Schmerzmittel sind weit verbreitet, aber ihre Wirkungsweise und potenziellen Gefahren sind oft missverstanden. Dieser Artikel beleuchtet die Mechanismen, wie Schmerzmittel auf das Nervensystem wirken, und diskutiert die Risiken und Vorteile ihrer Anwendung.
Schmerz: Eine überlebenswichtige Funktion
Schmerz ist eine überlebenswichtige Funktion, die uns vor Gefahren warnt und langfristige Verletzungen verhindert. Er macht unser Leben leichter und sicherer, indem er uns dazu bringt, Wunden und Verletzungen zu schonen. Allerdings gibt es auch chronische Schmerzen, die ihre schützende Funktion verloren haben und das Leben der Betroffenen zur Tortur machen können.
Analgetika: Schmerzlindernde Substanzen
Substanzen mit schmerzlindernder Wirkung werden als Analgetika bezeichnet. Der Körper kann auch eigene Analgetika wie Endorphine produzieren. Diese könnten erklären, warum wir in Stresssituationen wie einem Unfall oft keinen Schmerz verspüren. In vielen Fällen kann der gezielte Einsatz von Analgetika Schmerzen effektiv lindern.
Opioide: Wirkung und Risiken
Opioide sind eine Gruppe schmerzlindernder Substanzen, die ihre Wirkung über Opioidrezeptoren entfalten. Diese Rezeptoren sind im gesamten Nervensystem zu finden und haben vermutlich eine hemmende Wirkung auf Nervenzellen. Opioide reduzieren nicht nur die eigentlichen Schmerzen, sondern auch ihren unangenehmen Charakter und können stimmungsaufhellend und sedierend wirken. Zu den Opioiden gehören Wirkstoffe wie Codein, Fentanyl und Oxycodon, die in der Regel nur bei starken Schmerzen eingesetzt werden. Das unterschiedliche Wirkungsprofil dieser Stoffe basiert auf ihrer unterschiedlichen Bindung an die Opioidrezeptoren.
Ihre sedierenden und entspannenden Effekte scheinen für das hohe Abhängigkeitsrisiko von Opioiden verantwortlich zu sein. Hinzu kommt, dass sich schnell körperliche Toleranz und bei Absetzen Entzugserscheinungen einstellen können. Die Gefahren einer Überdosierung können lebensbedrohlich sein. Obwohl Opioide aus der Schmerztherapie nicht wegzudenken sind, sind sie alles andere als harmlos. Der mittlere Westen der USA kämpft zurzeit mit einer Epidemie an Drogentoten infolge von Opioidmissbrauch, was die Notwendigkeit einer vorsichtigen Behandlung verdeutlicht.
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Nicht-Opioide: Eine Alternative
Neben Opioiden gibt es auch Nicht-Opioide wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure („Aspirin“), die im Handel frei erhältlich sind. Anders als Opioide vermitteln diese ihre Wirkung nicht über Opioidrezeptoren im zentralen Nervensystem, sondern über die Hemmung eines Enzyms, das entzündungsfördernde Stoffe herstellt. Deswegen wirken sie auch entzündungshemmend, senken Fieber und haben keine psychotrope oder sedierende Wirkung.
Das Abhängigkeitspotenzial von Opioiden
Experten warnen seit Jahren vor den Risiken, die Opioide für Patienten bergen können. Der „Einstieg in die Sucht“ kann schleichend verlaufen. Berichte aus den USA legen nahe, dass für viele Suchterkrankte am Anfang eine Routine-Operation stand, bei der sie für eine kurze Zeit mit starken Schmerzmitteln behandelt wurden. Viele Patienten gewöhnten sich nicht nur an die schmerzlindernde Wirkung dieser Medikamente, sondern auch an ihre sedierenden und euphorisierenden Effekte. Allerdings halten diese Effekte nur sehr kurz an - und mit der Zeit stellen sich Zeichen einer körperlichen und psychischen Abhängigkeit ein.
