Die Alzheimer-Krankheit ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch den Verlust von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Die Forschung arbeitet intensiv daran, die Ursachen zu verstehen, den Verlauf zu verlangsamen und neue Therapien zu entwickeln. In Deutschland gibt es verschiedene Studien, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der Alzheimer-Krankheit befassen und die Möglichkeit zur Teilnahme bieten. Dieser Artikel gibt einen Überblick über einige dieser Studien und die damit verbundenen Forschungsansätze.
Die DIAN-Studie: Erforschung der genetisch bedingten Alzheimer-Erkrankung
Die im Jahr 2008 in den USA begonnene DIAN-Studie (Dominantly Inherited Alzheimer's Network) konzentriert sich auf die Erforschung der genetisch bedingten Formen der Alzheimer-Erkrankung. Etwa 0,5 Prozent aller Alzheimer-Fälle sind auf Mutationen in einem von drei Genen zurückzuführen. Bei Betroffenen treten die typischen Symptome wie Vergesslichkeit und Orientierungsstörungen bereits in jungen Jahren auf, meist vor dem 60. Lebensjahr, in manchen Fällen sogar schon um das 30. Lebensjahr.
Ziele und Module der DIAN-Studie in Deutschland
Die DIAN-Studie wird in Deutschland in zwei Modulen angeboten:
- Beobachtungsstudie: Diese Studie läuft seit 2012 und zielt darauf ab, ein besseres Verständnis der genetisch bedingten Alzheimer-Erkrankungen zu erlangen und Ansätze für neue Behandlungsformen zu finden. Aktuell werden über 60 Erwachsene im Rahmen der deutschen Studie beobachtet, weltweit nehmen mehr als 500 Menschen an einer DIAN-Beobachtungsstudie teil.
- Therapiestudie: Diese Studie konzentriert sich auf die Entwicklung von Medikamenten und testet vielversprechende Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen die Krankheitsmechanismen beim Menschen.
Teilnahmevoraussetzungen an der DIAN-Beobachtungsstudie
Für die Teilnahme an der Beobachtungsstudie gelten folgende Kriterien:
- Familiäre Vorbelastung: Personen, deren Eltern oder Geschwister nachweislich krankheitsverursachende Mutationen in einem der drei bekannten "Alzheimer-Gene" aufweisen, können teilnehmen. Diese Personen haben ein 50-prozentiges Risiko, das Gen ebenfalls geerbt zu haben und die Krankheit zu entwickeln.
- Erkrankungsbeginn vor dem 60. Lebensjahr: Der Verdacht auf eine autosomal-dominant vererbte Form der Alzheimer-Krankheit liegt vor, wenn der Erkrankungsbeginn vor dem 60. Lebensjahr liegt und es in der Familie weitere frühe Erkrankungsfälle gibt.
- Mindestalter: Das Mindestalter für die Studienteilnahme beträgt 18 Jahre.
- Kenntnis des genetischen Status: Die Teilnehmenden müssen nicht wissen, ob bei ihnen eine Mutation vorliegt und können Krankheitssymptome zeigen oder auch nicht. Im Rahmen der Studie erfahren die Teilnehmenden ihren genetischen Status nicht, da der durchgeführte Gentest nicht für die klinische Diagnostik geeignet ist. Die Studie wird als Doppelblindstudie durchgeführt, sodass weder die Teilnehmenden noch das DIAN-Team das Ergebnis des Tests kennen. Wer seinen genetischen Status erfahren möchte, kann sich an eine externe genetische Beratung wenden.
Untersuchungen im Rahmen der DIAN-Beobachtungsstudie
Im Rahmen der Studie werden die Teilnehmenden alle zwei Jahre ausführlich untersucht. Diese Untersuchungen finden am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in München und Tübingen statt und umfassen:
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- Körperliche und neuropsychologische Untersuchungen: Prüfung von Gedächtnisfunktionen und anderen Bereichen der geistigen Leistungsfähigkeit.
- Lumbalpunktion: Entnahme von Nervenwasser.
- Kernspintomographie (MRT): Untersuchung des Kopfes.
- Positronen-Emissions-Tomographie (PET): Untersuchung von Stoffwechselvorgängen und der Zusammensetzung des Gehirns. Die erfassten Daten sollen helfen, die Krankheit besser messbar zu machen und eine Grundlage für die Entwicklung von Medikamenten zu schaffen.
