Epileptische Anfälle: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Epileptische Anfälle sind ein Zeichen von übermäßiger Aktivität in bestimmten Hirnbereichen, was zu einer Vielzahl von Symptomen führen kann. Diese Anfälle treten plötzlich und oft ohne erkennbaren Auslöser auf, was sie so unvorhersehbar und potenziell gefährlich macht. In Deutschland sind etwa 600.000 Menschen von Epilepsie betroffen, was diese zu einer der häufigsten neurologischen Erkrankungen macht. Es ist wichtig zu beachten, dass die Diagnose Epilepsie erst gestellt wird, wenn Anfälle wiederholt auftreten.

Was ist ein epileptischer Anfall?

Ein epileptischer Anfall ist eine Störung des Gehirns, die durch eine kurzzeitige, übermäßige Entladung von Nervenzellen verursacht wird. Die Symptome können sehr unterschiedlich sein, von kaum wahrnehmbaren Ereignissen bis hin zu schweren Beeinträchtigungen mit Bewusstseinsverlust und Krampfanfällen des ganzen Körpers. Die Art des Anfalls hängt davon ab, welcher Bereich des Gehirns und in welchem Umfang die Nervenzellen betroffen sind. Anfälle werden entweder als fokal oder generalisiert klassifiziert.

Die Dauer eines Anfalls kann von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten variieren. Bei Erwachsenen ist der komplexe fokale Anfall mit beeinträchtigtem Bewusstsein die häufigste Anfallsform.

Ursachen epileptischer Anfälle

Die Ursachen für epileptische Anfälle sind vielfältig und können je nach Alter der betroffenen Person variieren. Mediziner unterscheiden strukturelle, infektiöse, metabolische, genetische und immunologische Ursachen.

Genetische Ursachen

Genetische Veränderungen können dazu führen, dass Nervenzellen im Gehirn anfälliger für spontane, synchrone Entladungen sind. Diese genetisch bedingten Epilepsien treten häufig im Kindes- oder Jugendalter auf. Die Forschung geht davon aus, dass bei diesen Patienten ein oder mehrere Gene defekt sind, die als Ursache der Epilepsie anzusehen sind. Häufig sind die betroffenen Gene nicht bekannt, und es müssen bestimmte Gen-Konstellationen vorliegen, damit es zu einer Epilepsie kommt. Daher sind diese Epilepsie-Ursachen meist nicht vererbbar, auch wenn sie neuerdings als genetische Epilepsien bezeichnet werden.

Lesen Sie auch: Risikofaktoren für einen Schlaganfall

Erworbene Hirnveränderungen

Epileptische Anfälle können auch durch erworbene Hirnveränderungen ausgelöst werden, wie sie beispielsweise nach einem Schlaganfall oder einem Schädel-Hirn-Trauma auftreten können. Auch Entzündungen im Gehirn, die durch akute Infektionen mit Viren oder Bakterien (Meningitis, Enzephalitis) oder seltene Autoimmunkrankheiten verursacht werden, können Anfälle auslösen.

Fokale Epilepsie

Bei einer fokalen Epilepsie beginnen die Anfälle immer in einer bestimmten Hirnregion, dem Fokus.

Unbekannte Ursachen

In vielen Fällen kann keine eindeutige Ursache für die Epilepsie gefunden werden. Diese Fälle werden als kryptogene Epilepsien oder Epilepsien mit unbekannter Ursache bezeichnet.

Risikofaktoren und Trigger

Neben den eigentlichen Ursachen der Epilepsie gibt es auch bestimmte Risikofaktoren und Trigger, die epileptische Anfälle auslösen können:

  • Fieberkrämpfe: Insbesondere bei Kindern können Fieberkrämpfe auftreten und das Risiko für spätere epileptische Anfälle erhöhen.
  • Hirnverletzungen: Verletzungen des Gehirns können zu strukturellen Schäden führen, die epileptische Anfälle begünstigen.
  • Schlafmangel: Unzureichender Schlaf kann die Anfallsschwelle senken und Anfälle auslösen.
  • Alkohol- und Drogenkonsum: Übermäßiger Alkoholkonsum und der Konsum von Drogen können die Gehirnchemie beeinflussen und Anfälle provozieren.
  • Stress: Stress kann ein wichtiger Auslöser für Anfälle sein.
  • Lichtreize: Bei manchen Menschen mit Epilepsie können flackernde Lichter (z. B. bei Diskos oder Fernsehen) Anfälle auslösen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Trigger keine eigentlichen Auslöser der Epilepsie sind, sondern lediglich Anfälle provozieren können. Die eigentlichen Ursachen liegen im Gehirn und Stoffwechsel der Betroffenen.

Lesen Sie auch: Epileptische Anfälle und Medikamente: Ein Überblick

Diagnose von Epilepsie

Eine sichere Diagnose von Epilepsie erfordert eine genaue Beschreibung des Anfalls, idealerweise von Augenzeugen. Epilepsietypische Auffälligkeiten können sich im Elektroenzephalogramm (EEG) oder Kernspintomogramm (MRT) zeigen.

Anamnese und Beobachtung

Eine ausführliche Anamnese und die Beobachtung des Anfallsablaufs sind entscheidend für die Diagnose. Wichtige Fragen sind:

  • Was ging dem Anfall voraus?
  • Wie sah der Sturz aus, wenn es einen gab?
  • Waren die Augen geöffnet oder geschlossen?
  • Auf welcher Körperseite begannen die Verkrampfungen?
  • In welche Richtung war der Kopf gedreht?