Es mehren sich Entzugserscheinungen wie Übelkeit, starke Unruhe und Angst sowie ein Verlangen nach der Substanz. Viele Patienten kommen von den Medikamenten alleine nicht mehr los. Und wenn legale Beschaffungswege erschöpft sind, droht der Abstieg in die Kriminalität. Eine der Konsequenzen ist, dass 2016 eine Überdosis die häufigste Todesursache für Amerikaner unter 50 Jahren war! Auch abgesehen von ihrem Abhängigkeitspotential sind Opioide keine harmlosen Medikamente. Zu große Mengen können zu einer verminderten Atmung (Atemdepression) führen, was schwerwiegende Schädigungen des Gehirns oder sogar den Tod nach sich zieht. Dies macht deutlich, wie vorsichtig bei der Verschreibung von opioidhaltigen Schmerzmitteln vorgegangen werden sollte. Sie können Segen und Fluch zugleich sein.
Schmerzmittelmissbrauch verhindern
An erster Stelle steht hier eine (selbst-)kritische Vorgehensweise. In dieser sollten sich sowohl Arzt als auch Patient über die realistischen Möglichkeiten, Dauer, Grenzen und Ziele einer medikamentösen Schmerztherapie klar sein. Gemessen an den so gemeinsam erarbeiteten Zielen kann der sachgemäße Einsatz der Medikamente erfolgen und in seiner Wirksamkeit überprüft werden. Hier ist eine verantwortungsvolle und offene Kommunikation von beiden Seiten wichtig. Werden die Ziele erreicht, so ist alles gut. Ist das aber nicht der Fall, so sollte dies erneut besprochen werden und ein alternatives Vorgehen gemeinsam abgestimmt werden.
Wichtig ist bei der sachgemäßen Einnahme von Schmerzmitteln, sich über Folgendes bewusst zu sein: Die Medikamente so einnehmen, wie sie verordnet wurden. Auf keinen Fall ohne Absprache die Dosierung oder die Einnahmeintervalle verändern. Neben einigen Medikamenten, bei denen eine schmerzlindernde Wirkung erst nach einer sogenannten Eindosierungsphase zu erwarten ist, sollten Medikamente nicht eingenommen werden, wenn keine ausreichend schmerzlindernde Wirkung einsetzt. Eine dauerhafte Schmerzmitteleinnahme ist nur dann sinnvoll und vertretbar, wenn sie zu einer Reduktion der Schmerzen um mindestens 1/3 führt. Sprechen Sie dies mit ihrem behandelnden Arzt ab und lassen Sie sich ggf. Alternativen aufzeigen.
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Sind Ihnen Opioide verschrieben worden, so gilt ebenfalls das zuvor Gesagte. Nur weil es Opioide sind, helfen diese (leider) nicht gegen alle Arten von Schmerzzuständen. Hinzu kommt, das Opioide nicht selten ihre zunächst verspürte Wirkung verlieren und eine zunächst befriedigende Wirkdosis nicht mehr ausreicht. Hier wird häufig eine Dosissteigerung der Medikamente in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen als notwendig empfunden, um die einstige Wirkung zu erzielen (Gewöhnung/Toleranz). Viele der heute verschriebenen starken Schmerzmittel (Opioide) wirken nicht oder nicht ausreichend bei chronischen Schmerzen. Experten empfehlen deshalb, die Wirksamkeit von Opioiden nach einer gewissen Zeit zu überprüfen, indem man sie nach 3 bis 6 Monaten probeweise reduziert/ausschleicht. Das gleiche gilt für Produkte aus medizinischen Hanf (Cannabinoide). Derzeit gibt es noch keine ausreichende Erfahrung mit dem Wirkstoff in der Schmerztherapie.
Eine gute Methode, welche vor einem Medikamentenfehlgebrauch und vielleicht entstehender Abhängigkeit und Sucht schützt, ist, sich seiner eigenen Möglichkeiten, die Schmerzen zu beeinflussen, bewusst zu werden (Selbstwirksamkeit). Hier kann ein multimodaler Ansatz einer Schmerztherapie, durch den man neben Medikamenten auch andere Methoden der Schmerzbewältigung erlernen kann helfen. Auf alle Fälle sollte man mit dem behandelnden Arzt offen über seinen Medikamentengebrauch und -verbrauch sprechen.
Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen)
Nervenschmerzen werden durch eine Schädigung des Nervensystems selbst ausgelöst. Dabei können sowohl das periphere wie auch das zentrale Nervensystem betroffen sein. Ursachen für Nervenschädigung sind Infektionen (Gürtelrose), Medikamente (Chemotherapien), Druck auf den Nerv (Karpaltunnelsyndrom und Bandscheibenvorfälle), komplexe Störungen (Diabetes mellitus), Amputationen (Phantomschmerzen) oder Veränderungen des Gehirns (Morbus Parkinson, Schlaganfall, Multiple Sklerose) usw. Vor allem muss die nervenschädigende Ursache diagnostiziert und konsequent behandelt werden.
In der symptomatischen Therapie von Nervenschmerzen haben sich die üblichen Schmerzmittel (z.B. Ibuprofen, Diclofenac, Paracetamol) als wenig hilfreich erwiesen. In der Behandlung neuropathischer Schmerzen kommen vielmehr Antiepileptika, Antidepressiva und Opiate (Morphin-Abkömmlinge), aber auch Capsaicin (der Extrakt der Pfefferschote) zu Anwendung. Die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS-Therapie), bei der Schmerzen mit elektrischen Impulsen behandelt werden, Blockadeverfahren - hierbei werden Nervenzellkörper mithilfe von Lokalanästhesien betäubt - und / oder die Lokalbehandlung können die Schmerzmittelgabe ergänzen. Bei sehr hartnäckigen Nervenschmerzen haben wissenschaftliche Untersuchungen anhaltende Therapieerfolge durch die Implantation von Nervenstimulatoren gezeigt. Hierbei werden Elektroden, die sanfte Impulse an die Nerven abgeben, in die Nähe des Schmerzursprungs implantiert und an einen im Bauchraum oder im Gesäß implantierten Neurostimulator angeschlossen.
Paracetamol: Wirkmechanismus
Paracetamol zählt zu den bekanntesten Schmerzmitteln, aber wie genau es Schmerzen lindert, ist noch nicht vollständig verstanden. Bisher nahm man an, dass das Medikament ausschließlich im zentralen Nervensystem wirkt, also im Gehirn und im Rückenmark. Doch laut einer Studie der Hebrew University of Jerusalem blockiert es auch gezielt Schmerzen dort, wo sie entstehen. Die Forscher konnten zeigen, dass nach der Einnahme von Paracetamol zunächst das Zwischenprodukt 4-Aminophenol in der Leber entsteht. Dieses gelangt über den Blutkreislauf in das Gehirn und ins periphere Nervensystem. Dort wandelt das körpereigene Enzym FAAH den Stoff in das Abbauprodukt AM404 um. Zwar ist bekannt, dass AM404 die Wirkung von Paracetamol vermittelt, unklar war jedoch, wie es genau zur Schmerzlinderung beiträgt. Man nahm an, dass der Stoff etwa an Cannabinoidrezeptoren in Neuronen des Zentralnervensystems wirkt. Die neue Studie zeigt, dass AM404 zudem direkt in den peripheren Nervenenden entsteht, die Schmerzreize wahrnehmen. Es blockiert zwei bestimmte Natriumkanäle in den schmerzempfindlichen Neuronen, die normalerweise entsprechende Signale zum Rückenmark leiten. Der Schmerz wird also schon an seinem Ursprung bekämpft.
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Rezeptfreie Schmerzmittel: Worauf ist zu achten?
Eine Tablette einzunehmen, wenn der Kopf spannt oder der Rücken schmerzt, gehört für viele Menschen zur Gewohnheit. Nicht jedem ist dabei bewusst, dass auch frei verkäufliche Schmerzmittel die Organe dauerhaft schädigen können. Viele Menschen greifen gewohnheitsmäßig zur Tablette, um im Alltag weiter zu funktionieren. Rezeptfreie Schmerzmittel wie etwa Ibuprofen oder Paracetamol können Schmerzen schnell lindern. Das Problem: Nebenwirkungen und ernste Komplikationen können die Folge sein, wenn sie regelmäßig unkontrolliert eingenommen werden.
