Überlastetes Nervensystem: Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Das menschliche Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das aus Milliarden von Nervenzellen (Neuronen) besteht. Es gliedert sich in das zentrale Nervensystem (ZNS) und das periphere Nervensystem (PNS). Das vegetative Nervensystem, auch autonomes Nervensystem genannt, ist Teil des peripheren Nervensystems. Es reguliert lebenswichtige Körperfunktionen, die nicht bewusst steuerbar sind, wie Herzfrequenz, Blutdruck, Atmung, Verdauung, Stoffwechsel, Körpertemperatur und sexuelle Reaktion. Eine Störung des vegetativen Nervensystems kann vielfältige Probleme verursachen, die oft unter dem Begriff vegetative Dystonie zusammengefasst werden.

Was ist eine vegetative Dystonie?

Eine vegetative Dystonie bezeichnet ein Ungleichgewicht im vegetativen Nervensystem. Dieses System durchzieht den ganzen Körper und reguliert lebensnotwendige Grundfunktionen wie Herzschlag, Atmung und Verdauung. Da diese Funktionen nicht willentlich beeinflussbar sind, wird das vegetative Nervensystem auch als "autonomes" Nervensystem bezeichnet.

Die Aktivierung des vegetativen Nervensystems ist Teil der Stressreaktion. Bei Stress bereitet sich der Organismus auf eine Auseinandersetzung vor: Die Aufmerksamkeit fokussiert sich, Herzschlag und Blutdruck steigen, und die Atmung beschleunigt sich. Diese Reaktion ist an sich nicht schädlich, wird aber problematisch, wenn Stressreaktionen zu häufig aufeinander folgen und Entspannungsphasen fehlen. Der Körper verbleibt dann in einem Zustand der Daueranspannung.

Überreiztes Nervensystem: Welche Symptome treten auf?

Liegt eine Störung des vegetativen Nervensystems vor, kann sich diese auf unterschiedliche Weise äußern. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Herzbeschwerden wie Herzstechen oder Herzklopfen/-rasen
  • Schwindel oder Ohnmacht beim Aufstehen
  • Übermäßiges Schwitzen oder mangelndes Schwitzen
  • Sexuelle Funktionsstörungen beim Mann
  • Probleme beim Entleeren der Blase
  • Verdauungsbeschwerden wie Verstopfung oder Durchfall, inklusive Magenlähmung
  • Schluckbeschwerden

Die Vielfalt an unspezifischen Symptomen macht es oft schwierig, ein überreiztes Nervensystem unmittelbar zu erkennen. Daher ergibt sich das Krankheitsbild einer vegetativen Dystonie in der Regel über das Ausschlussverfahren anderer Erkrankungen. Grundsätzlich gilt: Wenn einzelne oder mehrere der genannten Symptome über einen längeren Zeitraum bestehen, sollten diese unbedingt ärztlich abgeklärt werden, um eine ernsthafte Erkrankung auszuschließen.

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Ursachen und Risikofaktoren

Für eine vegetative Dystonie gibt es oft keine konkrete Ursache. Es können sowohl körperliche als auch psychische Faktoren eine Rolle spielen, nicht selten in Kombination. Zu den häufigsten körperlichen Ursachen zählt Diabetes mellitus (Typ 2), da die Stoffwechselerkrankung das autonome Nervensystem schädigen kann. Ebenso kann die vegetative Dystonie durch neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Erkrankungen des peripheren Nervensystems ausgelöst werden. Seltener sind Verletzungen des Rückenmarks, Medikamente oder Virusinfektionen die Ursache.

Da Körper und Psyche über das vegetative Nervensystem eng miteinander verbunden sind, können sich auch psychologische und soziale Faktoren wie Stress, Sorgen oder Überforderung auswirken. Oftmals lösen die Beschwerden weitere Ängste bei den Betroffenen aus, da sie befürchten, es könne eine schwerwiegende Erkrankung zugrunde liegen, was die Symptome zusätzlich verschlimmern kann.

Wie wird eine vegetative Dystonie behandelt?

