Die Alzheimer-Krankheit, auch Morbus Alzheimer oder Demenz vom Alzheimer-Typ genannt, ist eine neurodegenerative Erkrankung, die zum fortschreitenden Verlust der geistigen Funktionen führt. Sie ist die häufigste Form der Demenz und betrifft in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen. Obwohl Alzheimer typischerweise im höheren Lebensalter auftritt, kann sie auch in jüngeren Jahren beginnen. Man spricht von einem frühen Beginn, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten von Alzheimer mit frühem Beginn.
Was ist Alzheimer?
Demenz ist ein Oberbegriff für etwa 50 verschiedene Erkrankungen des Gehirns, wobei Alzheimer eine dieser Erkrankungen ist. Sie ist durch den fortschreitenden Verlust von Nervenzellen und Hirnmasse (Hirnatrophie) gekennzeichnet, insbesondere in der Hirnrinde und tiefer liegenden Hirnbereichen. Bei Alzheimer-Patienten finden sich typische Eiweißablagerungen im Gehirn, sogenannte Beta-Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen. Diese Ablagerungen stören die Kommunikation zwischen den Nervenzellen und führen letztendlich zu deren Absterben.
Ursachen von Alzheimer mit frühem Beginn
Die Ursachen von Alzheimer mit frühem Beginn sind vielfältig und nicht immer eindeutig zu bestimmen. Im Allgemeinen lassen sich folgende Faktoren unterscheiden:
- Genetische Faktoren: In etwa einem Prozent der Alzheimer-Fälle handelt es sich um eine erbliche Form, die sogenannte familiäre Alzheimer-Demenz (FAD). Bei dieser Form liegt das Erkrankungsrisiko bei 50 Prozent, wenn ein Elternteil betroffen ist. Mutationen in bestimmten Genen, wie beispielsweise dem Presenilin-1-Gen, können eine frühe Form der Alzheimer-Krankheit verursachen. Müller U, Winter P, Graeber MB. A presenilin 1 mutation in the first case of Alzheimerʼs disease [online]. Lancet Neurol 2013 Feb;12(2):129-30. doi: 10.1016/S1474-4422(12)70307-1.
- Apolipoprotein E (ApoE): Das ApoE-Gen kommt in verschiedenen Varianten vor, wobei die Variante ApoE4 das Alzheimer-Risiko erhöht. Menschen erben von ihren Eltern zwei Kopien des ApoE-Gens. Eine Kopie von ApoE4 (von einem Elternteil vererbt) bedeutet ein erhöhtes Risiko, ist aber behandelbar. Zwei Kopien von ApoE4 (von beiden Elternteilen vererbt) bedeuten ein stark erhöhtes Risiko für Hirnschwellungen und Hirnblutungen.
- Vaskuläre Faktoren: Vaskuläre Demenz ist eine Form der Demenz, die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht wird. Risikofaktoren für vaskuläre Demenz, wie Bluthochdruck, Diabetes, Herzerkrankungen und Rauchen, können auch das Risiko für Alzheimer erhöhen. Barnes DE, Haight TJ, Mehta KM, Carlson MC, Kuller LH, Tager IB. Secondhand smoke, vascular disease, and dementia incidence: Findings from the cardiovascular health cognition study. Am J Epidemiol 2010;171(3):292-302.
- Sekundäre Demenzen: Sekundäre Demenzen sind demenzielle Syndrome, die nicht Folge einer primär neurodegenerativen Erkrankung oder einer vaskulären Demenz sind. Sie können durch verschiedene Faktoren verursacht werden, wie Infektionskrankheiten, Autoimmunerkrankungen, Stoffwechselstörungen, Hirnverletzungen oder Alkoholmissbrauch.
- Weitere Risikofaktoren: Weitere Faktoren, die das Risiko für Alzheimer erhöhen können, sind fortgeschrittenes Alter, Schwerhörigkeit, soziale Isolation und Vitamin-D-Mangel.
Symptome von Alzheimer mit frühem Beginn
Die Symptome von Alzheimer mit frühem Beginn ähneln denen im höheren Lebensalter, können aber aufgrund des jüngeren Alters oft zunächst unerkannt bleiben. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Gedächtnisstörungen: Vergesslichkeit ist oft eines der ersten und auffälligsten Anzeichen. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich an neue Informationen zu erinnern, verlegen Gegenstände oder vergessen Termine. Im frühen Krankheitsstadium stehen Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses im Vordergrund. Die Erkrankten können sich den Inhalt von Gesprächen nicht einprägen oder finden abgelegte Gegenstände nicht mehr wieder.
- Orientierungsstörungen: Alzheimer-Patienten können die örtliche und zeitliche Orientierung verlieren. Sie vergessen, wo sie sind und wie sie dorthin gekommen sind. Typisch sind auch Schwierigkeiten mit der Uhrzeit, der Jahreszeit oder der zeitlichen Einordnung in Kategorien wie „gestern“, „heute“ und „morgen“.
