Akutes neurologisches Defizit: Ursachen, Diagnose und Therapie

Ein akutes neurologisches Defizit, oft als Schlaganfall bekannt, erfordert eine schnelle und präzise Diagnostik, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren und eine adäquate Therapie einzuleiten. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Ursachen für ein solches Defizit, die diagnostischen Schritte und die therapeutischen Optionen.

Einführung

Ein plötzlich auftretendes neurologisches Defizit kann verschiedene Ursachen haben, wobei zerebrale vaskuläre Erkrankungen wie der Schlaganfall am häufigsten vorkommen. Andere Ursachen können Kopfschmerzen, epileptische Anfälle oder Hirnnervenausfälle sein. Es ist entscheidend, die Ursache des Defizits schnell zu identifizieren, da einige zugrunde liegende Erkrankungen zu schweren Behinderungen oder sogar zum Tod führen können.

Definitionen und Terminologie

Der Begriff "Schlaganfall" oder "apoplektischer Insult" wird für ein plötzlich aufgetretenes neurologisches Defizit verwendet, das von Kopfschmerzen oder Bewusstseinsstörungen begleitet sein kann. Wenn das neurologische Defizit bis zur neurologischen Untersuchung anhält, spricht man von einem Apoplex. Flüchtige Symptome werden je nach Dauer als transitorische ischämische Attacke (TIA, Dauer maximal 24 Stunden) oder als (prolongiertes) reversibles ischämisches neurologisches Defizit (PRIND oder RIND, Dauer bis maximal 3 Wochen) bezeichnet. Diese Zeitgrenzen sind jedoch willkürlich und nicht unbedingt hilfreich für die Diagnose oder Therapie. Leichte Schlaganfälle werden als "Minor Stroke" und schwere als "Major Stroke" bezeichnet.

Differenzialdiagnose des Schlaganfalls

Die Differenzialdiagnose des Schlaganfalls umfasst verschiedene Ursachen, darunter zerebrale Ischämien, parenchymatöse Blutungen, demyelinisierende Erkrankungen und Stoffwechselstörungen. Eine sichere Differenzierung dieser Ursachen ist rein klinisch nicht möglich, daher ist eine apparative Zusatzdiagnostik in der Frühphase der Abklärung eines Schlaganfalls entscheidend.

Zerebrale Ischämien

Zerebrale Ischämien können den arteriellen oder venösen Schenkel betreffen. Arterielle Ischämien werden als Hirninfarkt bezeichnet, während venöse Ischämien bei Sinus- oder Hirnvenenthrombosen auftreten.

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Risikofaktoren für arterielle Ischämien

Die Arteriosklerose ist die wichtigste Ursache für Hirninfarkte, wobei arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung und Nikotinabusus wichtige Gefäßrisikofaktoren darstellen. Die arterielle Hypertonie spielt eine größere Rolle bei zerebralen Ischämien als bei der koronaren Herzerkrankung, während das metabolische Syndrom eine geringere Rolle spielt. Eine konsequente Blutdrucktherapie ist in der Primärprophylaxe des Schlaganfalls von großer Bedeutung, wobei eine optimale Blutdruckeinstellung bei arterieller Hypertonie effektiver ist als die wirksamste medikamentöse Therapie. Zigarettenrauchen ist bereits bei Jugendlichen ein relevanter Risikofaktor.

Zerebrale Blutungen

Die zerebrale Mikroangiopathie begünstigt nicht nur das Auftreten lakunärer Ischämien, sondern auch die Manifestation von zerebralen Blutungen. Bei älteren Patienten kann die Amyloidangiopathie für das Auftreten intrazerebraler Blutungen oder die Entwicklung einer Demenz verantwortlich sein, auch ohne Vorliegen klassischer Gefäßrisikofaktoren.

Weitere Ursachen

Neben ischämischen und hämorrhagischen Ursachen können auch entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) ein akutes neurologisches Defizit verursachen. Diese können erregerbedingt (Bakterien, Pilze, Protozoen, Viren) oder nicht-erregerbedingt/autoimmun (Multiple Sklerose, Vaskulitis) sein.

Diagnostisches Vorgehen

Das diagnostische Vorgehen bei einem akuten neurologischen Defizit umfasst in der Regel die folgenden Schritte:

  1. Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, einschließlich Risikofaktoren, Begleiterkrankungen und Medikamenteneinnahme.

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  2. Körperliche Untersuchung: Neurologische Untersuchung zur Beurteilung der Art und des Ausmaßes des Defizits.

  3. Apparative Diagnostik:

    • Zerebrale Bildgebung: Computertomographie (CT) und/oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns zur Beurteilung von Ischämien, Blutungen oder anderen strukturellen Veränderungen.
    • Gefäßdiagnostik: Ultraschalluntersuchung der hirnversorgenden Gefäße, CT-Angiographie (CTA) oder MR-Angiographie (MRA) zur Beurteilung von Stenosen oder Verschlüssen.
    • Kardiologische Diagnostik: Elektrokardiogramm (EKG), Langzeit-EKG und Echokardiographie zur Beurteilung von Herzrhythmusstörungen oder anderen Herzerkrankungen.
    • Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen zur Beurteilung von Risikofaktoren, Entzündungszeichen oder Stoffwechselstörungen.
    • Lumbalpunktion: In bestimmten Fällen zur Untersuchung des Nervenwassers auf Entzündungen oder Infektionen.

Therapie

Die Therapie des akuten neurologischen Defizits richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.

Ischämischer Schlaganfall

Die Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls zielt darauf ab, das betroffene Hirngewebe so schnell wie möglich wieder mit Blut zu versorgen. Dies kann durch eine Thrombolyse mit rtPA/Alteplase oder Tenecteplase erfolgen, um das Blutgerinnsel aufzulösen, oder durch eine mechanische Thrombektomie, bei der das Gerinnsel mit einem Katheter entfernt wird.

Intrazerebrale Blutung

Die Behandlung der intrazerebralen Blutung konzentriert sich auf die Stabilisierung des Patienten, die Kontrolle des Blutdrucks und die Minimierung von Komplikationen wie Hirnödem. In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um das Blut zu entfernen und den Druck auf das Gehirn zu verringern.

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Entzündliche ZNS-Erkrankungen

Die Behandlung entzündlicher ZNS-Erkrankungen hängt von der spezifischen Ursache ab. Bakterielle Meningitis wird mit Antibiotika behandelt, während virale Enzephalitis mit antiviralen Medikamenten behandelt werden kann. Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose können mit Immunsuppressiva oder Immunmodulatoren behandelt werden.

Schlaganfall-Screening

Um einen Schlaganfall frühzeitig zu erkennen, können verschiedene Screening-Instrumente eingesetzt werden, wie z.B. das BE FAST-Schema:

  • Balance: Schwindel oder Gangunsicherheit?
  • Eyes: Sehstörung, -verlust? Nystagmus?
  • Face: Facialisparese? Auffällige Mimik?
  • Arms: Extremität mit Motorik- / Sensibilitäts-Defizit?
  • Speech: Sprach- oder Sprechstörung?
  • Time: Zeitfenster? Wann zuletzt "normal"?

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