Alzheimer Medikament Durchbruch: Hoffnung und Herausforderungen

Die Alzheimer-Forschung erlebt einen potenziellen Durchbruch mit der Entwicklung und Zulassung neuer Medikamente, die gezielt in die Krankheitsmechanismen eingreifen. Insbesondere der Antikörper Lecanemab, entwickelt von Eisai und Biogen in Zusammenarbeit mit Prof. Lars Lannfelt und Bioartic, hat vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Dieser Artikel beleuchtet die aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven im Bereich der Alzheimer-Therapie.

Lecanemab: Ein Hoffnungsschimmer für das frühe Alzheimer-Stadium

In einer Studie mit 1795 Teilnehmern mit leichter kognitiver Beeinträchtigung und leichter Demenz aufgrund der Alzheimer-Krankheit zeigte der Anti-Amyloid-Beta (Aβ) Protofibrillen-Antikörper Lecanemab eine signifikante Stabilisierung der klinischen Ergebnisse. Nach 18 Monaten wurde in der Lecanemab-Gruppe eine Verlangsamung des kognitiven und funktionellen Rückgangs um 27 % im Vergleich zur Placebo-Kontrollgruppe festgestellt.

Klinische Relevanz und Zulassung

Die primäre klinische Messung in dieser Studie, die CDR-SB (Clinical Dementia Rating Scale-Sum of Boxes), zeigte aussagekräftige Veränderungen im Krankheitsverlauf. Da ein Konsens besteht, dass eine Verlangsamung des CDR-SB um etwa 30 % durch ein krankheitsmodifizierendes Medikament klinisch sinnvoll ist, deutet die Studie auf einen echten klinischen Nutzen für die Patienten hin. Eisai und Biogen haben die Zulassung sowohl in den USA über die FDA als auch in Europa über die EMA beantragt. Die EU-Kommission erteilte am 15. April 2025 die Zulassung für Lecanemab für eine genau umrissene Gruppe von Patientinnen und Patienten mit Alzheimer im Frühstadium. Seit dem 1. September 2025 ist das Medikament in Deutschland erhältlich.

Herausforderungen und Nebenwirkungen

Frühere Antikörper-Studien gegen Alzheimer waren oft mit massiven Nebenwirkungen verbunden. Amyloid-Antikörper können vorübergehende Veränderungen im Gehirn verursachen, die im MRT als ARIA (Amyloid-Related Imaging Abnormalities) sichtbar sind. Diese entstehen durch Veränderungen der Hirngewebsflüssigkeit und geringe Gefäßleckagen. Obwohl ARIA in den meisten Fällen keine Symptome verursachen, können leichte Symptome wie Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. Schwere Nebenwirkungen sind selten, aber die Häufigkeit von ARIA scheint bei Lecanemab geringer zu sein als bei einigen anderen Antikörpern.

Frühe Diagnose als Schlüssel zum Erfolg

Es ist wichtig zu betonen, dass diese Art von Therapie nur bei Menschen angewendet wird, bei denen die Alzheimer-Krankheit frühzeitig diagnostiziert wird. Es gibt derzeit keine Beweise dafür, dass Lecanemab in fortgeschrittenen Stadien mit fortgeschrittenem Verlust von Gehirnzellen und -gewebe wirkt. Daher ist es entscheidend, die richtige Diagnose so früh wie möglich zu stellen.

Lesen Sie auch: Informationen für Alzheimer-Patienten und Angehörige

Die Rolle von Lilly und anderen forschenden Unternehmen

Das forschende Unternehmen Lilly hat vor 35 Jahren mit der Suche nach einem Medikament zur Behandlung der Alzheimer-Demenz begonnen. Stephan Grävinghoff von Lilly betont die Notwendigkeit, Erfahrungen zu sammeln, Daten zu generieren, Behandlungspfade zu etablieren und Erstattungsfragen zu klären, um sicherzustellen, dass diejenigen, die von dieser medizinischen Intervention profitieren könnten, auch tatsächlich profitieren können.

Herausforderungen im Gesundheitssystem

Neurologe Prof. Dr. Thomas Duning betont, dass die Alzheimer-Erkrankung im Körper der Betroffenen schon Jahrzehnte vorher beginnt. Daher ist es eine Herausforderung für das Gesundheitssystem, die Diagnose nicht erst dann zu stellen, wenn die Menschen alltagsrelevante Einschränkungen haben. Duning schlägt vor, fitte Menschen ab 65 Jahren mit leichten kognitiven Einschränkungen zu untersuchen, bei denen der "Point of no Return" noch nicht überschritten ist.

Biomarker und Früherkennung

Heute stehen Biomarker und Bluttests zur Verfügung, um die Erkrankung frühzeitig zu erkennen. Die in Deutschland gültige S3-Leitlinie empfiehlt, bereits Patient:innen mit leichten kognitiven Einschränkungen auf die relevanten Biomarker zu testen. Duning erklärt: "Dann kann ich die Alzheimer-Erkrankung diagnostizieren - nicht die Alzheimer-Demenz, sondern die Vorstufe." Das Risiko, dass Menschen mit leichten kognitiven Störungen und positiven Biomarkern eine Demenz entwickeln, liegt bei 90 Prozent.

