Zuzahlungsbefreiung bei Parkinson: Voraussetzungen und Antragstellung

Wer gesetzlich krankenversichert ist, muss für viele Gesundheitsleistungen wie Medikamente, Behandlungen oder Krankenhausaufenthalte eine Zuzahlung als Eigenanteil leisten. Das betrifft auch Menschen mit Parkinson, die aufgrund ihrer Erkrankung häufig auf eine Vielzahl von Medikamenten, Therapien und Hilfsmitteln angewiesen sind. Die Zuzahlungsbefreiung soll verhindern, dass Betroffene durch die hohen Zuzahlungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Dieser Artikel erläutert die Voraussetzungen für eine Zuzahlungsbefreiung bei Parkinson und informiert über die Antragstellung.

Was sind Zuzahlungen?

Bei vielen Gesundheitsleistungen müssen gesetzlich Krankenversicherte eine Zuzahlung leisten. Diese Zuzahlungen sind gesetzlich festgelegt und dienen dazu, die Versicherten an den Kosten des Gesundheitssystems zu beteiligen und eine bewusste Nutzung der Leistungen zu fördern. Die Höhe der Zuzahlungen ist in der Regel auf 10 Prozent der Kosten festgelegt, beträgt aber mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, bei denen die Zuzahlung anders geregelt ist, wie beispielsweise bei Krankenhausbehandlungen.

Hier eine Übersicht über die Zuzahlungen für verschiedene Leistungen:

  • Stationäre Krankenhausbehandlung: 10 Euro täglich für maximal 28 Tage pro Kalenderjahr.
  • Stationäre Kuren, ambulante und stationäre Rehaleistungen, Mutter-/Vater-Kind-Kuren: Grundsätzlich 10 Euro pro Tag. 10 Euro pro Tag bei Anschlussrehabilitation für maximal 28 Tage.
  • Arznei- und Verbandmittel: 10 Prozent des Abgabepreises, mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro, aber nicht mehr als die Kosten des Mittels.
  • Häusliche Krankenpflege: 10 Euro pro Verordnung plus 10 Prozent der Kosten für die ersten 28 Tage der Inanspruchnahme pro Jahr.
  • Soziotherapie: 10 Prozent der Kosten, mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro je Behandlungstag, aber nicht mehr als die Kosten der Therapie.
  • Haushaltshilfe: 10 Prozent der täglichen Kosten, mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro für jeden Tag, an dem die Haushaltshilfe benötigt wird, aber nicht mehr als den täglichen Gesamtaufwand. Ausnahme: Haushaltshilfen bei Schwangerschaft und Entbindung sind zuzahlungsfrei.
  • Fahrkosten: 10 Prozent der Kosten pro Fahrt, mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro.
  • Hilfsmittel: 10 Prozent des Abgabepreises, aber mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro. Ist das Hilfsmittel günstiger als 5 Euro, werden nur die tatsächlichen Kosten gezahlt. Bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln (zum Beispiel Einmalwindeln) werden 10 Prozent pro Packung, aber höchstens 10 Euro pro Monat gezahlt.

Die Belastungsgrenze: Wann ist eine Zuzahlungsbefreiung möglich?

Die Zuzahlungsbefreiung greift, wenn die Summe der geleisteten Zuzahlungen innerhalb eines Kalenderjahres eine bestimmte Belastungsgrenze übersteigt. Diese Belastungsgrenze ist individuell und hängt vom Bruttoeinkommen des Versicherten bzw. des gesamten Haushalts ab. Im Normalfall liegt die Belastungsgrenze bei zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens des Haushalts. Für chronisch kranke Menschen gilt eine Sonderregelung: Hier liegt die Belastungsgrenze bei nur einem Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens.

Um die individuelle Belastungsgrenze zu berechnen, werden alle Familienangehörigen berücksichtigt, die mit dem Versicherten in einem gemeinsamen Haushalt leben. Dazu gehören:

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  • Ehe- und Lebenspartner (auch wenn diese privat krankenversichert sind)
  • Kinder bis 18 Jahre (auch noch im kompletten Kalenderjahr, in dem sie 18 werden, egal wo und wie sie versichert sind)
  • Kinder ab 19 Jahren, sofern sie in einer gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert sind
  • Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sie sich in Ausbildung befinden.

Zum relevanten Einkommen für die Berechnung der Belastungsgrenze zählen alle Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Dazu gehören beispielsweise:

  • Arbeitsentgelt
  • Arbeitseinkommen
  • Renten und Versorgungsbezüge
  • Urlaubsgeld
  • Weihnachtsgeld
  • Krankengeld
  • Einnahmen aus Kapitalvermögen (Zinsen)
  • Mieteinnahmen

Nicht zu den anrechenbaren Einnahmen zählen hingegen:

  • Pflegegeld
  • Eingliederungshilfe für behinderte Personen
  • Kindergeld
  • Kinderzulage
  • Wohngeld
  • Elterngeld bis 300 Euro

Wenn bestimmte Sozialleistungen bezogen werden, wird die Belastungsgrenze nicht am Einkommen bemessen, sondern am Regelsatz des Haushaltsvorstands. Dies betrifft den Bezug von:

  • Bürgergeld
  • Sozialhilfe
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 12. Sozialgesetzbuch
  • ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das dieses für anwendbar erklärt

In diesen Fällen wird als Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt lediglich der Regelsatz des Haushaltsvorstandes zugrunde gelegt.

