Ashwagandha: Wirkung auf das Gehirn – Studien und Erkenntnisse

Ashwagandha (Withania somnifera), auch bekannt als Schlafbeere, indischer Ginseng oder Winterkirsche, ist ein fester Bestandteil der ayurvedischen Medizin und wird in Nahrungsergänzungsmitteln (NEMs) als Mittel gegen Stress und Schlafprobleme vermarktet. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat jüngst insbesondere Kinder, Schwangere und Leberkranke vor möglichen Gesundheitsgefahren durch die Einnahme von Ashwagandha-Präparaten gewarnt.

Was ist Ashwagandha?

Ashwagandha, botanisch als Withania somnifera bekannt, gehört zur Familie der Nachtschattengewächse und wird im Ayurveda, der traditionellen indischen Medizinlehre, verwendet. Der Namensbestandteil „Withania“ steht für die Pflanzengattung, während der lateinische Beiname „somnifera“ übersetzt „schlafbringend“ bedeutet, woraus sich der umgangssprachliche Name Schlafbeere ableitet. Der Name Ashwagandha stammt aus dem Sanskrit und bedeutet „Geruch des Pferdes“.

Die Pflanze wächst als immergrüner Strauch in warmen Regionen wie Indien, Nordafrika und dem Nahen Osten. Verwendet werden vor allem die Wurzeln und die Blätter, die Withanolide, Alkaloide, Tannine, Saponine und Flavonoide enthalten. In der ayurvedischen Medizin wird Ashwagandha aufgrund dieser Inhaltsstoffe vielfältig eingesetzt, insbesondere bei Schlaflosigkeit, Angstzuständen und Stress.

Rechtliche Einordnung und Qualitätsunterschiede

Ashwagandha wird in der EU rechtlich als Lebensmittel eingestuft und muss im Gegensatz zu pflanzlichen Arzneimitteln keine behördliche Zulassung durchlaufen. Die Sicherheit der Produkte wird vor dem Inverkehrbringen nicht behördlich geprüft, sondern liegt in der Verantwortung der Hersteller und der Lebensmittelüberwachungsbehörden der Länder.

Die Konzentrationen der Inhaltsstoffe in Ashwagandha-NEMs variieren stark, was die Beurteilung der Sicherheit erschwert. Je nach verwendeten Pflanzenteilen und Extraktionsverfahren gibt es erhebliche Unterschiede in der Zusammensetzung der Produkte. Insbesondere die Konzentrationen der als aktiv geltenden Withanolide und Alkaloide sind oft sehr unterschiedlich. Die uneinheitliche Qualität führt dazu, dass die biologischen Wirkungen unvorhersehbar sein können. Zudem werden Ashwagandha-Zubereitungen häufig als Kombinationspräparate vermarktet, bei denen sich die einzelnen Inhaltsstoffe möglicherweise gegenseitig beeinflussen.

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Mögliche Wirkungen auf das Gehirn

Ashwagandha wird traditionell eine positive Wirkung auf die Psyche zugeschrieben. Es soll bei Stress, Schlafstörungen, Ängsten und nervöser Erschöpfung helfen. Im Ayurveda zählt Ashwagandha zu den Medhya-Rasayana, Mitteln zur Verbesserung von Hirnleistungen wie Auffassungsgabe, Gedächtnis und Konzentration.

Adaptogene Wirkung und Stressreduktion

Ashwagandha gilt als Adaptogen, ein pflanzlicher Stoff, der dem Körper helfen kann, besser mit Belastung und Stress umzugehen. Adaptogene können die Langzeitschäden von Dauerstress vermindern oder verhindern, indem sie wie ein Schirm vor einem Übermaß an Stress und Überforderung schützen. Der Hauptwirkmechanismus von Adaptogenen besteht darin, den Effekt eines bestimmten Proteins nachzuahmen, das die Menge des im Körper kursierenden Cortisols und Stickoxids verringert.

Studien legen nahe, dass die regelmäßige Einnahme von Ashwagandha einen erhöhten Cortisolspiegel senken und damit chronischen Stress reduzieren und entsprechenden Langzeitfolgen vorbeugen kann. Auch die angstlösende und stressreduzierende Wirkung durch die regelmäßige Einnahme von Ashwagandha-Extrakt wurde in Studien bestätigt. Messungen ergaben einen deutlich reduzierten Cortisolspiegel bei gleichzeitigem Anstieg des Hormons DHEA, das als Anti-Stress und Anti-Aging-Hormon bekannt ist.

