Der Nervus trigeminus, auch bekannt als fünfter Hirnnerv oder Drillingsnerv, ist ein bedeutender Nerv des menschlichen Körpers. Er spielt eine zentrale Rolle in der sensorischen und motorischen Versorgung des Gesichts. Dieser Artikel beleuchtet die Anatomie, die Austrittspunkte und die vielfältigen Funktionen dieses Nervs.
Einführung in den Nervus Trigeminus
Der Nervus trigeminus (N. V) ist der größte der zwölf Hirnnerven und gehört zur Gruppe der gemischt sensorisch-motorischen Nerven. Er entspringt aus dem Pons, einem Teil des Hirnstamms, und teilt sich in drei Hauptäste auf. Seine Bezeichnung als "Drillingsnerv" rührt von dieser charakteristischen Dreiteilung her. Der Nervus trigeminus ist der 1. Kiemenbogennerv.
Anatomie und Verlauf
Der Nervus trigeminus tritt mit zwei Faserportionen, einer sensiblen Radix sensoria (Portio major) und einer motorischen Radix motoria (Portio minor), seitlich aus der Brücke aus. Dabei liegt die Portio major kaudal der Portio minor. Beide Anteile bilden zunächst einen gemeinsamen, breiten Stamm und ziehen zur mittleren Schädelgrube. Vor der Spitze der Felsenbeinpyramide, teilweise über dem Foramen lacerum, liegt das relativ große Ganglion trigeminale (Ganglion semilunare, Ganglion Gasseri) in einer Impressio trigemini auf der Vorderwand der Felsenbeinpyramide in einer mit Liquor cerebrospinalis gefüllten Duratasche. Es scheint einer Verbreiterung der Portio major zu entsprechen. Das Ganglion ist etwa 1,5 cm breit und aufgrund der komplizierten topografischen Lage kann es zu unterschiedlichen Ausfällen und Störungen kommen. Die Portio minor unterkreuzt das Ganglion und legt sich dem vom Ganglion abgehenden N. mandibularis an. Atypisch verlaufende Gefäße, insbesondere die der A. cerebelli superior, können den zentralen, marklosen Anteil der Trigeminuswurzel beim Brückenaustritt umschlingen und komprimieren. Dieser Befund wird als häufigste Ursache der Trigeminusneuralgie gewertet. Von der vorderen, konvexen Seite des Ganglion trigeminale gehen die 3 Hauptäste des N. trigeminus, N. ophthalmicus, N. maxillaris und N. mandibularis ab. Die Dura mater reicht bis zum Abgang dieser Äste.
Die drei Hauptäste des Nervus Trigeminus
Der Nervus trigeminus verzweigt sich in drei Hauptäste, die jeweils spezifische Bereiche des Gesichts versorgen:
- Nervus ophthalmicus (N. V1): Der rein sensible Nervus ophthalmicus gibt noch innerhalb des Schädels einen kleinen, rückläufigen Ramus tentorii ab, der das Tentorium cerebelli und die Falx cerebri der Dura mater (Duraschmerz = Kopfschmerz!) innerviert. Dann tritt der N. ophthalmicus in die Wand des Sinus cavernosus ein und teilt sich kurz nach seinem Wiederaustritt in seine drei Hauptäste - N. lacrimalis, N. frontalis und N. nasociliaris -, die gemeinsam durch die Fissura orbitalis superior die Schädelhöhle verlassen und in die Orbita eintreten (Entrapments möglich). Noch im Schädel gibt er einen Ramus meningeus recurrens ab, der sich letztlich zwischen den Durablättern aufzweigt. Im weiteren Verlauf in Richtung Fissura orbitalis superior verzweigt sich der Nervus ophthalmicus in die drei Endäste: N. lacrimalis, N. frontalis und den N. nasociliaris.
- Nervus maxillaris (N. V2): Der rein sensible N. maxillaris tritt nach Verlassen des Ganglion trigeminale durch das Foramen rotundum in die Fossa pterygopalatina ein. Bereits vorher entsendet er einen kleinen R. meningeus zur Dura mater (Kopfschmerz). In der Fossa pterygopalatina teilt er sich in seine Hauptäste, die Nn. pterygopalatini, den N. zygomaticus und den N. infraorbitalis auf. Der Nervus maxillaris entspringt aus dem mittleren Teil des Ganglion trigeminale und verläuft durch die Schädelhöhle. Der Nervus maxillaris innerviert sensibel die Hirnhäute der vorderen und mittleren Schädelgrube, die Haut der Schläfen- und Stirnregion, Unterlider, Oberlippe, Nase, obere Zahnreihe und Teile des Gaumens.
