Die Wirkung von Drogen auf das Nervensystem

Drogen sind Substanzen, die das Bewusstsein und die Wahrnehmung verändern. Sie beeinflussen Gefühle, Stimmungen, die Motorik und vegetative Prozesse im menschlichen Körper. Es gibt legale Drogen wie Alkohol, Nikotin und bestimmte Medikamente sowie illegale Drogen wie Haschisch, Heroin, Kokain und LSD.

Wie Drogen das Gehirn "manipulieren"

Drogen wirken im Gehirn, indem sie Botenstoffe freisetzen, die zunächst ein Gefühl des Wohlbefindens auslösen und so zur Sucht führen können. Verschiedene Mechanismen im Gehirn sorgen dafür, dass das Verlangen nach der Droge immer größer wird, während gleichzeitig die Bedeutung anderer Aspekte des Lebens wie Partnerschaft, Freundschaften, Hobbys oder Beruf abnimmt.

Das Belohnungssystem

Unser Verlangen nach Belohnung treibt uns an, sei es durch eine gute Note, ein höheres Gehalt oder mehr Anerkennung. Dieses Verlangen wird durch unser Belohnungssystem ausgelöst, das sich entwickelt hat, um uns zur Selbsterhaltung und zur Erhaltung der Art zu motivieren, indem wir Nahrung suchen und uns fortpflanzen. Drogen aktivieren dieses Belohnungssystem mithilfe des Botenstoffs Dopamin. Sie tun dies oft in einem viel stärkeren Ausmaß als natürliche Belohnungen. Amphetamine beispielsweise setzen bei Versuchstieren zehnmal mehr Dopamin frei als Nahrungsaufnahme oder Sex.

Neuronale Anpassungsprozesse

Das Gehirn merkt sich, welche Stoffe zu einer besonderen Belohnung geführt haben. Das Verlangen nach diesen Substanzen wird dadurch stärker, und es setzen komplexe neuronale Anpassungsprozesse ein, die das Gehirn nachhaltig verändern. Die enge Interaktion von Reizverarbeitung, Kognition, Gedächtnis und Emotionen bedingt ein Suchtverhalten, das nach und nach erlernt wird und schließlich in ein nahezu automatisiertes Handlungsmuster mündet.

Die Rolle des präfrontalen Cortex

Entscheidend für die Ausbildung einer Suchterkrankung ist das Zusammenspiel von Netzwerken des präfrontalen Cortex mit denen des dopaminergen mesolimbischen Systems. Der präfrontale Cortex ist dafür verantwortlich, dass wir in unterschiedlichen Situationen zielgerichtet handeln können. Bei Personen, die zu Abhängigkeit neigen, kann der präfrontale Cortex von vornherein eine Dysfunktion aufweisen, die durch den anhaltenden Substanzkonsum noch verstärkt wird. Dadurch nimmt die kognitive Kontrolle ab.

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Ursachen für Drogenkonsum

Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen Drogen konsumieren. Dazu gehören:

  • Gesellschaftlich anerkanntes Genussmittel
  • Persönliche Probleme, die durch Drogen kompensiert werden sollen
  • Flucht aus dem Alltag durch Erzeugung von Hochstimmung und Glücksgefühlen
  • Wahrnehmungssteigerung und veränderte Sinneswahrnehmungen

Die Wirkung von Drogen im Detail

Drogen können auf unterschiedliche Weise auf das Nervensystem wirken. Einige Drogen stimulieren das Nervensystem, während andere es dämpfen. Einige Drogen verändern die Wahrnehmung, während andere die Stimmung beeinflussen. Die spezifische Wirkung einer Droge hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art der Droge, die Dosis, die Art der Einnahme und die individuelle Physiologie des Konsumenten.

