Die Frage nach der Vorhersagbarkeit des Alzheimer-Risikos durch Gentests beschäftigt viele Menschen. Der Wunsch nach frühzeitiger Information über das eigene Risiko, an Alzheimer zu erkranken, ist groß. Doch wie sinnvoll sind solche Tests wirklich? Eine neue Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer gibt präzise Auskunft.
Die begrenzte Aussagekraft prädiktiver Tests
Trotz intensiver Forschung gibt es bisher keine primärpräventiven oder therapeutischen Maßnahmen, die den Verlauf der Alzheimer-Krankheit aufhalten oder gar heilen können. Dennoch ziehen viele Menschen diagnostische und genetische Tests in Betracht. Oftmals wird jedoch die Aussagekraft dieser Tests überschätzt.
Professor Dr. phil. Robert Jütte betont gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt: "Die genetische Komponente bei Morbus Alzheimer wird eindeutig überschätzt." Er ist der Federführende des Arbeitskreises „Alzheimer-Risikodiagnostik“ des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer. Seiner Meinung nach sind Gentests nur für einen kleinen Patientenkreis sinnvoll. Für die meisten Menschen bringen sie nichts und können sogar schaden.
Aufklärung tut Not
Die mangelnde Kenntnis über die begrenzte Aussagekraft von Alzheimer-Tests in der Bevölkerung und auch in der Ärzteschaft sowie die zunehmende Werbung für verschiedene Möglichkeiten der Frühdiagnostik im Internet haben den Vorstand der Bundesärztekammer veranlasst, seinen Wissenschaftlichen Beirat mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zu beauftragen. Diese soll sachlich und kompakt über prädiktive Tests informieren.
„Die Bevölkerung ist teilweise naiv und vertraut den Versprechungen der Anbieter von solchen prädiktiven Tests. Man muss den Menschen sagen, dass die genetische Disposition bei Alzheimer nur zu einem ganz geringen Teil Einfluss auf die Erkrankungswahrscheinlichkeit hat“, erklärt Jütte.
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Empfehlungen für den Umgang mit prädiktiven Tests
Die Stellungnahme der Bundesärztekammer gibt Empfehlungen für den Umgang mit prädiktiven Tests auf das Risiko für Alzheimer für drei Personengruppen:
- Menschen ohne objektive kognitive Defizite und ohne familiäre Belastung
- Menschen ohne Symptome, aber mit familiärer Belastung
- Patienten mit subjektiven Beschwerden
Personen mit objektivierbaren kognitiven Einschränkungen werden in der Stellungnahme nicht berücksichtigt, da bei ihnen keine prädiktive Testung, sondern eine präsymptomatische Diagnostik durchgeführt wird.
Die Empfehlungen zur Anwendung prädiktiver Tests auf Alzheimer sind für die drei genannten Gruppen eindeutig: Lediglich für Menschen ohne Symptome, aber mit Hinweisen auf das Vorliegen einer in der Familie vererbten Form von Morbus Alzheimer macht es nach entsprechender ärztlicher Aufklärung Sinn, sich auf das Vorhandensein von Genmutationen, die auf eine autosomal dominante Alzheimer-Krankheit hinweisen, testen zu lassen. Diese erbliche Variante der Krankheit tritt meist vor dem 60. Lebensjahr auf, macht allerdings weniger als ein Prozent aller Alzheimerfälle aus.
Das Lebensalter als Hauptrisikofaktor
"Der größte Risikofaktor für die Entwicklung der häufigen, nicht autosomal dominant vererbten Form der Alzheimer-Krankheit ist das Lebensalter. In einer älter werdenden Bevölkerung treten folglich mehr Erkrankungsfälle auf", erklärt Jütte. Da eine Heilung der Alzheimer-Krankheit gegenwärtig nicht möglich ist und es auch kaum präventive Ansätze gibt, seien somit auch prädiktive Tests nicht sinnvoll. Sie könnten vielmehr im Hinblick auf erhöhte Depressions- und Suizidraten sogar schaden.
