Eine Zyste am Rückenmark im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) kann verschiedene Ursachen haben und unterschiedliche Symptome verursachen. Die Therapie hängt von der Art, Größe und Lokalisation der Zyste sowie von den verursachten Beschwerden ab. Der folgende Artikel bietet einen umfassenden Überblick über dieses Thema.
Aufbau der Wirbelsäule und des Spinalkanals
Um die Entstehung und Auswirkungen von Zysten im Rückenmark besser zu verstehen, ist es wichtig, die Anatomie der Wirbelsäule zu kennen. Die Wirbelsäule besteht aus einzelnen Wirbelkörpern, die durch Bandscheiben miteinander verbunden sind. Die Wirbelgelenke (Facettengelenke) gewährleisten die Bewegungsführung. Hinter den Wirbelkörpern verläuft der Spinalkanal, in dem das Rückenmark und die Nervenwurzeln geschützt liegen. Durch seitlich gelegene Öffnungen (Foramina) treten die Spinalnerven aus dem Wirbelkanal aus und versorgen bestimmte Körperbereiche.
Was ist eine Zyste am Rückenmark?
Eine Zyste am Rückenmark ist ein flüssigkeitsgefüllter Hohlraum, der im Spinalkanal entstehen kann. Diese Zysten können unterschiedliche Ursachen haben und sich in verschiedenen Abschnitten der Wirbelsäule bilden, wobei der Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) am häufigsten betroffen ist. Im Vergleich zu anderen Erkrankungen wie der Spinalkanalstenose oder Bandscheibenvorfällen treten Zysten an der Wirbelsäule seltener auf. Dank moderner Diagnoseverfahren werden sie jedoch immer häufiger entdeckt, oft auch als Zufallsbefund.
Ursachen von Zysten am Rückenmark im HWS-Bereich
Die Ursachen für die Entstehung von Zysten am Rückenmark können vielfältig sein. Einige mögliche Ursachen sind:
- Degenerative Veränderungen: Verschleißerscheinungen der Bandscheiben und Wirbelgelenke können zu einer Überlastung der Gelenkkapsel führen. Dadurch kann es zu einer Auswölbung der Gelenkkapsel kommen, die sich mit Flüssigkeit füllt und eine Zyste bildet (Synovialzyste oder Facettengelenkszyste).
- Wurzeltaschen-Zysten (Tarlov-Zysten): Diese Zysten sind mit Hirnwasser gefüllte Aussackungen der dorsalen Nervenwurzeln am Übergang ins Spinalganglion (Nervenknoten). Die Ursache für ihre Entstehung ist unklar.
- Spinale Tumore: Gut- oder bösartige Geschwulste im Rückenmark, an seinen Anhangsgebilden oder an der Wirbelsäule können ebenfalls zur Bildung von Zysten führen.
Symptome von Zysten am Rückenmark im HWS-Bereich
Die Symptome einer Zyste am Rückenmark im HWS-Bereich können je nach Größe, Lage und Art der Zyste variieren. Einige mögliche Symptome sind:
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- Nackenschmerzen: Starke Nackenschmerzen, die in die Schultern ausstrahlen können.
- Schulterschmerzen: Schmerzen im Schulterbereich.
- Sensibilitätsstörungen: Nachlassen der Sensibilität und Geschicklichkeit der Hände. Das Ergreifen kleiner Gegenstände wie Nadeln kann erschwert sein.
- Feinmotorische Störungen: Schwierigkeiten bei alltäglichen Verrichtungen wie dem Zuknöpfen von Hemden oder Aufdrehen von Schraubverschlüssen.
- Neurologische Ausfälle: Bei starkem Druck auf das Rückenmark können Taubheitsgefühle, Muskelschwäche oder Lähmungen in den Armen und Händen auftreten.
- Weitere Symptome: In einigen Fällen können auch Kopfschmerzen, Schwindel oder Sehstörungen auftreten.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jede Zyste am Rückenmark Beschwerden verursacht. Viele Zysten werden als Zufallsbefund bei einer MRT-Untersuchung entdeckt und verursachen keine Symptome.
Diagnose von Zysten am Rückenmark im HWS-Bereich
Die Diagnose einer Zyste am Rückenmark im HWS-Bereich umfasst in der Regel die folgenden Schritte:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich der Art, Dauer und Lokalisation der Beschwerden.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Beweglichkeit der Halswirbelsäule, die Reflexe und die Sensibilität in Armen und Händen.