Einfluss auf Neurotransmitter

Ashwagandha führt zu einer Erhöhung des Serotonin- und Dopaminspiegels, was eine stimmungsaufhellende und stabilisierende Wirkung haben kann. Es kann auch die Aufmerksamkeitsspanne verlängern und die geistige Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit steigern. Ashwagandha beruhigt die Nerven, bringt Sympathikus und Parasympathikus in Balance, wirkt angstlösend, antidepressiv und nervenstärkend.

Kognitive Funktionen und Neuroprotektion

Ashwagandha kann die kognitiven Funktionen, wie Gedächtnis und Aufmerksamkeit, unterstützen. Es fördert die Neurogenese (die Bildung neuer Neuronen) im Gehirn und verhindert, dass Neurotoxine wie Beta-Amyloid die Neurogenese unterdrücken. Darüber hinaus fördert Ashwagandha die Regeneration von Neuronen mit der Verlängerung von neuronalen Ausläufern (Axone, Dendriten) und dem Wiederaufbau von Synapsen. Diese verschiedenen Wirkungen von Ashwagandha schützen vor der Verschlechterung kognitiver Fähigkeiten.

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Schlafqualität

Ashwagandha wird traditionell zur Beruhigung und Schlafförderung eingesetzt. Eine systematische Auswertung mehrerer Studien deutet darauf hin, dass Ashwagandha die Schlafqualität verbessern kann, insbesondere bei Menschen mit Schlafproblemen.

Studienergebnisse im Detail

Mehrere Studien haben die Wirkung von Ashwagandha auf verschiedene Aspekte der Gehirnfunktion untersucht:

  • Stressreduktion: Eine Studie, die im Indian Journal of Psychological Medicine veröffentlicht wurde, deutet darauf hin, dass die Teilnehmer, die einen hochkonzentrierten Ashwagandha-Wurzelextrakt einnahmen, eine signifikante Reduzierung des wahrgenommenen Stresses und eine Senkung des Cortisolspiegels im Vergleich zur Placebogruppe zeigten.
  • Schlafqualität: Eine systematische Auswertung mehrerer Studien legt nahe, dass Ashwagandha die Schlafqualität verbessern kann, insbesondere bei Menschen mit Schlafproblemen.
  • Kognitive Funktion: Es gibt vielversprechende Hinweise aus der Forschung, dass Ashwagandha auch für die kognitive Funktion von Interesse sein könnte.
  • Angststörungen: In einer Humanstudie wurde Ashwagandha an 39 Erwachsenen mit einer Angststörung getestet. Die eine Hälfte der Gruppe nahm zweimal täglich 250 mg Ashwagandha-Extrakt ein, die andere Hälfte ein Placebo.
  • Bipolare Störung: Es gibt Hinweise aus einer Pilotstudie am Menschen, dass Ashwagandha-Extrakt die kognitiven Fähigkeiten bei einer (stabilen) bipolaren Störung verbessert.

Weitere gesundheitliche Vorteile

Neben den potenziellen Wirkungen auf das Gehirn hat Ashwagandha auch andere gesundheitliche Vorteile:

  • Immunmodulierende Eigenschaften: Ashwagandha kann die Aktivität der natürlichen Killerzellen im Körper erhöhen und die Produktion von Entzündungsmediatoren modulieren.
  • Erhöhung des Testosteronspiegels: Ashwagandha kann den Testosteronspiegel natürlich erhöhen, was für den Muskelaufbau, die Knochengesundheit und die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit wichtig ist.
  • Antimikrobielle Aktivität: In-vitro-Studien zeigen eine antimikrobielle Aktivität von Ashwagandha-Extrakt gegen verschiedene Bakterien und Pilze.
  • Antikarzinogene Wirkung: Es gibt Hinweise aus präklinischen Studien, dass Bestandteile von Ashwagandha antikarzinogen wirken, die Effektivität einer Chemo- und Strahlentherapie erhöhen und Nebenwirkungen dieser schulmedizinischen Behandlungen verringern können.
  • Regulierung des Hormonhaushaltes: Ashwagandha hat über die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse regulierenden Einfluss auf die Bildung von Hormonen, auch Sexualhormonen.
  • Verbesserung der Spermaqualität: Studien am Menschen zeigen, dass Ashwagandha signifikante Auswirkungen auf die Sexualhormonspiegel und die Spermaqualität bei Männern mit Fruchtbarkeitsproblemen hat und gleichzeitig den oxidativen Stress verringert.
  • Unterstützung der Schilddrüsenfunktion: Ashwagandha wird in der ayurvedischen Heilkunde bei Hypothyreose eingesetzt.
  • Diabetes: Ashwagandha senkt den Blutzuckerspiegel und hemmt die Hyperinsulinämie, unter anderem durch die Verbesserung des Antioxidantienstatus und die Erhöhung der Insulinempfindlichkeit.
  • Kraftsport: Ashwagandha fördert die Zunahme von Muskelkraft und Muskelmasse, insbesondere in Kombination mit körperlicher Betätigung und Sport.
  • Gelenkbeschwerden: Ashwagandha hemmt die Gelenkentzündung und den Knorpelabbau bei verschiedenen Formen von Arthritis.