Kommerzielle Interessen vs. medizinischer Nutzen
Jütte beklagt, dass solche Tests häufig mit einem medizinischen Nutzen beworben werden, obwohl bereits ein einmaliger Gentest meist mehrere Hundert Euro kostet. Zudem werde teilweise empfohlen, die Analyse nach einigen Jahren erneut durchzuführen. Dabei liefert das Selbstzahlerangebot nicht einmal eine Diagnose, sondern nur eine statistische Risikoeinschätzung.
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Bei Anzeichen beunruhigender kognitiver Defizite empfiehlt Jütte stattdessen eine ärztliche Konsultation zur Abklärung der Symptome. Diese Diagnostik werde zudem von den Krankenkassen bezahlt.
Gendiagnostik bei Demenz: Wann ist sie sinnvoll?
Die Gendiagnostik rückt immer stärker in den Fokus, besonders, wenn es um Erkrankungen wie Demenz geht, bei denen auch die genetische Veranlagung eine Rolle spielen kann. Unter Gendiagnostik versteht man die Untersuchung des Erbguts, um Hinweise auf genetische Veränderungen zu finden. Diese Tests können helfen, Veranlagungen für bestimmte Krankheiten aufzudecken - oder die Ursachen bereits aufgetretener Symptome besser einzuordnen.
Im Zusammenhang mit der Alzheimer-Demenz und anderen Demenzformen wird bei genetischen Untersuchungen nach Abweichungen in Genen gesucht, die eine Anhäufung von schädlichen Proteinen im Gehirn verursachen. Auch wenn ein genetischer Befund Hinweise auf ein erhöhtes Risiko oder eine bestimmte Ursache geben kann, ist die Aussagekraft der Tests begrenzt. Ein auffälliger Befund bedeutet nicht zwangsläufig die Entwicklung einer Krankheit. Umgekehrt garantiert ein unauffälliger Test nicht, dass man sicher verschont bleibt.
Arten genetischer Tests bei Demenz
Man unterscheidet bei der Demenz zwischen zwei Arten genetischer Tests:
- Testung auf Ursachen-Gene: Hierbei wird nach Veränderungen in Genen wie APP, PSEN1 oder PSEN2 gesucht, deren Veränderungen direkt mit der erblichen, bzw. familiären Form von Alzheimer-Demenz verbunden sein können. Die Fachexperten der S3-Leitlinie Demenzen empfehlen die Testung auf die Ursachen-Gene unter der Voraussetzung, dass ein Verdacht auf die familiäre Form besteht.
- Testung auf Risiko-Gene: Hierbei wird beispielsweise das ApoE4-Gen untersucht, das als Risikofaktor für die Alzheimer-Krankheit gilt.
Das Gendiagnostikgesetz
Um Betroffene vor vorschnellen oder belastenden Entscheidungen zu schützen, ist eine ausführliche genetische Beratung in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Das sogenannte Gendiagnostikgesetz regelt genau, unter welchen Bedingungen genetische Untersuchungen erlaubt sind und schreibt vor, dass Betroffene vor und nach der Untersuchung über Chancen und Risiken aufgeklärt werden. Vor allem bei prädiktiven Tests - also solchen, die Aussagen über ein zukünftiges Erkrankungsrisiko machen - ist eine fundierte Aufklärung entscheidend.
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Wann ist eine genetische Testung sinnvoll?
Genetische Tests werden bei Demenz vor allem dann eingesetzt, wenn der Verdacht auf eine familiäre Form der Alzheimer-Demenz besteht. Dieser Verdacht besteht vor allem bei einem sehr frühen Krankheitsbeginn (unter 65 Jahren) oder bei direkten Angehörigen von bereits erkrankten Personen. Das heißt, dass sich Geschwister und Kinder (ab dem 18. Lebensjahr) testen lassen können, wenn ein direktes Familienmitglied an der familiären Form der Demenz erkrankt ist - auch wenn sie selbst noch keine Symptome zeigen.