Die Therapie der Zukunft

Die Alzheimertherapie der Zukunft sieht für den Neurologen so aus: eine viel frühere, prä-symptomatische Diagnostik mit neuen, auch digitalen Tools, flankiert mit einer Kombinationstherapie aus symptomatischen und krankheitsmodifizierenden Medikamenten.

Organisatorische Herausforderungen und Prävention

Professor Dr. Timo Grimmer weist darauf hin, dass abgesehen von einigen lokalen Netzwerken keine etablierten Patient:innen-Pfade existieren, die dafür sorgen, dass die Betroffenen zu den Spezialambulanzen finden. Er betont die Bedeutung der Einbindung von Hausärzt:innen und verweist auf die lange Liste von Faktoren, die in Sachen Demenz präventiv wirken, wie Bewegung, Normalgewicht oder eingestellter Blutdruck.

Lesen Sie auch: Kinder-Alzheimer: Ein umfassender Überblick

Prävention als Schlüssel zur Reduktion des Risikos

Grimmer betont, dass in einer perfekten Welt 40 Prozent aller dementiellen Syndrome verhindert werden könnten. Er beschreibt die Realität jedoch so: "Es diagnostiziert kein Hausarzt eine leichte kognitive Störung." Das Versprechen der neuen Arzneimittel ist, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, was Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Belastung der pflegenden Angehörigen hat.

Wirtschaftliche Aspekte und Kosten

Der Gesundheitsökonom PD. Dr. Dr. Um die Behandlung zu ermöglichen, hat die kooperative Gedächtnissprechstunde der Universitätsmedizin Magdeburg gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen Magdeburg (DZNE) eine neue Infusionsstruktur geschaffen.

Weitere zugelassene Medikamente und Wirkstoffe in der Entwicklung

Seit dem 25. September 2025 ist auch ein zweites Antikörper-basiertes Alzheimermedikament in der EU zugelassen, das den Antikörper Donanemab enthält. Im Dezember 2024 wurde für ein drittes Alzheimermedikament das Zulassungsverfahren eröffnet. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Alzheimer auftretenden Plaques zwischen den Nervenzellen wesentlich zum Absterben von Nervenzellen beitragen. Deshalb setzen viele Arzneimittel-Kandidaten an der Substanz an, aus der sie bestehen: dem Beta-Amyloid-Protein.

Passive Immunisierung gegen Alzheimer

Ein Typ dieser Medikamente enthält gentechnisch hergestellte Antikörper, die sich an das Beta-Amyloid-Protein oder Vorstufen davon heften. Das Immunsystem baut dann das so markierte Protein ab, wodurch der Raum zwischen den Nervenzellen gereinigt wird. Dieser Ansatz wird auch „passive Immunisierung gegen Alzheimer“ genannt.

Rückblick auf Aducanumab

Aducanumab war ein Alzheimer-Wirkstoff, der im Jahr 2021 als Medikament Aduhelm in den USA auf den Markt kam. Obwohl er als Meilenstein in der Alzheimer-Forschung galt, hat der Hersteller Biogen die Produktion und den Verkauf des Medikaments zum Jahresende 2024 endgültig eingestellt.

Lesen Sie auch: Alzheimer und Demenz im Vergleich

Einzigartiger Ansatz: Neues Medikament RI-AG03

Wissenschaftler der University of Southampton, Nottingham Trent University, des Tokyo Metropolitan Institute of Medical Science und des University of Texas Southwestern Medical Centre haben ein Medikament entwickelt, das gezielt an den beiden entscheidenden aggregationsfördernden „Hotspots“ des sogenannten Tau-Proteins im Gehirn wirkt. Dieses Protein ist einer der Hauptauslöser für die Neurodegeneration, die das typische Krankheitsbild einer Alzheimer-Demenz prägt. Das Medikament RI-AG03 wurde zunächst an Fruchtfliegen getestet und konnte wirksam die Bildung von Tau-Proteinen im Gehirn verhindern.

EMA gibt grünes Licht für Lecanemab

Die europäische Zulassungsbehörde EMA hat nun doch grünes Licht für den Antikörper Lecanemab gegeben. Die Kommission kam zunächst zu dem Schluss, dass der individuelle Nutzen des neuen Wirkstoffs zwar da ist, ihm aber potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen gegenüberstehen. Nach Vorlage weiterer Daten empfahl die EMA jedoch die Zulassung für eine enger gefasste Patientengruppe.

Die Bedeutung der Zulassung

Die Zulassung von Lecanemab ist ein Gamechanger und der Beginn einer neuen Ära. Erstmals steht in der Therapie ein Medikament zur Verfügung, das nicht nur auf die Symptome der Krankheit zielt, sondern gegen ihre Ursachen wirkt. Lecanemab ist ein Antikörper, der die Plaques bekämpft, die sich bei Alzheimer-Patient:innen im Gehirn bilden, und verlangsamt den Gedächtnisschwund um etwa 27 Prozent.