- Sprachstörungen: Störungen der Kommunikation und der Sprache sind ein charakteristisches Symptom. Die Medizin spricht dann von einer sogenannten Aphasie. Wortfindungsstörungen sind klassische Alzheimer-Anzeichen im Bereich Kommunikation und Sprache. Demenzerkrankte benennen Dinge plötzlich anders und sagen zum Beispiel „Hand-Uhr“ statt „Armbanduhr“.
- Störungen des Denk- und Urteilsvermögens: Der fortschreitende kognitive Abbau macht es Betroffenen zunehmend schwer, allgemeine Informationen richtig einzuordnen. So ist es möglich, dass Menschen mit Alzheimer beispielsweise ihren Standort, einzelne Gegenstände, andere Personen oder gesprochene Worte falsch beziehungsweise anders interpretieren, weil sie es nicht mehr in den richtigen Kontext setzen können. Verhältnismäßige Entscheidungen zu treffen, bereitet Menschen mit Alzheimer zunehmend Schwierigkeiten. Die Ursache dahinter ist ein vermindertes Urteilsvermögen.
- Verhaltensänderungen: Eine Alzheimer-Krankheit kann mit Veränderungen in Verhalten, Stimmung und Persönlichkeit der Patienten einhergehen. Für die Betroffenen wird es immer schwieriger, ihre Gefühle zu kontrollieren. Die Symptome der Alzheimer-Krankheit können die psychische Gesundheit von Patienten stark beeinträchtigen. Starke Gefühlsausbrüche, beispielsweise in Form von Wut und Aggression, können im Pflegealltag sehr herausfordernd sein.
- Atypische Symptome: Bei jüngeren Patienten manifestiert sich die Krankheit in etwa 20-65 % der Fälle in Form atypischer, fokaler Varianten. Die zwei häufigsten Formen sind die posteriore kortikale Atrophie (PCA) und die logopenische Variante der primär progressiven Aphasie (PPA). Seltener ist die frontale Variante der Alzheimer-Krankheit. Bei der PCA kommt es zu vorwiegend visuellen Symptomen trotz intakter primärer visueller Verarbeitung, d. h. das Sehen ist unbeeinträchtigt, jedoch ist die Interpretation der Seheindrücke gestört.
Diagnose von Alzheimer mit frühem Beginn
Eine frühe Diagnose ist wichtig, um den Krankheitsverlauf zu verzögern, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Die Diagnostik umfasst in der Regel mehrere Untersuchungen und Tests:
Lesen Sie auch: Informationen für Alzheimer-Patienten und Angehörige
- Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt erhebt die Krankengeschichte des Patienten und führt eine körperliche Untersuchung durch, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.
- Kognitive Tests und psychometrische Tests: Im Rahmen von verschiedenen Demenz-Tests wird die geistige Leistungsfähigkeit untersucht. Dabei absolvieren Patienten kleinere Aufgaben und beantworten Fragen. In der Ersteinschätzung ist ein Multidomänen-Screeningtest sinnvoll, z. B. der Mini-Mental State Test (MMST) oder das Montreal Cognitive Assessment (MoCA).
- Neurologische Untersuchung: Ein Neurologe untersucht das Nervensystem des Patienten, um neurologische Ursachen für die Symptome auszuschließen. Gerade bei leichten, beginnenden Einbußen ist es empfehlenswert, - nach Absprache mit dem Hausarzt - einen Facharzt (Neurologe bzw. Psychiater) oder eine Gedächtnissprechstunde aufzusuchen.
- Bildgebende Verfahren: Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) können Veränderungen im Gehirn, wie Schrumpfung bestimmter Bereiche, sichtbar gemacht werden. Die Alzheimer-Krankheit führt zu einer Schrumpfung bestimmter Bereiche des Gehirns.
- Liquoruntersuchung: Eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor) kann helfen, Alzheimer-spezifische Biomarker, wie Amyloid- und Tau-Proteine, nachzuweisen. Zudem werden die Erkrankungen als fortschreitendes Kontinuum betrachtet, deren Pathophysiologie sich langsam-progredient und meist schon Jahre oder Dekaden vor Symptombeginn zeigt, d. h. eine Unterteilung in z. B.
- Gentest: Bei Verdacht auf eine familiäre Alzheimer-Demenz kann ein Gentest durchgeführt werden, um Mutationen in bestimmten Genen nachzuweisen. Mit einem einfachen Bluttest kann festgestellt werden, ob und wie viele Kopien von ApoE4 vorhanden sind.
Therapie von Alzheimer mit frühem Beginn
Die Alzheimer-Krankheit ist derzeit nicht heilbar, aber es gibt verschiedene Therapieansätze, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Symptome zu lindern. Die Behandlung umfasst ein breites Spektrum von Maßnahmen:
- Medikamentöse Therapie:
- Acetylcholinesterasehemmer: Donepezil, Galantamin und Rivastigmin können bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz eingesetzt werden, um den Abbau des Neurotransmitters Acetylcholin im Gehirn zu hemmen und so die kognitiven Funktionen zu verbessern. Bei der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz stehen in Deutschland die Acetylcholinesterasehemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin zur Verfügung.
