In Deutschland leben aktuell rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Demenz ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter. Da eine Heilung der Krankheit bis heute nicht möglich ist, ist es wichtig, Demenz rechtzeitig zu erkennen, um den Betroffenen die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen und den Krankheitsverlauf hinauszuzögern.
Was ist Demenz?
Demenz ist keine einzelne Krankheit, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen des Gehirns, die mit einem Verlust der geistigen Fähigkeiten einhergehen. Alle Demenzformen haben eins gemeinsam: Die Leistungsfähigkeit des Gehirns verschlechtert sich. Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz. Hierbei bilden sich Eiweißablagerungen im Gehirn, wodurch Nervenzellen absterben. Die zweithäufigste Demenzform ist die gefäßbedingte (vaskuläre) Demenz, die durch länger andauernde Durchblutungsstörungen im Gehirn hervorgerufen wird.
Primäre und sekundäre Demenz
Bei der Behandlung von Demenzen wird zwischen primärer und sekundärer Demenz unterschieden. Primäre Demenzen haben ihre Ursache im Gehirn selbst. Für sie gibt es bislang leider keine Heilungschancen. Neben der Alzheimer-Krankheit mit einem Anteil von circa 60 Prozent aller Fälle gibt es weitere primäre Demenzen. Die häufigsten sind vaskuläre (gefäßbedingte) Demenzen, die Lewy-Körperchen-Demenzen und die frontotemporalen Demenzen. Extrem selten ist die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Eine Heilung gibt es bisher nicht. Medikamente können jedoch den Verlauf dieser Demenzformen hinauszögern. Eine sekundäre Demenz ist die Folge einer anderen Grunderkrankung, zum Beispiel von Tumor- und Stoffwechselerkrankungen oder Alkoholmissbrauch. Diese Demenzformen machen bis zu 10 Prozent aller Krankheitsfälle aus. Kann die Grunderkrankung behandelt werden, bessern sich oft auch die Demenz-Symptome.
Symptome einer beginnenden Demenz
Ein an Demenz erkrankter Mensch verliert nach und nach seine kognitiven Fähigkeiten wie Erinnern, Denken, Lernen oder Beurteilen. Auch Orientierung, emotionale Fähigkeiten und Sprachvermögen sind beeinträchtigt. Es ist wichtig zu beachten, dass die Symptome einer beginnenden Demenz oft schleichend auftreten und zunächst unauffällig sein können. Typische erste Demenz-Symptome sind unter anderem:
- Vergesslichkeit: Häufiges Verlegen von Alltagsgegenständen, stetes Wiederholen kurz zuvor gestellter Fragen, Vergessen von wichtigen Terminen oder Ereignissen, wachsende Notwendigkeit von Gedächtnisstützen.
- Sprachliche Probleme: Deutliche Wortfindungsstörungen, verstärkte Nutzung von Floskeln, Schwierigkeiten, dem „roten Faden“ in Gesprächen zu folgen und Inhalte zu erfassen, Verwenden falscher Begriffe oder unpassender Füllwörter.
- Orientierungsschwierigkeiten: Wiederholte Verwechslung des Datums, Schwierigkeiten, sich an gut bekannten Orten zurechtzufinden, Verirren selbst in vertrauter Umgebung.
- Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen: Übersehen von Ampeln im Straßenverkehr, Schwierigkeiten, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren.
- Schwierigkeiten bei der Planung und Alltagsbewältigung: Probleme beim Einkaufen, Waschen, Anziehen, Schwierigkeiten bei komplexen Handlungen oder dem Lösen von Problemen (z. B. Schwierigkeiten beim Rasenmähen, bei der Auswahl der Kleidung, beim Zählen von Wechselgeld).
- Verhaltensveränderungen: Sozialer Rückzug, Aufgeben früherer Hobbies, Stimmungsschwankungen, erhöhte Reizbarkeit, Teilnahmslosigkeit, Misstrauen, Angst, Unruhe oder Aggressivität.
