Die Alzheimer-Krankheit, benannt nach dem deutschen Psychiater Alois Alzheimer, ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung des Gehirns. Sie ist die häufigste Form der Demenz und betrifft weltweit Millionen von Menschen, vor allem ab dem 65. Lebensjahr. In Deutschland leiden etwa 1,8 Millionen Menschen an Demenz, wobei die Alzheimer-Krankheit etwa zwei Drittel der Fälle ausmacht. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch Gedächtnis- und Orientierungsstörungen sowie Beeinträchtigungen des Denk- und Urteilsvermögens. Diese Symptome entwickeln sich in der Regel langsam und verschlechtern sich über mehrere Jahre.
Was passiert im Gehirn bei Alzheimer?
Bei der Alzheimer-Krankheit sterben Nervenzellen im Gehirn ab, wodurch auch die Hirnmasse abnimmt (Hirnatrophie). Dieser Abbau betrifft vor allem die Hirnrinde, aber auch tieferliegende Hirnbereiche, die für Gedächtnis, Sprache und räumliche Orientierung zuständig sind. Zwei Proteine spielen eine zentrale Rolle bei diesem Prozess: Beta-Amyloid und Tau-Protein.
Beta-Amyloid und Plaques
Beta-Amyloid ist ein Protein, das natürlicherweise im Gehirn vorkommt. Bei Alzheimer wird dieses Protein jedoch fehlerhaft verarbeitet und bildet Klumpen oder Ablagerungen, sogenannte Plaques, zwischen den Nervenzellen. Diese Plaques wirken wie Straßensperren auf den Informationswegen des Gehirns und stören die Kommunikation zwischen den Nervenzellen.
Tau-Protein und Fibrillen
Im Inneren der Gehirnzellen gibt es Strukturen, die wie Schienen für den Transport von Nährstoffen und anderen wichtigen Substanzen vorgesehen sind. Diese Strukturen werden durch das Tau-Protein stabilisiert. Bei Alzheimer verändert sich das Tau-Protein und bildet knäuelartige Fasern, sogenannte Fibrillen. Dadurch werden die Stabilisierungs- und Transportprozesse in den betroffenen Zellen gestört, was letztendlich zum Absterben der Nervenzellen führt.
Risikofaktoren für Alzheimer
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die das Risiko für die Entwicklung von Alzheimer und Demenz erhöhen können. Diese Risikofaktoren lassen sich in beeinflussbare und nicht beeinflussbare Faktoren unterteilen.
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Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
- Alter: Das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter deutlich an, insbesondere ab dem 65. Lebensjahr.
- Genetische Veranlagung: In seltenen Fällen, etwa bei einem Prozent aller Alzheimer-Fälle, handelt es sich um eine Erbkrankheit, die sogenannte familiäre Alzheimer-Demenz (FAD). Hier liegt das Erkrankungsrisiko bei 50 Prozent, wenn ein Elternteil betroffen ist. Es gibt auch einen genetischen Risikofaktor: Varianten im Gen für ein Eiweiß namens Apo-Lipoprotein E (ApoE). Das ApoE-Gen liegt in drei Varianten vor, wobei eine Variante das Risiko erhöht und eine andere schützt.
Beeinflussbare Risikofaktoren
Viele Risikofaktoren für Alzheimer sind beeinflussbar, was bedeutet, dass man durch einen gesunden Lebensstil das Risiko einer Erkrankung verringern kann. Zu den wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren gehören:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Erkrankungen wie Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte, hohe Blutzuckerwerte und Diabetes belasten die Gefäße und den Stoffwechsel und fördern Entzündungen oder schädliche Ablagerungen im Gehirn.
- Bewegungsmangel: Wer sich im Alltag kaum bewegt, erhöht sein Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Bewegungsmangel beeinträchtigt die Durchblutung des Gehirns, schwächt Nervenzellen und begünstigt den geistigen Abbau. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche.
- Übergewicht: Übergewicht, insbesondere im mittleren Lebensalter, erhöht das Risiko für Demenz, insbesondere für Alzheimer und vaskuläre Demenz. Besonders problematisch ist Bauchfett, da seine Botenstoffe hohen Blutdruck und entzündliche Erkrankungen fördern und die Gefäße belasten.
- Rauchen: Rauchen erhöht das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz durch negative Auswirkungen auf Herz, Gefäße und Gehirn. Es fördert auch Entzündungen und zellschädigende Prozesse im Gehirn.
- Alkoholkonsum: Regelmäßiger hoher Alkoholkonsum führt zum Verlust der grauen Masse im Gehirn und erhöht das Risiko für alle Formen der Demenz. Er kann auch dazu führen, dass eine Demenz früher auftritt. Langjährige schwere Alkoholabhängigkeit kann das Wernicke-Korsakoff-Syndrom auslösen, eine bleibende Gehirnschädigung durch Vitamin-B1-Mangel.
- Soziale Isolation und Einsamkeit: Soziale Isolation und Einsamkeit können das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken, da das Gehirn Anregung durch Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten benötigt.