Kokain: Ein genauerer Blick

Kokain beispielsweise stimuliert das autonome Nervensystem und das sympathische Nervensystem. Dies führt zu einer Verengung der Blutgefäße, einem Anstieg des Blutdrucks und einer Beschleunigung des Pulses. Gleichzeitig steigen Wachsamkeit und Wachheitsgrad sowie die Wahrnehmungs- und Reaktionsbereitschaft. Kokain bewirkt auch eine psychomotorische Stimulation des Zentralnervensystems, ähnlich wie Amphetamine oder Koffein. Schlafbedürfnis und Appetit nehmen ab, und man fühlt sich stark, selbstsicher und energiegeladen.

Auswirkungen auf Hirnfunktionen

Kokain verändert auch Hirnfunktionen, die den kognitiv-affektiven Bereich betreffen. Es erzeugt Wohlbefinden, hebt die Stimmung und ruft ein intensives Hochgefühl hervor. Gedanken und Worte scheinen zu sprudeln, aber der Zusammenhang bleibt nicht immer gewahrt (Ideenflucht).

Langzeitwirkungen von Kokain

Regelmäßiger Kokainkonsum kann zu einer Reihe von unerwünschten Effekten führen, darunter Angstgefühle, erhöhte Reizbarkeit, Halluzinationen und Symptome, die denen einer paranoiden Psychose ähneln. Manche Kokainkonsumenten leiden unter Panikanfällen und Todesahnungen, während sie gleichzeitig einen enormen Drang verspüren, sich die Droge erneut zu beschaffen (Stoffhunger).

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Auswirkungen auf das Gehirn

Kokain kann auch den Alterungsprozess des Gehirns beschleunigen, indem es die Hirnstruktur verändert. Studien haben gezeigt, dass Kokainabhängige eine ausgedehnte Atrophie der grauen Substanz in verschiedenen Bereichen des Gehirns aufweisen, darunter der Temporallappen, der Frontallappen, die Inselrinde und der limbische Lappen. Dies kann zu Einschränkungen in Bezug auf Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit und Reaktionszeit führen.

Wie Kokain im Gehirn wirkt

Kokain greift in die chemische Weiterleitung von Nervenimpulsen an Synapsen ein. Es hemmt die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin, Dopamin und Serotonin und verlängert so deren Aufenthalt im synaptischen Spalt. Die Blutdrucksteigerung sowie die erhöhte Wachheit und Wachsamkeit resultieren aus einer länger anhaltenden Einwirkung von Noradrenalin auf die innervierte Gefäßmuskulatur bzw. auf Teile des Stammhirns. Die Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen lassen sich hingegen größtenteils dem Einfluss der Droge auf Systeme zuschreiben, die Signale durch Dopamin übermittelt bekommen.

Opiate: Ein weiteres Beispiel

Opiate wie Heroin wirken auf spezifische Rezeptoren der Synapsenmembran und können so die Bildung eines Opiat-Rezeptor-Akzeptor-Komplexes auslösen. Sie wirken bereits in sehr geringen Konzentrationen und unterdrücken den diffusen, dumpfen, mehr chronischen und nicht lokalisierbaren Schmerz.

Toleranz und Abhängigkeit

Bei längerer Opiateinwirkung kompensiert die Zelle den Mangel an cyclischem Adenosin-Monophosphat (cAMP) durch die eigene Aktivierung der Adenylat-Cyclase. Damit ist die Zelle gegenüber Opiaten tolerant geworden, und für die Beibehaltung der Ausgangseffekte ist dann eine Dosiserhöhung erforderlich.

Entzugserscheinungen

Bei Opiatentzug entfällt die Hemmung des Enzyms durch die Opiate, seine Aktivierung bleibt aber noch bestehen. Durch Opiate wird auch die Empfindlichkeit der Zellen gegenüber Neurotransmittern beeinflusst. So hemmt Morphin die Serotoninwirkung auf die Zellen. Auch in dem Fall gleicht der Organismus den Mangel bzw. Verlust durch Erhöhung der Serotonin-Bindungsstellen und verstärkte Serotoninbildung aus. Bei Entzug fällt wiederum die Hemmung der Serotoninwirkung weg, die zellphysiologischen Veränderungen bleiben aber bestehen und führen zu typischen Entzugsbeschwerden, z. B. verstärkter Muskelkontraktion und Krämpfen.