Je nach Ursache und Schweregrad der Störung kann eine vegetative Dystonie ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen, lässt sich aber in den meisten Fällen erfolgreich behandeln. Die Behandlung erfordert eine individuelle Herangehensweise, die sich an der eigentlichen Ursache und der Lebenssituation der Patienten orientiert. Während beispielsweise die Behandlung von Typ-2-Diabetes-Patienten auf eine optimale Blutzuckereinstellung abzielt, benötigen Parkinson-Patienten andere Medikamente.

Wenn kein Hinweis auf eine organische Ursache zugrunde liegt, zählen sowohl psycho- und physiotherapeutische Maßnahmen als auch der Einsatz bestimmter Medikamente zu den möglichen Behandlungsmethoden. Pflanzliche oder homöopathische Mittel können hierbei eine unterstützende Therapieoption sein, da sie eine gute Verträglichkeit bei geringem Gewöhnungspotenzial aufweisen, dies trifft jedoch nicht auf alle pflanzlichen Arzneimittel zu. Zur Linderung der Beschwerden bei innerer Anspannung durch Stress haben sich vor allem homöopathische Arzneipflanzen bewährt: Die Passionsblume kann bei Unruhezuständen oder Schlafstörungen helfen, Gelber Jasmin und Schlangenwurzel können bei Schwindel, nervlich bedingtem Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Beschwerden Linderung verschaffen, und die gelbe Nieswurz kann Kreislaufproblemen vorbeugen.

Vorsorge: Wie lässt sich das vegetative Nervensystem stärken?

Bei einer vegetativen Störung ist es wichtig, die Balance zwischen Körper und Psyche wiederherzustellen. Helfen können dabei verschiedene Entspannungsmethoden, eine ausgewogene Ernährung sowie eine gesunde Schlafroutine.

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  • Entspannungsmethoden erlernen und anwenden: Entspannungsmethoden wie Yoga, Meditation oder andere Achtsamkeitsübungen können dabei helfen, das Stresslevel zu senken und das Nervensystem wieder zu beruhigen. Ebenso fördert regelmäßige Bewegung wie Ausdauertraining oder Krafttraining den Stressabbau.
  • Ausgewogen ernähren: Vitaminmangel, insbesondere ein Mangel an Vitamin B12, kann die Funktion des Nervensystems beeinträchtigen. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten kann die Gesundheit des autonomen Nervensystems unterstützen. Um möglichen Beschwerden vorzubeugen, empfiehlt es sich außerdem, auf Alkohol und Koffein zu verzichten.
  • Ausreichend schlafen: Ein gesunder Schlaf ist unerlässlich für die Stressbewältigung und Regeneration des Nervensystems. Dazu sollte die Schlafumgebung eine Temperatur von etwa 18 Grad haben und sich gut abdunkeln lassen. Ebenso wichtig ist ein ruhiges Schlafumfeld. Fernseher oder mobile Geräte wie Smartphones sollten abends ausgeschaltet werden, um Ablenkung und laute Geräusche zu vermeiden. Deftiges Essen, Alkohol und Stress am Abend können die Schlafqualität erheblich beeinträchtigen. Besser sind daher leicht verdauliche Speisen und warme Getränke wie Tee am Abend. Ebenso unterstützen regelmäßige Zubettgehzeiten und Aufstehzeiten, regelmäßige Bewegung und eine ergonomische Matratze einen gesunden Schlaf und stärken damit auch indirekt das vegetative Nervensystem.

Hyperarousal: Ein Zustand der Übererregung

Hyperarousal, auch als Übererregung des Nervensystems bekannt, beschreibt einen Zustand anhaltender innerer Anspannung und Alarmbereitschaft. Betroffene fühlen sich, als wäre ihr Körper in ständiger Alarmbereitschaft- selbst in völlig sicheren Situationen. Hyperarousal tritt häufig im Zusammenhang mit psychischen Belastungen wie Stress, Traumafolgestörungen oder der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf und ist ein ernstzunehmendes Symptom mit erheblicher Auswirkung auf die Lebensqualität.

Die Ursachen von Hyperarousal sind vielfältig und oft komplex. In vielen Fällen handelt es sich um eine Reaktion auf anhaltenden psychischen oder physischen Stress, der das Nervensystem langfristig überfordert. Ein Trauma hinterlässt nicht nur seelische Spuren, sondern prägt auch den Körper.

Ein dauerhaft übererregtes Nervensystem kann den Alltag erheblich belasten und zu ständiger Anspannung, Reizbarkeit oder Erschöpfung führen. Es gibt jedoch Wege, das Nervensystem wieder in Balance zu bringen.