Eine genetische Testung sollte immer über spezialisierte Fachärztinnen und Fachärzte für Humangenetik erfolgen. In vielen Städten gibt es genetische Beratungsstellen oder Ambulanzen, die eine solche Untersuchung anbieten. Bei medizinischer Indikation bzw. einem Verdacht werden die Kosten für die Testung auf Ursachen-Gene in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Die Testung auf Risiko-Gene wie ApoE4 wird auch über kommerzielle Anbieter angeboten.
Verantwortungsvoller Umgang mit dem Wissen
Ein Gentest kann wertvolle Hinweise geben, besonders wenn es darum geht, eine seltene erbliche Form von Alzheimer-Demenz zu erkennen. Doch mit diesem Wissen geht auch Verantwortung einher - für sich selbst und für die Familie.
Familiäre Alzheimer-Demenz: Seltene Genmutationen als Ursache
Viele Menschen machen sich Sorgen, an Alzheimer zu erkranken - insbesondere, wenn bereits Verwandte erkrankt sind oder es waren. Alzheimer kann in seltenen Fällen vererbt werden und ein Gentest kann Auskunft über das eigene Risiko geben. Die familiäre Alzheimer-Demenz ist eine seltene Form der Alzheimer-Krankheit, die durch die Weitergabe eines mutierten Gens von den Eltern auf die Kinder vererbt werden kann.
Derzeit sind drei Gene bekannt, die in mutierter Form für das Entstehen der familiären Alzheimer-Krankheit verantwortlich sind: APP, PSEN1, PSEN2. Liegt bei Vater oder Mutter eine Mutation dieser Gene vor, erben die Kinder das mutierte Gen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent. Und wer es erbt, wird erkranken. Meist sind Familienmitglieder mehrerer Generationen betroffen. Typisch für die familiäre Form ist ihr relativ früher Beginn („early onset“) vor dem 65. Lebensjahr.
Wann ist ein Gentest bei familiärer Alzheimer-Demenz sinnvoll?
Ein Gentest ist sinnvoll bei Personen unter 65 Jahren mit Symptomen einer Alzheimer-Erkrankung oder bei direkten Angehörigen von erkrankten Personen, bei denen die Mutation eines der Alzheimer-Gene (APP, PSEN1, PSEN2) nachgewiesen wurde. Das heißt: Wenn bereits jemand nachweislich an familiärer Alzheimer-Demenz erkrankt ist, können sich Geschwister und Kinder (ab dem 18. Lebensjahr) testen lassen.
Ein Gentest bei familiärer Alzheimer-Demenz zeigt mit hoher Sicherheit, ob eine Person erkranken wird. Ein Test auf das ApoE4-Gen dagegen weist nur auf ein erhöhtes Risiko für die häufige, nicht vererbte Form der Alzheimer-Krankheit hin - eine sichere Vorhersage ist damit nicht möglich.
Durchführung und Kosten eines Gentests
Der Test wird in humangenetischen Testzentren oder in einer humangenetischen Sprechstunde anhand einer Blutprobe durchgeführt. Die Kosten für einen Alzheimer-Gentest werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. In Deutschland sind Selbsttests zu Hause aufgrund des Gendiagnostikgesetzes nicht möglich. Das Gesetz schreibt vor, dass vor dem Test ein Beratungsgespräch stattfinden muss und auch das Ergebnis nur von einer Humangenetikerin oder einem Humangenetiker mitgeteilt werden darf.
Die Bedeutung der genetischen Beratung
Die Entscheidung für oder gegen einen Gentest ist nicht einfach. Deshalb gehört eine ausführliche humangenetische Beratung immer dazu. Sie hilft, die Chancen und Belastungen eines Tests realistisch einzuschätzen - für die getestete Person und die Familie. Denn auch wenn ein Gentest helfen kann, Ängste zu lindern, kann ein positives Ergebnis äußerst belastend sein. Eine fundierte Beratung hilft dabei, alle Aspekte dieser schwierigen Entscheidung zu durchdenken.