Voraussetzungen für die Zuzahlungsbefreiung bei Parkinson

Menschen mit Parkinson können unter bestimmten Voraussetzungen von der Zuzahlungspflicht befreit werden. Die wichtigste Voraussetzung ist, dass die individuelle Belastungsgrenze erreicht wurde. Da Parkinson in der Regel eine chronische Erkrankung ist, gilt für Betroffene die reduzierte Belastungsgrenze von einem Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens.

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Um als chronisch krank zu gelten, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

  1. Die Erkrankung muss wenigstens ein Jahr lang mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt worden sein (Dauerbehandlung).

  2. Eines der folgenden Merkmale muss vorliegen:

    • Eine Pflegebedürftigkeit ab dem Pflegegrad 3
    • Ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 Prozent oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60 Prozent
    • Die Notwendigkeit einer kontinuierlichen medizinischen Versorgung, ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist.

Da Parkinson die Bewegungsabläufe stören und zu Verlangsamung führen kann, wird in vielen Fällen ein Grad der Behinderung (GdB) zuerkannt. Parkinson kann im Krankheitsverlauf auch Pflegebedürftigkeit verursachen.

Die chronische Erkrankung und die notwendige Dauerbehandlung müssen durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen werden. Hierfür ist der sogenannte Vordruck-Muster 55 zu verwenden, den der behandelnde Arzt ausstellen kann. Amtliche Bescheide über den GdB, Gds, MdE oder den Pflegegrad müssen in Kopie eingereicht werden.

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Antragstellung und Verfahren

Um von der Zuzahlungspflicht befreit zu werden, muss ein Antrag bei der zuständigen Krankenkasse gestellt werden. Der Antrag kann formlos erfolgen, viele Krankenkassen bieten jedoch auch spezielle Antragsformulare auf ihrer Internetseite zum Download an.

Dem Antrag müssen folgende Unterlagen beigefügt werden:

  • Alle Belege über geleistete Zuzahlungen im laufenden Kalenderjahr (Originalbelege)
  • Kopien der Einkommensnachweise aller im Haushalt lebenden Personen (z.B. Gehaltsabrechnungen, Rentenbescheide)
  • Ärztliche Bescheinigung über die chronische Erkrankung (Vordruck-Muster 55)
  • Kopien von Bescheiden über den GdB, Gds, MdE oder den Pflegegrad (falls vorhanden)

Es ist wichtig, alle Zuzahlungsbelege sorgfältig zu sammeln und aufzubewahren, da diese als Nachweis für die geleisteten Zuzahlungen dienen. Tipp: Viele Apotheken bieten an, am Jahresende eine Sammelbescheinigung über alle geleisteten Zuzahlungen auszustellen.

Die Krankenkasse prüft den Antrag und berechnet die individuelle Belastungsgrenze. Wenn die geleisteten Zuzahlungen die Belastungsgrenze überschreiten, wird eine Zuzahlungsbefreiung für den Rest des Kalenderjahres erteilt. Bereits zu viel gezahlte Zuzahlungen werden von der Krankenkasse erstattet.

Wird der Antrag bewilligt, erhalten Sie einen Befreiungsbescheid und oft auch einen Befreiungsausweis, der für den Rest des Kalenderjahres gültig ist. Mit diesem Ausweis können Sie bei zukünftigen Arztbesuchen, Apothekenbesuchen oder Krankenhausaufenthalten nachweisen, dass Sie von der Zuzahlungspflicht befreit sind.

Es gibt verschiedene Zeitpunkte, zu denen der Antrag auf Zuzahlungsbefreiung gestellt werden kann:

  • Im Voraus für das laufende Kalenderjahr: Hierbei wird die Belastungsgrenze im Voraus berechnet und der Betrag direkt an die Krankenkasse bezahlt. Der Vorteil ist, dass man von Beginn des Jahres an von der Zuzahlungspflicht befreit ist und keine Belege sammeln muss.
  • Während des Kalenderjahres, sobald die Belastungsgrenze erreicht wurde: In diesem Fall wird der Antrag gestellt, sobald die Zuzahlungen die Belastungsgrenze überschritten haben. Nach Prüfung des Antrags wird eine Befreiung für den Rest des Jahres erteilt und zu viel gezahlte Zuzahlungen werden erstattet.
  • Rückwirkend: Der Antrag auf Zuzahlungsbefreiung kann bis zu vier Jahre rückwirkend gestellt werden.

