Entzündung des Gleichgewichtsnervs: Ursachen, Diagnose, Therapie und MRT

Schwindel und Gleichgewichtsstörungen sind weit verbreitete Beschwerden, die viele Menschen betreffen. Sie können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Mit zunehmendem Alter treten diese Störungen häufiger auf. Schwindel ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom, das verschiedene Ursachen haben kann. Dieses sogenannte multisensorische Syndrom äußert sich durch eine gestörte Wahrnehmung verschiedener Sinne, den Verlust der körperlichen Sicherheit im Raum und die damit verbundenen Gleichgewichtsstörungen.

Vielfalt der Schwindelarten

Schwindel kann sich auf unterschiedliche Weise äußern. Betroffene beschreiben ihre Symptome sehr unterschiedlich. Sie erleben Scheinbewegungen, fühlen sich allgemein unsicher oder benommen. Viele haben das Gefühl, dass sich etwas in ihnen dreht oder dass die Umgebung um sie kreist (Drehschwindel). Andere haben das Gefühl zu taumeln, vor allem, wenn sie stehen, oder die Umgebung scheint sich hin und her zu bewegen (Schwankschwindel). Eine weitere Variante ist das Gefühl, wie in einem Aufzug nach oben oder unten gezogen zu werden (Liftschwindel), oder nach vorne oder zur Seite zu kippen (Fallneigung). Der Schwindel kann plötzlich und unvermutet als Schwindelanfall auftreten, oft in Form eines Drehschwindels. Solche Schwindelattacken können unterschiedlich lange andauern, von Sekunden bis zu Stunden, und dann wieder vergehen. Die Attacken setzen oft bei bestimmten Bewegungen, körperlichen Belastungen oder in bestimmten Situationen ein. Manchmal hält der Schwindel über Tage und Monate an (Dauerschwindel). Bei manchen Menschen entwickelt sich der Schwindel zu einem ständigen unangenehmen Begleiter (chronischer Schwindel).

Mediziner unterscheiden prinzipiell vestibulären und nicht-vestibulären Schwindel.

Vestibulärer Schwindel: Ursachen im Gleichgewichtssystem

Vestibulärer Schwindel entsteht „im Kopf“ - entweder durch widersprüchliche Reize oder eine gestörte Verarbeitung jener Informationen, die von den Gleichgewichtsorganen ans Gehirn geleitet werden. Auslöser sind Erkrankungen oder Irritationen des Gleichgewichtssystems. Wenn das Gleichgewichtsorgan bzw. der Gleichgewichtsnerv im Innenohr die Ursache ist, handelt es sich um einen peripheren vestibulären Schwindel. Bei Erkrankungen von Hirnstamm, Kleinhirn oder Großhirn spricht man von einem zentralen vestibulären Schwindel.

Die häufigsten Formen und Ursachen von vestibulärem Schwindel sind:

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Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPPV)

Der harmlose Lagerungsschwindel ist die häufigste Form des Schwindels. Er wird durch kleinste Kristalle oder Steinchen (Otolithen) im flüssigkeitsgefüllten Gleichgewichtsorgan ausgelöst, die sich aus ihrer Verankerung gelöst haben (Cupulolithiasis, Canalolithiasis). Verändert der Betroffene seine Körperhaltung, bewegen sich die Steinchen oder Kristalle in den flüssigkeitsgefüllten Bogengängen und reizen die Sinneszellen. Ein akuter, kurzer und heftiger Schwindelanfall ist die Folge. Typischerweise setzt der Schwindel drei bis fünf Sekunden nach einer Lageveränderung (zum Beispiel nach dem Hinlegen) ein und dauert dann 20 bis 30 Sekunden an. Wird die Lage anschließend in derselben Richtung verändert, setzt der Schwindel erneut ein. Er wird als heftiges Drehgefühl empfunden und ist in der Regel von Übelkeit begleitet. Nach mehrmaliger Wiederholung bemerkt der Betroffene häufig eine leichte Abschwächung des Schwindelgefühls. Eine Hörbeeinträchtigung gehört nicht zu den Begleiterscheinungen.

