Außerordentliche Kündigung bei Demenz: Voraussetzungen und Rechte im Pflegeheim

Grundsätzlich haben Betreiber von Pflegeheimen das Recht, Verträge mit Bewohnern zu kündigen. Eine außerordentliche Kündigung liegt vor, wenn das Heim das Vertragsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder nur in Ausnahmefällen und unter Angabe wichtiger Gründe beenden darf. Neben dem wichtigen Grund muss bei einer Kündigung durch das Pflegeunternehmen gemäß § 12 Abs. I Nr. 1 WBVG zusätzlich eine besondere Härte vorliegen. Im Folgenden werden die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung durch das Pflegeheim im Zusammenhang mit Demenz und die Rechte der Bewohner erläutert.

Wann kann ein Pflegeunternehmen außerordentlich kündigen?

Anders als Bewohnern steht dem Pflegeunternehmen kein ordentliches, sondern nur ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Das bedeutet, dass das Pflegeunternehmen den Vertrag nur in Ausnahmefällen und bei Vorliegen eines sehr wichtigen Grundes kündigen kann. Eine Kündigung durch das Pflegeunternehmen muss immer schriftlich erfolgen und begründet werden. Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) regelt die Kündigungsrechte des Pflegeheims.

Kündigung wegen Betriebseinstellung oder -änderung

Wenn ein Unternehmen seinen Betrieb einstellt, stark reduziert oder verändert, kann dies als Rechtfertigungsgrund für eine Kündigung gelten. Ein besonderer Härtefall könnte zum Beispiel bei einer Heimschließung, Umbaumaßnahmen oder einer Minderung der Betreuungsplätze vorliegen. Wenn die Fortführung des Vertrags das Unternehmen in unzumutbarer Weise belasten würde, können Unternehmer bis spätestens zum dritten Werktag eines Kalendermonats eine Kündigung zum Ende des nächsten Monats aussprechen. Bei einer Betriebseinstellung muss das Pflegeunternehmen eine Ersatzeinrichtung nennen und unter Umständen die Umzugskosten erstatten.

Verweigerung fachgerechter Pflege

Wenn bei pflegebedürftigen Menschen durch eine veränderte gesundheitliche Situation der Betreuungs- und Pflegebedarf angepasst werden muss, ist die Einrichtung dazu verpflichtet, diese Leistungen anzubieten. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Pflegebedarf steigt und ein höherer Pflegegrad beantragt werden soll. Wenn die im Pflegeheim lebende Person diese Änderung wiederholt nicht annimmt und auch auf gesetzte Fristen nicht reagiert, kann das Heim den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Fachgerechte Pflege ist nicht möglich, wenn sich der gesundheitliche Zustand ändert und im Vertrag mit dem Pflegeheim wirksam festgehalten ist, dass das Heim die Leistungen nach einer gesundheitlichen Veränderung nicht anpassen muss. Dies kann ein Kündigungsgrund sein, allerdings nur, wenn dem Pflegeunternehmen ein Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist.

Ein Beispiel: Eine im Pflegeheim lebende Person wird nach einem Schlaganfall beatmungspflichtig. Die Einrichtung verfügt weder über die technischen Möglichkeiten noch über speziell geschultes Personal und hat deshalb eine entsprechende Pflege im Heimvertrag ausgeschlossen. In so einem Fall kann das Heim ohne Einhalten einer Frist eine Kündigung aussprechen.

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Grobe Vertragsverletzung durch den Bewohner

Wenn eine im Pflegeheim lebende Person die im Heimvertrag festgelegten Regeln beharrlich ignoriert, kann das Unternehmen ohne Einhalten einer Frist kündigen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Heimbewohner schuldhaft gehandelt haben und die Fortsetzung des Betreuungsverhältnisses für das Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellt.

Beispielhafte Gründe können sein:

  • Konstante Missachtung eines Rauchverbots
  • Sexuelle Belästigung anderer Heimbewohner
  • Angriffe auf das Pflegepersonal
  • Zerstörung und Beschädigung von Heimeigentum

Zahlungsverzug

Wenn eine im Pflegeheim wohnende Person ihre Rechnungen an zwei aufeinanderfolgenden Terminen nicht begleicht oder nur so wenig zahlt, dass insgesamt noch mehr als ein Monatsbetrag offen ist, hat das Pflegeheim die Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen. Gleiches gilt, wenn die im Pflegeheim wohnende Person mit der Zahlung des Entgelts länger als zwei Zahlungstermine in Verzug ist und der rückständige Betrag zwei Monatsentgelte erreicht. Zuvor muss für die Zahlung eine angemessene Frist gesetzt worden sein. Ist ein Heimbewohner mit der Entrichtung des Entgelts für die Überlassung von Wohnraum in Rückstand geraten, dann ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn das Pflegeheim das Geld noch vor Ausspruch der Kündigung erhält. Die Kündigung wird unwirksam, wenn alle Rückstände innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage ausgeglichen werden.

