Autoimmunerkrankungen der Nerven in den Beinen: Ursachen, Symptome und Behandlungen

Autoimmunerkrankungen können verschiedene Organe des Körpers betreffen, einschließlich des Nervensystems. Wenn das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Nervenzellen angreift, kann dies zu neurologischen Störungen führen, die sich insbesondere in den Beinen manifestieren können. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Autoimmunerkrankungen, die Nerven in den Beinen betreffen, einschließlich ihrer Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.

Was sind Autoimmunerkrankungen?

Das Immunsystem hat die Aufgabe, den Körper vor äußeren und inneren Bedrohungen zu schützen. Es identifiziert und vernichtet schädliche Moleküle, Zellen oder Gewebe. Bei Autoimmunerkrankungen kommt es jedoch zu einer Fehlfunktion dieses Systems, bei der körpereigene Zellen irrtümlich als fremd erkannt und angegriffen werden. Diese Angriffe können verschiedene Organe und Gewebe betreffen, was zu einer Vielzahl von Krankheitsbildern führt. Genetische Veranlagungen, Virusinfektionen oder Tumorerkrankungen können das Immunsystem durcheinanderbringen und Autoimmunreaktionen auslösen. Oftmals bleibt die genaue Ursache jedoch unklar. Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen, die in Regionen mit weniger Sonnenlichtexposition leben, häufiger von Autoimmunerkrankungen betroffen sind, was auf einen möglichen Zusammenhang mit Vitamin-D-Mangel hinweist.

Wie verbreitet sind Autoimmunerkrankungen?

Autoimmunerkrankungen sind weit verbreitet, und viele Menschen sind davon betroffen. Die genaue Prävalenz variiert je nach Erkrankung und geografischer Region.

Welche Organe sind von Autoimmunerkrankungen betroffen?

Autoimmunerkrankungen können nahezu jedes Organ oder Gewebe im Körper betreffen. Einige Beispiele sind:

  • Haut: Schuppenflechte (Psoriasis)
  • Gelenke: Rheumatoide Arthritis
  • Nervensystem: Multiple Sklerose (MS), Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP), Guillain-Barré-Syndrom (GBS)
  • Schilddrüse: Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow

Autoimmunerkrankungen des peripheren Nervensystems (PNS)

Das periphere Nervensystem umfasst alle Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks. Autoimmunerkrankungen, die das PNS betreffen, können zu unterschiedlichen Symptomen führen, abhängig davon, welche Nerven geschädigt sind.

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Guillain-Barré-Syndrom (GBS)

Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine akute, entzündliche Erkrankung der peripheren Nerven. In etwa 60 % der Fälle geht dem GBS ein akuter Infekt voraus, beispielsweise eine Atemwegsinfektion oder ein Magen-Darm-Infekt. Als Reaktion auf diese Infektion werden die Kabelisolierungen des peripheren Nervensystems demyelisiert. Binnen weniger Tage fallen immer mehr Nerven aus, so dass es zu einem weitgehenden Funktionsverlust mit ausgedehnten, schlaffen Lähmungen kommt, welche sogar zu Atemlähmungen führen können. Meist sind die Beinnerven am heftigsten betroffen, es gibt jedoch auch Varianten, die eher Gesichts- und Schlundnerven betreffen und dann Polyneuritis cranialis genannt werden.

Symptome:

  • Kribbeln und Brennen in Händen und Füßen
  • Zunehmende Schwäche, meist zunächst in den Beinen, oft begleitet von Gangunsicherheit oder -unfähigkeit
  • Aufsteigende Lähmungen, die sich innerhalb weniger Tage symmetrisch ausbreiten
  • In schweren Fällen: Atemnot, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckschwankungen, Blasenentleerungsstörungen oder Darmverschluss

Diagnose:

  • Krankengeschichte und ärztliche Untersuchung
  • Kontrolle von Blutdruck, Puls und Sauerstoffsättigung
  • Antikörperbestimmung im Blut
  • Untersuchung der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor)
  • Elektrophysiologische Messungen der Nerven

