Eine Aphasie ist eine erworbene Sprachstörung, die die Fähigkeit, Sprache zu verstehen und zu produzieren, beeinträchtigt. Sie entsteht durch Schädigungen der sprachdominanten Hirnhälfte, meist verursacht durch einen Schlaganfall. In Deutschland sind jährlich über 25.000 Menschen von einer Aphasie betroffen.
Ursachen einer Aphasie
Die häufigste Ursache einer Aphasie ist ein Schlaganfall, der etwa 80 % der Fälle ausmacht. Ein Schlaganfall führt zu einer Durchblutungsstörung im Gehirn, wodurch Hirngewebe zerstört wird. Weitere Ursachen können sein:
- Schädel-Hirn-Trauma
- Hirntumoren
- Hirnblutungen
- Entzündungen des Gehirns (z. B. Enzephalitis)
- Vergiftungen
- Weitere Erkrankungen des zentralen Nervensystems
Die Schädigung eines Sprachzentrums im Gehirn betrifft sowohl das Sprachverständnis (rezeptive Fähigkeiten) als auch die Sprachproduktion (expressive Fähigkeiten) in unterschiedlichem Ausmaß.
Formen der Aphasie
Aphasien können sich unterschiedlich äußern und in verschiedenen Variationen auftreten. Um die Vielzahl möglicher sprachlicher Symptome im klinischen Alltag besser einordnen und behandeln zu können, werden bestimmte sprachliche Symptome zu Bündeln (Syndromen) zusammengefasst. Am häufigsten finden sich die folgenden vier Standardsyndrome der Aphasie:
- Globale Aphasie: Dies ist die schwerste Form der Aphasie. Die Betroffenen können kaum oder gar nicht sprechen und haben große Schwierigkeiten mit dem Sprachverständnis. Auch die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben ist in der Regel beeinträchtigt.
- Broca-Aphasie (motorische Aphasie): Bei der Broca-Aphasie können die Betroffenen nicht flüssig sprechen und keine kompletten Sätze bilden. Typisch ist ein sogenannter „Telegrammstil“ der Sprache. Das Sprachverständnis ist dagegen in der Regel weitgehend ungestört. Die Sprachproduktion und die Schreibfähigkeit sind beeinträchtigt (nichtflüssige Agraphie, Dysgraphie), was für Betroffene oft sehr frustrierend ist. Dennoch ist der mündliche und schriftliche Austausch für sie von Bedeutung.
- Wernicke-Aphasie: Bei der Wernicke-Aphasie ist der Redefluss gut erhalten, manchmal sogar gesteigert. Dagegen ist das Sprachverständnis und häufig auch das Störungsbewusstsein für die Sprachstörung stärker beeinträchtigt. Die Betroffenen verstehen häufig auch einfache Wörter nicht. Das bedeutet, sie können zwar flüssig sprechen, das Gesprochene aber nicht mit Inhalt füllen.
- Amnestische Aphasie: Patient*innen mit Amnestischer Aphasie zeigen oft nur leichte Defizite. Hauptsymptom sind Wortfindungsstörungen. Die Betroffenen zeigen ein gutes Störungsbewusstsein und versuchen Fehler zu korrigieren. Häufig werden Statthalterwörter wie „Ding“, „das da“ oder „es“ verwendet.
Jede Aphasie ist jedoch individuell und anders ausgeprägt. Im klinischen und therapeutischen Alltag ist daher nicht allein das Syndrom entscheidend, sondern vielmehr die Art und Weise, wie und wieweit die Symptome der Sprachstörung die Betroffenen bzw. die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigen.
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Diagnose einer Aphasie
Die Diagnose einer Aphasie wird von erfahrenen Experten der Neurologie und Logopädie nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Patienten und gegebenenfalls seinen Angehörigen über die Beschwerden und die Krankengeschichte (Anamnese) sowie nach umfangreichen neurologischen Untersuchungen gestellt. Wichtig ist die Abgrenzung zu anderen Sprachentwicklungs- und Sprachfunktionsstörungen, die als Folge von Schwerhörigkeit, Fehlsichtigkeit oder Artikulationsstörungen in Form eingeschränkter motorischer Fähigkeiten beim Schreiben (Dysarthrie) auftreten können.