Behandlung von Hyperarousal

  • EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing): Ursprünglich zur Verarbeitung traumatischer Erlebnisse entwickelt, kann EMDR dazu beitragen, belastende Erinnerungen neu zu verarbeiten und emotionale Anspannung zu reduzieren.
  • Kognitive Verhaltenstherapie (CBT): Hilft dabei, automatische Gedanken und Reaktionsmuster zu erkennen, die das Nervensystem in Alarmbereitschaft halten.
  • Achtsamkeitsbasierte Methoden: Techniken wie Meditation, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung fördern die Selbstregulation des Nervensystems.
  • Medikamente: In schweren Fällen können Medikamente helfen, das übererregte Nervensystem zu stabilisieren und Symptome wie Schlafstörungen, innere Unruhe und Reizbarkeit zu lindern. Wichtige Zielstrukturen sind Serotonin, Noradrenalin und GABA.
  • Atemtechniken: Bewusste Atemtechniken können helfen, das übererregte Nervensystem zu beruhigen und die innere Anspannung Schritt für Schritt zu reduzieren.

Übertraining: Wenn zu viel Training zum Problem wird

Übertraining bezeichnet einen körperlichen und geistigen Zustand, der durch übermäßiges Training ohne ausreichende Erholung entsteht und mit einem anhaltenden Leistungsabfall einhergeht. Es ist wichtig, hart zu trainieren, um im Sport erfolgreich zu sein, aber zu viel Training ohne ausreichende Erholung kann den Fortschritt behindern und sogar zu einem Leistungsabfall führen.

Overreaching ist Muskelkater, der über das normale Maß hinausgeht und auftritt, wenn man sich zwischen den Trainingseinheiten nicht ausreichend erholt. Übertraining tritt auf, wenn ein Sportler die Anzeichen von Überforderung ignoriert und weiter trainiert. Viele Sportlerinnen und Sportler glauben, dass Schwäche oder schlechte Leistungen ein Zeichen dafür sind, dass sie noch härter trainieren müssen, und treiben sich deshalb weiter an, wodurch der Körper nur noch mehr geschädigt wird.

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Ursachen und Mechanismen von Übertraining

  • Muskelschäden: Wenn man seine Muskeln stärker beansprucht, als sie es gewohnt sind, werden Muskelfasern beschädigt. Wenn man sich ausreichend ausruht, reparieren die Muskeln den Schaden und bauen sich wieder auf. Wenn man aber immer wieder Muskelfasern beschädigt, ohne seinen Muskeln genügend Zeit zur Erholung zu geben, entstehen kumulative Schäden, die die Muskeln schwächen und die Leistung verringern.
  • Entzündungen: Wenn man seine Muskeln überanstrengt und Muskelfasern zerstört, strömen Immunzellen an den Ort des Geschehens und setzen entzündungsfördernde chemische Stoffe, so genannte Zytokine, frei. Geringgradige Entzündungen können eine Reihe von Symptomen verursachen, darunter Stimmungsstörungen und Depressionen.
  • Glykogenmangel: Glykogen sind gespeicherte Kohlenhydrate, die die Muskeln als Energiequelle nutzen, vor allem bei hoher Trainingsintensität. Wenn man intensiv trainiert und sein Glykogen zwischen den Trainingseinheiten nicht ausreichend auffüllt, können die Muskeln dauerhaft ermüden und ihre Fähigkeit, Kraft zu erzeugen, sinkt.
  • Oxidativer Stress: Sport erzeugt ein gewisses Maß an oxidativem Stress, da die Stoffwechselprozesse während des Trainings schneller ablaufen. Ein gewisses Maß an oxidativem Stress fördert die Muskelleistung, aber es gibt einen Wendepunkt, an dem der oxidative Stress zum Nachteil wird und die Muskelleistung abnimmt.
  • Zentrale Ermüdung: Wenn man zu viel trainiert, werden nicht nur die Muskeln erschöpft, sondern bei längerem Training ermüdet auch das zentrale Nervensystem. Übertraining kann zu einer anhaltenden zentralen Ermüdung führen.