Worauf Sie bei der Einnahme achten sollten:
- Nehmen Sie Schmerzmittel maximal vier Tage am Stück und pro Monat nicht mehr als zehn Tabletten ein, sofern sie nicht anderweitig verschrieben sind. Ausführlichere Informationen zur Einnahmedauer finden Sie im Beipackzettel des Medikaments.
- Informieren Sie sich im Beipackzettel, wie Sie das entsprechende Medikament richtig dosieren. Überschreiten Sie die festgelegte Tageshöchstdosis nicht.
- Achten Sie außerdem darauf, dass das Medikament das richtige Anwendungsgebiet hat.
- Hinterfragen Sie kritisch, ob Sie versucht haben, Ihre Schmerzen nicht-medikamentös zu lindern, bevor Sie zur Schmerztablette greifen.
- Nehmen Sie Schmerztabletten außerdem nicht ein, um fit für Freizeitaktivitäten, die Arbeit oder sportliche Aktivitäten zu sein. Wird ein solcher Medikamentenfehlgebrauch zur Gewohnheit, kann er je nach Schmerzmittel zu starken Nebenwirkungen führen oder auch in eine Abhängigkeit münden.
- Reflektieren Sie immer, aus welchen Gründen Sie Schmerzmittel einnehmen. Sie sollten ausschließlich zur Linderung von Schmerzen zum Einsatz kommen - und nicht, weil Sie beispielsweise durch die Einnahme besser schlafen können oder Sie Ihre Traurigkeit betäuben möchten.
Welche rezeptfreien Schmerzmittel helfen bei welchen Beschwerden?
Bei rezeptfreien Schmerzmitteln handelt es sich zum größten Teil um nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), die eine schmerzstillende, fiebersenkende und entzündungshemmende Wirkung haben. Hier finden Sie die Anwendungsgebiete der wichtigsten Schmerztabletten vom Typ NSAR:
- Ibuprofen und Diclofenac: Arthrose, gelegentliche Gelenkbeschwerden, Fieber, Migräne, rheumatoide Arthritis, entzündlich-rheumatische Wirbelsäulen- oder Weichteilerkrankungen, akute Gelenkentzündungen (einschließlich Gichtanfälle), schmerzhafte Schwellungen oder Entzündungen nach Verletzungen und Operationen, leichte bis mäßig starke Schmerzen
- Naproxen: Arthrose, gelegentliche Gelenkbeschwerden, Fieber, rheumatoide Arthritis, entzündlich-rheumatische Wirbelsäulen- oder Weichteilerkrankungen, akute Gelenkentzündungen (einschließlich Gichtanfälle), schmerzhafte Schwellungen oder Entzündungen nach Verletzungen und Operationen, leichte bis mäßig starke Schmerzen
- Acetylsalicylsäure (ASS): arterielle Durchblutungsstörungen, Fieber, leichte bis mäßig starke Schmerzen (Vorsicht: Aufgrund der gerinnungshemmenden Wirkung von ASS darf es nicht bei Verletzungen oder operativen Eingriffen zum Einsatz kommen)
Außerdem rezeptfrei erhältlich ist Paracetamol, das nicht zu den NSAR zählt. Es wirkt ebenfalls schmerzstillend und fiebersenkend, aber nicht entzündungshemmend. Werden die Mittel nur kurzfristig eingenommen, treten aber nur sehr selten ernste Komplikationen auf. Das Risiko für negative Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt lässt sich verringern, wenn zusätzlich zum Schmerzmittel Medikamente eingenommen werden, die den Magen schützen (Protonenpumpenhemmer wie etwa Omeprazol oder Pantoprazol).