- Schwierigkeiten mit gewohnten Tätigkeiten: Alltägliche Handlungen werden plötzlich als große Herausforderung empfunden, Probleme beim Kochen oder Backen nach bekannten Rezepten, beim Umgang mit Zahlen oder beim Bezahlen von Rechnungen.
- Probleme mit räumlichem Sehen: Schwierigkeiten, Bilder zu erkennen und räumliche Dimensionen zu erfassen, Schwierigkeiten beim Lesen, Einschätzen von Entfernungen und bei der Bestimmung von Farben oder Kontrasten.
- Verlegen von Gegenständen: Ablegen von Gegenständen an ungewöhnlichen Plätzen, Verlust von Dingen und Unfähigkeit, die Schritte nachzuvollziehen, um sie wiederzufinden.
- Veränderungen des Urteilsvermögens: Schlechtes Urteilsvermögen beim Umgang mit Geld, unrealistische Einschätzung von Situationen.
- Antriebslosigkeit: Verlust der Eigeninitiative, Rückzug von Hobbys, sozialen oder sportlichen Aktivitäten.
- Stimmungsschwankungen: Starke Stimmungsschwankungen ohne erkennbaren Grund.
Besonders zu Krankheitsbeginn treten die Symptome oft nicht dauerhaft auf, teilweise können sie von Betroffenen auch überspielt werden. Auch andere Menschen nehmen erste Anzeichen oft nicht als auffällig wahr, gerade wenn man sich selten sieht. Es ist typisch, dass Dinge aus der weiter zurückliegenden Vergangenheit immer noch gut erinnerlich sind. Persönlichkeitsveränderungen sind ebenfalls möglich. Je nach Krankheitsbild sind die Störungen unterschiedlich stark ausgeprägt.
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Hinweis: Nicht nur bei Demenz, auch bei einer Depression können Gedächtnislücken oder Verwirrtheit auftreten. Deshalb kann eine Depression mit einer beginnenden Demenz verwechselt werden.
Leichte kognitive Störung (MCI)
Leichte Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit, bei noch gut erhaltener Fähigkeit, Alltagstätigkeiten zu bewältigen, können bereits vor dem Stadium der Demenz durch neuropsychologische Tests nachgewiesen werden. Diese Defizite, die nicht nur Patientinnen und Patienten selbst auffallen und nachweisbar sind, werden als leichte kognitive Störung (Mild Cognitive Impairment, kurz MCI) bezeichnet. Ungefähr 10 Prozent der hiervon betroffenen Personen entwickeln innerhalb eines Jahres eine Demenz. Am häufigsten nennen die Betroffenen auch hier Gedächtnisstörungen als Leitsymptom. Es kommt manchmal aber auch zu unbeachteten Schwierigkeiten bei gewohnten Routineaufgaben, bei der Fähigkeit, Alltagsaktivitäten zu planen oder zu Wortfindungsstörungen. Seltener zeigen sich Veränderungen im Verhalten. Depressivität und Rückzug können aber vorkommen.
Stadien der Demenz
Der Verlauf einer Demenz ist individuell, folgt jedoch bestimmten Mustern:
- Frühe Phase (MCI): Leichte Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns, die im Alltag zunächst kaum einschränken. Veränderungen fallen oft zuerst Angehörigen auf.
- Mittlere Phase (Leichte Demenz): Zunehmende Vergesslichkeit im Alltag, insbesondere was das Kurzzeitgedächtnis betrifft. Es wird schwieriger, neue Informationen zu behalten. Gespräche sind anstrengender, Gegenstände werden häufiger verlegt, erste Probleme mit der Orientierung in Raum und Zeit. Viele Menschen mit Demenz merken nun deutlich, dass etwas nicht stimmt und versuchen, ihre Schwierigkeiten zu verstecken.
- Fortgeschrittene Phase (Mittelschwere Demenz): Deutliche Einschränkungen des Kurzzeit- und Langzeitgedächtnisses. Orientierungsprobleme, auch in vertrauter Umgebung, bekannte Gesichter werden nicht mehr erkannt. Es kommt zu tiefgreifenden Veränderungen im Verhalten und im Wesen, Bewegungsdrang, Unruhe, Misstrauen, Reizbarkeit, Nervosität und aggressive Ausbrüche. Der Tag-Nacht-Rhythmus gerät aus dem Gleichgewicht. Eine selbstständige Lebensführung ist nicht mehr möglich.