Behandlung:

  • Notfallmäßige Krankenhauseinweisung in eine Klinik mit Intensivstation
  • Antikörperverabreichung oder Blutwäsche (Plasmapharese)
  • Rehabilitationsbehandlung

Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)

Die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem die Ummantelung (Myelinscheiden) von Nervenzellen des peripheren Nervensystems angreift. Dadurch wird die Signalübertragung in den Nervenzellen gestört. Die Erkrankung ähnelt dem GBS sehr stark, verläuft jedoch nicht akut binnen Tagen, sondern schubweise oder allmählich schleichend über Monate bis Jahre. Es handelt sich gewissermaßen um eine MS des PNS.

Symptome:

  • Sensorische und motorische Störungen in Armen und Beinen
  • Kribbeln und Taubheitsgefühl
  • Ausfall von Reflexen, Schwäche oder Lähmungen
  • Koordinationsstörungen
  • Einschränkung der Feinmotorik
  • Gestörtes Temperaturempfinden
  • Sehen von Doppelbildern, Schluck- oder Hörstörungen
  • Schmerzen
  • Fatigue (außerordentlicher Erschöpfungszustand)
  • Fortschreitende Muskelschwäche und Gefühlsstörungen
  • Chronischer Verlauf (mind. 8 Wochen)

Ursachen:

  • Autoimmunreaktion gegen die Myelinscheiden der Nervenzellen

Diagnose:

  • Klinische Präsentation
  • Ausschluss anderer Ursachen für eine demyelinisierende Polyneuropathie
  • Nachweis einer Demyelinisierung in der elektrophysiologischen Untersuchung
  • Untersuchung des Nervenwassers (Eiweißerhöhung ohne entzündliche Veränderungen)
  • MRT-tomographische Darstellung (entzündliche Veränderungen im Nervenplexus bzw. den -wurzeln)
  • Ultrasonographische Darstellung (multiple Nervenschwellungen)

Behandlung:

  • Immunmodulatorische Therapie mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG), Glukokortikosteroiden (GS) und Plasmaaustauschverfahren
  • Immunsuppressive Medikamente (Azathioprin, Methotrexat, Mycophenolat Mofetil, Ciclosporin A)
  • Therapeutische Antikörper

Vaskulitische Neuropathien

Vaskulitische Neuropathien sind Erkrankungen des peripheren Nervensystems (PNS), bei denen es durch entzündliche Veränderungen der Blutgefäße zu einer Nervenschädigung kommt. Man unterscheidet isolierte Vaskulitiden des PNS (nichtsystemische vaskulitische Neuropathien, NSVN) und Neuropathien bei systemischen Vaskulitiden oder Kollagenosen. Vaskulitische Neuropathien können auch infektiös, parainfektiös oder paraneoplastisch auftreten.

Diagnose:

  • Nervenbiopsie

Behandlung:

  • Immunmodulierende bzw. immunsuppressive Therapien

Polyneuropathie

Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung, bei der mehrere Nerven oder ganze Nervenstrukturen geschädigt sind. Dadurch werden bei Betroffenen Reize zwischen Nerven, Rückenmark und Gehirn nicht mehr richtig weitergeleitet. Diese Funktionsstörung löst die typischen Beschwerden wie Schmerzen, Missempfindungen, Gefühlsstörungen oder Muskelschwäche aus.

