Parkinson und Diabetes: Eine Verbindung, die neue Therapieansätze eröffnet

Die Parkinson-Krankheit (PD) ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, von der in Deutschland fast eine halbe Million Menschen betroffen sind. Typische Symptome sind Ruhetremor, Muskelsteifheit (Rigor), verlangsamte Bewegungen (Hypokinese) sowie vegetative Symptome und in manchen Fällen auch eine Demenz. Die Parkinson-Forschung macht zwar große Fortschritte, jedoch kann die Krankheit bisher nur symptomatisch behandelt werden. Nun gibt es jedoch neue Erkenntnisse, die einen Zusammenhang zwischen Parkinson und Diabetes aufzeigen und möglicherweise neue Therapieansätze eröffnen.

Diabetes-Medikament Lixisenatid verlangsamt Parkinson-Symptome

Ein vielversprechender Ansatzpunkt ist die Untersuchung von Diabetes-Medikamenten auf ihre Wirksamkeit bei Parkinson. Eine im April 2024 im New England Journal of Medicine veröffentlichte klinische Studie [1] lieferte erste Hinweise darauf, dass der Wirkstoff Lixisenatid, der zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt wird, das Fortschreiten der Parkinson-Symptome in einem geringen, aber statistisch signifikanten Umfang verlangsamen könnte.

In der Studie wurden 156 Personen mit leichten bis mittelschweren Parkinson-Symptomen untersucht, die bereits mit dem Standard-Parkinson-Medikament Levodopa oder anderen Arzneimitteln behandelt wurden. Eine Hälfte der Teilnehmenden erhielt ein Jahr lang Lixisenatid, die andere ein Placebo. Nach zwölf Monaten zeigten die Teilnehmenden der Placebo-Kontrollgruppe wie erwartet eine Verschlechterung ihrer Symptome. Ihr Wert auf einer Skala zur Bewertung des Schweregrads der Parkinson-Krankheit, die die Fähigkeit der Betroffenen misst, Aufgaben wie Sprechen, Essen und Gehen auszuführen, war um drei Punkte gestiegen. Die mit Lixisenatid behandelten Patienten zeigten eine geringere Verschlechterung.

"Die Ergebnisse sind sehr interessant. Wenn sich Parkinson mit dieser Klasse von Medikamenten bremsen ließe, wäre das ein Riesenerfolg", meint Prof. Joseph Claßen, erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) und Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig. Er betont jedoch, dass noch Langzeitstudien mit besser verträglichen, verwandten Wirkstoffen durchgeführt werden müssen, um die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit an mehr Patientinnen und Patienten nachzuweisen.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Behandlung auch zu Nebenwirkungen führte. So traten bei fast der Hälfte der Personen, die das Medikament einnahmen, Übelkeit und bei 13 % Erbrechen auf.

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GLP-1-Rezeptoragonisten: Hoffnungsträger in der Parkinson-Therapie?

Noch ist unklar, wie sich der positive Effekt des Diabetes-Medikaments bei Parkinson erklären lässt. Der Wirkstoff Lixisenatid ist ein sogenannter GLP-1-Rezeptoragonist (Glucagon-like Peptid-1). Er ahmt die Wirkung des natürlich vorkommenden Peptids nach und aktiviert eine intrazelluläre Signalkaskade, welche eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung physiologischer Blutzuckerwerte spielt. Der Wirkstoff gehört zu einer großen Familie ähnlicher Wirkstoffe, die in jüngster Zeit als "Abnehmspritze" (Semaglutid) auch zur Behandlung der Adipositas eingesetzt werden.

Die DPG-Experten vermuten, dass die Wirkweise von GLP-1-Analoga bei M. Parkinson mit deren bekannten Eigenschaften zusammenhängen könnte, Entzündungen zu reduzieren und den zellulären Energiestoffwechsel und so das neuronale Überleben zu verbessern.

Insulinresistenz als möglicher Risikofaktor für Parkinson

Schon seit Längerem deuten verschiedene Studien an, dass Diabetes Typ 2 und manche neurodegenerative Krankheiten ähnliche Signalwege aufweisen. Offenbar können nicht nur Leber- und Muskelzellen, sondern auch Neurone schlecht auf Insulin reagieren, welches z. B. an Gedächtnisprozessen beteiligt ist. Dies könnte erklären, warum Menschen mit Diabetes Typ 2 z. B. ein höheres Risiko für Alzheimer haben [2].

Eine Studie von Dr. Elliot J. Hogg vom Cedar-Sinai Medical Center in Los Angeles und seinen Kollegen hat das Phänomen genauer beleuchtet und bei 154 nicht-diabetischen Parkinsonpatienten Nüchternblutzucker und Insulin erhoben. Trotz normaler Nüchternglukose und zumeist unauffälliger HbA1c-Werte zeigten fast 60 % der Probanden eine reduzierte Reaktion auf ihr eigenes Insulin.

Die Forscher haben eine reduzierte Glukosetoleranz schon länger als potenziellen Risikofaktor für Morbus Parkinson im Visier. Interessanterweise zeigen epidemiologische Daten, dass Diabetes mellitus ein Risikofaktor für Parkinson ist [5] und den Parkinson-Verlauf verschlechtert [6]. Diabetes erhöhte in einer Studie das PD-Risiko um 34 %.

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Weitere Diabetes-Medikamente im Fokus der Parkinson-Forschung

Auch andere Diabetes-Medikamente werden auf ihre potenzielle Wirksamkeit bei Parkinson untersucht. Eine 2017 veröffentlichte Studie aus London deutet darauf hin, dass der Wirkstoff Exenatid, ein weiteres Diabetes-Medikament, das in Deutschland seit 2007 auf dem Markt ist, auch den Krankheitsfortschritt bei Parkinson mindestens verlangsamt, wenn auch nur in geringem Umfang. Die Forschenden vermuten, dass Exenatid die Energieversorgung der Neuronen verbessert, indem es sie wieder empfänglicher für Insulin macht, und damit Entzündungsreaktionen verringert [3].

In zwei Anfang 2023 veröffentlichten Studien machten Forschende aus Florida und Taiwan die Beobachtung, dass die Einnahme des Wirkstoffs Metformin bei manchen Diabetes-Patient:innen offenbar eine schützende Wirkung hinsichtlich der Entwicklung einer Demenz hat [4, 5].

Ernährung und Lebensstil als wichtige Faktoren

Bei der Progression der PD spielt nach aktuellem Wissenstand auch die Ernährung eine Rolle. So werden z. B. durch die sogenannte mediterrane Ernährung antiinflammatorische Mechanismen aktiviert [8]. Die mediterrane Diät ist auch reich an mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren („PUFAs“ wie Eicosapentaensäure/EPA und Docosahexaensäure/DHA), enthalten z. B. in Fisch und Nüssen.

"Dass Diabetes-Prävention auch eine Parkinson-Prävention zu sein scheint, ist eine relativ neue Erkenntnis. Der Verlauf beider Erkrankungen lässt sich durch eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung zusätzlich günstig beeinflussen", erklärt DGN-Präsident Prof. Dr.

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