Betreuung und Beratung der Teilnehmenden
Die Teilnehmenden werden im Rahmen der Studie umfassend neurologisch und medizinisch betreut und beraten. Bei Symptomen wird eine Abklärung in einer neurologischen Praxis oder einer Gedächtnisambulanz empfohlen und gegebenenfalls werden die notwendigen medizinischen Schritte eingeleitet.
Belastung durch erbliche Alzheimer-Erkrankung
Der Kontakt mit den Teilnehmenden der Studie und ihren Familienmitgliedern zeigt, wie belastend die erbliche Form von Alzheimer ist. Das Risiko zu erkranken schwebt oft wie ein Damoklesschwert über mehreren Generationen einer Familie. Das Wissen um das eigene Erkrankungsrisiko kann die Berufs- und Familienplanung sowie finanzielle Entscheidungen beeinflussen. Die Angst, elterliche und finanzielle Pflichten nicht mehr erfüllen zu können und die Krankheit möglicherweise zu vererben, ist prägend. In manchen Fällen können junge Erkrankte ihre eigenen Kinder nicht mehr versorgen, sodass die Partnerin bzw. der Partner gleichzeitig die Kinder und die erkrankte Person betreuen muss. Hinzu kommt, dass Demenz in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema ist, was es schwer macht, innerhalb der Familien und nach außen darüber zu sprechen. Daraus ergibt sich eine massive emotionale, psychische sowie finanzielle Belastung.
Hilfsangebote für Betroffene und Familien
In Deutschland sind die Angebote für diese jungen Familien bislang nur unzureichend entwickelt. Es gibt jedoch Hilfen: Die Hans und Ilse Breuer-Stiftung bietet auf Antrag finanzielle Hilfeleistungen für bedürftige Familien. Bei den DIAN-Familientreffen bekommen die Studienteilnehmenden Gelegenheit, sich mit anderen Teilnehmenden sowie deren Familien auszutauschen. Daneben plant DIAN einen Newsletter für Interessierte sowie ein geschütztes internes Forum für Teilnehmende der Studie auf der Webseite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.
Weitere Studien und Forschungsansätze in Deutschland
Neben der DIAN-Studie gibt es eine Vielzahl weiterer Studien und Forschungsansätze in Deutschland, die sich mit verschiedenen Aspekten der Alzheimer-Krankheit befassen. Einige Beispiele sind:
- DESCRIBE-Studie: Ziel dieser Beobachtungsstudie ist es, die im Rahmen der normalen Krankenversorgung gewonnenen Untersuchungsergebnisse zusammen mit den Ergebnissen von Untersuchungen an Biomaterialien (Blut, Nervenwasser, Speichel und Urin) einschließlich genetischer Untersuchungen für wissenschaftliche Zwecke zu nutzen. Dadurch sollen die Kenntnisse über neurodegenerative Erkrankungen vermehrt und Voraussetzungen für bessere Therapien geschaffen werden.
- ENABLE-Studie: Diese Studie prüft, ob eine Amyloid-Positronenemissionstomographie (Amyloid-PET) die Sicherheit der Diagnosestellung bei Menschen mit einer leicht- bis mittelgradigen Demenz verbessern kann.
- ADEPT-4-Studie: Diese klinische Studie untersucht die Sicherheit und Wirksamkeit von KarXT, einem Medikament zum Einnehmen für die Behandlung einer Psychose im Zusammenhang mit Alzheimer-Krankheit.
- Studie zur Wirkung von Rituximab bei ALS: In dieser Studie wird der Einfluss von Rituximab (Rixathon®) auf den Krankheitsverlauf von Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) im Vergleich zu einem Placebo untersucht.
- DZNE-Netzwerkforschungsprojekt ARCA registry: In diesem Projekt wird bei autosomal-rezessiven Ataxien sowie früh beginnenden Ataxien mit Beginn vor dem 40. Lebensjahr ein Register aufgebaut.
- Studie zur Charakterisierung kognitiver Profile bei Herzinsuffizienz: Diese Studie zielt auf die Charakterisierung kognitiver Profile bei Probandinnen und Probanden mit Herzinsuffizienz sowie deren Zuordnung zu Biomarkern im Blut sowie bildgebenden Merkmalen ab.
- DESCRIBE-FTD Studie: Ziel dieser Studie ist es, den Krankheitsverlauf der FTD in ihren unterschiedlichen klinischen Ausprägungsformen detailliert zu beschreiben.
- Studie Donate your Gait: Diese Studie untersucht das Gangbild der allgemeinen Bevölkerung mit dem Ziel, den normalen Gang zu analysieren und zu quantifizieren.