Tipps zur Vermeidung von Übertraining

  • Führe ein Trainingstagebuch: Schreibe auf, wie wohl du dich fühlst und wie viel du trainierst.
  • Halte ein Gleichgewicht zwischen Training und Erholung: Ausreichende Pausen sind kein Zeichen von Schwäche. Wenn du für eine bestimmte Aktivität trainierst, solltest du harte und leichte Trainingstage abwechseln. Baue Formen der aktiven Erholung in dein Training ein.
  • Erkenne, wenn du es übertreibst - und sprich mit jemandem darüber: Wenn du merkst, dass du von deinem Training besessen bist, trotz Verletzung oder Schmerzen trainierst oder dich schuldig fühlst, wenn du einen Tag nicht trainierst, sprich mit jemandem über deine Gefühle.
  • Achte darauf, dass du genügend Kalorien und Nährstoffe zu dir nimmst: Deine Kalorienzufuhr sollte den Bedarf deines Körpers für das Training und den Muskelaufbau decken.
  • Trinke viel Wasser: Dehydrierung trägt zur Muskelermüdung bei. Achte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr mit dem Ziel, einen hellen Urin zu haben.
  • Tu, was du kannst, um deinen Stress zu reduzieren: Jeder Mensch geht anders mit Stress um. Wenn du mehr Stress hast, als du bewältigen kannst, wird dein Körper zusammenbrechen.
  • Ruhe ist entscheidend für die Erholung von Übertraining.
  • Überprüfe deine Essgewohnheiten: Hast du deinem Körper die Kalorien, Proteine, Vitamine und Mineralien vorenthalten, die er für ein hochwertiges, hochintensives Training braucht?

Entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS)

Entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) spielen eine zunehmende Rolle in der Neurologie. Entzündliche Erkrankungen können erregerbedingt durch Bakterien, Pilze, Protozoen und Viren sowie nicht erregerbedingt/autoimmun (wie Multiple Sklerose, Vaskulitis) auftreten. Autoimmunologische Prozesse, bei denen der Organismus bestimmte Strukturen nicht als körpereigene erkennt, können am Nervensystem Entzündungen hervorrufen. Das Immunsystem, das eigentlich krankmachende Einflüsse ausschalten soll, produziert in diesen Fällen Antikörper gegen Gewebestrukturen des eigenen Körpers, zum Beispiel gegen bestimmte Teile des Nervensystems.

Häufige Krankheitsbilder durch erregerbedingte Infektionen des Gehirns sind die Neuroborreliose und die Gürtelrose. Im Zusammenhang mit immunsuppressiven und immunmodulatorischen Therapien treten Infektionen des ZNS häufig bei immungeschwächten Patienten auf, wie die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) bei der Multiplen Sklerose. Eine der häufigsten sporadischen Enzephalitiden Westeuropas ist die Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis (HSVE). Die Symptome einer HSVE sind Kopfschmerzen, Fieber, quantitative und/oder qualitative Bewusstseinsstörungen. Schon bei dem Verdacht auf eine HSVE muss die antivirale Therapie mit Aciclovir rasch eingeleitet werden. Unbehandelt verläuft sie meist tödlich. Diese Patienten müssen auf einer neurologischen Intensivstation behandelt werden. Auch bei der HSVE gilt „time is brain“.

Die häufigsten Fälle einer ambulant erworbenen bakteriellen Meningitis sind Streptokokken (Streptococcus pneumoniae), Listerien (Listeria monocytogenes) und Meningokokken (Neisseria meningitidis). Leitsymptome sind Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen und Meningismus (Nackensteifigkeit). Meningismus kann bei sehr jungen und sehr alten Menschen fehlen.

Eine der bekanntesten Autoimmunerkrankungen ist die Multiple Sklerose (MS). Die MS ist eine chronisch entzündliche, demyelinisierende Erkrankung mit axonaler Schädigung des zentralen Nervensystems. Der Erkrankungsbeginn liegt meist im jungen Erwachsenenalter. In Deutschland sind etwa 250.000, in Hessen ca. 8.000 Menschen an MS erkrankt. Die Ursache der MS ist unklar, dennoch legt der therapeutische Erfolg von immunsupprimierenden Therapien, sogenannten verlaufsmodifizierenden Medikamenten, eine autoimmune Pathogenese nahe. Häufige Symptome einer MS sind Sehstörungen, Taubheit, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Sprechstörungen, Koordinationsschwierigkeiten, Spastik, Blasenstörung, Sexualfunktionsstörung, Sprachstörungen, Schluckstörungen, Doppelbilder. Die MS ist heute aber gut behandelbar und je früher die Diagnose und Therapie begonnen werden, desto besser lässt sich der Verlauf verlangsamen.

