Alpha-Liponsäure bei nicht-diabetischer Polyneuropathie: Dosierung, Wirkung und Anwendung

Die Alpha-Liponsäure (ALA), auch Thioctsäure genannt, ist ein körpereigenes Antioxidans, das sowohl wasser- als auch fettlöslich ist. Diese Eigenschaft ermöglicht es der ALA, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und in jeder Zelle des Körpers zu wirken. ALA spielt eine wichtige Rolle bei der Neutralisierung freier Radikale, dem Schutz der Blutgefäße und der Unterstützung des Herz-Kreislauf-Systems. Obwohl die Alpha-Liponsäure seit Jahren zur Behandlung der symptomatischen diabetischen Neuropathie zugelassen ist, wird ihre Anwendung bei nicht-diabetischer Polyneuropathie zunehmend erforscht.

Funktion und Wirkungsweise der Alpha-Liponsäure

Alpha-Liponsäure erfüllt im Körper zwei Hauptfunktionen:

  1. Coenzym: Sie ist ein Coenzym verschiedener Enzymkomplexe und somit für die zelleigene Energieproduktion unerlässlich.
  2. Antioxidans: Sie ist eines der wichtigsten Antioxidantien des Körpers und macht freie Radikale unschädlich.

Darüber hinaus erfüllt ALA weitere wichtige Funktionen:

  • Regeneration anderer Antioxidantien: Sie bringt Glutathion, Vitamin C und Vitamin E in ihre ursprüngliche, aktive Form zurück.
  • Erhöhung des Vitamin-C-Gehalts in Zellen.
  • Steigerung der gesamten antioxidativen Aktivität im Körper.
  • Verbesserung der Durchblutung der Nervenenden und wirkt als Energielieferant.
  • Entzündungshemmende Wirkung.
  • Abbau von Schwermetallen im Körper.
  • Erhöhung der Insulinverarbeitung.

Alpha-Liponsäure bei diabetischer Polyneuropathie

Die diabetische Polyneuropathie (DPN) ist eine häufige Komplikation des Diabetes mellitus, von der bis zu einem Viertel aller Diabetiker betroffen sind. Chronisch erhöhte Blutzuckerwerte verursachen Nervenschäden, die sich durch Symptome wie Taubheitsgefühl, Brennen und Schmerzen äußern und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Alpha-Liponsäure wirkt diesem Entstehungsmechanismus der DPN entgegen.

Studienlage zur diabetischen Polyneuropathie

Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2004 mit Daten von über 1.200 Patienten zeigte, dass eine dreiwöchige Infusionsbehandlung mit täglich 600 mg Alpha-Liponsäure die neuropathischen Symptome signifikant reduzieren konnte. Zu den ausgewerteten Studien gehörte auch die SYDNEY-Studie (Symptomatic Diabetic Neuropathy).

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Eine weitere Multicenter-Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Alpha-Liponsäure in Tablettenform bei 181 Patienten mit symptomatischer Polyneuropathie. Die Teilnehmer erhielten über fünf Wochen entweder 600 mg, 1.200 mg oder 1.800 mg Alpha-Liponsäure täglich oder ein Placebo. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die neuropathischen Beschwerden in allen drei Wirkstoffgruppen signifikant verbesserten, insbesondere bei brennenden und stechenden Schmerzen. Die Symptomverbesserung trat unter der höchsten Dosierung (1.800 mg) bereits nach einer Woche ein, unter den niedrigeren Dosierungen (600 mg und 1.200 mg) nach zwei Wochen. Die durchschnittliche Symptomabnahme war bei allen drei Dosierungen ähnlich.

Empfehlungen zur Anwendung bei diabetischer Polyneuropathie

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft empfiehlt die Behandlung mit Alpha-Liponsäure zur Linderung von Symptomen wie Kribbeln, Taubheitsgefühlen und Schmerzen. Studien belegen die gute medizinische Wirksamkeit im Rahmen der Diabetes-Behandlung.

Alpha-Liponsäure bei nicht-diabetischer Polyneuropathie

Obwohl die Forschung zur Anwendung von Alpha-Liponsäure bei nicht-diabetischer Polyneuropathie noch begrenzt ist, gibt es vielversprechende Hinweise auf einen möglichen Nutzen. Neuropathische Erkrankungen sind in der Praxis weit verbreitet und können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen.

Mögliche Wirkmechanismen bei nicht-diabetischer Polyneuropathie

Die positiven Effekte der Alpha-Liponsäure bei nicht-diabetischer Polyneuropathie könnten auf ihren antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften beruhen. ALA kann freie Radikale neutralisieren, Entzündungsprozesse modulieren und die Funktion der Nervenzellen verbessern.