- Nervus mandibularis (N. V3): Der gemischte (sensible und motorische) N. mandibularis verlässt die Schädelhöhle durch das direkt unter dem Ganglion trigeminale gelegene Foramen ovale. Er gibt dann sofort einen kleinen R. meningeus ab, der durch das Foramen spinosum rückläufig wieder in die Schädelhöhle eintritt und sich dort an der Versorgung der Dura mater (Kopfschmerz!) beteiligt. Außerdem innerviert dieser Ramus einen Teil der Schleimhaut der Keilbeinhöhle und der Cellulae mastoideae. Der nach vorne gerichtete Teil des N. mandibularis enthält sowohl sensible als auch motorische Fasern. Der Nervus mandibularis entspringt aus dem unteren Teil des Ganglion trigeminale und verläuft als dritter und stärkster Ast des Nervus trigeminus durch die Schädelhöhle. Nachdem der Hauptstamm des Nervus mandibularis den Schädel verlassen hat, teilt er sich in seine weiteren Äste auf. Der Nervus mandibularis versorgt sensibel die Schädelhäute im mittleren Schädelbereich. Darüber hinaus innerviert er ebenfalls die Haut, Schleimhaut, die Zähne und den Halteapparat der Unterkieferregion, die Haut vor dem Ohr und der Schläfe sowie den Gehörgang und das Trommelfell. Mit dem N. mandibularis verläuft die motorische Wurzel, welche - vom motorischen Kerngebiet im mittleren Pons ausgehend - unterhalb des Ganglion Gasseri den III. Trigeminusast erreicht.
Austrittspunkte des Nervus Trigeminus
Die drei Hauptäste des Nervus trigeminus verlassen den Schädel durch unterschiedliche Öffnungen:
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- Nervus ophthalmicus: Fissura orbitalis superior
- Nervus maxillaris: Foramen rotundum
- Nervus mandibularis: Foramen ovale
Diese Austrittspunkte sind anatomisch bedeutsam, da sie potenzielle Engstellen darstellen, an denen der Nerv komprimiert werden kann, was zu verschiedenen neurologischen Beschwerden führen kann.
Funktion des Nervus Trigeminus
Der Nervus trigeminus erfüllt sowohl sensible als auch motorische Funktionen.
Sensorische Funktion
Der Nervus trigeminus ist hauptsächlich für die Wahrnehmung von Berührung, Schmerz, Temperatur und Druck im Gesichtsbereich verantwortlich. Die sensorischen Fasern des N. trigeminus leiten ihre Signale zum Großteil zum sensiblen Kerngebiet des Trigeminusnervs, dem sogenannten Trigeminuskern. Der Nucleus principalis (oder Nucleus spinalis) des Trigeminuskerns empfängt sensorische Informationen aus den Bereichen der Haut und Schleimhaut des Kopfes, während der Nucleus mesencephalicus den propriozeptiven Input der Kaumuskulatur und des Kiefergelenks verarbeitet.
Jeder der drei Äste ist für die sensible Versorgung spezifischer Gesichtsregionen zuständig:
- Nervus ophthalmicus: Stirn, Kopfhaut, oberes Augenlid, Nase, vordere Nasenhöhle, Hornhaut
- Nervus maxillaris: Unteres Augenlid, Wange, Oberlippe, obere Zähne, Gaumen, Nasenhöhle
- Nervus mandibularis: Unterlippe, untere Zähne, Kinn, Teile der Ohrmuschel, Wangenschleimhaut
Darüber hinaus ist der Nervus trigeminus an verschiedenen Reflexen beteiligt, die Schutzmechanismen für das Gesicht bieten. Beispielsweise löst der Nervus trigeminus den Lidschlussreflex aus, der das Auge vor Schäden durch Fremdkörper oder starke Reize schützt. Da die Afferenzen des Kornealreflexes über den N. trigeminus laufen, kommt es in typischer Weise bei einer zentralen Trigeminusläsion oder einer Läsion des N. ophthalmicus zu einer Abschwächung des ipsilateralen Kornealreflexes.
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Motorische Funktion
Neben seiner sensorischen Funktion besitzt der Nervus trigeminus auch motorische Fasern, die unter anderem die Kaumuskulatur steuern. Der motorische Trigeminusausfall bedingt eine Parese der Kaumuskulatur, wobei es bei Mundöffnung durch das Überwiegen der Pterygoidei der Gegenseite zu einer Abweichung des Unterkiefers zur gelähmten Seite kommt. Die Parese der Mm. masseter und temporales lässt sich beim willkürlichen Kauen gut tasten - im Verlauf resultiert eine Atrophie.
