Andrea Sawatzki und die Alzheimer-Krankheit: Eine Auseinandersetzung mit Trauma, Verantwortung und gesellschaftlicher Kritik

Andrea Sawatzki, eine bekannte deutsche Schauspielerin und Autorin, hat sich in den letzten Jahren immer wieder öffentlich mit ihrer schwierigen Kindheit auseinandergesetzt. Ein zentrales Thema dabei ist die Alzheimer-Erkrankung ihres Vaters Günther Sawatzki und die Auswirkungen dieser Krankheit auf ihre Familie. Ihre Erfahrungen hat sie in ihrem Roman "Brunnenstraße" (2022) und "Biarritz" (2025) verarbeitet. Andrea Sawatzki übernahm die Schirmherrschaft der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz.

Die Kindheit geprägt von der Krankheit des Vaters

Andrea Sawatzki war noch ein Kind, als ihr Vater an Alzheimer erkrankte. Die Familie hatte finanzielle Schwierigkeiten, weshalb ihre Mutter im Schichtdienst arbeiten musste. Andrea übernahm einen Großteil der Pflege ihres Vaters, von dem Zeitpunkt an, als sie acht Jahre alt war, bis zu seinem Tod, als sie fünfzehn war. Sie musste ihn waschen, füttern, anziehen und betreuen, wenn sie mit ihm allein zu Hause war.

Die Krankheit veränderte ihren Vater. Er wurde jähzornig und unberechenbar. Andrea berichtet von Gewaltausbrüchen, in denen er sie schlug. Diese Kindheit war geprägt von Liebe und Hass, von Prügel und Umarmungen. Es blieben dunkle Erinnerungen zurück, die sie lange nicht losließen.

Die Bürde der Verantwortung

Andrea Sawatzki beschreibt, wie sie als Kind keine Vergleichsmöglichkeiten hatte. Sie hatte keinen Zugang zu anderen Familien und ihr Bestreben war es, ihrer berufstätigen Mutter zur Seite zu stehen. Sie fühlte sich schuldig, wenn ihre Kräfte schwanden und sie sich nach Ruhe sehnte. Die Zeit mit ihrem Vater blendete sie aus, bis sie 35 war und selbst Mutter wurde.

Das Schweigen und seine Folgen

Andrea Sawatzki wuchs in einer Atmosphäre des Schweigens auf. Ihre Mutter legte ihr immer wieder nahe, nicht über das zu sprechen, was in den eigenen vier Wänden geschah. Die Nachbarn wurden nicht eingeweiht und in der Schule durfte sie nicht darüber reden. Dies führte dazu, dass ihre Leistungen schlechter wurden und die Lehrer ihrer Mutter rieten, sie nicht aufs Gymnasium zu schicken, da sie angeblich nicht intelligent genug sei.

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Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

Erst viele Jahre später begann Andrea Sawatzki, sich mit ihrer traumatischen Kindheit auseinanderzusetzen. Sie suchte Zuflucht im Alkohol, um sich zu betäuben, entschied sich aber schließlich für eine fünfjährige Psychoanalyse.

Die Angst vor der Mutterschaft

Andrea Sawatzki hatte lange Angst davor, Mutter zu werden. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht lieben kann und dass ihr die Geduld fehlt. Sie fürchtete, wieder in so eine Wohnung eingeschlossen zu werden und nicht der richtige Mensch für eine Familie zu sein. Sie wollte ihre ungeborenen Kinder vor einer Mutter wie ihr bewahren und hatte Angst, zu einem Opfer zu werden, so wie ihre Mutter.

Die Heilung durch die Kinder

Ihre Kinder retteten sie, denn sie wäre ohne sie nicht imstande gewesen, die Geister der Vergangenheit hervorzuholen und sich ihnen zu stellen. Sie habe das Kind in sich gefunden und sei eine sehr liebende und glückliche Mutter geworden.

Gesellschaftliche Kritik und Engagement

Andrea Sawatzki ist eine scharfe Kritikerin der Pflegesituation in Deutschland. Sie findet, dass viel zu wenig für die kranken Menschen getan wird und dass die Wertschätzung der Pfleger nicht gewährleistet ist. Es gibt viel zu wenige und die Zustände in den Pflegeheimen sind skandalös.

Eigene Erfahrungen im Pflegeheim

Andrea Sawatzki hat erlebt, wie ihre Mutter vor einigen Jahren im Pflegeheim gestorben ist. Sie berichtet von Vorfällen, in denen Windeln mehrfach benutzt wurden und Menschen vergessen wurden zu füttern. Ihre schlimmste Erfahrung war, dass ihre Mutter sediert wurde. Sie wurde vor die Frage gestellt, ob sie ihre Mutter in die Psychiatrie geben oder sie sedieren lassen wollte. Sie entschied sich für die Sedierung, was sie heute als das Schlimmste bezeichnet, was sie tun konnte, da diese Menschen nur noch eine Hülle seien.

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Engagement für Demenzkranke und ihre Angehörigen

Andrea Sawatzki engagiert sich für Demenzkranke und ihre Angehörigen. Sie hat die Schirmherrschaft der Deutschen Alzheimer Gesellschaft übernommen und unterstützt das Hilfsprojekt KIDSDEM, das sich an Kinder und Jugendliche richtet, die von der Demenzerkrankung eines Elternteils betroffen sind. Sie setzt sich dafür ein, dass das Thema Demenz stärker in die Öffentlichkeit getragen wird und dass Betroffene Hilfe finden.

Die Bedeutung von Solidarität und Aufklärung

Andrea Sawatzki betont die Bedeutung von Solidarität und Aufklärung im Umgang mit Demenz. Sie möchte dazu beitragen, Tabus und Ängste rund um Demenz und speziell die Alzheimer-Krankheit abzubauen. Sie ist davon überzeugt, dass es wichtig ist, über die Erkrankung zu sprechen und dass Betroffene und ihre Familien Unterstützung finden.

Die Notwendigkeit einer demenzfreundlichen Gesellschaft

Andrea Sawatzki setzt sich für eine demenzfreundliche Gesellschaft ein. Sie fordert bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, eine gute Betreuung und Pflege sowie eine Gesellschaft, die Menschen mit Demenz nicht ausgrenzt, sondern ihnen ein würdevolles Leben ermöglicht.

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