- PROMINENT: Dies ist eine europaweite öffentlich-private Partnerschaft, die durch die Innovative Health Initiative (IHI) finanziert wird.
- Online-Befragung des DZNE: Das DZNE führt eine bundesweite Online-Befragung unter Gedächtnisambulanzen sowie neurologischen und psychiatrischen Arztpraxen durch, um deren Fähigkeit, eine frühzeitige und genaue Diagnose für eine krankheitsverändernde Behandlung von Alzheimer zu stellen, zu erfassen.
- Studie SPORTAX: Diese Studie hat das Ziel, die beiden Erkrankungsformen sporadischer Ataxien präzise zu charakterisieren und die Krankheitsverläufe miteinander zu vergleichen.
Die Rolle der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG)
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) unterstützt die wissenschaftliche Forschung im Bereich Demenz regelmäßig. Sie schreibt alle zwei Jahre eine Forschungsförderung im Bereich der Versorgungsforschung aus und unterstützt Forschungsprojekte auch praktisch, beispielsweise indem sie ihr Expertenwissen in Projektbeiräten zur Verfügung stellt. Die DAlzG hat außerdem eine Arbeitsgruppe "Demenz und Forschung", in der Menschen mit Demenz mitreden und ihre Erfahrungen und ihr Wissen in Forschungsprojekte einbringen können.
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Neue Therapieansätze und Hoffnung für die Zukunft
Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Es wurden verschiedene Studien zu Medikamenten durchgeführt, die erstmals an der Ursache von Alzheimer ansetzen und die schädigenden Eiweißablagerungen im Gehirn abbauen sollen. Obwohl diese Medikamente bisher nur in frühen Krankheitsstadien wirksam sind, geben sie Anlass zur Hoffnung, den Verlauf der Alzheimer-Krankheit in Zukunft verlangsamen oder sogar aufhalten zu können.
Bestätigungsstudie für ein neuartiges Alzheimer-Medikament in Bayreuth
An der Klinik Hohe Warte in Bayreuth läuft eine europaweite Bestätigungsstudie für ein neuartiges Alzheimer-Medikament. In vorausgegangenen Studien hatte das Medikament bereits in Ansätzen gezeigt, dass es wirken kann. Die aktuelle Studie soll nun klären, ob die Wirkung durch eine erhöhte Dosierung verbessert werden kann. Für diese Studie werden noch Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer gesucht.
Teilnahmevoraussetzungen für die Studie in Bayreuth
Für die Studienteilnahme in Bayreuth gelten folgende Kriterien:
- Alter: Die Betroffenen müssen zwischen 60 und 85 Jahren alt sein.
- Krankheitsstadium: Die Alzheimer-Erkrankung muss sich in einem frühen Stadium befinden, mit leichten kognitiven Einschränkungen, aber weitgehend selbstständiger Alltagsbewältigung.
- Betreuung: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer benötigen eine engagierte Angehörige oder einen engagierten Angehörigen, der bereit ist, die Studienteilnahme zu betreuen und zu unterstützen.
- Ausschlusskriterien: Eine Studienteilnahme ist nicht möglich bei Hirninfarkt, Hirnblutung, Bewusstlosigkeit in den letzten zwölf Monaten, Krampfanfällen oder epileptischen Anfällen in den letzten zehn Jahren, bekannten Krebserkrankungen oder Chemotherapien in der Vergangenheit (eventuelle Ausnahmen sind mit den Studienärzten abzustimmen) und Einnahme blutverdünnender Medikamente wie Marcumar.
- Nachweis von Amyloid-Ablagerungen: Durch bildgebende Verfahren muss ein zweifelsfreier Nachweis von Amyloid-Ablagerungen im Gehirn erfolgen.
Ablauf der Studie in Bayreuth
Im Vorfeld einer möglichen Studienteilnahme sind verschiedene diagnostische Untersuchungen notwendig, darunter körperliche und neurologische Untersuchung, Untersuchung des Blutes und Urins, EKG, bildgebende Verfahren vom Kopf und Tests zur Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten. Dieses Auswahlverfahren dauert etwa acht Wochen. Während des anschließenden Behandlungszeitraums erhalten zwei Drittel der ausgewählten Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer zwei Jahre lang das Medikament in vierwöchigem Rhythmus als Infusion. Ein Drittel erhält ein Placebo. Während dieser zwei Jahre findet eine engmaschige Betreuung mit umfangreicher Dokumentation statt. An den Behandlungszeitraum schließt sich noch einmal eine 18-wöchige Nachbeobachtungsphase an.
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