- Neurologische Untersuchung: Eine neurologische Untersuchung gibt Hinweise auf die Höhe und Lage der Zyste und mögliche neurologische Ausfälle.
- Bildgebende Verfahren:
- Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT ist das wichtigste Diagnoseverfahren zur Darstellung von Zysten am Rückenmark. Sie zeigt die Zyste, das Rückenmark und die Nervenwurzeln direkt sichtbar und ermöglicht eine genaue Beurteilung von Größe, Lage und Art der Zyste.
- Computertomographie (CT): Eine CT kann zusätzlich zur MRT durchgeführt werden, um weitere Details sichtbar zu machen, wie beispielsweise Verkalkungen oder Lufteinschlüsse in der Zyste.
- Röntgenaufnahmen: Röntgenaufnahmen in verschiedenen Positionen (Funktionsaufnahmen) können eine mögliche Instabilität der Halswirbelsäule sichtbar machen.
Therapie von Zysten am Rückenmark im HWS-Bereich
Die Therapie einer Zyste am Rückenmark im HWS-Bereich hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art, Größe und Lokalisation der Zyste, den verursachten Beschwerden und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. Es gibt sowohl konservative als auch operative Behandlungsmöglichkeiten.
Konservative Therapie
Die konservative Therapie zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Sie umfasst in der Regel die folgenden Maßnahmen:
- Schmerzmedikamente: Entzündungshemmende Schmerzmittel (NSAR) wie Diclofenac oder Ibuprofen können zur Linderung von Schmerzen eingesetzt werden. Bei Bedarf können auch stärkere Schmerzmittel (Opioide) verschrieben werden.
- Muskelentspannende Medikamente: Muskelrelaxantien können zur Entspannung der Nackenmuskulatur beitragen.
- Physiotherapie: Spezielle Übungen zur Stärkung der Nacken- und Schultermuskulatur, zur Verbesserung der Beweglichkeit und zur Entlastung der Wirbelsäule.
- Injektionstherapie: Injektionen von Kortison oder Lokalanästhetika in die Nähe der Zyste können zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung beitragen.
- Weitere Maßnahmen: Wärme- oder Kälteanwendungen, Massagen, Akupunktur und andere alternative Therapien können ebenfalls zur Linderung von Beschwerden eingesetzt werden.
Operative Therapie
Eine operative Therapie wird in der Regel dann in Erwägung gezogen, wenn die konservativen Maßnahmen nicht ausreichend helfen oder neurologische Ausfälle auftreten. Ziel der Operation ist es, die Zyste zu entfernen und den Druck auf das Rückenmark und die Nervenwurzeln zu beseitigen. Es gibt verschiedene operative Verfahren, die je nach Art, Größe und Lokalisation der Zyste eingesetzt werden können:
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- Mikrochirurgische Dekompression: Bei diesem minimalinvasiven Eingriff wird die Zyste unter dem Mikroskop entfernt. Über einen kleinen Hautschnitt wird die Nackenmuskulatur vorsichtig zur Seite geschoben, um den Spinalkanal freizulegen. Mit feinen Instrumenten wird die Zyste abgetragen und bestehende Verwachsungen werden gelöst.
- Endoskopische Operation: In einigen Fällen kann die Operation auch endoskopisch durchgeführt werden. Dabei wird eine kleine Kamera und spezielle Instrumente über kleine Hautschnitte in den Spinalkanal eingeführt.
- Stabilisierungsoperation: Wenn zusätzlich zur Zyste eine Instabilität der Halswirbelsäule vorliegt, kann eine Stabilisierungsoperation erforderlich sein. Dabei werden die betroffenen Wirbel miteinander verbunden, um die Stabilität der Wirbelsäule wiederherzustellen.
Mögliche Komplikationen der operativen Therapie
Wie bei jeder Operation können auch bei der operativen Entfernung einer Zyste am Rückenmark Komplikationen auftreten. Mögliche Komplikationen sind:
- Infektionen: Infektionen im Operationsgebiet.
- Nervenschäden: Verletzung von Nervenwurzeln oder des Rückenmarks.
- Blutungen: Nachblutungen im Operationsgebiet.
- Liquorleck: Austritt von Hirnwasser aus derOperationswunde.
- Rezidiv: Erneutes Auftreten der Zyste.
Prognose
Die Prognose nach der Behandlung einer Zyste am Rückenmark im HWS-Bereich ist in der Regel gut. Viele Patienten erfahren nach der Operation eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden. In einigen Fällen kann es jedoch zu einem erneuten Auftreten der Zyste kommen (Rezidiv).
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