Ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz: Voraussetzungen und Perspektiven

Ambulant betreute Wohngemeinschaften (abWGs) stellen eine Wohnform dar, die es Pflegebedürftigen ermöglicht, in einem gemeinschaftlichen Haushalt zu leben und gleichzeitig externe Pflege- und Betreuungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Diese Wohnform bietet insbesondere demenziell erkrankten Menschen eine Alternative zur Versorgung in stationären Einrichtungen. Im Folgenden werden die Voraussetzungen für ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz sowie verschiedene Aspekte dieser Wohnform beleuchtet.

Neue Wohnformen als Alternative zum Pflegeheim

Neben den traditionellen Wohnformen gibt es eine Vielzahl neuer Wohnmodelle, die den Bedürfnissen älterer und pflegebedürftiger Menschen besser gerecht werden sollen. Dazu zählen beispielsweise das betreute oder Service-Wohnen, bei dem neben dem Mietvertrag auch ein Servicevertrag mit dem Vermieter abgeschlossen wird. Dieser Vertrag beinhaltet zusätzliche Dienst- und Hilfeleistungen. Auch das Wohnen in Mehrgenerationenhäusern, in denen Jung und Alt sich gegenseitig unterstützen, oder das "Wohnen für Hilfe", bei dem Wohnungen oder Zimmer an Studierende vermietet werden, sind alternative Wohnformen. Pflege-Wohngruppen bieten wiederum die Möglichkeit, mit Gleichaltrigen zusammenzuleben und gemeinsam Unterstützung zu erhalten, ohne auf Privatsphäre und Eigenständigkeit zu verzichten.

Was sind ambulant betreute Wohngemeinschaften?

Pflege-Wohngemeinschaften, die bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, gelten als ambulant betreute Wohngruppen und werden von der Pflegeversicherung besonders gefördert. Sie ermöglichen es den Pflegebedürftigen, möglichst lange selbstständig und in häuslicher Umgebung zu wohnen, ohne dabei auf sich selbst gestellt zu sein. Im Unterschied zu Pflegeheimen oder stationären Einrichtungen leben die Bewohnerinnen und Bewohner zur Miete in einer eigenen, gemeinsam genutzten Wohnung. Jede Person hat ein eigenes Zimmer, das mit privaten Möbeln ausgestattet werden kann. Daneben gibt es in der Regel ein gemeinsames Wohnzimmer, eine Küche sowie ein oder mehrere barrierearme Badezimmer.

Selbstverantwortete und anbieterverantwortete Wohngemeinschaften

Grundsätzlich lassen sich zwei Formen von Wohngemeinschaften unterscheiden: selbstverantwortete und anbieterverantwortete Wohngemeinschaften. Von selbstverantworteten Wohngemeinschaften spricht man, wenn der Miet- und Pflegevertrag getrennt sind, die Bewohner den Pflegedienst frei wählen können und sie das Zusammenleben vollständig selbstverantwortet regeln. Jede Person oder deren Vertretungsberechtigte schließt einen Einzelmietvertrag und einen Pflegevertrag ab. In anbieterverantworteten Wohngemeinschaften hat der Pflegedienst darauf hinzuwirken, dass eine Vertrauensperson vorhanden ist. Diese wird von den Bewohnern oder deren gesetzlicher Vertretung oder Bevollmächtigten gewählt.

Anforderungen an ambulant betreute Wohngemeinschaften in Bayern

In Bayern regelt das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) die Anforderungen an Pflege, Betreuung und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung. Seit der Gesetzesnovelle 2023 sind neben selbstgesteuerten auch trägergesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaften zulässig. Die Gründung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft (abWG) muss der zuständigen Behörde (FQA) spätestens drei Monate vorher mitgeteilt werden - inklusive Informationen zu Pflege- und Betreuungsleistungen. Bei einer geplanten Auflösung ist die Behörde unverzüglich zu informieren. Ambulant betreute Wohngemeinschaften werden durch die Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen - Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) beraten und in der Regel jährlich geprüft.

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Selbstgesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaften

In selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften entscheiden die Mieter bzw. ihre gesetzlichen Vertreter selbst über alle Angelegenheiten des Gemeinschaftslebens in einem regelmäßig tagenden Gremium. Vermieter sowie Pflege- und Betreuungsdienste haben kein Stimmrecht. Der beauftragte ambulante Betreuungs- oder Pflegedienst hat sicherzustellen, dass die zu erbringenden Betreuungs- und Pflegeleistungen dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechen und persönlich und fachlich geeignete Beschäftigte eingesetzt werden sowie die Qualität des Wohnens angemessen ist.

Trägergesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaften

Wenn die Voraussetzungen für eine selbstgesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaft nicht erfüllt sind, gilt sie als trägergesteuert. Für trägergesteuerte Wohngemeinschaften sowie für solche mit mehr als 12 pflege- oder betreuungsbedürftigen Personen gelten die Vorschriften für stationäre Einrichtungen und besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe gemäß PfleWoqG. Die Bildung eines Gremiums der Selbstbestimmung ist ebenfalls vorgeschrieben, hat jedoch nur eine Mitwirkungsfunktion, nicht aber Mitbestimmung bei Alltagsentscheidungen.

Technische Ausstattung und Barrierefreiheit

Jeder persönliche Wohnraum muss bis spätestens 1. August 2025 über eine Notrufanlage verfügen. Sicherheit und Barrierefreiheit sind wichtige Aspekte, die bei der Gestaltung von ambulant betreuten Wohngemeinschaften berücksichtigt werden müssen. Zur Unterstützung der gemeinschaftlichen Lebensführung sowie zur Betreuung der Mieter muss in der Regel eine Pflege- oder Betreuungskraft anwesend sein.

AbWG-Typen in Bayern

Ambulant betreute Wohngemeinschaften (abWGs) werden nach pflegefachlichem Schwerpunkt klassifiziert. Laut Bayerischem Landesamt für Statistik (Stand: Dezember 2023) verteilen sich die abWG-Typen wie folgt: Demenz-WGs (12,5 %), Pflege/Mischformen (43,6 %), Intensivpflege-WGs (43,2 %) und WGs für Pflegebedürftige unter 65 Jahren (0,6 %).

Voraussetzungen für den Einzug in eine Senioren-WG

Allgemeine Voraussetzungen für den Einzug in eine Senioren-WG gibt es nicht. Wichtig ist jedoch, dass die Bewohner Interesse am Leben in einer Gemeinschaft haben und Lust auf Kommunikation und Gesellschaft. Wie bei einer Studenten-WG ist die Stimmung nur so lange gut, wie sich alle an Hausordnungen halten und kompromissbereit bleiben. Es gibt keine Voraussetzungen, wie ein Mindestalter oder einen Pflegegrad für den Einzug in eine Senioren-WG.

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Zielgruppe von Demenz-WGs in München

Die Wohngemeinschaften in München sind gedacht für Männer und Frauen ab 60 Jahren, die an einer Demenz erkrankt sind und eine Einstufung in die Pflegeversicherung haben. Wichtige Voraussetzungen sind zudem, dass die interessierte Person und ihre Angehörige seit ca. 5 Jahren in München leben und das das Einkommen der künftigen Mieter 1.000 € brutto (bei Schwerbehinderung mit GdB >50 bis max.

Gestaltung des Alltags in einer Demenz-WG

In Demenz-WGs wird der Alltag von qualifizierten Pflegekräften begleitet und sehr strukturiert gestaltet. Die Tagesgestaltung orientiert sich an Gewohnheiten, Bedürfnissen, Gesundheitszustand, Fähigkeiten und Rhythmus der Bewohner. Sie sollen aktiv in alltägliche Abläufe wie Kochen oder Abwaschen, in Gruppenangebote, Bewegungsaktivitäten, Ausflüge oder Einkaufen einbezogen werden. Auf diese Weise können soziale, motorische und kognitive Kompetenzen gefördert und erhalten werden. Die Bewohner einer Senioren-WG unterstützen und helfen sich gegenseitig. So besteht meist eine große Motivation, länger aktiv zu bleiben.

Beteiligung der Angehörigen

Zu den Grundsätzen einer selbstorganisierten WG gehört, dass Angehörige in der Verantwortung bleiben und sich regelmäßig treffen, um Entscheidungen zu treffen und organisatorische Abläufe abzustimmen. In diesen Treffen werden Termine und Aufgaben verteilt und gemeinsam die WG-Arbeit moderiert und gestaltet. Darüber hinaus verweilt jeder Angehörige in der WG, so oft er es zeitlich einrichten kann. In Absprache mit dem Pflege- und Betreuungsteam werden die Aufgaben verteilt, somit auch die Haushaltsführung mit Reinigung, Wäschewaschen, Einkäufe etc.

Finanzierung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft

Die Kosten für eine Senioren-WG sind in der Regel günstiger als für eine Einzelwohnung. Jeder Bewohner bezahlt die Miete für seinen privaten Wohnbereich und nur anteilig die Mietkosten für Gemeinschaftsräume wie Küche, Bad und Wohnräume. Die Miete einer Seniorenwohngemeinschaft entspricht in aller Regel den „normalen“ Mietpreisen auf dem lokalen Wohnungsmarkt - es sei denn die Wohnung oder das Haus sind barrierefrei gestaltet und verfügen zum Beispiel über einen Fahrstuhl. Die Kosten setzen sich aus den Mietkosten inklusive Nebenkosten sowie einem Haushaltsgeld (zum Beispiel für Essen, Wäscheversorgung, Haushaltsbedarf, kleinere Anschaffungen und Reparaturen) zusammen. Miete und Haushaltsgeld trägt jede Person selbst.