- Endstadium (Schwere Demenz): Die Erkrankten sind vollständig auf Pflege angewiesen. Verlust der Sprache, Selbst engste Familienmitglieder werden nicht mehr erkannt, völlige Orientierungslosigkeit, Inkontinenz, Schluckstörungen, geschwächtes Immunsystem und Anfälligkeit für Infektionen.
Risikofaktoren
Die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken, steigt mit dem Alter. Weitere Risikofaktoren für alle Demenzformen sind zum Beispiel Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Diabetes mellitus, da dabei jeweils auch die Durchblutung der Hirngefäße beeinträchtigt sein kann.
Was tun bei Verdacht auf Demenz?
Grundsätzlich gilt: Je früher Sie sich untersuchen lassen, desto eher können Sie gemeinsam mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt handeln. Insbesondere wenn Ihnen nahestehenden Personen Verschlechterungen auffallen, lohnt es sich, professionellen Rat einzuholen. So kann sicher festgestellt werden, ob Demenz vorliegt und welche Ursachen für die Veränderungen in Frage kommen.
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Sollten eines oder mehrere der genannten Symptome öfter auftreten, sollte man zunächst hausärztlichen Rat einholen. Besteht ein Verdacht auf eine kognitive Störung oder eine Demenz, stehen kognitive Kurztests zur Verfügung, um eine gute Ersteinschätzung vornehmen zu können. Bei einer zunehmenden kognitiven Störung sollte immer die Ursache geklärt und entsprechend behandelt werden. Dafür stehen zahlreiche Gedächtnisambulanzen zur Verfügung.
Tipps, um Personen mit Anzeichen einer Demenz von einer Untersuchung zu überzeugen:
- Mit einer Untersuchung lassen sich behandelbare Ursachen erkennen und sind bei frühzeitiger Therapie teilweise umkehrbar.
- Medikamentöse und nicht-medikamentöse begleitende Maßnahmen unterstützen dabei, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
- Bei einer frühzeitigen Diagnose bleibt mehr Zeit, das zukünftige Leben auf die neue Situation auszurichten und bewusst zu leben.
- Das Wissen um eine Erkrankung kann helfen, besser mit der Situation umzugehen als ständig in Sorge zu leben.
- Die Entwicklung neuer Behandlungsformen aber auch bestehende Therapien setzen immer häufiger in frühen Krankheitsstadien an, um so dem Voranschreiten der Erkrankung frühzeitig entgegenzuwirken zu können.
Unter Umständen ist es hilfreich, wenn Sie das Gespräch gemeinsam mit einer vertrauten Hausärztin bzw. einem vertrauten Hausarzt oder einer Freundin / einem Freund an Ihrer Seite führen.
Behandlung von Demenz
Für die meisten Demenzerkrankungen wie Alzheimer gibt es keine Heilung. Beginnt man früh mit einer medikamentösen Therapie, kann der Krankheitsverlauf hinausgezögert werden. Neben der Gedächtnisstörung können auch typische Symptome wie Orientierungslosigkeit, Konzentrationsschwäche oder Depression damit gemildert werden. Um die geistige Leistung zu stärken, werden vor allem sogenannte Antidementiva eingesetzt. Auch nicht medikamentöse Therapien können die geistigen Fähigkeiten fördern, Alltagsfertigkeiten stabilisieren und das seelische Wohlbefinden erhöhen. Welche Behandlung sinnvoll ist, hängt von der Form der Demenz, dem Stadium der Erkrankung und den Symptomen ab.
Nicht-medikamentöse Therapien:
- Verhaltenstherapie: Hilft vor allem Patienten in einem frühen Stadium, mit der Krankheit besser umzugehen.
- Logopädie: Für Menschen mit einer beginnenden Demenz, stärkt kommunikative Fähigkeiten und Wortfindung, verbessert Aussprache sowie Sprachverständnis.