- NMDA-Rezeptor-Antagonist: Memantin kann bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz eingesetzt werden, um die Nervenzellen vor Überstimulation zu schützen. Zur Therapie der mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz ist in Deutschland der N-Methyl-d-Aspartat (NMDA)-Rezeptor-Antagonist Memantin zugelassen.
- Amyloid-Antikörper-Therapie: Für Menschen mit einer Frühform der Alzheimer-Krankheit (leichte kognitive Störung oder leichte Demenz) gibt es in Deutschland dem September 2025 eine Amyloid-Antikörper-Therapie mit Lecanemab. Die Antikörper binden an die Beta-Amyloid-Ablagerungen, die man zwischen den Nervenzellen im Gehirn Alzheimer-Erkrankter vermehrt feststellt. Lecanemab und Donanemab sind neue Medikamente, die in der EU zugelassen wurden und ab 2025 in Deutschland verfügbar sein werden. Sie zielen darauf ab, Amyloid-Plaques im Gehirn abzubauen. Für Menschen mit einer Frühform der Alzheimer-Krankheit (leichte kognitive Störung oder leichte Demenz) gibt es in Deutschland dem September 2025 eine Amyloid-Antikörper-Therapie mit Lecanemab. Die Antikörper binden an die Beta-Amyloid-Ablagerungen, die man zwischen den Nervenzellen im Gehirn Alzheimer-Erkrankter vermehrt feststellt.
- Nicht-medikamentöse Therapie:
- Kognitives Training: Durch gezielte Übungen können die geistigen Fähigkeiten trainiert und erhalten werden. Um die geistigen Leistungen und Alltagsfähigkeiten zu stärken, gibt es viele therapeutische Behandlungswege. Damit lassen sich auch Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefindens verbessern.
- Ergotherapie: Ergotherapie hilft den Betroffenen, ihreAlltagsfähigkeiten zu erhalten und zu verbessern.
- Physiotherapie: Physiotherapie unterstützt die körperliche Beweglichkeit und Koordination.
- Musiktherapie: Musiktherapie kann die Stimmung verbessern und die Kommunikation fördern.
- Psychotherapie: Psychotherapie kann helfen, mit der Diagnose und den Folgen der Krankheit umzugehen.
- Unterstützung und Beratung:
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen kann sehr hilfreich sein. Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen - etwa in Selbsthilfegruppen - wird von vielen als wertvoll erlebt.
- Beratungsstellen: Beratungsstellen bieten Informationen und Unterstützung für Betroffene und Angehörige.
- Pflegeberatung: Pflegeberatung hilft bei der Organisation der Pflege und Betreuung. Wenn Sie feststellen, dass sich ein Unterstützungsbedarf abzeichnet, sollten Sie den möglichen Anspruch auf einen Pflegegrad prüfen. Denn mit diesem stehen der betroffenen Person verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zu, die ihren Pflegealltag erleichtern sollen.
- Lebensstiländerungen:
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Fisch kann das Gehirn schützen.
- Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität kann die kognitiven Funktionen verbessern und das Risiko für vaskuläre Erkrankungen senken.
- Soziale Kontakte: Soziale Kontakte und geistigeAnregung können das Gehirn aktiv halten.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Risikofaktoren für vaskuläre Demenz, wie Rauchen, Bluthochdruck und Diabetes, sollten vermieden werden.
Leben mit Alzheimer mit frühem Beginn
Die Diagnose Alzheimer mit frühem Beginn ist für die Betroffenen und ihre Familien eine große Herausforderung. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Krankheit auseinanderzusetzen und sich Unterstützung zu suchen.
- Offene Kommunikation: Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen über Ihre Ängste und Sorgen. Der offene Austausch über die Erkrankung ist also in vielen Fällen sehr wertvoll.
- Planung für die Zukunft: Treffen Sie frühzeitig Entscheidungen über Ihre finanzielle Situation, Ihre medizinische Versorgung und Ihre Wohnsituation. Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift in Situationen, in denen Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken.
- Anpassung des Alltags: Passen Sie Ihren Alltag an die Bedürfnisse des Betroffenen an. Kleine Orientierungs- und Erinnerungshilfen im Wohnraum können Betroffenen und Angehörigen den Pflegealltag erleichtern.
- Unterstützung für Angehörige: Angehörige von Alzheimer-Patienten benötigen ebenfalls Unterstützung. Nehmen SieEntlastungsangebote in Anspruch und suchen Sie den Austausch mit anderen Angehörigen. Wenn Sie eine nahestehende Person mit Alzheimer im Umfeld haben oder sogar pflegen, ist es wichtig, dass Sie sich mit der Erkrankung und den möglichen Entlastungsangeboten beschäftigen. Wer mehr über die Alzheimer-Krankheit weiß, kann besser damit umgehen.
Lesen Sie auch: Kinder-Alzheimer: Ein umfassender Überblick
Lesen Sie auch: Alzheimer und Demenz im Vergleich