Eine bildgebende Untersuchung des Gehirns hilft, der Ursache für die Sprachstörung auf den Grund zu gehen und das Ausmaß der Schädigung zu bestimmen. Eine Computertomografie und eine Magnetresonanztomografie mit oder ohne Darstellung der Arterien mithilfe von Kontrastmitteln (Angiografie) geben Aufschluss über die Art der Schädigung. Es kann sich um einen Infarkt, innere Blutungen (Hämorrhagie), eine sich entwickelnde Demenz oder um Tumore (Raumforderungen) handeln, deren Ausdehnung sichtbar gemacht werden kann.
Mithilfe spezieller Tests (wie dem Aachener Aphasie-Test, AAT) kann die Sprache analysiert und die Sprachstörung beurteilt werden. Dabei werden folgende Bereiche der Sprachfunktion untersucht:
- Spontansprache
- Benennung
- Wiederholung
- Verstehen
- Lesen und Schreiben
Therapie einer Aphasie
Ziel der Aphasietherapie ist es, die Kommunikationsfähigkeit so gut es geht zu verbessern und vorhandene Fähigkeiten zu fördern. Nach wissenschaftlichen Studien gilt auch für die Aphasietherapie: Je intensiver die Behandlung, desto effektiver ist das Ergebnis. Gerade in der akuten und subakuten Phase einer Aphasie hat sich gezeigt, dass vor allem eine intensive Sprachtherapie (IST) die Kommunikationsfähigkeit verbessern kann. Aber auch im Krankheitsverlauf, d.h. zu einem späteren Zeitpunkt, sind durch ein ausreichend intensives Training Besserungen der Symptome einer Aphasie möglich.
Sprach- und Sprechtherapie sind jedoch nur dann wirksam, wenn wesentliche Faktoren der Wirksamkeit in einem mehrdimensionalen Behandlungskonzept zusammenfließen. Eine intensive Sprachtherapie (IST) erfolgt daher vorzugsweise im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme - in einer neurologischen Fachklinik (stationär oder teilstationär). Vorteil dabei ist, dass neben der intensiven Sprachtherapie die häufig vorhandenen neurologischen Begleitsymptome mitbehandelt werden können.
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Die Rehabilitationsbehandlung der Aphasien kann folgende Therapiemodule umfassen:
- Sprachtherapie (Logopädie und/oder Linguistik) inkl. computerunterstützte Sprachtherapie
- Neuropsychologische Therapie (zur Verbesserung u. a. von Aufmerksamkeit und Gedächtnis)
- Physiotherapie (bei Lähmungen und Bewegungseinschränkungen)
- Ergotherapie (Übungen zum Wiedererlernen von Alltagsfähigkeiten)
- Physikalische Therapien (Elektrotherapie, Massage, Bäder)
Die Aphasie-Therapien finden in der Regel in Einzel- und Gruppentherapien statt. Ein wesentliches Ziel ist dabei, Aphasiker*innen wieder in die Lage zu versetzen, trotz eventueller Einschränkungen wieder möglichst selbstständig im Alltag zurechtzukommen. Im hierzu beispielsweise durchgeführten Real Life-Training können die Betroffenen lernen, während der Behandlung eingeübte Kommunikationsmuster in einer realen Alltagssituation anzuwenden (z.B. beim Einkaufen).
Wichtig ist immer, ein verständnisvolles Umfeld der Betroffenen zu fördern, um die ansonsten wirksamen natürlichen Sprach- und Sprechängste abbauen zu können. Dabei ist es hilfreich, wenn auch die Angehörigen frühzeitig in die Therapien eingebunden werden und durch Beratungen und Seminare das Verständnis für die Störung gefördert wird.
Technische Entwicklungen erleichtern Therapeuten die Behandlung und Betroffenen ihren Alltag. Dazu gehören beispielsweise Sprachapps und spezielle Computerprogramme. Studien zeigen, dass Patienten mit Sprachapps und Sprachsoftware zur Aphasie-Behandlung größere Fortschritte erzielen als ohne die Übungen.
Tipps zum Umgang mit Aphasiker*innen
- Behandeln Sie den oder die Aphasiker*in als Gesprächspartner auf Augenhöhe.
- Nehmen Sie der aphasischen Person „nicht das Wort aus dem Mund“
- Sprechen Sie nicht über sieihn, sondern mit ihrihm.
- Sprechen Sie in normaler Sprache und in einfachen Sätzen.
- Sprechen Sie langsam, klar und deutlich.
- Insbesondere bei den ausgeprägten Formen einer Aphasie versuchen Sie Fragen vorzugsweise so zu formulieren, dass sie mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können.
