Agnosie bei Demenz: Ursachen, Symptome und Therapie

Agnosie ist eine seltene neurologische Störung, die die Fähigkeit einer Person beeinträchtigt, sensorische Informationen zu erkennen oder zu interpretieren, obwohl die Sinnesorgane selbst intakt sind. Dies bedeutet, dass jemand sehen, hören, fühlen, riechen oder schmecken kann, aber Schwierigkeiten hat, die Bedeutung dieser sensorischen Erfahrungen zu verstehen. Agnosie kann verschiedene Sinnesmodalitäten betreffen, was zu unterschiedlichen Formen der Störung führt. Da Demenz eine Verschlechterung der kognitiven Funktionen und der Alltagskompetenzen umfasst, kann die Agnosie oft ein Begleitsymptom sein.

Agnosie: Definition und Formen

Bei einer Agnosie kann der Betroffene Sinnesreize nicht mehr erkennen, obwohl die Wahrnehmung an sich erhalten ist. Die Sinnesorgane funktionieren also korrekt, und es liegt auch keine geistige Beeinträchtigung (etwa Demenz) vor. Stattdessen beruht die Agnosie auf einer Störung bei der Informationsverarbeitung, etwa infolge eines Schlaganfalls. Sie ist relativ selten.

Fachleute unterscheiden verschiedene Formen von Agnosie - je nach Art der betroffenen Sinneswahrnehmung (Sinnesmodalität wie Sehen) oder in Bezug auf ganz bestimmte Prozesse innerhalb einer Sinnesmodalität (wie Gesichtserkennung). Demnach gibt es beispielsweise:

  • Visuelle Agnosie: Hierzu gehören Unterformen wie Prosopagnosie (Gesichtsblindheit) und Farbagnosie.
  • Taktile Agnosie: Die Unfähigkeit, Gegenstände durch Berührung zu erkennen.
  • Räumliche Agnosie: Schwierigkeiten bei der Orientierung im Raum oder am eigenen Körper.
  • Olfaktorische Agnosie: Unfähigkeit, Gerüche zu unterscheiden.
  • Auditorische Agnosie: Schwierigkeiten beim Erkennen von Geräuschen oder Tönen.
  • Autotopagnosie: Unfähigkeit, eigene Körperteile zu lokalisieren und zu benennen.
  • Anosognosie: Unfähigkeit, eigene Funktionsausfälle oder die eigene Erkrankung zu erkennen oder zu beachten.

Ursachen von Agnosie

Agnosie tritt als Folge von Schädigungen bestimmter Bereiche des Gehirns auf, die für die Verarbeitung sensorischer Informationen verantwortlich sind. Diese Schädigungen können durch verschiedene Faktoren verursacht werden, darunter:

  • Schlaganfall: Eine Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns kann zu Hirnschäden und Agnosie führen.
  • Hirnverletzungen: Traumatische Hirnverletzungen können die für die sensorische Verarbeitung zuständigen Bereiche des Gehirns schädigen.
  • Tumore: Hirntumore können auf Hirnareale drücken oder in sie eindringen und so die normale Funktion stören.
  • Infektionen: Bestimmte Infektionen des Gehirns können Entzündungen und Schäden verursachen, die zu Agnosie führen.
  • Neurodegenerative Erkrankungen: Erkrankungen wie Alzheimer-Krankheit und andere Demenzformen können zu einem fortschreitenden Abbau von Hirnzellen führen, was die sensorische Verarbeitung beeinträchtigen kann.
  • Andere neurologische Erkrankungen: Seltene Erkrankungen wie die Pick-Krankheit können ebenfalls Agnosie verursachen.

Agnosie: Symptome im Detail

Je nach Art der Agnosie, beziehungsweise je nachdem, wo das Gehirn geschädigt ist, unterscheiden sich die Symptome.

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Visuelle Agnosie

Im Fall der visuellen oder optischen Agnosie (auch Seelenblindheit genannt) ist der Betroffene unfähig, optische Wahrnehmungen mit optischen Erinnerungen zu verknüpfen. Das bedeutet, der Patient kann zwar ein Objekt (Gegenstand, Gesicht etc.) sehen, es aber nicht erkennen. Kann er das Objekt jedoch zum Beispiel hören oder angreifen, ist es möglich, dass er es erkennt.