- Luftverschmutzung: Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen. Vor allem Feinstaub steht im Verdacht, das Demenzrisiko zu erhöhen.
- Seh- und Hörschwächen: Wenn Seh- und Hörvermögen nachlassen und nicht ausgeglichen werden, gehen dem Gehirn wichtige Reize verloren, was zu einem Leistungsverlust führen kann.
- Depressionen: Anhaltende Niedergeschlagenheit, sozialer Rückzug und mangelnde Selbstfürsorge belasten nicht nur die Seele, sondern auch das Gehirn.
- Kopfverletzungen: Schwere oder wiederholte Kopfverletzungen erhöhen das Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer und die chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE).
Neue Erkenntnisse zum Lipidstoffwechsel
Wissenschaftler haben möglicherweise einen neuen Auslöser für die charakteristischen Veränderungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten gefunden: eine Störung im Lipidstoffwechsel. Denn zu viele Lipide in der Zellmembran von Neuronen können die Bildung von Alzheimer-Peptiden begünstigen.
Die Rolle der Sphingolipide
Wenn bestimmte Bestandteile der Zellmembran, die sogenannten Sphingolipide, übermäßig vorhanden sind, blockieren sie den natürlichen Prozess der Autophagozytose. Die Folge: Eiweiße, darunter auch das C-terminale Peptid, können nicht mehr effektiv per Autophagozytose abgebaut werden und das gefährliche Beta-Amyloid sammelt sich an. Zugleich aktivieren zu viele Sphingolipide ein bestimmtes Enzym, die y-Sekretase, deren Funktion darin besteht, das gefährliche Beta-Amyloid vom C-terminalen Peptid abzuspalten. Sphingolipide begünstigen somit die Entstehung von Alzheimer-Proteinen auf zwei Wegen.
Auswirkungen auf Prävention und Früherkennung
Diese Erkenntnisse könnten zukünftig doppelt genutzt werden - zur Prävention und zur Früherkennung von Alzheimer. So könnten die übermäßigen Sphingolipide als Ansatzpunkt für neue präventive Maßnahmen dienen. Auch bieten die Ergebnisse vielleicht die Möglichkeit für eine Früherkennung von Alzheimer, da Veränderungen im Lipidstoffwechsel und eine erhöhte Lipidkonzentration in Membranen möglicherweise frühzeitig auf eine Alzheimer-Erkrankung hinweisen könnten.
Symptome der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Krankheit beginnt in der Regel schleichend und tritt verstärkt bei Menschen in höherem Alter auf. Oft werden die anfangs auftretenden Gedächtnislücken, Orientierungs- und Sprachprobleme nicht ernst genommen, dem normalen Alterungsprozess zugesprochen oder überspielt. Wenn die Symptome häufiger auftreten, versuchen viele Betroffene aus Angst und Scham, ihre Defizite vor der Familie oder dem Arbeitgeber zu verbergen.
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Frühsymptome
Das früheste Symptom einer Demenz ist in der Regel, dass neue Informationen nicht mehr zuverlässig ins Gedächtnis eingespeichert werden können. Langsam schwindet auch die Fähigkeit, sich an länger zurückliegende Ereignisse zu erinnern. Darüber hinaus ist die Bewegungsplanung und -koordination gestört: Einfache Tätigkeiten, wie das Zuknöpfen eines Hemdes oder das Bedienen des Fernsehers, werden immer schwieriger. Die räumliche Orientierung geht nach und nach verloren. Infolge der Orientierungslosigkeit können Ängste und Unsicherheit zunehmen. Gegenstände werden an unüblichen Orten abgelegt und daher nicht mehr sofort wiedergefunden.
Weitere Symptome im Krankheitsverlauf
- Vergesslichkeit: Vergesslichkeit ist oft eines der ersten und auffälligsten Anzeichen von Alzheimer.
- Orientierungslosigkeit: Alzheimer-Patienten können außerdem die örtliche und zeitliche Orientierung verlieren. Sie vergessen, wo sie sind und wie sie dorthin gekommen sind. Typisch sind auch Schwierigkeiten mit der Uhrzeit, der Jahreszeit oder der zeitlichen Einordnung in Kategorien wie „gestern“, „heute“ und „morgen“.
- Kommunikations- und Sprachstörungen: Störungen der Kommunikation und der Sprache sind ein charakteristisches Symptom. Wortfindungsstörungen sind klassische Alzheimer-Anzeichen im Bereich Kommunikation und Sprache. Demenzerkrankte benennen Dinge plötzlich anders und sagen zum Beispiel „Hand-Uhr“ statt „Armbanduhr“.
- Schwierigkeiten bei Alltagsaufgaben: Menschen mit Alzheimer kann es zunehmend schwerfallen, gewohnte Alltagsaufgaben zu erledigen. Im fortgeschrittenen Stadium haben viele Patienten auch Schwierigkeiten bei alltäglichen Ritualen wie Essen und Trinken oder der Körperpflege.