Mögliche Nebenwirkungen und Risiken

Trotz der potenziellen Vorteile gibt es auch mögliche Nebenwirkungen und Risiken bei der Einnahme von Ashwagandha:

  • Verdauungsbeschwerden: Zu den gemeldeten Nebenwirkungen zählen Verdauungsbeschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
  • Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindel und Hautausschläge: Diese Nebenwirkungen wurden ebenfalls im Zusammenhang mit der Einnahme von Ashwagandha berichtet.
  • Leberschäden: Besorgniserregend sind Berichte über Leberschäden, die möglicherweise mit der Einnahme von Ashwagandha in Verbindung stehen.
  • Beeinflussung des Immunsystems und des endokrinen Systems: Ashwagandha kann das Immunsystem und das endokrine System beeinflussen und zu Veränderungen im Blutzucker- und Hormonhaushalt führen.
  • Wechselwirkungen mit Medikamenten: Ashwagandha kann mit bestimmten Medikamenten interagieren, insbesondere solchen, die auf das zentrale Nervensystem wirken, wie Beruhigungsmitteln, Antidepressiva oder Schlafmitteln.
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Es gibt Hinweise darauf, dass Ashwagandha wehenfördernd wirken könnte. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte Ashwagandha nur nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden.
  • Schilddrüsenerkrankungen: Ashwagandha kann die Schilddrüsenhormonspiegel erhöhen. Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen sollten vor der Einnahme von Ashwagandha einen Arzt konsultieren.
  • Allergische Reaktionen: Einige Menschen können allergisch auf Ashwagandha reagieren.

Empfehlungen des BfR und des Ayurveda Dachverband Deutschland (ADAVED e. V.)

Aufgrund der unklaren Datenlage rät das BfR zur Vorsicht bei der Einnahme von Ashwagandha-Präparaten. Besonders Risikogruppen sollten diese NEMs meiden. Zudem empfiehlt das Institut, vor der Einnahme ärztlichen Rat einzuholen, insbesondere wenn bereits Medikamente eingenommen werden oder Vorerkrankungen bestehen.

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Der Ayurveda Dachverband Deutschland (ADAVED e. V.) weist darauf hin, dass Ashwagandha in der ayurvedischen Tradition seit Jahrtausenden genutzt wird, wobei ausschließlich die Wurzel zum Einsatz komme. Der Verband rät zu einer verantwortungsvollen Nutzung von pflanzlichen Arzneimitteln und NEMs mit Whitania somnifera. Dafür seien seriöse Bezugsquellen, Aufklärung und respektive Beratung durch medizinisches Fachpersonal Voraussetzung. Weiterhin müsse der individuelle Gesundheitszustand berücksichtigt werden. Der ADAVED lehnt eine dauerhafte Anwendung ohne medizinische Indikation ab.

Dosierung und Anwendung

Die optimale Ashwagandha Dosierung hängt von der Form und Konzentration des Produkts ab. Basierend auf klinischen Studien liegen die gängigen Dosierungen für einen standardisierten Wurzelextrakt typischerweise zwischen 300 und 600 mg pro Tag, oft aufgeteilt auf zwei Einnahmen (morgens und abends). Es wird empfohlen, mit einer niedrigeren Dosis zu beginnen und diese bei guter Verträglichkeit langsam zu steigern.

Ashwagandha ist in verschiedenen Formen erhältlich, darunter:

  • Pulver: Das Pulver aus der getrockneten Wurzel kann in Wasser, Milch, Smoothies oder Speisen eingerührt werden.
  • Kapseln: Kapseln enthalten in der Regel einen standardisierten Extrakt und bieten eine bequeme, geschmacksneutrale Einnahme und eine exakte Dosierung.
  • Flüssigextrakt: Bei der Verwendung von Flüssigextrakt kann die Dosierung variieren, abhängig von der Konzentration des Extrakts.

Einige Menschen bevorzugen eine zyklische Anwendung von Ashwagandha, bei der sie es für eine bestimmte Zeit einnehmen und dann eine Pause einlegen. Zum Beispiel kann eine Einnahme über mehrere Wochen oder Monate erfolgen, gefolgt von einer Pause von einigen Wochen.

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