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Halluzinogene: Veränderung der Wahrnehmung

Halluzinogene sind eine Gruppe von Drogen, die Veränderungen in der Wahrnehmung, im Bewusstsein und in der Gemütslage hervorrufen. Sie führen zu visuellen Illusionen und gefährlichen „Horrortrips“, bei denen es aufgrund eines Kontrollverlusts zu Handlungen mit Fremd- oder Eigengefährdung kommen kann. Auch nach der letzten Einnahme von Halluzinogenen, die längere Zeit zurückliegen kann und während der keine Wirkung mehr gespürt wird, kann es wieder zu Rauschzuständen kommen („flash backs“).

Wirkmechanismen

Halluzinogene wirken meist als Agonisten an Rezeptoren und Bindungsstellen für Serotonin im Zentralnervensystem (v. a. Großhirnrinde). Eine Veränderung des Glutamat-Transmittersystems wird als Grundlage drogeninduzierter Halluzinationen diskutiert.

Substanzabhängigkeit

Für die gleiche Wirkung werden mit der Zeit immer höhere Konzentrationen benötigt, und der Konsument verträgt deutlich mehr. Das Verlangen steigt stetig, und der Wunsch nach mehr ebenso. Bei Ausbleiben der Aufnahme der Substanz kommt es zu Entzugserscheinungen. Diese Sucht nach bestimmten Drogen führt letztendlich sowohl zur seelischen als auch zur körperlichen Abhängigkeit.

Folgen der Sucht

Die Folgen einer Sucht können vielfältig sein und umfassen:

  • Unlustgefühle, Schmerzen und Belastungen
  • Unbezwingbarer Drang, die Droge einzunehmen
  • Angstgefühle, Verstimmungen bis hin zu Selbstmordgedanken
  • Soziale Abgeschottetheit
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
  • Schweißausbrüche, Fieber und Schwindelanfälle
  • Frieren, Zittern und Schlafstörungen
  • Organische Folgen wie Nierenversagen und Leberzirrhose

Forschungsergebnisse und neue Erkenntnisse

Die Forschung hat in den letzten Jahren wichtige Erkenntnisse über die Wirkung von Drogen auf das Nervensystem geliefert. So konnten Forscher der Charité - Universitätsmedizin Berlin gemeinsam mit Kollegen um den von der Stiftung Charité geförderten Einstein BIH Visiting Fellow Thomas Südhof aufklären, wie modulatorische Botenstoffe wie Adrenalin, Dopamin und Serotonin die Signalweiterleitung mit Glutamat beeinflussen und damit unsere Wahrnehmung, unsere Gefühle und unsere Handlungen verändern.

Die Rolle von Synapsin

Die Forscher konnten zeigen, dass das Molekül Synapsin hierbei eine bedeutende Rolle spielt. Es sitzt auf der Oberfläche der synaptischen Vesikel und verändert durch die Wirkung von verschiedensten Neuromodulatoren seine Form. Das führt dazu, dass sich die Vesikel in den Synapsen entweder zusammenschließen und mehr Botenstoffe ausschütten, was das Signal verstärkt, oder die Vesikel ziehen sich aus der Synapse zurück, schütten weniger Botenstoff aus, und das Signal wird abgeschwächt.

Neuronale Verbindungen und Suchtverhalten

Eine weitere Studie hat eine neuronale Verbindung identifiziert, die süchtigem Verhalten zugrunde liegt. Forscher der Universität Genf konnten zeigen, dass eine synaptische Verbindung zwischen dem orbitofrontalen Kortex und dem dorsalen Striatum bei Mäusen, die trotz Schmerzen weiterhin einen Hebel drückten, um Dopamin auszuschütten, besonders aktiv war. Die Stärkung oder Schwächung dieser Verbindung konnte das Verhalten der Mäuse beeinflussen.

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