- Verhaltens-, Stimmungs- und Persönlichkeitsveränderungen: Eine Alzheimer-Krankheit kann mit Veränderungen in Verhalten, Stimmung und Persönlichkeit der Patienten einhergehen. Verhältnismäßige Entscheidungen zu treffen, bereitet Menschen mit Alzheimer zunehmend Schwierigkeiten. Die Ursache dahinter ist ein vermindertes Urteilsvermögen. Für die Betroffenen wird es immer schwieriger, ihre Gefühle zu kontrollieren.
Endstadium
Hier treten sehr schwere Gedächtnislücken auf und die Betroffenen können oft nur noch wenige Worte sprechen. Die Kontrolle über Blase und Darm sowie über die Körperhaltung gehen verloren. Die Patienten können nicht mehr alleine gehen und werden bettlägerig. Im Endstadium von Alzheimer sind die meisten Patienten teilnahmslos. Essen und Trinken ist nicht mehr selbstständig möglich. Verschiedene Faktoren im Endstadium von Alzheimer schwächen zudem das Immunsystem der Patienten. In der Folge sind sie anfälliger für Infektionskrankheiten, die dann oftmals tödlich enden. Die häufigste Todesursache bei Alzheimer ist meist eine Lungenentzündung oder eine Blutvergiftung.
Diagnose von Alzheimer
Bei Verdacht auf eine Alzheimer-Krankheit sollten Sie und Ihre Angehörigen fachärztliches Personal für Neurologie oder Psychiatrie aufsuchen. Die Diagnostik umfasst in der Regel mehrere Untersuchungen und spezielle Tests.
Ärztliche Untersuchungen
Bei einer systematischen psychologischen bzw. psychiatrischen Untersuchung werden Bewusstsein, Orientierung, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit, Sinnestäuschungen und Stimmung erfasst. Einige der seltenen, potenziell behandelbaren Ursachen von Demenz können mithilfe der Computertomografie oder Magnetresonanztomografie aufgedeckt werden. Dabei werden Schnittbilder Ihres Gehirns angefertigt. Neuere Methoden können auch die Hirndurchblutung und die Aktivität bestimmter Gehirnbereiche sichtbar machen.
Kognitive Tests und psychometrische Testverfahren
Bei bestimmten diagnostischen Fragestellungen werden sogenannte psychometrische Testverfahren eingesetzt, um Ihre geistige Leistungsfähigkeit beziehungsweise Leistungseinbußen objektiv zu erfassen. Im Rahmen von verschiedenen Demenz-Tests wird die geistige Leistungsfähigkeit untersucht. Dabei absolvieren Patienten kleinere Aufgaben und beantworten Fragen.
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Behandlung von Alzheimer
Bislang gibt es für die Alzheimer-Krankheit keine Heilung. Die Therapie zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern.
Medikamentöse Behandlung
In Deutschland sind verschiedene Wirkstoffe zugelassen, um die Alzheimer-Krankheit abhängig vom Schweregrad zu behandeln. Bei der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz stehen die Acetylcholinesterasehemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin zur Verfügung. Zur Therapie der mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz ist der N-Methyl-d-Aspartat (NMDA)-Rezeptor-Antagonist Memantin zugelassen. Für Menschen mit einer Frühform der Alzheimer-Krankheit gibt es die Amyloid-Antikörper-Therapie mit Lecanemab und Donanemab.
Nicht-medikamentöse Behandlung
Neben der medikamentösen ist die nicht-medikamentöse Behandlung von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Sie kann die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern. Dazu gehören:
- Kognitives Training: Um die geistigen Leistungen und Alltagsfähigkeiten zu stärken, gibt es viele therapeutische Behandlungswege.
- Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, die Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten oder wiederzuerlangen.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann die körperliche Beweglichkeit und Koordination verbessern.
- Musiktherapie: Musiktherapie kann die Stimmung aufhellen und die Kommunikation fördern.
- Kunsttherapie: Kunsttherapie kann helfen, Gefühle auszudrücken und die Kreativität zu fördern.
- Tiergestützte Therapie: Der Kontakt mit Tieren kann beruhigend wirken und die soziale Interaktion fördern.
Unterstützung für Angehörige
Die Pflege von Menschen mit Alzheimer ist eine große Herausforderung für die Angehörigen. Es ist wichtig, dass sie sich frühzeitig mit der Erkrankung auseinandersetzen und sich Unterstützung suchen. Es gibt zahlreiche Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Entlastungsangebote für pflegende Angehörige.
Prävention von Alzheimer
Auch wenn die Alzheimer-Krankheit noch nicht heilbar ist, gibt es Möglichkeiten, das Risiko einer Erkrankung zu verringern. Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung, ausgewogener Ernährung, geistiger Aktivität und sozialer Teilhabe kann dazu beitragen, die kognitive Reserve zu stärken und das Gehirn vor Schäden zu schützen. Es ist nie zu spät, mit der Prävention zu beginnen.