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atemprobleme
Verschiedene Studien haben nachgewiesen, dass sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht, wenn bestimmte NSAR wie Diclofenac über einen längeren Zeitraum in hoher Dosierung eingenommen wird. Wenn Sie an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leiden oder ein erhöhtes Risiko für eine solche Erkrankung vorliegt, sollten Sie auf ein anderes Schmerzmittel ausweichen. Niedrig dosiertes Ibuprofen oder Naproxen bieten sich beispielsweise an. Das NSAR Acetylsalicylsäure kann bei manchen Menschen mit chronischem Asthma zu Atemproblemen führen. Als Asthmapatient sollten Sie sich von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt beraten lassen, welches Schmerzmittel für Sie in Frage kommt.
Wer sollte vorsichtig bei der Einnahme von Schmerztabletten sein?
Bestimmte Faktoren können das Risiko für Nebenwirkungen und ernste Komplikationen im Magen-Darm-Bereich bei der Einnahme von Schmerztabletten aus der Gruppe der NSAR erhöhen. Wenn bei Ihnen einer oder mehrere der folgenden Punkte zutreffen, sollten Sie sich ärztlich beraten lassen, welches Schmerzmittel für Sie geeignet ist:
- Sie sind über 65 Jahre alt.
- Sie hatten bereits ein Magengeschwür oder eine Magenschleimhautentzündung oder leiden aktuell darunter.
- Sie leiden unter einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung.
- Sie nehmen bereits Schmerzmittel ein und wollen verschiedene Präparate kombinieren.
- Sie nehmen bereits gerinnungshemmende Medikamente, Kortisonpräparate oder Antidepressiva (aus der Gruppe der SSRI) ein.
Wenn Sie unter einer Nierenschwäche leiden, dürfen NSAR nicht zu hoch dosiert werden. Denn das Risiko für ein akutes Nierenversagen erhöht sich durch die Einnahme. Sehr achtsam im Umgang mit Schmerzmitteln sollten Sie außerdem sein, wenn Sie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben oder ein erhöhtes Risiko für eine solche Erkrankung bei Ihnen vorliegt. Auch bei Bluthochdruck oder anderen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sollten Sie Ihren Arzt konsultieren, welches Schmerzmittel Sie einnehmen dürfen.
Unter welchen Umständen sollte auf bestimmte Schmerztabletten verzichtet werden?
- Schwangere sollten bei der Medikamenteneinnahme grundsätzlich sehr vorsichtig und zurückhaltend sein. Je nach Schwangerschaftswoche dürfen, wenn sich die Einnahme von Schmerzmitteln nicht vermeiden lässt, nur bestimmte Schmerzmittel eingenommen werden. Lassen Sie sich ärztlich beraten, welche Schmerztabletten Sie in der Schwangerschaft einnehmen können.
- Schwere Nierenerkrankung, Magengeschwür, schwere Herzschwäche: Leiden Sie unter einer solchen Erkrankung sollten Sie auf die Einnahme von NSAR verzichten.
- Lebererkrankung, Alkoholkrankheit: In diesen Fällen darf kein Paracetamol eingenommen werden. Bei einer ausgeprägten Nierenschwäche darf Paracetamol nur im Abstand von acht Stunden eingenommen werden.
- Junges Alter: Kinder sollten nur in Absprache mit einem Arzt Schmerzmittel erhalten. Für sie können je nach Alter und Gewicht andere Dosierungen gelten.
- Fieberhafte Virusinfekte bei Kindern unter zwölf Jahren: ASS darf nicht eingenommen werden, da es das seltene, lebensgefährliche Reye-Snydrom auslösen kann.
Neues Medikament gegen Schmerzen ohne Suchtpotenzial
Ende Januar hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) ein neuartiges Medikament (Suzetrigin) zur Behandlung mäßiger und starker akuter Schmerzen zugelassen. Es handelt sich um ein grundsätzlich neues Arzneimittel, das im Gegensatz zu Opioiden nicht abhängig machen soll. In der Medizin gab es bisher zwei Strategien, Schmerzen zu lindern. Zum einen sind es Medikamente, die am Schmerzort wirken - dazu gehören Antirheumatika wie Ibuprofen oder Aspirin. Die zweite Strategie zielt auf das zentrale Nervensystem, sie wirken im Gehirn. Dazu gehören Opioide wie Codein und Morphin, die bei starken, langanhaltenden Schmerzen eingesetzt werden. Opioide bergen jedoch das Risiko einer Abhängigkeit.