Wohngruppenzuschlag

Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen haben Anspruch auf einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von 224 Euro pro Monat, wenn der Pflegebedürftige die ambulante Pflegesachleistung, das Pflegegeld, die Kombinationsleistung, Angebote zur Unterstützung im Alltag oder den Entlastungsbetrag in Anspruch nimmt. Die genauen Voraussetzungen hierfür sind geregelt im § 38a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Aus dieser Pauschale sollen zusätzliche Aufwendungen finanziert werden können, die sich durch die gemeinschaftliche Beauftragung einer Person für allgemeine, organisatorische, verwaltende, betreuende oder hauswirtschaftliche Unterstützung ergeben.

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Anschubfinanzierung

Alle Pflegebedürftigen, die sich an der Gründung einer ambulant betreuten Wohngruppe beteiligen, können bei ihrer Pflegekasse im Rahmen dieser Anschubfinanzierung einmalig eine Förderung von bis zu 2.613 Euro beantragen. Je Wohngemeinschaft ist diese Förderung allerdings auf 10.452 Euro begrenzt - bei mehr als vier anspruchsberechtigten Antragstellern wird der Gesamtbetrag anteilig auf sie aufgeteilt. Diese Förderung steht Pflegebedürftigen aller Pflegegrade zu. Den Antrag auf Bewilligung dieser Mittel müssen die Wohngemeinschaftsmitglieder innerhalb eines Jahres ab Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen stellen.

Weitere Leistungen der Pflegekasse

Wird die Pflege über ambulante Pflegedienste organisiert, gewähren die Pflegekassen für Pflegebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2 Pflegesachleistungen. Wie hoch der Zuschuss ist, hängt davon ab, welcher Pflegegrad für Sie festgelegt wurde. Auch die Krankenversicherung gewährt grundsätzlich Leistungen wie im privaten Wohnen, etwa häusliche Krankenpflege (zum Beispiel Medikamente geben, Wunden versorgen). Daneben kann auch der Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro in Anspruch genommen werden. Dieser Betrag steht allen Pflegebedürftigen der Pflegegrade 1-5 zu.

Was tun, wenn das Einkommen nicht reicht?

Trotz der beschriebenen Leistungen müssen die Bewohner einen größeren Teil der Kosten selbst bezahlen. Haben sie kein eigenes Einkommen und Vermögen, springt manchmal das Sozialamt ein. Wenn absehbar ist, dass ein Teil der Kosten vermutlich über das Sozialamt finanziert werden muss, sollte man schon vor dem Einzug klären, ob das Sozialamt für den Aufenthalt in der ausgewählten Wohngemeinschaft auch zahlt. Personen mit geringem Einkommen können außerdem Wohngeld beantragen.

Gründung einer Senioren-WG

Wer nicht in eine bestehende WG ziehen möchte, hat natürlich auch die Möglichkeit, selbst eine Senioren-WG zu gründen. Machen Sie sich im Vorfeld entweder allein oder mit ihren potenziellen Mitbewohnern Gedanken über gemeinsame Zielvorstellungen und definieren Sie ein Konzept Ihrer Senioren-WG. Definieren Sie vorab genau, wie das künftige Zusammenleben in der Senioren-WG geregelt sein soll. Bestimmen Sie beispielsweise einen Schatzmeister, einen Einkaufskoordinator, einen Gartenbeauftragten und ähnliches. Die Gründung eines Vereins kann ein guter Einstieg bei der Gründung einer Senioren-Wohngemeinschaft sein.

Kooperationsvereinbarung und Gesellschaftsformen

Wenn Sie oder Ihr Angehöriger zur Miete wohnen möchten, schließen Sie eine Kooperationsvereinbarung mit den anderen Bewohnern. Darin ist konkret definiert, wie sich die Zusammenarbeit in der Gruppe gestalten soll. Soll für Ihre Senioren-Wohngemeinschaft Eigentum erworben oder ein neues Heim gebaut werden, können Sie während der Planungs- und Bauphase als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auftreten und nach Abschluss der Arbeiten eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) gründen. Finanziell interessant für private Initiatoren einer Senioren-WG, allerdings auch relativ kompliziert, ist die Gründung einer Genossenschaft.

Vorteile und Nachteile von Senioren-WGs

Senioren-WGs bieten viele Vorteile, ein möglicher Nachteil kann jedoch eine längere Suche sein. Anders als bei Altersheimen spielt neben der Lage und den Kosten vor allem der zwischenmenschliche Faktor eine große Rolle. Bei Senioren-WGs werden nicht nur Kosten und Ressourcen gespart, sondern vor allem einer Vereinsamung entgegengewirkt. Durch die Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung bleiben Senioren häufig länger aktiv. Bei Bedarf kann eine Senioren-WG in eine ambulant betreute Wohngemeinschaft umgewandelt werden.

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