Familiäre Alzheimer-Krankheit (FAD) und Early-Onset FAD (EOFAD)
Eine familiäre Alzheimer-Krankheit (FAD) liegt vor, wenn in einer Familie mehrere Personen, meist aus aufeinanderfolgenden Generationen, betroffen sind. Von einer Erkrankung mit früher Erstmanifestation (EOFAD) spricht man, wenn die Betroffenen erste Symptome im Alter vor 60 bis 65 Jahren, oft auch schon vor dem 55. Lebensjahr zeigen. Der Anteil einer familiären Alzheimer-Krankheit an allen Demenzkranken mit Alzheimer-Demenz wird auf ca. 5 % geschätzt.
Symptome der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Krankheit ist charakterisiert durch eine im Erwachsenenalter beginnende, progressive Demenz, begleitet von einer kortikalen Hirnatrophie und neuropathologischen Veränderungen mit der Bildung von extrazellulären beta-Amyloid Plaques und intraneuronalen neurofibrillären Bündeln. Die Erkrankung beginnt meist mit kleinen Gedächtnisfehlleistungen, die im Verlauf immer schwerwiegender werden und bis zur völligen Handlungsunfähigkeit führen können. Weitere häufige Symptome sind: Verwirrtheit, mangelndes Urteilsvermögen, Sprachstörungen, gesteigerte Erregbarkeit, sozialer Rückzug, Halluzinationen, Krampfanfälle, Parkinsonismus, erhöhter Muskeltonus, Myoklonien, Inkontinenz und Mutismus.
Genetische Ursachen der FAD
Mutationen im Gen APP (Amyloid beta (A4) Precursor Protein) auf Chromosom 21q21.2 verursachen ca. 10-15 % der FAD-Fälle. Mutationen im Gen PSEN1 (Presenilin 1) auf Chromosom 14q24.2 verursachen ca. 30-70 % der FAD-Fälle. Mutationen im Gen PSEN2 (Presenilin 2) auf Chromosom 1q31-q42 verursachen < 5 % der FAD-Fälle. Es sind Familien mit autosomal dominanter EOFAD ohne Mutation in den oben genannten Genen bekannt, was nahelegt, dass es weitere, bisher noch nicht identifizierte ursächliche Gene für monogen vererbte Formen der Alzheimer Demenz gibt. Darüber hinaus gibt es monogenetische Demenzerkrankungen im Rahmen anderer neurodegenerativer Erkrankungen, wie die frontotemporale Demenz, die Huntington-Erkrankung oder CADASIL.
Ein Genotyp des Gens APOE (Apolipoprotein E) gilt als Risikofaktor für die Alzheimer-Krankheit. Patienten mit einer Alzheimer-Demenz im höheren Lebensalter weisen gegenüber der Allgemeinbevölkerung vermehrt den Genotyp E4 entweder homozygot (E4/E4) oder heterozygot (E3/E4) auf.
Häufigkeit der FAD
Der Anteil einer familiären Alzheimer-Krankheit an allen Demenzkranken mit Alzheimer-Demenz wird auf ca. 5 % geschätzt. In der deutschen Bevölkerung (einige Familien wolgadeutscher Herkunft) wurde eine Founder-Mutation im Gen PSEN2 (c.422A>T) nachgewiesen.
Abgrenzung der FAD von anderen Demenzformen
Klinisch ist die FAD von anderen Formen der Alzheimer Demenz nicht zu unterscheiden. Allerdings manifestiert sie sich in der Regel früher, weshalb sie zu der Gruppe der early-onset Alzheimer’s diseases (EOAD) zählt. Von einer EOAD spricht man bei einem Manifestationsalter der dementiellen Symptomatik vor dem 60. Lebensjahr.
Frontotemporale Demenz (FTD)
Bei der FTD handelt es sich um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch eine progressive Neurodegeneration im Bereich des Frontal- und Temporallappens gekennzeichnet sind. Klinisch stehen Veränderungen der Persönlichkeit und der Sprachfertigkeit am Beginn der Symptomatik im Vordergrund. Aufgrund der Verhaltensauffälligkeiten kommt es nicht selten zur Fehldiagnose einer Depression oder eines Burn-out-Syndroms. Erst in späteren Stadien kommt es zur Manifestation der dementiellen Symptomatik. Bei etwa 15% aller Demenzformen handelt es sich um eine FTD, wobei ca. 5-10% mit einem autosomal dominanten Erbgang monogen erblich sind.