Neuritis vestibularis: Entzündung des Gleichgewichtsnervs

Die Entzündung des Gleichgewichtsnervs ist die zweithäufigste Ursache für peripheren vestibulären Schwindel. Die Gründe für diese Entzündung sind noch nicht bekannt. Die Entzündung löst einen äußerst unangenehmen, anhaltenden Drehschwindel aus. Die Symptome klingen nur langsam im Laufe von zwei bis vier Wochen ab. Gelegentlich kündigen kürzere Schwindelattacken den Hauptanfall schon einige Tage vorher an. Die Neuritis vestibularis ist nach dem benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel und Morbus Menière die dritthäufigste Ursache des peripher vestibulären Schwindels. Sie tritt mit einer Inzidenz von 3,5 pro 100.000 auf und betrifft meist Erwachsene zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr.

Ursachen und Pathogenese: Die Ätiologie der Neuritis vestibularis ist bisher noch unbekannt. Eine virale Genese wird vermutet. Als wahrscheinlich gilt eine Einschränkung der Mikrozirkulation im Rahmen einer Infektion mit neurotropen Viren. Hierfür spricht, dass in 60% der Fälle eine Reaktivierung der Herpes simplex Typ 1 Viren im Bereich des N. vermutet wird.

Symptome: Patienten mit einer Neuritis vestibularis leiden aus völliger Gesundheit heraus plötzlich an starkem Drehschwindel. Typische Prodromi oder Auslöser fehlen. In der Regel ist der Schwindel von Übelkeit und Erbrechen begleitet. Der Schwindel ist permanent andauernd und nicht lageabhängig. Die Beschwerden verstärken sich jedoch bei Kopfbewegung. Die Patienten suchen intuitiv die Ruhe. Zudem können Scheinbewegungen der Umwelt, sogenannte Oszillopsien auftreten. In der klinischen Untersuchung zeigt sich eine Gangabweichung und Fallneigung des Patienten zur betroffenen, kranken Seite. Zudem ist meist schon ein horizontal-rotierender Spontannystagmus ohne Frenzelbrille zu sehen. Zur differentialdiagnostischen Abklärung ist es wichtig zu wissen, dass das Krankheitsbild mit keiner akuten Hörminderung oder Tinnitus einhergeht. Die Diagnose einer Neuritis vestibularis ist eine Ausschlussdiagnose.

Diagnostik:

  • Basisanamnese: Jede Schwindeldiagnostik sollte mit einer ausführlichen Anamnese beginnen. Im Rahmen der Anamnese sollten die vier Hauptkategorien: Art des Schwindels, Zeitdauer des Schwindels, modulierende Faktoren und zusätzliche Faktoren erfasst werden. Nach Abfragen der wichtigsten Schwindelsymptome ist eine Einordnung des Schwindels meist schon gut möglich.
    • Der Charakter des Schwindels kann drehend oder schwankend sein. Ein drehender Charakter spricht eher für eine peripher vestibuläre Genese des Schwindels. Des Weiteren unterscheidet man eine Gangunsicherheit (mit klarem Kopf) und eine Benommenheit vom Dreh- bzw. Schwankschwindel.
    • Ein Schwindel kann je nach Ursache des Schwindels Sekunden, Minuten, Stunden oder Tage bzw. länger als Tage anhalten.
    • Bei einer Schwindelerkrankung können je nach Ursache des Schwindels verschiedene modulierende Faktoren auftreten, wie beispielsweise das Auftreten des Schwindels nur beim Laufen, bei bestimmten Kopfbewegungen (Rotation, Retroflexion), beim Aufrichten des Körpers, körperlicher Anstrengung oder Heben/Arbeiten mit den Armen oberhalb des Kopfes. Zudem kann auch eine neue Brille zum Auftreten von Schwindel führen. Auch Medikamenteneinnahme (v.a. Antihypertensiva, Sedativa, Antiarrhythmika oder NSAR) oder bedeutende Lebensveränderungen können modulierend auf Schwindelbeschwerden wirken. Auch Hungerperioden bei Diabetikern können modulierende Faktoren für Schwindel sein.
    • Zusätzlich zum Schwindel können je nach Ätiologie des Schwindels weitere Symptome auftreten, die im Rahmen der Anamnese abgefragt werden müssen. Dazu zählen beispielweise Erbrechen, Hörstörungen, Schmerzen (Otalgie) oder Druckgefühl im Ohr, Gefühllosigkeit oder Brennen in den Beinen, Sehstörungen, Tachykardie und ängstliche oder traurige Stimmung.
  • Klinische Untersuchung: Die Leitlinie bezieht sich auf die hausärztliche Untersuchung und empfiehlt die Erhebung eines allgemeinen Status des Patienten, eine Beurteilung der Kreislaufsituation inklusive der Messung des Blutdrucks sowie eine Herzauskultation. Es sollte auf Zeichen der Herzinsuffizienz und Stauung geachtet werden. Der Hausarzt sollte zudem eine Untersuchung der Halswirbelsäule durchführen. Auch eine klinisch-neurologische Untersuchung sollte bei dem Leitsymptom Schwindel erfolgen. Diese sollte mindestens die Erhebung eines Reflexstatus, eine Sensibilitätsprüfung an den Beinen sowie die Durchführung eines Romberg Stehversuchs und Unterberg Tretversuchs enthalten. Auch sollte überprüft werden, ob der Patient in der Lage ist eine Diadochokinese und den Finger-Nase Versuch und Knie-Hacken Versuch durchzuführen. Eine HNO-ärztliche Untersuchung sollte neben der Spiegeluntersuchung gemäß der Leitlinie eine Untersuchung auf einen Nystagmus einschließlich einer Lagerungs-Provokation enthalten. Zudem sollte ein horizontaler Kopfimpulstest durchgeführt werden. Der Kopfimpulstest ist ein klinischer Funktionstest, der den vestibulo-okulären Reflex (VOR) überprüft. Ist dieser pathologisch spricht dies mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine peripher vestibuläre Ursache des Schwindels. Der Patient kann dann auf Grund des einseitig reduzierten VOR bei Fixation die Blickrichtung während passiver, rascher Kopfbewegung in Richtung der betroffenen Seite nicht halten. Die Augen bewegen sich zusammen mit dem Kopf vom Ziel weg. Durch das retinale Fehlsignal wird dann eine Korrektursakkade, eine sogenannte catch-up Sakkade, ausgelöst.
  • Untersuchungsbefunde bei der Neuritis vestibularis: Die HNO-Spiegeluntersuchung zeigt bei einer Neuritis vestibularis keinen für die Erkrankung spezifischen pathologischen Befund. Insbesondere zeigt die Ohrmikroskopie einen reizlosen Trommelfellbefund. Es sollte eine Untersuchung des Patienten mit Hilfe einer Frenzelbrille erfolgen. Hier zeigt sich in der Regel ein horizontaler oder auch rotatorischer Spontannystagmus zur gesunden Seite. Der Nystagmus lässt sich meist durch visuelle Fixation unterdrücken und verstärkt sich, wenn die Fixierung aufgehoben wird. Eine Frenzelbrillenuntersuchung ist daher notwendig. Die Intensität des Nystagmus nimmt beim Blick in die Bewegungsrichtung des Nystagmus zu. Der Kopfimpulstest ist pathologisch bei einer Neuritis vestibularis. Es sollte zudem die vestibulospinale Funktion geprüft werden. In der Romberg Untersuchung fällt eine Fallneigung zur kranken Seite auf.
  • Apparative Untersuchungen: Die Leitlinie empfiehlt, wenn beim Kopfimpulstest kein sicherer Befund erhoben werden konnte, die Durchführung einer Elektronystagmographie mit kalorischer Prüfung. In dieser zeigt sich bei einer Neuritis vestibularis eine Un- bzw. Untererregbarkeit des ipsilateralen horizontalen Bogenganges. Finden sich Hinweise auf eine zentrale Genese des Schwindels, so ist eine Bildgebung wie beispielsweise eine MRT-Untersuchung des Schädels oder auch eine Liquorpunktion bei Verdacht auf eine Hirnstammenzephalitis indiziert. Vestibulär evozierte myogene Potenziale (VEMPs) des M. sternocleidomastoideus, die die Sakkulusfunktion überprüfen sind in 30-50% der Fälle pathologisch.

Differentialdiagnosen: Wichtige Differentialdiagnosen zur Neuritis vestibularis sind zentrale Ursachen wie beispielsweise Kleinhirninfarkte aber auch eine multiple Sklerose, ein Akustikusneurinom oder Läsionen der vestibulären Nervenkerne. Beim Vorliegen dieser Krankheitsbilder können unauffällige Kopfimpulstests oder auffällige Abdecktests den Verdacht auf eine zentrale Genese des Schwindels lenken.