- Korrigieren Sie nicht.
- Halten Sie Blickkontakt.
- Setzen Sie alle Mittel der Kommunikation ein: Gesten und Mimik, zeichnen oder schreiben Sie, wenn nötig, zeigen auf Gegenstände oder Abbildungen und motivieren gegebenenfalls auch dendie Betroffenen ebenfalls dazu.
- Warten Sie geduldig auf eine Antwort.
- Sorgen Sie im Gespräch für eine ruhige Umgebung und schalten Sie störende Geräuschquellen wie Radio oder TV möglichst aus.
- Wenn der*die Betroffene in einem Satz nicht weiterkommt, drängen Sie nicht. Gegebenenfalls ist es auch hilfreich, zunächst das Thema zu wechseln. Ein erneuter späterer Versuch ist oft erfolgreich.
- Manche Betroffene sind leichter gereizt oder haben Gefühlsschwankungen. Hierbei handelt es sich um häufige Begleitsymptome der Grunderkrankung. Versuchen Sie dennoch verständnisvoll und geduldig zu sein.
Auswirkungen einer Aphasie
Sich nicht mehr verständigen zu können, hat enorme Auswirkungen auf die Kommunikation und somit das soziale Leben. Das betrifft sowohl die Kommunikation mit seinem engen sozialen Umfeld als auch mit Außenstehenden. Es kommt zu Verständnisschwierigkeiten und Missverständnissen. Zudem verwechseln fremde Kommunikationspartner die Unfähigkeit, sich sprachlich auszudrücken oft mit einer Intelligenzminderung - was tatsächlich nicht in Verbindung miteinander steht.
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Die Gedanken im Kopf zu haben und obwohl alle geistigen Fähigkeiten und das Wissen vorhanden sind, sie nicht in Sprache ausdrücken zu können, ist für die Betroffenen meist besonders belastend. Auch deshalb, weil es nicht selten als Folge hat, dass Aphasiker*innen von ihrer Umwelt gemieden werden und vereinsamen.
Selbsthilfe und Unterstützung
Vielen Aphasiker*innen und ihren Angehörigen hilft der Austausch mit anderen Betroffenen, wie er beispielsweise in Selbsthilfegruppen möglich ist. Der Bundesverband Aphasie bietet dazu eine bundesweite Übersicht mit regionalen Aphasiezentren und Selbsthilfegruppen.
Alexie
Alexie bezeichnet die erworbene Unfähigkeit, geschriebene Wörter und Texte zu erkennen und zu verstehen - obwohl Sehkraft und Sprachvermögen grundsätzlich erhalten sind. Es handelt sich um eine spezifische Lesestörung, die nach einer Hirnschädigung auftritt. Die Betroffenen können Buchstaben sehen, aber ihnen keine sprachliche Bedeutung mehr zuordnen. Alexien treten häufig in Kombination mit anderen Sprach- oder Wahrnehmungsstörungen auf, etwa nach einem Schlaganfall.
Symptome
Menschen mit Alexie haben Schwierigkeiten, Wörter oder ganze Sätze zu erfassen. Sie lesen extrem langsam, stockend oder fehlerhaft. Oft werden Buchstaben einzeln benannt, ohne den Gesamtzusammenhang zu erfassen. Die Leseprobleme stehen im Widerspruch zu einem früher flüssigen Lesevermögen. In manchen Fällen ist das Schreiben (Agraphie) mitbetroffen.
Ursachen
Die häufigste Ursache ist ein Schlaganfall in der linken posterioren Hirnregion - insbesondere im Bereich des Okzipital- und Temporallappens oder im Splenium des Corpus callosum. Auch Tumoren, traumatische Hirnverletzungen oder entzündliche Prozesse wie Enzephalitiden können die betroffenen Areale schädigen. In sehr seltenen Fällen treten Alexien auch bei neurodegenerativen Erkrankungen auf.
Behandlung
Die Behandlung von Alexie umfasst neuropsychologische Testverfahren, um die Lesestörung differenziert zu erfassen und von Seh- oder Sprachstörungen abzugrenzen. Ergänzend wird bildgebende Diagnostik (MRT) durchgeführt, um die zugrunde liegende Hirnschädigung zu lokalisieren. In Zusammenarbeit mit Logopädie und Neuropsychologie werden individuelle Trainingspläne und Kompensationsstrategien entwickelt - z. B. über Sprachsynthese, Strukturierungshilfen oder adaptive Lesetechniken.
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