Voruntersuchungen und Spezialisierungsgrad

Die Therapie mit Lecanemab erfordert einige Voruntersuchungen, um festzustellen, ob die Patient:innen zweifelsfrei an Alzheimer erkrankt sind und ob sich die Amyloid-Proteine nachweisen lassen. Die Voruntersuchungen sind umfangreich und erfordern einen gewissen Spezialisierungsgrad und Expertise.

Lecanemab in der Praxis: Erfahrungen und Herausforderungen

Prof. Dr. Özgür Onur, Leiter der Spezialambulanz für Gedächtnisstörungen und Demenz am Universitätsklinikum Köln, betont, dass Lecanemab nur für eine ganz bestimmte Gruppe von Menschen mit Alzheimer geeignet ist und dass die Patienten medizinisch sehr aufmerksam begleitet werden müssen.

Wie Lecanemab wirkt

Lecanemab ist ein Antikörper, der an den für Alzheimer typischen Amyloid-Plaques im Gehirn ansetzt und sie als körperfremd markiert, sodass das Immunsystem den Müll abholen kann. Durch die Behandlung werden die Plaques größtenteils abgeräumt.

Die klinische Wirkung von Lecanemab

Die Bilder vom Gehirn zeigen nach der Behandlung zwar kein auffälliges Amyloid mehr - der Effekt für die Patienten ist aber überschaubar. Der kognitive Abbau kann demnach mit dem Medikament binnen 18 Monaten um 27 Prozent verlangsamt werden.

Auswahl der Patienten und Nebenwirkungen

Die EMA hat die Zulassung des Medikaments an strenge Auflagen gekoppelt. Patientinnen und Patienten müssen eine Reihe von Kriterien erfüllen, um mit Lecanemab behandelt werden zu können. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Hirnschwellungen oder Hirnblutungen. In der Studienphase kam es zu drei Todesfällen, von denen zwei mit der gleichzeitigen Einnahme von Gerinnungshemmern in Verbindung gebracht wurden.

Ablauf der Therapie und Kosten

Die Therapie ist sehr zeitintensiv und geht mit vielen Untersuchungen einher. Wer alle Hürden genommen hat, muss alle 14 Tage für eine einstündige Infusion in die Klinik kommen und anschließend zur Nachbeobachtung bleiben. Die aufwendige Therapie werden zumindest zu Beginn wohl nur Kliniken und spezialisierte Zentren durchführen können. Die Behandlungskosten werden auf etwa 5000 Euro pro Jahr und Patient geschätzt, hinzu kommt das Medikament selbst, das in den USA jährlich etwa 25.000 Euro kostet.

Leqembi: Ein neues Medikament zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit

Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) ist ein neues Medikament zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit, das seit dem 25. August 2025 in Österreich und ab dem 1. September in Deutschland erhältlich ist. Es richtet sich an Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) bei Alzheimer oder im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit und reduziert schädliche Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn.

Wer kann mit Leqembi behandelt werden?

Der Wirkstoff kommt nur für Menschen infrage, die sich im frühen Stadium der Erkrankung befinden und bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Die krankhaften Amyloid-beta-Ablagerungen müssen im Gehirn nachgewiesen werden, und genetische Voraussetzungen spielen eine Rolle.

Ablauf der Behandlung und Kontrolle auf Nebenwirkungen

Leqembi wird als Infusion alle zwei Wochen direkt in die Vene verabreicht. Vor Beginn und während der Behandlung sind MRT-Untersuchungen notwendig, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder kleine Blutungen im Gehirn frühzeitig zu erkennen.

Besondere Sicherheitsvorkehrungen und Nebenwirkungen

Nur Patientinnen und Patienten, die alle Voraussetzungen erfüllen, dürfen mit Leqembi behandelt werden. Vor Beginn der Therapie erhalten sie ausführliche Informationen, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen. In Studien traten bei einem Teil der Teilnehmenden Nebenwirkungen auf - darunter Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H).

Donanemab: Ein weiteres Medikament zur Behandlung von Alzheimer

Neben Leqembi ist ab sofort ein zweites Alzheimer-Medikament in Deutschland verfügbar: Kisunla (Wirkstoff Donanemab). Zugelassen ist das neue Medikament für Menschen mit einer frühen symptomatischen Alzheimer-Krankheit, sprich: in der Phase einer leichten kognitiven Störung oder beginnenden Demenz.

Wie Donanemab verabreicht wird

Das neue Medikament Donanemab wird alle vier Wochen per Infusion verabreicht. Die Therapie ist beschränkt und darf nur von Ärztinnen und Ärzten begonnen werden, die bereits Erfahrung mit der Diagnostik von Alzheimer und Zugang zu Untersuchungen per Magnetresonanztomografen (MRT) haben.

Risiken und Nebenwirkungen von Donanemab

Zu den Nebenwirkungen beider Medikamente zählen Veränderungen im Gehirn - etwa Ödeme oder Mikroblutungen. Das Risiko sei unter Donanemab höher, sagte Berlit. Außerdem habe sich gezeigt, dass bei beiden Substanzen die Wirksamkeit bei Frauen geringer ausfalle als bei Männern.

tags: #Alzheimer #Medikament #Durchbruch