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Therapie: Die Therapie der akuten Neuritis vestibularis basiert auf drei Prinzipien: die symptomatische Therapie, die kausale Therapie und die Verbesserung der zentralen vestibulären Komponente.

  • Symptomatische Therapie: Nur innerhalb der ersten Tage und nur bei schwerer Übelkeit und Erbrechen sollten Antivertiginosa gegeben werden, da sie zur Verzögerung der zentralen Kompensation eines Vestibularausfalls führen.
  • Kausale Therapie: Die kausale Therapie der Neuritis vestibularis erfolgt mittels Glukokortikosteroiden. Eine prospektive, randomisierte, placebokontrollierte Studie konnte hierzu zeigen, dass eine Methylprednisolon Monotherapie zu einer signifikanten Verbesserung der Erholung der peripher vestibulären Funktion führt.
  • Verbesserung der zentralen vestibulären Komponente: Die Experten der Leitlinie betonen, dass die Förderung der zentralen Kompensation durch physikalische Therapie ein wichtiges Therapieprinzip darstellt. Vestibuläre Trainingsprogramme umfassen beispielsweise willkürliche Augenbewegungen und Fixation. Dies trägt zur Verbesserung der gestörten Blickstabilisation bei. Auch aktive Kopfbewegungen zur Neueinrichtung des vestibulookulären Reflexes sind Teile des vestibulären Trainingsprogramms. Eine Mobilisation der Patienten ohne Erbrechen sowie Gehen ohne Hilfestellung ist meist innerhalb von 3-4 Tagen möglich. Die Beschwerden klingen nach 2-4 Wochen langsam ab. Die Patienten benötigen oft 1-2 Monate Zeit, bis sie wieder voll arbeitsfähig sind und eine Beschwerdefreiheit erreicht wird.

Prognose: In 40-50% der Fälle tritt eine vollständige Restitution der Gleichgewichtsfunktion ein. 20-30% der Betroffenen erreichen nur eine partielle Restitution. In der Regel bilden sich die statischen Symptome wie der Spontannystagmus, Schwindel und die Fallneigung zurück, während die dynamischen Funktionsstörungen bestehen bleiben. Bei raschen Kopfbewegungen können z.B. Oszillopsien auftreten. Das Auftreten von Rezidiven der Erkrankung ist selten. Wenn es zum Auftreten von Rezidiven kommt, dann kommen sie in der Regel auf der vorher nicht betroffenen Seite vor. Dies betrifft etwa 1,9% der Fälle.

Komplikationen: 10-15% der Neuritis vestibularis Patienten erleiden innerhalb von Wochen auf dem betroffenen Ohr einen typischen benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel. Eine wichtige Komplikation der Erkrankung ist der Übergang der Neuritis vestibularis in einen phobischen Schwankschwindel.

Vestibulopathie

Dreh- oder Taumelschwindel sind typisch für die Innenohrerkrankung (Vestibulopathie). Das Gleichgewichtsorgan sendet keine oder fehlerhafte Informationen an das Gehirn. Hierdurch funktioniert die automatische Verschaltung des Gleichgewichtsorganes mit den Augen (sogenannter vestibulookulärer Reflex) nicht mehr. Die automatische Ausgleichsbewegung der Augen kann daher nicht mehr stattfinden. Die Betroffenen können ihre Umgebung bei Bewegung nur noch verschwommen wahrnehmen, können Straßenschilder nicht mehr lesen oder die Gesichter entgegenkommender Personen nicht mehr sicher erkennen. Die Symptome können zwischen wenigen Minuten und einigen Tagen andauern und sind in der Regel bei Dunkelheit und auf unebenem Boden schlimmer, da hier die beiden anderen Säulen des Gleichgewichtes - die Augen und die Tiefensensibilität in den Füßen - keine zusätzlichen Informationen liefern können.

Die Ursache einer Vestibulopathie kann vielfältig und manchmal auch auf ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren zurückzuführen sein. Mögliche Auslöser sind die Einnahme von innenohrschädigenden Medikamenten, die Menière-Erkrankung, Elektrolytverschiebungen, Virusinfekte oder auch Mikroinfarkte des Innenohres.

