Wo sich die meisten Nervenzellen im menschlichen Körper befinden

Das Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das alle Nervenzellen des menschlichen Körpers umfasst. Es ermöglicht uns, mit der Umwelt zu kommunizieren und vielfältige Mechanismen im Körperinneren zu steuern. Sinnesreize werden aufgenommen, verarbeitet und Reaktionen wie Muskelbewegungen oder Schmerzempfindungen ausgelöst. Ein bekanntes Beispiel ist das reflexartige Zurückziehen der Hand von einer heißen Herdplatte, während gleichzeitig ein Schmerzsignal ans Gehirn gesendet wird.

Das Nervensystem: Eine Übersicht

Das Nervensystem besteht aus Abermilliarden von Nervenzellen, den sogenannten Neuronen. Allein im Gehirn befinden sich etwa 86 Milliarden Nervenzellen. Jede Nervenzelle besteht aus einem Zellkörper (Soma) und verschiedenen Fortsätzen. Die kürzeren Fortsätze, die Dendriten, fungieren als Antennen und empfangen Signale von anderen Nervenzellen. Der Zellkörper leitet die empfangenen Signale weiter.

Je nach Lage der Nervenbahnen im Körper wird zwischen einem zentralen und einem peripheren Nervensystem unterschieden.

Zentrales Nervensystem (ZNS)

Das zentrale Nervensystem (ZNS) umfasst die Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark. Es ist sicher im Schädel und dem Wirbelkanal der Wirbelsäule eingebettet. Das ZNS verarbeitet sowohl willkürlich als auch autonom zu steuernde Reize. Im Gehirn liegt die graue Substanz außen (Cortex), während sie im Rückenmark von der weißen Substanz umhüllt wird. Die Hirn- bzw. Rückenmarkshäute (Meningen) umschließen Gehirn und Rückenmark und werden zusätzlich vom Schädelknochen und den 26 Wirbelkörpern geschützt. Im Gegensatz zum peripheren Nervensystem sind Nerven des ZNS nicht zur Regeneration fähig.

Peripheres Nervensystem (PNS)

Vom Rückenmark ziehen Nervenbahnen in alle Regionen des Körpers und bilden das periphere Nervensystem. Funktionell lässt sich das PNS in das vegetative (autonome) und das somatische Nervensystem untergliedern.

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Das vegetative Nervensystem

Das vegetative Nervensystem arbeitet unabhängig vom Willen und steuert lebensnotwendige Funktionen wie Verdauung und Hormonausschüttung autonom. Es kann sehr rasch die Funktion des Körpers an andere Bedingungen anpassen. Ist einem Menschen beispielsweise warm, erhöht das System die Durchblutung der Haut und die Schweißbildung, um den Körper abzukühlen. Es besteht aus dem Sympathikus, dem Parasympathikus und dem enterischen Nervensystem.

  • Sympathikus und Parasympathikus: Diese beiden Systeme wirken im Körper meist als Gegenspieler. Der Sympathikus bereitet den Organismus auf körperliche und geistige Leistungen vor, indem er Herzschlag und Atmung beschleunigt und die Darmtätigkeit hemmt. Der Parasympathikus hingegen kümmert sich um die Körperfunktionen in Ruhe, aktiviert die Verdauung, kurbelt den Stoffwechsel an und sorgt für Entspannung. Alle Organe empfangen ständig Signale von sympathischen und parasympathischen Nerven, wobei die Wirkung vom Verhältnis dieser Reize abhängt. Sympathische Reize werden vor allem mit den Stoffen Adrenalin und Noradrenalin übertragen, während parasympathische Einflüsse Azetylcholin zum Transport brauchen.
  • Enterisches Nervensystem (ENS): Das ENS ist ein Netzwerk von Neuronen in den Wänden des Gastrointestinaltrakts, das Reize empfängt und reflexartig beantwortet, etwa durch Absonderung von Stoffen zur Verdauung.