Elektroenzephalogramm (EEG)

Das EEG misst die Hirnströme und kann epilepsietypische Auffälligkeiten zeigen. Es gibt verschiedene Arten von EEGs, darunter das Standard-EEG (ca. 45 Minuten) und das EEG-Video-Monitoring (mehrere Tage mit gleichzeitiger Videoaufzeichnung).

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren wie MRT und CT können strukturelle Veränderungen im Gehirn sichtbar machen, die als Ursache für die Epilepsie in Frage kommen.

Differenzialdiagnose

Es ist wichtig, epileptische Anfälle von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen abzugrenzen. Dazu gehören beispielsweise:

Lesen Sie auch: Genetische Ursachen von Anfällen

  • Schlafbezogene Bewegungs- und Verhaltensstörungen
  • Ticks
  • Panikattacken
  • Dissoziative Anfälle

Behandlung von Epilepsie

Das Ziel der Epilepsie-Behandlung ist die Anfallsfreiheit. In den meisten Fällen ist eine dauerhafte medikamentöse Therapie erforderlich.

Medikamentöse Therapie

Antiepileptika sind Medikamente, die die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn reduzieren und so Anfälle verhindern sollen. Mittlerweile gibt es rund 30 verschiedene Medikamente gegen Epilepsie. Moderne Wirkstoffe haben oft weniger Nebenwirkungen. Bei knapp 70 Prozent der Patienten helfen solche Medikamente gut. Dabei reicht häufig bereits ein einzelnes Medikament aus, manchmal wirkt nur eine Kombination von zwei oder mehr Medikamenten.

Weitere Therapiemöglichkeiten

Für Patienten, bei denen die Antiepileptika nicht ausreichend wirken, kommen weitere Therapiemöglichkeiten in Betracht:

  • Vagusnervstimulation: Ein Schrittmacher wird unter die Haut im Brustbereich implantiert und erzeugt elektrische Impulse, die vom Vagusnerv am Hals ins Gehirn geleitet werden.
  • Tiefe Hirnstimulation: Eine dünne Silikonscheibe mit Platinkontakten wird unter die Kopfhaut geschoben, um das Gehirn gezielt zu stimulieren.
  • Chirurgische Verfahren: Bei fokalen Epilepsien kann die Entfernung des Anfallsfokus in Erwägung gezogen werden, wenn dieser genau lokalisiert werden kann und der Eingriff keine größeren Risiken birgt.

Wann gilt eine Epilepsie als überwunden?

Man spricht bei Epilepsie nicht von einer "Heilung", sondern davon, dass die Krankheit überwunden ist. Das ist dann der Fall, wenn man länger als zehn Jahre keinen epileptischen Anfall mehr hatte und seit über fünf Jahren kein Antiepileptikum mehr eingenommen hat.

Leben mit Epilepsie

Menschen mit Epilepsie stehen oft vor besonderen Herausforderungen im Alltag. Die Unvorhersehbarkeit der Anfälle kann zu Einschränkungen in verschiedenen Lebensbereichen führen.

Risiken und Vorsichtsmaßnahmen

  • Verletzungsgefahr: Während eines Anfalls besteht die Gefahr von Stürzen und Verletzungen. Es ist wichtig, die Umgebung entsprechend anzupassen und Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
  • Autofahren: Menschen mit Epilepsie dürfen nicht selbst Auto fahren, wenn sie in den vergangenen zwölf Monaten einen Anfall hatten.
  • Baden und Schwimmen: Beim Baden und Schwimmen besteht die Gefahr des Ertrinkens, wenn ein Anfall auftritt. Betroffene sollten daher nicht alleine baden oder schwimmen gehen.
  • Erhöhtes Sterberisiko: Menschen mit Epilepsie haben ein erhöhtes Sterberisiko, insbesondere durch plötzliche unerwartete Todesfälle (SUDEP).

Psychosoziale Aspekte

  • Depressionen: Im Verlauf der Erkrankung ist das Risiko für eine Depression erhöht.
  • Stigmatisierung: Menschen mit Epilepsie sind oft mit Vorurteilen und Stigmata konfrontiert, die ihren Alltag zusätzlich erschweren.

Unterstützung und Beratung

Für Betroffene und Angehörige gibt es zahlreiche Unterstützungsangebote, darunter:

  • Epilepsie-Zentren und -Ambulanzen
  • Selbsthilfegruppen
  • Online-Beratungsangebote

Verhalten bei einem epileptischen Anfall

Wenn eine Person einen epileptischen Anfall hat, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Schutz vor Verletzungen: Sorgen Sie dafür, dass die Person sich während des Anfalls nicht verletzt. Legen Sie beispielsweise eine weiche Unterlage unter den Kopf.
  • Nichts in den Mund schieben: Versuchen Sie nicht, während des Anfalls etwas in den Mund der Person zu schieben.
  • Beobachtung des Anfalls: Achten Sie auf die Art und Dauer des Anfalls, um später dem Arzt wichtige Informationen geben zu können.
  • Notruf: Wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert oder mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten, rufen Sie den Rettungsdienst (112).

Fehldiagnosen

Die Rate an Fehldiagnosen eines epileptischen Anfalls oder einer Epilepsie liegt laut Studien zwischen rund fünf und 30 Prozent. Bei leichteren Anfällen, die ohne motorische Symptome auftreten, werden epileptische Anfälle häufig nicht diagnostiziert. Auch schlafbezogene Bewegungs- und Verhaltensstörungen, Ticks oder Panikattacken werden mit epileptischen Anfällen verwechselt.

tags: #wodurch #epileptische #anfalle #ausgelost #ursachen