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Vestibularisparoxysmie

Hier treten regelmäßig Schwindelanfälle auf (meist Drehschwindel, seltener Schwankschwindel), die nur Sekunden bis Minuten dauern und zu unsicherem Stehen und Gehen führen. Bestimmte Kopfhaltungen können die Anfälle auslösen. Die Ursachen der Vestibularisparoxysmie sind unklar. Es wird vermutet, dass es sich um eine Art Kurzschluss zwischen zwei benachbarten Nervenfasern (Axonen) handelt, der die Signalübermittlung des Gleichgewichtsorganes zum Gehirn kurzzeitig stört. Die Schwindelattacken bei einer Vestibularisparoxysmie lassen sich mit Medikamenten behandeln. Durch die Wirkstoffe Carbamazepin oder Oxcarbazepin bessern sich die Beschwerden oder verschwinden sogar ganz. Als letzte Möglichkeit, die Schwindelattacken bei Vestibularisparoxysmie zu beenden, kommt die sogenannte mikrovaskuläre Dekompression infrage. Bei diesem operativen Eingriff im Gehirn behebt man den Kontakt zwischen Nerv und Blutgefäß - zum Beispiel indem man eine Art Polster dazwischen platziert.

Schwindel durch Morbus Menière

Die Menière-Erkrankung ist eine Erkrankung des Innenohres. Sie betrifft sowohl die Hörschnecke als auch das Gleichgewichtsorgan. Die Erkrankung tritt in der Regel anfangs nicht in ihrer Vollausprägung aus. Viele Patienten entwickeln zunächst einzelne Symptome und erst nach längerer Zeit kommen weitere Beschwerden im Sinne der klassischen Trias: „Tieftonhörverlust, Schwindel und Tinnitus“ hinzu. Typischerweise klagen die Patienten zunächst über einen Drehschwindel, der Stunden bis zu Tagen anhalten kann. Zumeist wird begleitend auch ein „Völlegefühl“ des Ohres beschrieben.

Diese Schwindelanfälle wiederholen sich in höchst unterschiedlicher Frequenz. Einige Patienten leiden mehrmals pro Woche unter Schwindel, andere nur einmal im Jahr. Nach mehreren Anfällen, selten auch direkt beim ersten Anfall, bemerkt der Betroffene einen Hörverlust des betroffenen Ohres und ein Ohrgeräusch im Schwindelanfall. Im Hörtest kann dann auch eine Schädigung der Hörschnecke bei tiefen Frequenzen gemessen werden. Dieser Hörverlust bessert sich gelegentlich etwas zwischen den Anfällen, führt jedoch mit fortschreitender Krankheitsdauer zu einer langsam eintretenden Ertaubung. Ebenso verliert das Gleichgewichtsorgan langsam seine Funktion. Man spricht vom „Ausbrennen“ der Erkrankung. Ursächlich für die geschilderten Symptome ist ein Überdruck im flüssigkeitsgefüllten Innenohr (sogenannter Endolymphhydrops). Dieser Überdruck führt zu einer Schädigung der empfindlichen Nervenzellen.

Mit wiederholten Anfällen sind diese Schäden so schwerwiegend, dass die Nervenzellen sowohl in der Hörschnecke als auch im Gleichgewichtsorgan unwiederbringlich absterben und die Organe ihre Funktion verlieren. Der Zeitpunkt dieses Funktionsverlusts kann bereits nach wenigen Monaten, aber auch erst nach Jahrzehnten erreicht sein. Zu den Ursachen für diesen Überdruck wird geforscht - gesicherte Erkenntnisse liegen jedoch noch nicht vor.

Durchblutungsstörungen im Gehirn

Schwindel kann auch auftreten, wenn das Hirn nicht mehr ausreichend durchblutet wird. Das passiert zum Beispiel bei einem Schlaganfall oder einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) - einer vorübergehenden Durchblutungsstörung des Gehirns, die als Frühwarnzeichen eines Schlaganfalls gilt. Dieser Schwindel wird von Betroffenen typischerweise als „Gangunsicherheit“ oder auch „Benommenheit“ beschrieben. Weitere typische Symptome bei Schwindel infolge gestörter Hirndurchblutung sind Übelkeit und Erbrechen, gestörte Bewegungsabläufe (Ataxie), Gefühlsstörungen, Schluckstörungen und Störungen der Sprechmotorik (Dysarthrie).