Mutationen in 3 Genen liegen der Mehrzahl monogener FTD-Formen zugrunde: MAPT (Microtubule-Associated Protein Tau) auf Chromosom 17q21, GRN (Granulin) auf Chromosom 17q21 und C9orf72 (Chromosome 9 Open Reading Frame 72) auf Chromosom 9p21.
Indikation zur molekulargenetischen Abklärung
Verdacht auf eine FAD oder FTD, wobei die molekulargenetische Abklärung bei jungem Manifestationsalter und einer positiven Familienanamnese indiziert ist.
Alzheimer: Die häufigste Form von Demenz
Alzheimer gilt als die häufigste Form von Demenz. In Deutschland sind aktuell mehr als eine Million Menschen daran erkrankt. Die Ursache der Erkrankung ist zwar bisher nicht genau geklärt. Eine wichtige Rolle spielt jedoch ein Proteinfragment, das sogenannten Beta-Amyloid, das sich im Hirn ablagert, sogenannte "Plaques" bildet und die Nervenzellen angreift.
Vererbung von Alzheimer
Bisher ging die Wissenschaft davon aus: Nur in seltenen Fällen geht eine Alzheimer-Erkrankung ausschließlich auf die erbliche Veranlagung zurück. Das heißt: In weniger als drei Prozent. Meistens trifft es dann jüngere Menschen ab 35 Jahren. Die Gen-Varianten, die diese frühe Alzheimer-Demenz auslösen können, sind der Forschung schon länger bekannt: Presenilin und APP.
Die meisten Patienten, rund 90 Prozent, erkranken jedoch am sogenannten Alters-Alzheimer. Der wiederum wird durch andere Gene zwar begünstigt, aber eben nur begünstigt, nicht zwingend ausgelöst. Dachte man bisher. Eines dieser Risikogene heißt ApoE4.
Die Rolle des ApoE4-Gens
Eine spanische Forschungsgruppe um Juan Fortea hat sich dieses Gen einmal genauer angeschaut. Und dabei festgestellt: Tritt diese Erbgutvariante doppelt auf, ist die Gefahr besonders groß, an Alzheimer zu erkranken, so das Ergebnis der Studie, die vor kurzem im renommierten Fachmagazin "Nature Medicine" publiziert wurde.
Das bedeutet: Wer die Gen Variante APOE4 also von Vater und Mutter erbt, erkrankt ziemlich sicher, nämlich mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer. "Eine doppelte Kopie dieser Variante gilt nicht mehr nur als Risiko, sondern als Ursache für eine Alzheimer-Erkrankung", bestätigt Johannes Levin, Demenzforscher am Uni-Klinikum Großhadern in München. "In diesem Fall fängt die Erkrankung auch früher an, bereits ab Mitte oder Ende sechzig, früher als normale sporadische Erkrankungen."
Experten raten von Gentest ab
Für die Studie wurden die Daten von mehr als 10.000 Menschen in Europa und den USA analysiert, darunter auch die von 519 Personen mit doppelter ApoE4-Belastung. Bei ihnen konnten die Wissenschaftler schon ab einem Alter von 55 Jahren verdächtige Laborwerte feststellen, sogenannte "Alzheimer-Biomarker". Ab 65 Jahren wiesen fast alle abnorme Werte für das Alzheimer-typische Protein Amyloid im Hirn-Nerven-Wasser auf, bei 75 Prozent konnten im Gehirn Protein-Ablagerungen nachgewiesen werden.
Das Ergebnis der Studie ist unter anderem deshalb relevant, weil die Forscher davon ausgehen, dass APOE4 bei rund zwei Prozent der Bevölkerung doppelt vorkommt. Das macht die genetische Konstellation relativ häufig. Bisher war sie nicht aufgefallen, weil bei Testpersonen in Studien nicht unterschieden wurde, ob jemand das Gen einmal oder zweifach trägt.