Das somatische Nervensystem

Über das somatische Nervensystem lässt sich der Körper willentlich steuern. So kann der Mensch bewusst Bewegungen ausführen oder seine Mimik kontrollieren.

Nervenzellen: Die Bausteine des Nervensystems

Das Gehirn besteht aus etwa 86 Milliarden Neuronen, wobei einige Experten die Zahl auf bis zu 1 Billion (1.000.000.000.000) schätzen! Platzprobleme gibt es deshalb im Kopf aber nicht, die einzelnen Nervenzellkörper sind schließlich nur maximal 150 Mikrometer (µm) groß. Zum Vergleich: 1 µm ist ein Millionstel Meter.

Neuronen sind die Kommunikationsbahnen des Körpers, über die Signale ausgetauscht werden. Sie bestehen aus einem Zellkörper (Soma) mit Fortsätzen: mehreren kurzen Dendriten und einem mehr oder weniger langen Axon. Die Dendriten nehmen elektrische Signale von Nachbarzellen auf, während das Axon Impulse an andere Zellen weiterleitet.

Axone und Myelinscheiden

Damit die Informationen bei dieser Länge nicht zu langsam übermittelt werden, ist das Axon abschnittsweise von sogenannten Myelinscheiden umschlossen - speziellen Zellen, die sich mehrfach um das Axon herumwickeln und es elektrisch isolieren. Axon und Hülle zusammen bilden eine (markhaltige) Nervenfaser.

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Die nicht isolierten schmalen Lücken zwischen den einzelnen Myelinscheiden eines Axons werden Ranviersche Schnürringe genannt. Bei der Reizweiterleitung entlang des Axons "springen" die elektrischen Impulse von Schnürring zu Schnürring (die Bereiche dazwischen sind, wie erwähnt, durch die Myelinscheiden elektrisch isoliert). Die Erregungsleitung wird dadurch deutlich beschleunigt, sie liegt bei etwa 100 Metern pro Sekunde - im Vergleich zu 10 Metern pro Sekunde bei Nervenzellen ohne Myelinschicht.

Synapsen: Die Kontaktstellen zwischen Nervenzellen

Die Kontaktstellen zwischen den einzelnen Neuronen werden als Synapsen bezeichnet. Sie übertragen die Informationsreize von einer Zelle auf die nächste. Synapsen gibt es auch zwischen Nervenzellen und Muskelzellen, um beispielsweise dem Bizeps den Befehl zur Kontraktion zu geben. Im Mittel haben Nervenzellen 10 000 bis 100 000 Synapsen, über die sie mit anderen Nervenzellen in Kontakt stehen. Diese können neu aufgebaut, abgebaut, in ihrer Effektivität verstärkt (z. B. beim Lernen) oder abgeschwächt werden.

Die meisten Synapsen übermitteln Informationen in Form einer chemischen Reaktion. Dazu geben synaptische Bläschen im Umfeld der Synapse einen chemischen Stoff ab, der die Reizübertragung erst möglich macht. Sympathikus und Parasympathikus nutzen unterschiedliche Neurotransmitter zur Übertragung ihrer Impulse: Sympathische Reize werden vor allem mit den Stoffen Adrenalin und Noradrenalin übertragen, während parasympathische Einflüsse Azetylcholin zum Transport brauchen.

Arten von Neuronen

Neuronen verbinden das zentrale Nervensystem mit Muskeln, Drüsen oder anderen ausführenden Geweben. Die Zellkörper der Nervenzellen liegen größtenteils im ZNS, aber auch in den Nervenknoten (Ganglien) außerhalb von Rückenmark und Gehirn. Es gibt verschiedene Arten von Neuronen:

  • Efferente / motorische Neuronen: Sie verlaufen vom ZNS zu den Organen, Drüsen und Geweben.
  • Afferente / sensible Neuronen: Sie verbinden Organe, Drüsen, Muskeln und andere Gewebe mit dem ZNS und leiten u. a. Sinneseindrücke weiter.