Basilaris-Migräne (vestibuläre Migräne)

Diese besondere Form der Migräne ist mit wiederkehrenden Schwindelattacken verbunden. Sie werden von Sehstörungen, Haltungs- und Gangstörungen sowie Schmerzen im Hinterkopf begleitet. Während eines Anfalls von Basilaris-Migräne verkrampft sich die Basilarisarterie (A. basilaris) kurzzeitig. Die Arteria basilaris ist für die Blutzufuhr im hinteren Teil des Gehirns zuständig.

Akustikusneurinom bzw. Vestibularisschwannom

Diese gutartige Geschwulst des Hör- und Gleichgewichtsnervs geht von den Schwannschen Zellen aus, die den Nerv umhüllen. Die Tumore wachsen langsam, führen aber im Lauf der Zeit zu einer Schädigung der Nerven mit einseitiger Hörstörung und Gleichgewichtsstörung.

Felsenbeinfraktur mit Labyrinthausfall

Bei einem schweren Unfall oder Sturz können Schädelknochen brechen (Schädelfraktur). Ist das Felsenbein - der Knochenabschnitt, der das Innenohr umgibt - betroffen, kann auch das Innenohr mit seinem Gleichgewichtssystem geschädigt werden. Schwindel ist eine mögliche Folge. Der Schwindel wird von Betroffenen typischerweise als heftiger Drehschwindel mit Übelkeit und Erbrechen empfunden.

Vestibuläre Epilepsie

Erstes Anzeichen des eigentlichen Anfalls ist häufig ein Schwindelgefühl. Dann folgen Krampfanfälle mit Schwindel und schnelle, zuckende Augenbewegungen.

Reisekrankheit (Kinetose)

Ungewöhnliche Bewegungen - z. B. beim Fahren eines Autos oder Busses auf kurvigen Straßen, Turbulenzen im Flugzeug oder starke Wellen - können das Innenohr mit Reizen überfluten. Wenn die betroffene Person die Ursachen dieser Bewegungen nicht ständig mit den Augen verfolgt, kann das Gehirn die Reize nicht zuordnen und registriert sie als Fehlermeldung. Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen und Erbrechen sind oft die Folge.

Nicht-vestibulärer Schwindel: Ursachen außerhalb des Gleichgewichtssystems

Wer unter nicht-vestibulärem Schwindel leidet, kann sich nicht mehr im Raum orientieren, geht und steht unsicher, und neigt deshalb zu Stürzen. Übelkeit und Erbrechen sind bei dieser Schwindelart jedoch selten.

Beim nicht-vestibulären Schwindel funktionieren die Gleichgewichtsorgane einwandfrei. Auch Nerven und Gehirn sind vollkommen intakt. Die Auslöser finden sich vielmehr in anderen Körperregionen.

Zu den Ursachen des nicht-vestibulären Schwindels gehören demnach:

  • HWS-Syndrom (Halswirbelsäulen-Syndrom): Dieser Symptomenkomplex umfasst verschiedene Beschwerden wie Nacken-, Schulter- und Kopfschmerzen, oft mit neurologischen Symptomen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl in den Fingern. Auch Schwindel und Tinnitus können auftreten. Mögliche Ursachen sind Verschleißerscheinungen, Muskelverspannungen, Entzündungen und Verletzungen im Bereich der Halswirbelsäule.
  • Niedriger Blutdruck (Hypotonie) und orthostatische Dysregulation: Letzteres bedeutet einen plötzlichen Blutdruckabfall nach einer Lageänderung, z. B. beim schnellen Aufstehen aus dem Liegen. Das Blut sackt in die Beine, wodurch das Gehirn kurzzeitig zu wenig Blut und damit zu wenig Sauerstoff erhält. Die Folgen sind Schwindel und Schwarzwerden vor den Augen.
  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • Blutarmut (Anämie)
  • Herzrhythmusstörungen
  • Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
  • Lungenembolie: ein eher seltener Grund für Schwindel
  • Schwangerschaft: Die starken körperlichen Veränderungen in der Schwangerschaft können mit Blutdruckschwankungen verbunden sein, die manchmal Schwindelgefühle auslösen.
  • Niedriger Blutzuckerspiegel (Unterzucker)
  • Vegetative diabetische Polyneuropathie: Diabetes-bedingte Nervenschäden im Bereich des vegetativen Nervensystems
  • Gefäßverkalkung und -verengung (Arteriosklerose) im Bereich der hirnversorgenden Gefäße
  • Carotis-Sinus-Syndrom: Bestimmte Druckrezeptoren in der Halsschlagader reagieren überempfindlich. Schon bei geringem Druck verlangsamen sie den Herzschlag. Dadurch sinkt der Blutdruck, was zu Schwindel und Bewusstseinsstörungen (bis hin zur Ohnmacht) führen kann.
  • Medikamente: Schwindel als Nebenwirkung
  • Alkohol und andere Drogen
  • Hyperventilation: übermäßig schnelles und tiefes Atmen
  • Schlecht eingestellte oder ungewohnte Brille