Mithilfe eines Gentests könnte man nachschauen lassen, ob man selbst diese Genvariante zweifach trägt. Demenzforscher Johannes Levin rät jedoch davon ab: "Die aktuelle Leitlinie empfiehlt, es nicht zu tun, weil es keine therapeutischen Konsequenzen hat."
Keine Auswirkungen auf die Früherkennung
Das bedeutet: Nach wie vor gibt es keine Möglichkeit, die Krankheit zu verhindern oder zu heilen. Was ändert diese neu gewonnene Erkenntnis also für Betroffene? "In der Praxis erst mal nichts", sagt Nicolai Franzmeier, Alzheimer-Forscher an der Ludwig-Maximilian-Universität München.
Für die Wissenschaft sei diese Entdeckung aber dennoch wichtig. "Beispielsweise für künftige Therapiestudien", erklärt der Wissenschaftler. "Wie rekrutiert man dafür, welche Patienten schaut man sich genauer an, was für Kohorten bilden wir?" Diese genetischen Formen der Erkrankung seien im wissenschaftlichen Sinne wertvoll, um die Mechanismen dahinter besser verstehen zu können. Aber für die Behandlung folge daraus erstmal nichts.
Präventive Maßnahmen
Auch auf die Frage, was man selbst tun kann, um das Demenz-Risiko zu mindern, um möglichst gesund zu bleiben, bleiben die Empfehlungen gleich: Sport, genug Schlaf und eine gesunde Ernährung senken das Risiko, an Demenz zu erkranken. "Man kann andere Risikofaktoren, die das Gehirn auch noch schädigen, gering halten", erklärt Nicolai Franzmeier. Beispielsweise indem man nicht raucht, wenig trinkt, auf das Gewicht achtet und Bluthochdruck reduziert.
Bis die Forschung eine wirksame Heilmethode findet, wird allerdings noch viel Zeit vergehen. "Am Ende wird es nicht ein Medikament sein, sondern es wird eine Kombi-Therapie", erklärt der Wissenschaftler. "Weil das Gehirn komplex ist und sich verändert, ergo muss man auf verschiedenen Ebenen eingreifen."
Die Bedeutung der Früherkennung von Demenz
Verschiedene Anzeichen im Verhalten einer Person können auf eine Demenz hinweisen. Eine mögliche Auffälligkeit ist es, wenn eine Person mehrmals am Tag die gleiche Geschichte erzählt, ohne das selbst wahrzunehmen. Außerdem fehlen betroffenen Personen gelegentlich die richtigen Worte während des Gesprächs (auch Wortfindungsstörung genannt).
Die Früherkennung macht eine effektive Demenz Therapie möglich und verzögert den weiteren Verlauf der Krankheit um lange Zeit. Die Diagnose Demenz bietet eine Erklärung für bislang unerklärliches Verhalten und andere Auffälligkeiten.
Demenz-Tests: Hinweise, aber keine sichere Diagnose
Es gibt verschiedene psychometrische Tests, mit denen Sie selbst zuhause das Denkvermögen einer Person einordnen können. Die Ergebnisse können ein Hinweis auf eine Demenz oder Alzheimer sein. Demenz und auch Alzheimer sind Nervenkrankheiten, die nur ein Arzt nach umfassender Untersuchung diagnostizieren kann. Mit einfachen Demenz Tests, die Sie auch selbst ausprobieren können, lassen sich aber Hinweise auf ein nachlassendes Denkvermögen finden. Besonders bekannt und ziemlich zuverlässig sind „DemTect“, der „Mini-Mental-Status-Test (MMST)“, der „MoCa-Test“ und der „Uhrentest“. All diese Tests können aber nur Hinweise auf eine mögliche Demenz geben.
An wen wende ich mich bei Verdacht auf Demenz?
Demenz ist eine Nervenkrankheit, also ist prinzipiell ein Nervenarzt (Neurologe) zuständig. Für eine vorläufige Diagnose ist dennoch der Hausarzt die erste Anlaufstelle. Es gibt aber auch Psychiater, die sich auf Demenz spezialisiert haben. Sie können ebenfalls zuverlässige Diagnosen stellen. Psychologen hingegen können keine ärztliche Diagnose stellen, da sie keine Mediziner sind.