Ein weiteres Beispiel einer entzündlichen ZNS-Erkrankung ist die Myelitis. Sie ist eine Entzündung des Rückenmarks. Das Rückenmark kann entweder diffus über den gesamten Querschnitt (Querschnittsmyelitis - Myelitis transversa) oder herdförmig betroffen (disseminierte Myelitis) sein. Die Symptome reichen über Muskelschwäche, Lähmungen, spastische Lähmungen, Gefühlsstörungen, Schmerzen, Depressionen und Erschöpfung bis hin zu Fehlfunktionen von Enddarm und Harnblase.

Das Guillian-Barré-Syndrom (GBS) gehört zu den eher seltenen ZNS-Erkrankungen. Es ist eine akut oder subakut verlaufende, häufig postinfektiös auftretende Polyradikuloneuritis, die innerhalb von Tagen bis Wochen das Erkrankungsmaximum erreicht. Es kommt zu einer multifokalen Demyelinisierung und/oder axonalen Schädigung der peripheren Nerven und der Rückenmarkwurzeln. Sie ist seit dem Rückgang der Poliomyelitis die häufigste Ursache akuter schlaffer Lähmungen in der westlichen Welt. Die jährliche Inzidenz beläuft sich auf 1-2/100.000. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, tritt jedoch häufig nach Infektionen auf, wie Campylobacter jejuni, Mycoplasma pneumoniae, CMV und EBV. Die Gesamtmortalität liegt bei 2-3 Prozent, bei bis zu 20 Prozent bleiben neurologische Defizite zurück. Bei 90 Prozent der Patienten treten initial unspezifische sensible Reizerscheinungen wie Kribbelparästhesien an Füßen und Händen sowie Rückenschmerzen auf, im Anschluss sind schlaffe Lähmungen typisch, die sich innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen von den Beinen zu den Armen ausdehnen, so dass Patienten morgens noch gehen können und abends gelähmt an Beinen und Armen ans Intensivbett gebunden sein können. Aufgrund lebensbedrohlicher Komplikationen einer Dysautonomie und Ateminsuffizienz sollten Patienten immer auf einer neurologischen Intensivstation behandelt werden.

Die Bandbreite von Entzündungen des Nervensystems ist sehr breit - die frühe Diagnose und hochdifferenzierte Therapie ist entscheidend für die Prognose der Patienten.

Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

Eine Verletzung des Gehirns durch traumatische Krafteinwirkung wird Schädel-Hirn-Trauma (SHT) genannt. Bei der leichtesten Form des SHT spricht man von einer Gehirnerschütterung, die meist harmlos verläuft. Hirnblutungen und andere Komplikationen können ein SHT lebensbedrohlich werden lassen. Ursache für eine traumatische Verletzung des Gehirns sind meist Unfälle, aber auch bestimmte Kontaktsportarten, wie Eishockey oder American Football, können ein SHT bedingen.

Das SHT wird mittels der sogenannten Glasgow-Koma-Skala in drei Stufen unterteilt: leicht, mittelschwer und schwer. Außerdem unterscheidet man noch, ob die Verletzung zu einer Perforation der Kopfhaut, des Schädels und einer Zerreißung der Dura mater geführt hat. Die Symptome die ein SHT hervorruft, sind abhängig von der Schwere der Verletzung, und umfassen bei einer leichten Verletzung (Gehirnerschütterung): Bewusstseinsstörungen, retrograde Amnesie, Übelkeit/Erbrechen, selten anterograde Amnesie, Apathie, Kopfschmerzen und Schwindel. Bei schwereren Verletzungen kommt es zur Bewusstlosigkeit (bei über 60 min handelt es sich um ein schweres SHT), verursacht durch Einklemmung des Gehirns, durch Ödeme oder Hirnblutungen.