Martin Dusch, Leiter des Schmerzzentrums der Universitätsmedizin Mannheim, spricht von einem Durchbruch. "Der grundsätzliche Unterschied ist der, dass der Wirkstoff einen völlig neuen Weg geht. Die Geschichte der Entwicklung von Suzetrigin begann Ende der 1990er-Jahre mit grundlegenden Forschungen von Stephen Waxman von der Yale University. Er untersuchte, wie Nervenzellen Schmerzsignale vom Körper zum Gehirn weiterleiten. In den Nervenzellen gibt es neun verschiedene Natriumkanäle, die für die Weiterleitung der Schmerzsignale verantwortlich sind. Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf zwei Kanäle mit den Bezeichnungen Nav1.7 und Nav1.8. Unterstützt wurde dieser strategische Ansatz durch die Beobachtung von "Schmerz-Exoten", etwa durch die Mitglieder einer pakistanischen Familie, die überhaupt keine Schmerzen empfanden. Sie werden in ihrem Land "Feuerläufer" genannt, weil sie auf heißen Kohlen laufen können, ohne Hitzeschmerzen zu spüren. Bei ihnen wurde eine Mutation festgestellt, die den Natriumkanal Nav1.7 hemmt. Erfolgreich waren die Forschenden letztlich beim Natriumkanal Nav 1.8.
Zwei klinische Studien mit über 2.000 Patienten mit mäßigen oder starken Schmerzen zeigten, dass Suzetrigin akute Schmerzen ebenso gut lindert wie Opioide. In einer Studie wurde es nach einer Bauchdeckenstraffung getestet, in einer anderen nach einer Fußknochenkorrektur. Ob sich Suzetrigin tatsächlich eignet, um das Problem der Opioid-Abhängigkeit bei chronischen Schmerzen zu lösen, ist noch nicht abzusehen. Denn derzeit ist es nur für den kurzfristigen Einsatz bei akuten Schmerzen zugelassen. Martin Dusch erklärt den Unterschied zwischen akutem und chronischem Schmerz: Ersterer ist zunächst durch eine Verletzung bedingt. Der Schmerz verschwindet in der Regel spätestens nach einigen Tagen oder Wochen, wenn die Verletzung geheilt ist. Demgegenüber stehe, so Dusch, der chronische Schmerz, bei dem es keine Verbindung mehr zwischen einer Verletzung und dem empfundenen Schmerz gebe. Deshalb kann ein Medikament, das die Weiterleitung von Schmerzen unterbindet, beim chronischen Schmerz nicht wirken. Wann das neue Medikament in Europa zugelassen wird, ist noch unklar.