Die visuelle Agnosie unterteilt sich in verschiedene Unterformen wie:

  • Prosopagnosie (Gesichtsblindheit): Betroffene können vertraute Gesichter (von Familienangehörigen, Freunden etc.) nicht erkennen und voneinander unterscheiden. Stattdessen müssen sie andere Merkmale (Stimme, Kleidung, Gestik etc.) heranziehen, um einzelne Personen identifizieren zu können.
  • Apperzeptive Agnosie: Bei der apperzeptiven (oder integralen) Agnosie kann der Betroffene zwar Einzelelemente wahrnehmen, diese aber nicht zu einem Gesamtobjekt zusammensetzen. So kann er etwa in den einzelnen „Strichen“ eines Bildes keinen Sinn erkennen.
  • Assoziative Agnosie: Hier erkennt der Betroffene Form und Gestalt eines Objektes (etwa eines Hammers), kennt aber seine Bedeutung nicht. Das heißt, er weiß nicht, wozu der Hammer dient.
  • Farbagnosie: Betroffene können Farben zwar wahrnehmen, aber nicht erkennen und benennen. Diese Form der Agnosie darf nicht verwechselt werden mit Farbenblindheit - einer Erkrankung, bei der Betroffene einzelne oder alle Farben nicht wahrnehmen können.

Taktile Agnosie

Die taktile Agnosie wird auch Stereoagnosie, Astereognosie oder Tastblindheit genannt. Man versteht darunter die Unfähigkeit, etwas nur durch Abtasten oder Angreifen (ohne Sichtkontrolle) zu identifizieren, obwohl der Tastsinn normal funktioniert. Gegenstände und Materialien kann der Betroffene also allein durch Angreifen und Betasten nicht erkennen und benennen.

Räumliche Agnosie

Bei dieser Form der Erkennungsstörung kann sich der Betroffene weder im Raum noch am eigenen Körper orientieren.

Olfaktorische Agnosie

Menschen mit olfaktorischer Agnosie (oder Geruchsagnosie) können zwar Gerüche wahrnehmen, aber nicht voneinander unterscheiden.

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Auditorische Agnosie

Eine auditorische (akustische oder auditive) Agnosie wird auch als Seelentaubheit bezeichnet. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass der Betroffene trotz intakten Gehörs Geräusche oder Töne nicht identifizieren bzw. in ihrem Zusammenhang erkennen kann. Wenn beispielsweise im Nebenraum ein Telefon klingelt, hört er es zwar, kann es aber nicht als Telefonklingeln erkennen. Oder er kann einzelne Töne hören, sie aber nicht in ihrem Zusammenhang als Melodie erkennen.

Autotopagnosie

Bei einer Autotopagnosie kann der Betroffene eigene Körperteile nicht lokalisieren und benennen sowie Hautreize am eigenen Körper nicht richtig lokalisieren, obwohl die Oberflächensensibilität intakt ist.

Anosognosie

Als Anosognosie bezeichnen Mediziner die Unfähigkeit, eigene Funktionsausfälle beziehungsweise die eigene Erkrankung zu erkennen oder zu beachten. Der Patient nimmt geschädigte/betroffene Organe und Körperteile als funktionstüchtig wahr. Das kann zum Beispiel bei einer Halbseitenlähmung dazu führen, dass der Patient immer von Neuem versucht, die gelähmte Körperseite zu benutzen, was die Sturzgefahr erhöht.

Agnosie und Demenz

Demenz ist ein Syndrom, das durch einen fortschreitenden Abbau der kognitiven Funktionen gekennzeichnet ist und Gedächtnis, Denken, Orientierung, Sprache und Urteilsvermögen beeinträchtigt. Agnosie kann als eines der vielen Symptome auftreten, die mit Demenz einhergehen, insbesondere bei bestimmten Arten von Demenz wie der Alzheimer-Krankheit und der Lewy-Körperchen-Demenz.

Bei Demenz kann Agnosie die Fähigkeit einer Person beeinträchtigen, vertraute Objekte, Gesichter oder Klänge zu erkennen, was zu Verwirrung, Desorientierung und Schwierigkeiten bei der Ausführung alltäglicher Aufgaben führt. Beispielsweise kann eine Person mit Alzheimer-Krankheit Schwierigkeiten haben, Familienmitglieder zu erkennen oder die Verwendung eines alltäglichen Gegenstandes wie einer Gabel zu verstehen.