Die Schädigung des Gehirns bei einem SHT erfolgt in zwei Phasen:

  • Die erste Phase umfasst die direkte Schädigung durch den Unfall. Diese ist nicht therapierbar, da zerstörte Neurone im Gehirn nicht regenerieren können.
  • In der zweiten Phase treten, durch pathophysiologische Prozesse die im Hirn ablaufen, sekundäre Schädigungen auf, die zu einer weiteren Zerstörung von Neuronen führen können. Diese sind prinzipiell therapierbar, sofern sich die pathophysiologischen Prozesse z.B. medikamentös beeinflussen lassen.

Die Behandlung des SHT ist abhängig vom Schweregrad der Verletzung. Primäres Ziel ist es die Blut- und Sauerstoffversorgung des Gehirns aufrechtzuerhalten, um möglichst viele Neurone vor sekundären Schäden zu retten.

Neurodegenerative Erkrankungen

Bei den neurodegenerativen Erkrankungen handelt es sich um eine Vielzahl von Krankheiten, bei denen nach und nach Neurone des ZNS absterben. Die häufigsten Erkrankungen sind Alzheimer, Parkinson und Chorea Huntington. Die Ursachen für die Erkrankungen können sowohl genetisch als auch sporadisch sein und sind nicht immer bekannt. Allerdings wurden einige zelluläre Mechanismen identifiziert, die bei den meisten Erkrankungen zur Zellschädigung beitragen. Dazu gehören: Störungen der Proteinhomöostase (Amyloid- und Tau-Ablagerungen bei Alzheimer, Synuclein bei Parkinson und Huntingtin bei Chorea Huntington). Außerdem finden sich gehäuft Mutationen in Hitzeschockproteinen und Chaperonen, erhöhter oxidativer Stress, Störungen der Mitochondrien oder des intrazellulären Transports und Entzündungsreaktionen.

Häufig sind zuerst bestimmte Gehirnregionen betroffen z.B. der Hippocampus bei Alzheimer, oder die dopaminergen Neurone der Substantia nigra bei Parkinson.

Die Symptome können abhängig von der Erkrankung und der betroffenen Hirnregion sehr vielfältig sein und umfassen Gedächtnisstörungen, motorische Störungen, Orientierungsprobleme, Persönlichkeitsveränderungen und Änderungen im Verhalten.

Bisher gibt es keine Ursachen-Therapie, sondern nur symptomatische Behandlungen. Es gibt für die Betroffenen keine Heilung, lediglich eine Verzögerung des Fortschreitens der Erkrankung.

Schlaganfall

Beim Schlaganfall kommt es zu einer plötzlich auftretenden Störung des Blutflusses im Gehirn und dadurch zur Unterversorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen. Das Gehirn wird lokal geschädigt und es kommt zu einem Verlust von Neuronen. Die Ursache des Schlaganfalls kann ischämisch sein, also hervorgerufen durch die Verstopfung eines Blutgefäßes z.B. durch einen Thrombus, oder eine Gefäßverengung. Des Weiteren kann auch eine Hirnblutung dafür verantwortlich sein, dass Teile des Gehirns unterversorgt werden.

Typische Symptome sind Bewusstseinsstörungen, Taubheitsgefühle, Lähmungen, Schwäche, Sprachstörungen, Schwindel, Gangstörungen und Kopfschmerzen. Häufig treten bestimmte Symptome nur einseitig auf, da nur eine Hemisphäre des Gehirns bzw. Areale einer Hemisphäre unterversorgt sind.

Die Therapie hat das Ziel, die korrekte Durchblutung möglichst schnell wiederherzustellen, um eine weitere Schädigung von Neuronen zu verhindern. Dies geschieht zum Beispiel durch eine sogenannte Lyse-Therapie, bei der der gefäßverschließende Thrombus medikamentös aufgelöst wird. Handelt es sich um einen durch eine Hirnblutung verursachten Schlaganfall, erfolgt in der Regel ein operativer Eingriff am Gehirn.

Bestimmte Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit einen Schlaganfall zu erleiden, dazu gehören zu hoher Blutdruck, Diabetes, Rauchen, Übergewicht und zu hohe Cholesterinwerte.

Da die Neurone im Gehirn nicht regenerieren, ist die Schädigung der betroffenen Zellen irreversibel. Allerdings können Physiotherapie und Ergotherapie dazu beitragen, dass andere Hirnareale die Funktionen zumindest teilweise übernehmen.

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