Kündigung bei Demenz: Besonderheiten

Bei Bewohnern mit Demenz ist die Situation oft komplexer. Verhaltensauffälligkeiten, die im Zusammenhang mit der Erkrankung auftreten, können nicht ohne Weiteres als grobe Vertragsverletzung gewertet werden. Die Gerichte setzen hier sehr hohe Hürden. So hat das OLG Köln entschieden, dass eine Kündigung unzumutbar sein kann, wenn dem Träger die Verhaltensauffälligkeiten des Bewohners (z.B. aggressive Verhaltensweisen) bereits bei Abschluss des Betreuungsvertrages bekannt waren.

Das Landgericht Oldenburg hat ausgeführt, dass gewisse Verhaltensauffälligkeiten eines Demenzerkrankten vom Heimanbieter hinzunehmen sind, zumal wenn der Mieter in der Demenzabteilung lebt, und nicht zur Kündigung des Heimvertrags berechtigen.

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Rechte der Bewohner bei Kündigung

Pflegeheimbewohner können den Vertrag mit der stationären Einrichtung jederzeit ordentlich kündigen. Dazu ist ein schriftliches Kündigungsschreiben erforderlich, in dem keine Gründe angegeben werden müssen. Wird das Kündigungsschreiben spätestens am dritten Werktag des Monats beim Heimbetreiber eingereicht, wird die Kündigung zum Ende des Monats wirksam. Eine spätere Übermittlung bewirkt die Wirksamkeit der Kündigung zum Ende des folgenden Monats. Zudem besteht gemäß § 11 Abs. 3 WBVG in Sonderfällen der Anspruch, ohne Einhaltung einer Frist den Vertrag zu kündigen, wenn Bewohnenden ein weiterer Verbleib im Pflegeheim bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Diese fristlose Kündigung muss ebenfalls schriftlich erfolgen und begründet werden.

Wenn man eine fristlose Kündigung geltend macht und eine Unzumutbarkeit des weiteren Aufenthalts anzeigt, muss der Grund schwerwiegend sein. Dies wäre z.B. bei schweren Pflegefehlern, Verwahrlosung oder zum Beispiel der Verweigerung einer Aussprache oder Beilegung eines Streits der Fall.

Was tun bei einer ungerechtfertigten Kündigung?

Hält man die Kündigung für ungerechtfertigt, sollte die Kündigung als unwirksam zurückgewiesen werden. Durch eine wirksame Kündigung endet der Heimvertrag. Das Unternehmen ist nicht mehr verpflichtet, Wohnraum, Pflege und Betreuung anzubieten. Das bedeutet aber nicht, dass die pflegebedürftige Person sofort auf die Straße gesetzt werden darf, wenn sie nicht auszieht oder die Kündigung zurückweist. In diesem Fall muss das Unternehmen zunächst eine Räumungsklage einreichen. Im Rahmen der Klage prüft ein Gericht, ob die Kündigung wirksam ist. Erst wenn darüber ein Urteil vorliegt, kann die Räumung durchgeführt werden.

Besonders bei der Frage nach der schuldhaften Verletzung der Heimordnung kommt es in der Praxis immer wieder zu unterschiedlichen Bewertungen. Es wird empfohlen, bei Kündigungen durch das Heim eine Beratung in Anspruch zu nehmen.

Weitere Informationen und Beratung

Pflegebedürftige und deren Angehörige können sich zur Klärung von Fragen vor Vertragsbeginn und während der Pflegesituation an die Pflegeversicherung oder eine Pflegeberatung wenden.

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Fazit

Eine außerordentliche Kündigung des Heimvertrages durch das Pflegeheim ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich. Bei Bewohnern mit Demenz sind die Anforderungen an eine Kündigung besonders hoch. Betroffene sollten sich im Falle einer Kündigung rechtlich beraten lassen und ihre Rechte kennen.

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