt sind. Sie kann auch Hinweise auf den Ablösungsort eines Blutgerinnsels erbringen. Die Ultraschalluntersuchung der im Kopf liegenden Gehirnarterien zeigt, ob hier Gefäße verschlossen oder verengt sind.
- Echokardiographie: Die Echokardiographie ist eine Ultraschalluntersuchung des Herzens. Sie erlaubt es, Veränderungen am Herzen, wie beispielsweise zu dicke Herzwände und in ihrer Funktion beeinträchtigte Herzklappen festzustellen.
- Elektrokardiogramm (EKG): Herzrhythmusstörungen können mit einem Elektrokardiogramm (EKG) diagnostiziert werden. In jedem Fall wird dem Schlaganfall-Patienten Blut abgenommen, das dann im Labor untersucht wird. Dabei wird die Konzentration der roten (Erythrozyten) und weißen Blutkörperchen (Leukozyten, Lymphozyten, Granulozyten) festgestellt. Von besonderem Interesse sind auch die Blutplättchen (Thrombozyten) und Blutgerinnungswerte.
- Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen geben Aufschluss über bestimmte Risikofaktoren, die häufig bei Schlaganfällen vorliegen: Gerinnungsstörungen, erhöhte Blutzuckerwerte oder auch Fettstoffwechselstörungen. Bei einer krankhaften Störung des Gerinnungssystems verklumpen die Blutplättchen und bilden die gefährlichen Blutgerinnsel. Zudem werden Blutzuckerwerte, Kalium- und Natriumkonzentration sowie Leber- und Nierenwerte gemessen.
- Elektroenzephalogramm (EEG): Das Elektroenzephalogramm (EEG) misst die Gehirnströme mittels Elektroden. Während der Untersuchung trägt der Patient eine Kopfhaube, in welche die Elektroden gesteckt werden.
- Lumbalpunktion: In sehr seltenen Fällen wird eine Lumbalpunktion vorgenommen. Dabei entnimmt der Arzt mit einer feinen Nadel etwas Flüssigkeit aus dem Rückenmarkskanal. Diese Untersuchung wird durchgeführt, wenn der Verdacht auf eine Gehirn- oder Gefäßentzündung besteht und andere diagnostische Verfahren keine Klarheit gebracht haben.
Differenzialdiagnose
Es ist wichtig, andere Erkrankungen auszuschließen, die ähnliche Symptome wie ein Schlaganfall verursachen können. Dazu gehören unter anderem:
- Migräne mit Aura
- Epileptische Anfälle
- Hirntumore
- Multiple Sklerose
Akuttherapie bei Schlaganfall
Ziel der Akuttherapie ist, die Versorgung betroffener Hirnregionen schnellstmöglich wiederherzustellen, damit es nicht zu bleibenden Schäden kommt.
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- Thrombolyse: Bei einem ischämischen Schlaganfall muss das durch ein Blutgerinnsel akut verstopfte Gefäß so schnell wie möglich wiedereröffnet werden. Dies kann durch eine medikamentöse Therapie erfolgen, die als Thrombolyse (kurz auch: „Lyse“) bezeichnet wird. Grundsätzlich sollte die Lysetherapie innerhalb von 4,5 Stunden nach Beginn der Schlaganfallsymptome begonnen werden. Neue Studien haben gezeigt, dass unter bestimmten Umständen eine Lysetherapie auch noch später erfolgreich sein kann.
- Thrombektomie: Reicht eine Lysetherapie zur Auflösung des die Arterie verstopfenden Blutgerinnsels nicht aus, gibt es die Möglichkeit der sogenannten Thrombektomie, einem Eingriff, bei dem das Blutgerinnsel mechanisch entfernt wird. Dabei werden meist Katheter verwendet, die an ihrer Spitze ein Drahtgeflecht (Stent) besitzen. Diese Katheter werden so weit in das Hirngefäß vorgeschoben, dass sie hinter den Thrombus zu liegen kommen. Dann wird das Gittergeflecht an der Stelle des Thrombus entfaltet, so dass sich das Gerinnsel darin verfängt. Vor allem beim Verschluss großer Hirngefäße erfolgt eine Thrombektomie.
- Behandlung von Hirnblutungen: Zunächst wird versucht, die Ausbreitung der Blutung zu bremsen, durch Senkung des Blutdrucks und ggf. den Einsatz gerinnungsaktiver Medikamente. Bei ausgedehnten Hirnblutungen wird operiert.
Rehabilitation nach Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall ist eine Rehabilitation entscheidend, um die Funktionen des Körpers wiederherzustellen und die Lebensqualität zu verbessern. Dies kann Physiotherapie, Ergotherapie, Sprachtherapie und psychologische Unterstützung umfassen.
Prävention von Schlaganfällen
Es ist durchaus möglich, Schlaganfälle zu verhindern durch eine gesunde Lebensweise, Blutdruckkontrolle sowie Cholesterin- und Blutzuckerkontrolle.
- Gesunde Lebensweise: Eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität, die Vermeidung von Tabak und übermäßigem Alkoholkonsum sowie die Aufrechterhaltung eines gesunden Körpergewichts können das Risiko eines Schlaganfalls reduzieren.
- Blutdruckkontrolle: Ein hoher Blutdruck ist ein Hauptrisikofaktor für Schlaganfälle. Regelmäßige Überwachung und Kontrolle des Blutdrucks sind wichtig, um das Risiko zu minimieren.
- Cholesterin- und Blutzuckerkontrolle: Hohe Cholesterin- und Blutzuckerwerte erhöhen ebenfalls das Schlaganfallrisiko.
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