Nerven: Bündel von Neuronen

Als Nerv im eigentlichen Sinne werden Bündel von Axonen bezeichnet, die meist sensible und motorische Neurone enthalten. Man unterscheidet 31 paarige Spinalnerven, die dem Rückenmark entspringen, und 12 Hirnnerven.

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Spinalnerven (Rückenmarksnerven)

Die meisten Nerven zweigen vom Rückenmark ab. Man unterscheidet:

  • Halsmark /Zervikalmark (C1-C8)
  • Brustmark / Thorakalmark (Th1-Th12)
  • Lendenmark / Lumbalmark (L1-L5)
  • Kreuzmark / Sakralmark (S1-S5)
  • Schwanzmark / Kokzygealmark (Co1)

Das eigentliche Rückenmark verläuft nur durch etwa zwei Drittel der Wirbelsäule. Von jedem Segment führen rein motorische und rein sensible Neuronen in den Zwischenwirbelkanal, um sich dort zu einem Nerv zu verbinden.

Hirnnerven (Kranialnerven)

Alle zwölf Kranialnerven entspringen dem Hirnstamm. Dazu gehören beispielsweise der Sehnerv (Nervus opticus) und der Nervus vestibulocochlearis, der Gehör und Gleichgewichtssinn versorgt. Drei weitere Hirnnerven regeln die Bewegungen der Augenmuskeln. Der Nervus vagus (10. Hirnnerv) gehört zum parasympathischen System und verlässt das Gehirn, um über die Kehlkopfmuskulatur, das Herz und den Magen zum Darm zu gelangen.

Lernen und Plastizität des Gehirns

Das menschliche Gehirn ist das komplizierteste Organ, das die Natur je hervorgebracht hat. Eine der wichtigsten Eigenschaften ist seine Lernfähigkeit. Bis vor wenigen Jahren galt unter Wissenschaftlern als ausgemacht: Das Gehirn eines Erwachsenen verändert sich nicht mehr. Heute weiß man jedoch, dass das Gehirn bis ins hohe Alter laufend umgebaut wird.

Lernen findet an den Synapsen statt, wo elektrische Signale von einer Nervenzelle zur nächsten übertragen werden. Synapsen können die Effektivität der Übertragung variieren. So kann eine Synapse durch einen Vorgang namens Langzeitpotenzierung (LTP) verstärkt werden, indem sie mehr Botenstoff ausschüttet oder mehr Botenstoffrezeptoren bildet. Die Übertragung von Signalen kann aber nicht nur verstärkt oder abgeschwächt werden, sie kann auch überhaupt erst ermöglicht oder völlig gekappt werden. Synapsen können selbst im erwachsenen Gehirn noch komplett neu gebildet oder abgebaut werden. An wenigen Stellen wie zum Beispiel im Riechsystem können sogar zeitlebens neue Nervenzellen gebildet werden.

Die meisten Nervenzellen im Gehirn

Die meisten Nervenzellen des menschlichen Körpers befinden sich im Gehirn. Hier arbeiten sie in einem komplexen Netzwerk zusammen, um alle wichtigen Fähigkeiten des Menschen zu steuern: Wahrnehmung, Empfindung, Wissen, Denken und Verhalten. Das Gehirn stellt sicher, dass unsere Organe richtig arbeiten und steuert all unsere Bewegungen. Es nimmt Sinneseindrücke auf, verarbeitet sie, speichert Informationen im Gedächtnis und ruft sie bei Bedarf wieder ab.

Die Großhirnrinde, die die gesamte Oberfläche des Großhirns bedeckt, enthält fast drei Viertel aller Nervenzellen des Gehirns. Hier gehen wichtige Sinneseindrücke ein, werden sortiert, bewusst gemacht, gespeichert und sinnvoll miteinander verknüpft. Dadurch ist es dem Menschen möglich, zielgerichtet zu handeln. In der Großhirn-Rinde sitzen auch die Wahrnehmung und der Wille. Auch wesentliche Teile unseres Gedächtnisses liegen in der Großhirn-Rinde. Denken und Erinnern sind hier verankert, willentliche Bewegungen werden gesteuert.

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