Rezeptfreie Schmerzmittel bei Nervenschmerzen
Bei der Behandlung von Schmerzen, die durch Nervenverletzungen oder -schäden hervorgerufen werden (sog. neuropathische Schmerzen), sind rezeptfreie Schmerzmittel in der Regel nicht wirksam. „Rezeptfreie Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac wirken vor allem dann gut, wenn der Schmerz durch eine Entzündung hervorgerufen wird“, sagte Prof. Dr. Dr. Achim Schmidtko vom Pharmakologischen Institut für Naturwissenschaftler der Universität Frankfurt am Main beim pharmacon, einem internationalen Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer. Der Apotheker und Arzt weiter: „Statt lange mit Schmerzmitteln aus der Selbstmedikation herum zu probieren, sollten sich Patienten mit neuropathischen Schmerzen frühzeitig an einen Arzt wenden. 'Ein Indianer kennt keinen Schmerz' ist der falsche Weg: Je länger ein Patient mit Schmerzen sich nicht angemessen behandeln lässt, desto eher bildet sich ein nur noch schwer zu behandelndes Schmerzgedächtnis.“
Typische Anzeichen für neuropathische Schmerzen sind brennende Dauerschmerzen oder vorübergehende elektrisierende Schmerzen, die mit Kribbeln oder Ameisenlaufen einher gehen können. Weitere mögliche Anzeichen sind ein Ringgefühl wie ein „zu enger Schuh“ oder eine Überempfindlichkeit gegenüber Berührungs- oder Kältereizen. „Aber Vorsicht mit Eigendiagnosen! Wer länger an Schmerzen leidet, sollte sich ärztlich untersuchen lassen“, sagte Schmidtko. Neuropathische Schmerzen entstehen z.B. durch eine Gürtelrosen-Infektion, als Folge eines Diabetes mellitus oder im Rahmen einer Krebsbehandlung. Bei neuropathischen Schmerzen werden verschiedene rezeptpflichtige Arzneimittel eingesetzt. Dazu zählen einige Antidepressiva wie Amitriptylin und Duloxetin sowie Arzneimittel wie Gabapentin und Pregabalin, die ursprünglich gegen Epilepsie entwickelt wurden. Schmidtko: „Schmerzpatienten sollten sich nicht davon irritieren lassen, wenn im Beipackzettel auch andere Anwendungsgebiete erwähnt werden. Viele Wirkstoffe, die gegen neuropathische Schmerzen eingesetzt werden, haben sich gegen verschiedene Krankheiten bewährt.“
Die WHO-Stufenschema für die Schmerztherapie
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat für die Schmerztherapie ein dreistufiges Schema entwickelt. Es teilt die Schmerzintensität in drei Stufen ein. Je nach Stufe sind unterschiedliche Behandlungsformen vorgesehen. Es gilt das Prinzip „So viel wie nötig, so wenig wie möglich!“.
- Stufe 1 - schwacher Schmerz: Behandlung mit nichtopioiden Schmerzmitteln aus der Gruppe der NSAR (z. B. Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Paracetamol)
- Stufe 2 - mittelstarker Schmerz: Behandlung mit Opioiden von höherer analgetischer Potenz (z. B. Tramadol, Tilidin)
- Stufe 3 - starker Schmerz: Behandlung mit starken Opioiden (z.B. Fentanyl, Morphin)
Sonderfall chronischer Schmerz: Akuter Schmerz hat zumeist eine sinnvolle Warnfunktion, während chronischer Schmerz das ganze Leben bestimmen kann. Ein solcher Zustand ist sowohl körperlich als auch psychisch äußerst belastend. In diesem Fall ist eine sogenannte multimodale Behandlung aus Medikamenten, Physiotherapie und psychologischer Unterstützung angebracht.
Tiefe Hirnstimulation (THS)
Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein Verfahren, bei dem gezielt Gehirnareale über dünne Elektroden elektrisch stimuliert werden. Um Nebenwirkungen einer Stimulation möglichst zu vermeiden, ist der Patient bei diesem Eingriff nur örtlich betäubt - so wird beispielsweise überprüft, ob die Stimulation Sprachprobleme verursacht. Ist die richtige Stelle gefunden, wird in einer zweiten Operation ein Pulsgeber im Bauch- oder Brustbereich eingesetzt. Obwohl niemand bisher die genaue Wirkweise der THS bestimmen konnte, glauben Experten, dass sie den Informationsfluss zwischen verschiedenen Gehirngebieten normalisiert. Mit Abstand am häufigsten wird die THS bisher bei Patienten eingesetzt, die unter der Parkinson-Krankheit leiden und deren Medikamente nicht mehr ausreichend wirken. Offenbar kann das gleiche Prinzip aber auch bei psychiatrischen Leiden wie Depressionen oder Zwangserkrankungen wirksam sein, wie erste Studien mit einer kleinen Zahl von Patienten belegen. Unter anderem an der Berliner Charité wird derzeit auch eine Anwendung bei chronischen Schmerzen diskutiert. Dabei sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass THS nur die Symptome, nicht aber die Ursachen von chronischen Schmerzen behandelt.
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