Die vom Nervus mandibularis innervierten Muskeln umfassen:
- Musculus masseter
- Musculus temporalis
- Musculus pterygoideus medialis
- Musculus pterygoideus lateralis
- Musculus mylohyoideus
- Musculus digastricus (Venter anterior)
- Musculus tensor veli palatini
- Musculus tensor tympani
Diese Muskeln sind essenziell für das Kauen, Sprechen und Schlucken.
Klinische Bedeutung
Verletzungen oder Störungen der Struktur des Nervus trigeminus können zu einer Reihe von klinischen Symptomen und Beschwerden führen. Eine häufige Störung ist die Trigeminusneuralgie, die durch plötzliche und starke Schmerzattacken im Versorgungsgebiet des Nervs gekennzeichnet ist. Diese Schmerzattacken können durch normale Alltagsaktivitäten wie Sprechen, Essen oder sogar leichte Berührungen ausgelöst werden. Weitere Störungen können Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Sensibilitätsverlust in den versorgten Bereichen des Gesichts umfassen. Muskelatrophie oder Schwäche in der Kaumuskulatur kann zu Schwierigkeiten beim Kauen und Schlucken führen.
Trigeminusneuralgie
Die Trigeminusneuralgie ist das wichtigste Krankheitsbild des N. trigeminus mit einer Inzidenz von 4-13/100.000 Personen und Jahr, wobei besonders Personen jenseits des 50. Lebensjahres und Frauen häufiger als Männer betroffen sind. Charakteristischerweise betreffen die sekundenlang einschießenden Schmerzattacken den zweiten und/oder dritten Trigeminusast, und sie werden durch bestimmte Bewegungen oder Berühren von Haut-/Schleimhautarealen des sensiblen Versorgungsgebietes (Triggerpunkte) ausgelöst. Die idiopathische Form des höheren Lebensalters zeigt ein saisonal gehäuftes Auftreten mit monate- und jahrelangen freien Intervallen; sie wird auf einen pathologischen Gefäß-Nerv-Kontakt im Bereich des Hirnstammes zurückgeführt.
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Die Trigeminusneuralgie ist ein sehr intensiver, plötzlich einschießender Schmerz, der vom Charakter her als „brennend“, „stromstoßartig“ oder „elektrisierend“ beschrieben wird. Er dauert meist nur wenige Sekunden, kann aber bis zu 100-mal täglich auftreten. Die Lebensqualität der Betroffenen ist stark eingeschränkt.
Die Diagnose einer Trigeminusneuralgie erfolgt klinisch mit einer gründlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung. Die Diagnosekriterien basieren auf der Internationale Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen (3. Wiederkehrende paroxysmale unilaterale Gesichtsschmerzen in Versorgungsbereichen von einem oder mehreren Ästen des N. Vorangegangene, harmlose Reize innerhalb des betroffenen Versorgunsbereich des N.
Trigeminusneuropathie
Wenn Sensibilitätsstörungen mit oder ohne Dauerschmerzen (keine neuralgiformen Schmerzattacken!) vorliegen, so handelt es sich um eine Trigeminusneuropathie. Bei dieser lassen sich typischerweise im Rahmen der neurologischen klinischen Untersuchung umschriebene Sensibilitätsstörungen dokumentieren, die neurophysiologischen Zusatzuntersuchungen zeigen pathologische Befunde. Zu den häufigsten Ursachen zählen Herpesinfektionen (Zoster segmentalis, Herpes simplex), Teilläsionen nach zahnärztlichen Behandlungen (N. mentalis), traumatische Läsionen und Tumoren. Die idiopathische Trigeminusneuropathie macht stets den Ausschluss eines Tumors (MRT), einer Entzündung (Lumbalpunktion, BSG, ANA und ENA) und je nach Lokalisation von HNO-ärztlichen oder zahnärztlichen Erkrankungen erforderlich. Bei persistierenden Sensibilitätsstörungen und Schmerzen sind MRT-Kontrollen in halbjährlichen Abständen erforderlich, um ein Trigeminusschwannom mit sehr langsamem Wachstum nicht zu übersehen.
Differenzialdiagnose
Es ist wichtig, die Trigeminusneuralgie von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen abzugrenzen. Dazu gehören:
- Post-Zoster-Neuralgie: Virusreaktivierung des Varicella-Zoster-Virus (VZV). Alter, Stress oder Immunschwäche können die Reaktivierung des Virus auslösen.
- Migräne: Eine neurologische Erkrankung, die mit einseitigen, pulsierenden Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen im Kindesalter und erhöhter Licht- und Geräuschempfindlichkeit einhergehen können.