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Diagnose von Agnosie

Die Diagnose einer Agnosie erfordert eine umfassende neurologische Untersuchung und neuropsychologische Tests. Der Arzt wird die Krankengeschichte des Patienten erheben, eine körperliche Untersuchung durchführen und verschiedene Tests durchführen, um die sensorische Funktion, die Wahrnehmung und die kognitiven Fähigkeiten zu beurteilen.

Um die spezifische Art der Agnosie zu bestimmen, kann der Arzt den Patienten bitten, Objekte zu benennen, Gesichter zu identifizieren, Geräusche zu erkennen oder taktile Reize zu unterscheiden. Bildgebende Verfahren des Gehirns, wie z. B. CT- oder MRT-Scans, können durchgeführt werden, um Hirnschäden oder Anomalien zu identifizieren, die zur Agnosie beitragen können.

Behandlung von Agnosie

Die Behandlung von Agnosie zielt darauf ab, die Grunderkrankung zu behandeln und den Patienten dabei zu helfen, ihre verbleibenden Fähigkeiten zu kompensieren. Die Behandlungsmöglichkeiten können sein:

  • Behandlung der Grunderkrankung: Wenn die Agnosie durch einen Schlaganfall, eine Hirnverletzung, einen Tumor oder eine Infektion verursacht wird, konzentriert sich die Behandlung auf die Behandlung dieser Erkrankung.
  • Ergotherapie: Ergotherapeuten können Patienten Strategien beibringen, um ihre sensorischen Defizite zu kompensieren und ihre Fähigkeit zu verbessern, alltägliche Aufgaben auszuführen. Beispielsweise können Patienten mit Prosopagnosie lernen, Menschen an anderen Merkmalen als ihrem Gesicht zu erkennen, also etwa an der Haarfarbe und Frisur, an der Stimme oder am Gang.
  • Sprachtherapie: Sprachtherapeuten können Patienten mit auditorischer Agnosie helfen, ihre Fähigkeit zu verbessern, Geräusche und Sprache zu verstehen.
  • Neuropsychologische Rehabilitation: Diese Therapie kann Patienten helfen, ihre kognitiven Fähigkeiten zu verbessern und Strategien zur Bewältigung ihrer Agnosie zu entwickeln.
  • Unterstützung: Angehörige können eine große Unterstützung sein. Sie sollten am besten mit dem behandelnden Arzt oder Therapeuten besprechen, wie sie den Agnosie-Patienten wirksam unterstützen können.

Agnosie: Wann sollte Sie zum Arzt?

Tritt eine Agnosie neu auf, ist sie ein Warnsignal für eine gestörte Hirnfunktion. Ist ein Schlaganfall die Ursache, ist das ein Notfall, der sofort ärztlich behandelt werden muss!

Leben mit Agnosie

Das Leben mit Agnosie kann sowohl für den Betroffenen als auch für seine Angehörigen eine Herausforderung sein. Es ist wichtig, die Art der Agnosie zu verstehen und Strategien zu entwickeln, um die Symptome zu bewältigen. Einige Tipps für das Leben mit Agnosie sind:

  • Schaffen Sie eine strukturierte Umgebung: Eine strukturierte Umgebung mit vertrauten Gegenständen und Routinen kann Menschen mit Agnosie helfen, sich besser zu orientieren.
  • Verwenden Sie klare und einfache Kommunikation: Verwenden Sie bei der Kommunikation mit einer Person mit Agnosie klare und einfache Sprache. Vermeiden Sie Mehrdeutigkeiten und Wiederholungen Sie Informationen bei Bedarf.
  • Bieten Sie Unterstützung und Ermutigung: Agnosie kann frustrierend und entmutigend sein. Bieten Sie dem Betroffenen Unterstützung und Ermutigung und feiern Sie seine Erfolge.
  • Suchen Sie professionelle Hilfe: Arbeiten Sie mit einem Team von medizinischen Fachkräften zusammen, um eine umfassende Behandlung und Unterstützung zu erhalten.

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