Vorauszahlung des individuellen Höchstbetrages

Eine weitere Möglichkeit ist die Vorauszahlung des individuellen Höchstbetrages. Wenn Sie bereits vor Beginn eines neuen Kalenderjahres wissen, dass Sie die Belastungsgrenze überschreiten werden, können Sie den individuellen Höchstbetrag im Voraus für das nächste Kalenderjahr in einer Summe an die Krankenkasse überweisen. Dadurch sind Sie für das gesamte Kalenderjahr von den Zuzahlungen befreit und sparen sich das Sammeln von Zuzahlungsbelegen.

Wichtige Hinweise

  • Die Zuzahlungsbefreiung gilt immer nur für ein Kalenderjahr und muss daher jedes Jahr neu beantragt werden.
  • Berücksichtigt werden nur gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen für die Krankenversicherung. Eigenanteile für Zahnersatz, Präventionskurse oder Hilfsmittel sowie Kosten für medizinische Leistungen, die ohne ärztliche Verordnung in Anspruch genommen wurden, werden nicht angerechnet. Auch Mehrkosten für Arzneimittel oder Zahnfüllungen werden nicht berücksichtigt.
  • Auch mit einer Zuzahlungsbefreiung müssen Sie Gesundheitskosten bezahlen, die nicht als Zuzahlung gelten. Das betrifft zum Beispiel Eigenanteile beim Zahnersatz, bei Brillen oder generell alle Medikamente, Hilfsmittel und Behandlungen, die nicht ärztlich verordnet wurden. Sie können sich trotzdem für ein hochwertigeres Hilfsmittel entscheiden. Gesundheitskosten, die Sie nicht von der Krankenkasse erstattet bekommen, können Sie unter Umständen in Ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastungen angeben.
  • Wenn Sie dauerhaft in einem Pflegeheim wohnen und Sozialhilfe beziehen, können Sie bei Ihrem zuständigen Sozialhilfeträger beantragen, dass die Zuzahlungen am Jahresanfang vorab an die Krankenkasse gezahlt werden. Damit Sie aber nicht den ganzen Betrag auf einmal zahlen müssen, erhalten Sie eine Art zinsloses Darlehen in Höhe Ihrer Belastungsgrenze.

Beispielrechnungen

Um die Berechnung der Belastungsgrenze zu verdeutlichen, hier einige Beispiele:

Familie mit 2 Kindern (Jahr 2025)

  • Jahresbruttoeinkommen Ehemann: 30.000 Euro
  • Jahresbruttoeinkommen Ehefrau: 25.000 Euro
  • Jahresbruttoeinkommen gesamt: 55.000 Euro
  • Freibetrag Ehegatte: 6.741 Euro
  • Freibetrag 2 Kinder: 19.200 Euro (pro Kind 9.600 Euro)
  • Freibeträge gesamt: 25.491 Euro
  • Jahresbruttoeinkommen minus Freibeträge = zu berücksichtigendes Familieneinkommen: 55.000 Euro - 25.491 Euro = 29.509 Euro
  • Belastungsgrenze 2 Prozent: Hier müssen Zuzahlungen bis zu einem Betrag in Höhe von 590,80 Euro geleistet werden.
  • Belastungsgrenze 1 Prozent (chronisch krank): Chronisch Kranke müssen Zuzahlungen bis zu einem Betrag in Höhe von 295,09 Euro leisten.

Rentnerin - Alleinstehend, keine Freibeträge abziehbar (Jahr 2025)

  • Jahresbruttoeinkommen: 14.400 Euro
  • Belastungsgrenze 2 Prozent: 288 Euro
  • Belastungsgrenze 1 Prozent: 144 Euro

Empfänger von Sozialhilfe, Bürgergeld und Grundsicherung (Jahr 2025)

  • Bei Empfänger:innen von Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe), von Bürgergeld und von Grundsicherung im Alter und Grundsicherung bei Erwerbsminderung werden 6.756 Euro als Bruttoeinkommen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft zugrunde gelegt (= Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1, 563 Euro monatlich x 12).
  • Die jährliche Belastungsgrenze beträgt somit 135,12 Euro.
  • Bei chronisch Kranken beträgt die Belastungsgrenze 67,56 Euro.

Fazit

Die Zuzahlungsbefreiung ist ein wichtiger Baustein zur finanziellen Entlastung von Menschen mit Parkinson, die aufgrund ihrer Erkrankung häufig auf eine Vielzahl von Gesundheitsleistungen angewiesen sind. Durch die reduzierte Belastungsgrenze für chronisch Kranke können Betroffene bereits bei Erreichen einer geringeren Zuzahlungssumme von der Zuzahlungspflicht befreit werden. Es ist wichtig, sich frühzeitig über die Voraussetzungen und das Antragsverfahren zu informieren und alle relevanten Belege sorgfältig zu sammeln, um die Zuzahlungsbefreiung in Anspruch nehmen zu können. Die Krankenkasse ist der richtige Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Zuzahlungsbefreiung.

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