Diagnostik des Schwindels: Auf der Suche nach der Ursache

In Anbetracht der unterschiedlichen Schwindelformen ist je nach Symptomatik eine individuelle Diagnostik von großer Bedeutung. Grundlage für die weiterführende Diagnostik ist immer eine ausführliche neurologische und/oder HNO-ärztliche Untersuchung (inklusive Gleichgewichts- und Koordinationstests, Gang- und Standprüfungen, Untersuchung der Hirnnervenfunktionen, Überprüfung der sensiblen Funktionen und Kraftprüfung).

Die Rolle der Magnetresonanztomographie (MRT)

In der weiterführenden Diagnostik hat die Magnetresonanztomographie (kurz MRT) einen hohen Stellenwert. Mit Hilfe der MRT können im Rahmen der Schwindelabklärung kleinste Veränderungen der Gleichgewichts- und Hörnerven, des Innenohrs aber auch des Gehirns, der Gefäße und der Schädelkalotte sowie gegebenenfalls der Halswirbelsäule festgestellt werden. Studien zeigen, dass die MRT die diagnostische Sicherheit in der Abklärung des Schwindels deutlich erhöht.

Die MRT bietet hochauflösende Bilder zur Diagnosesicherung, schließt gefährliche Ursachen wie Hirntumoren oder Durchblutungsstörungen aus und unterstützt bei der Differenzierung ähnlicher Erkrankungen (z. B. vestibuläre Migräne vs. Morbus Menière).

Was lässt sich untersuchen?

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist ein wichtiges Instrument zur Abklärung von Drehschwindel. Sie hilft dabei, schwerwiegende Ursachen auszuschließen und gezielt zu behandeln. So lässt sich beispielsweise beurteilen, ob ein Tumor sich bis ins Innenohr (Schnecke und dem Gleichgewichtsorgan) ausdehnt und dieses miteinbezieht. Auch Erkrankungen des Innenohrs wie Morbus Menière lassen sich mit einem speziellen Hydrops-MRT nachweisen.

Therapie des Schwindels: Individuell und ursachenorientiert

Eine eindeutige Diagnostik der Schwindelursache ist für das Patientenwohl unabdingbar, da jede Schwindelursache spezifisch behandelt werden muss. Zu den gängigsten therapeutische Maßnahmen zählen Medikamente, Physiotherapie, Psychotherapie, und in seltenen Fällen eine chirurgische Behandlung.

  • Medikamentöse Therapie: Bei akutem Schwindel können Antivertiginosa (Medikamente gegen Übelkeit) und Kortison in Tablettenform oder als Infusion eingesetzt werden. Bei chronischem Schwindel steht die Beseitigung der Grunderkrankung (z.B. bei Zuckerkrankheit; Migräneprophylaxe) oder Schwindel auslösender Faktoren (Triggerfaktoren) im Vordergrund.
  • Physiotherapie: Spezielle Behandlungen gibt es beim Gutartigen Lagerungsschwindel in Form von sogenannten Befreiungsmanövern. Bei einer Neuritis vestibularis beginnt das Gehirn sofort, den Ausfall des Gleichgewichtsnerven auszugleichen. Ein intensives Gleichgewichts- und Gangtraining ist hilfreich.
  • Psychotherapie: Bei Funktionellem Schwindel klärt man Betroffene zunächst darüber auf, dass es keine körperlichen Gründe für die Erkrankung gibt, um Ängste abzubauen. Zusätzlich kann man eine kognitive Verhaltenstherapie durchführen.
  • Chirurgische Behandlung: In seltenen Fällen, wie bei der Vestibularisparoxysmie, kann eine mikrovaskuläre Dekompression infrage kommen, um den Kontakt zwischen Nerv und Blutgefäß zu beheben.

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