- Clusterkopfschmerz: Eine primäre Kopfschmerzerkrankung, die durch mäßige bis schwere einseitige Kopfschmerzen im Bereich des Auges gekennzeichnet ist, die in Verbindung mit autonomen Symptomen(konjunktival Injektion, Tränenfluss, Miosis) auftreten.
- SUNCT-Syndrom: Eine seltene Form von Kopfschmerzen, gekennzeichnet durch heftiges Brennen/Pochen mit einseitigen Schmerzen, die einige Sekunden bis Minuten andauern und meist das Auge oder die Schläfe betreffen.
Therapie
Die Behandlung von Trigeminusläsionen richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Symptome.
- Medikamentöse Therapie: Bei Trigeminusneuralgie kommen Antiepileptika zum Einsatz, welche die Erregbarkeit der Nervenleitbahnen reduzieren. Bei Versagen einer medikamentösen Monotherapie mit Carbamazepin, Lamotrigin, Pimozid oder Baclofen können die Substanzen auch mit Pregabalin oder Gabapentin kombiniert werden. Neben Carbamazepin können auch Oxcarbazepin oder Eslicarbazepin versucht werden. Misoprostol ist zur Behandlung der Trigeminusneuralgie bei multipler Sklerose wirksam. Schließlich kommt eine Behandlung mit Botulinumtoxin in Frage.
- Neurochirurgische Eingriffe: Wenn die medikamentöse Therapie versagt, kommen verschiedene neurochirurgische Eingriffe in Betracht. Neurochirurgische Behandlungsoptionen sind die Operation nach Jannetta und die Thermokoagulation. Eine Alternative stellt die Gamma-Knife-Radiochirurgie mit Dosen bis 89 Gy dar.
Embryonale Entwicklung
Der Nerv entsteht aus den neutralen Ektodermzellen, die sich entlang der Neuralleiste differenzieren. Während der Entwicklung wandern diese Zellen in den Kopfbereich und bilden dort das Ganglion trigeminale, das den Ursprung des N. trigeminus darstellt. Das Ganglion trigeminale differenziert sich in sensorische Ganglienzellen, die später die Zellkörper der sensiblen Fasern des N. trigeminus bilden. Im Laufe der embryonalen Entwicklung differenzieren sich die verschiedenen Äste des Nervus trigeminus aus dem Ganglion trigeminale und nehmen ihre charakteristischen Wege entlang der Schädelbasis und des Gesichtsschädels.
Schmerzleitung des Nervus Trigeminus
Die Schmerzleitung des N. trigeminus ist polyneuronal. Das erste Neuron wird von den Perikarya, den peripheren und zentralen Fortsätzen kleiner, pseudounipolarer Zellen des Ganglion trigeminale oder Zellen sensibler Ganglien anderer Hirnnerven und Spinalnerven gebildet. Die gebündelten peripheren und zentralen Fortsätze der Ganglienzellen bilden insgesamt den sensiblen Teil des N. trigeminus. Die zentralen Fortsätze der nozizeptiven Ganglienzellen, also die zentrale Fortsetzung der AGamma -und C-Fasern, enden überwiegend nicht nur für den Trigeminus, sondern für alle Hirnnerven mit nozizeptiver Leitung am kaudalen Teil des spinalen Trigeminuskernes (es sind dies außerdem der N. facialis, N. glossopharyngeus und N. vagus). Die Pars caudalis des spinalen Trigeminuskernes stellt also den Terminalkern für die nozizeptiven Afferenzen aller Hirnnerven dar; die entsprechenden Afferenzen der Spinalnerven führen zu den Hinterhornzellen des Rückenmarkes. Im spinalen Trigeminuskern bzw. im Hinterhorn des Rückenmarkes werden die peripheren Erregungen auf kurze Schaltzellen (sog. Interneurone) und Strangzellen übertragen. Die afferenten Fortsätze der Strangzellen bilden strangförmige Bahnen (Tractus), die zu höheren Hirnzentren führen (2. Neuron). Der Tractus trigeminothalamicus lateralis und der Tr. spinothalamicus führen nach Kreuzung der Gegenseite der nozizeptiven Erregungen zum Thalamus.
Im Thalamus beginnt das 3. Neuron der Schmerzleitung. Im somatosensorischen Cortex soll neben der Schmerzempfindung vorwiegend die Lokalisation des Schmerzreizes stattfinden, in den anderen genannten Rindenzentren eine emotionale Bewertung des Schmerzens erfolgen, die in der Regel mit entsprechenden Schmerzäußerungen (mimischer und akustischer Natur bzw. Heute steht fest, dass Schmerzerlebnisse, genauso wie alle anderen bewussten Sinneseindrücke, ohne Beteiligung der Großhirnrinde nicht möglich sind.
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