- Kognitives Training: Für Demenzkranke in einem frühen Stadium zum Training der geistigen Fähigkeiten.
- Ergotherapie: Körperliche Aktivierung hilft Patienten in einem frühen und mittleren Stadium, Alltagstätigkeiten möglichst lange durchführen zu können.
- Musiktherapie: Unterstützt Betroffene in allen Krankheitsstadien dabei, positive Erinnerungen und Gefühle zu wecken.
- Realitätsorientierungstraining: Übt mit Demenzkranken aller Krankheitsstadien die zeitliche und räumliche Orientierung.
- Erinnerungstherapie: Mithilfe von Fotos, Geschichten und Alltagsgegenständen werden Erinnerungen geweckt und die geistigen Fähigkeiten angeregt, wirkt stimmungsaufhellend in allen Krankheitsstadien.
Als Angehöriger können Sie dem Erkrankten helfen, indem Sie die Therapieinhalte auch im Alltag aufgreifen oder üben.
Umgang mit Verhaltensänderungen bei Demenz
Demenzkranke verlieren nach und nach ihre Erinnerungen. Das löst bei ihnen Verwirrung und Angst aus. Auch andere Demenz Symptome wie den Verlust der Selbstständigkeit verkraften sie schwer. Sie fühlen sich häufig missverstanden und ausgeliefert.
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Typische Verhaltensänderungen bei Demenz:
- Unruhe, zum Beispiel Umherwandern oder Hinterherlaufen
- Rückzug und depressive Symptome, aber auch Reizbarkeit
- Stimmungsschwankungen
- Ständiges Fragen
- Wiederkehrende Handlungen wie Klatschen, Klopfen oder Schreien
- Vorwürfe und Verdächtigungen
- Aggressivität
Tipps für den richtigen Umgang mit an Demenz Erkrankten:
- Die Verhaltensänderung bei allen Demenzformen müssen alle Beteiligten erst einmal verstehen.
- Sprechen Sie mit einem an Demenz erkrankten Menschen in kurzen, klaren Sätzen, damit er sich nicht überfordert fühlt.
- Geben Sie ihm immer das Gefühl, dass Sie ihn verstehen und ernst nehmen.
- Drängen oder hetzen Sie ihn nie. Demenzkranke können mit Stress nicht umgehen.
- Meiden Sie Diskussionen und nehmen Sie Konfrontationen nicht persönlich.
- Versuchen Sie, in schwierigen Situationen mit verständnisvollen Worten zu beruhigen.
- Bleiben Sie in Konfliktsituationen ruhig. Wenn Sie für ein weiteres Gespräch zu wütend sind, dann verlassen Sie für einen Moment den Raum.
- Versuchen Sie in einer angespannten Situation, den Erkrankten nicht festzuhalten. Das kann den empfundenen Ärger nur noch verstärken.
- Demente reagieren sehr stark auf Stimmungen - je mehr Ruhe Sie ausstrahlen, umso besser kann der an Demenz Erkrankte damit umgehen.
- Fördern Sie die Bewegung des an Demenz Erkrankten, das verbessert nachweislich die Durchblutung, das Koordinationsvermögen und den Gleichgewichtssinn.
- Achten Sie auf eine ausreichende und gesunde Ernährung - an Demenz Erkrankte vergessen auch schon mal das Essen und Trinken, und gerade eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme kann Verwirrung noch verschlimmern.
- Auch wenn es schwerfällt - seien Sie geduldig.
Leistungen der AOK bei Demenz
Die AOK übernimmt die Kosten für die medizinischen Untersuchungen und die umfangreiche Diagnostik. Sie trägt auch die Kosten der medikamentösen Behandlung bei allen Demenzformen sowie die Kosten für anerkannte nichtmedikamentöse Therapien, wenn sie von einem Arzt bei einer Demenz verordnet werden und den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses entsprechen. Die AOK unterstützt Sie auch bei der Organisation der Pflege und bietet Pflegekurse an, in denen Basiswissen vermittelt und intensiv auf die Pflege zu Hause eingegangen wird.