Studienlage zur nicht-diabetischen Polyneuropathie

Bislang gibt es nur wenige Studien, die die Wirksamkeit von Alpha-Liponsäure bei nicht-diabetischer Polyneuropathie untersucht haben. Einige Studien deuten jedoch darauf hin, dass ALA die Symptome wie Schmerzen, Brennen und Taubheitsgefühle lindern und die Nervenfunktion verbessern kann. Es sind jedoch weitere, gut konzipierte Studien erforderlich, um diese Ergebnisse zu bestätigen und die optimale Dosierung und Anwendungsdauer zu ermitteln.

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Weitere Anwendungsgebiete der Alpha-Liponsäure

Neben der Behandlung von Polyneuropathien wird Alpha-Liponsäure auch in anderen Bereichen eingesetzt:

  • Lebererkrankungen: ALA unterstützt die Leberfunktion, indem sie beim Abbau giftiger Stoffe hilft und die Leber vor oxidativen Schäden und Verfettung schützt.
  • Demenz: Da ALA die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann, trägt sie dazu bei, die Gehirnzellen gesund zu erhalten und einer Demenz vorzubeugen.
  • Chronische Erschöpfung (Fatigue-Syndrom): ALA regt den gestörten Energiestoffwechsel der Mitochondrien an.
  • Krebs: ALA wird ergänzend zur Krebsbehandlung eingesetzt, da sie antioxidativ wirkt, andere Antioxidantien verstärkt und krankhafte Strukturen repariert. Außerdem trägt ALA dazu bei, die Krebszellen zu zerstören.
  • Adipositas: ALA steigert die innerzelluläre Fettverbrennung und kann so die Gewichtsabnahme unterstützen.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: ALA stoppt Faktoren, die zur Verkalkung der Blutgefäße führen, erhöht die Sauerstoffaufnahme im Herzen und senkt den Cholesteringehalt in der Aorta.
  • Grauer Star: ALA erhöht den Glutathiongehalt im Körper, der sich positiv auf die Augen auswirkt und einem grauen Star vorbeugen kann.
  • Multiple Sklerose: Einige Studien deuten darauf hin, dass Alpha-Liponsäure bei Multipler Sklerose positive Effekte haben kann, wie z.B. weniger Stürze, ein verbessertes Lauftempo und eine Reduktion der Fatigue-Symptomatik.

Dosierung und Anwendung der Alpha-Liponsäure

Die Dosierung von Alpha-Liponsäure variiert je nach Anwendungsgebiet. Zur Behandlung der diabetischen Neuropathie werden üblicherweise Dosierungen von 600-1200 mg Alpha-Liponsäure täglich empfohlen. Bei Multipler Sklerose haben sich höhere Dosierungen von 1200 mg täglich als wirksam erwiesen. Zur Vorbeugung reichen in der Regel 100-300 mg täglich aus.

Alpha-Liponsäure-Zubereitungen sollen unzerkaut und mit ausreichend Flüssigkeit auf nüchternen Magen eingenommen werden. Die gleichzeitige Aufnahme von Nahrung kann die Aufnahme von Alpha-Liponsäure in den Blutkreislauf behindern. Daher ist es wichtig, dass die Einnahme etwa 30 Minuten vor einer Mahlzeit erfolgt.

Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Alpha-Liponsäure gilt allgemein als sicher und gut verträglich. Gelegentlich können milde Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindelgefühle, Kopfschmerzen, Juckreiz oder Hautausschläge auftreten, insbesondere bei höheren Dosierungen.

Alpha-Liponsäure sollte nicht eingenommen werden, wenn eine Überempfindlichkeit (Allergie) gegenüber Alpha-Liponsäure oder einem der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels besteht. Kinder und Jugendliche sollten von der Behandlung mit Alpha-Liponsäure ausgeschlossen werden, da keine ausreichenden Erfahrungen für diese Altersgruppe vorliegen. Schwangere und Stillende sollten sich einer Behandlung mit Alpha-Liponsäure nur nach sorgfältiger Empfehlung und Überwachung durch den Arzt unterziehen.

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Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln

Es ist nicht auszuschließen, dass die gleichzeitige Anwendung von Alpha-Liponsäure zum Wirkungsverlust von Cisplatin (einem Krebsmittel) führt. Alpha-Liponsäure kann chemische Verbindungen mit Metallen eingehen und sollte daher nicht gleichzeitig mit Metallverbindungen (z.B. Eisenpräparate, Magnesiumpräparate, Milchprodukte aufgrund des Calciumgehaltes) gegeben werden. Die blutzuckersenkende Wirkung von Mitteln gegen Zuckerkrankheit (Insulin bzw. andere Mittel gegen Zuckerkrankheit, die eingenommen werden) kann verstärkt werden. Daher ist insbesondere zu Beginn der Therapie mit Alpha-Liponsäure eine engmaschige Blutzuckerkontrolle angezeigt.

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