Symptome:

  • Kribbeln, Brennen und Taubheit, anfangs an beiden Füßen und Beinen
  • Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken
  • Vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden
  • Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe
  • Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktes Schwitzen
  • Erschöpfungszustände

Ursachen:

  • Diabetes mellitus (diabetische Polyneuropathie)
  • Alkoholabhängigkeit
  • Entzündungsprozesse im Körper als Folge einer Autoimmunerkrankung oder einer Infektion
  • Mangelernährung, Vitaminmangel
  • Einnahme bestimmter Medikamente
  • Kontakt mit giftigen Substanzen
  • HIV-Infektionen
  • Krebserkrankungen
  • Hormonelles Ungleichgewicht
  • Erbliche Veranlagung (hereditäre Neuropathien)

Diagnose:

  • Gespräch mit dem Arzt
  • Körperliche Untersuchung
  • Elektroneurographie (Messung der Nervenleitgeschwindigkeit)
  • Elektromyographie (Messung der Muskelaktivität)
  • Untersuchungen von Urin, Gehirnwasser, Blut oder Gewebeproben
  • Genetische Tests und bildgebende Verfahren

Behandlung:

  • Behandlung der Grunderkrankung
  • Schmerztherapie (Antidepressiva, Antikonvulsiva, Opioide)
  • Physio- oder Ergotherapie
  • Orthesen

Diagnose von Autoimmunerkrankungen der Nerven

Die Diagnose von Autoimmunerkrankungen, die die Nerven betreffen, erfordert eine sorgfältige Anamnese, neurologische Untersuchung und verschiedene diagnostische Tests. Zu den üblichen Diagnoseverfahren gehören:

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  • Neurologische Untersuchung: Beurteilung der Muskelkraft, Reflexe, sensorischen Funktionen und Koordination.
  • Elektrophysiologische Studien: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und Elektromyographie (EMG), um die Funktion der Nerven und Muskeln zu beurteilen.
  • Liquoruntersuchung: Analyse der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit, um Entzündungen oder andere Anomalien festzustellen.
  • Blutuntersuchungen: Suche nach Autoantikörpern oder anderen Markern, die auf eine Autoimmunerkrankung hindeuten können.
  • Nervenbiopsie: Entnahme einer Gewebeprobe des Nervs zur mikroskopischen Untersuchung, um Entzündungen oder andere Schäden festzustellen.

Behandlung von Autoimmunerkrankungen der Nerven

Die Behandlung von Autoimmunerkrankungen, die die Nerven betreffen, zielt darauf ab, die Entzündung zu reduzieren, das Immunsystem zu unterdrücken und die Symptome zu lindern. Zu den gängigen Behandlungsansätzen gehören:

  • Immunsuppressiva: Medikamente wie Kortikosteroide, Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil oder Cyclophosphamid, die das Immunsystem unterdrücken und die Entzündung reduzieren.
  • Intravenöse Immunglobuline (IVIG): Verabreichung von Antikörpern aus dem Blut gesunder Spender, um das Immunsystem zu modulieren.
  • Plasmaaustausch (Plasmapherese): Entfernung von Antikörpern aus dem Blut, um die Autoimmunreaktion zu reduzieren.
  • Physiotherapie: Übungen und Rehabilitation, um die Muskelkraft, Funktion und Mobilität zu verbessern.
  • Schmerzmanagement: Medikamente oder andere Therapien zur Linderung von Schmerzen und Beschwerden.

Leben mit CIDP

CIDP ist eine chronische Krankheit mit einem fortschreitenden (progredienten) Verlauf und bedarf in der Regel einer lebenslangen Therapie. Trotz der Diagnose ist ein erfülltes Leben möglich. Kevin hat durch die Diagnose einen neuen Blick auf sein Leben bekommen.

Tipps für die Vorsorge und mehr Lebensqualität bei Polyneuropathie

Eine Polyneuropathie bedeutet manchmal eine Einschränkung der Lebensqualität. Diese Tipps können das Wohlbefinden steigern und Risiken minimieren:

  • Blutzucker kontrollieren: Menschen mit Diabetes kontrollieren am besten regelmäßig ihren Blutzucker und nehmen ärztlich verordnete Medikamente ein.
  • Füße kontrollieren: Eine Polyneuropathie an Beinen oder Füßen erhöht das Risiko für Fußgeschwüre - eine regelmäßige Kontrolle auf Wunden ist also wichtig.
  • Bewegen: Menschen mit Polyneuropathie können bei Schmerzen und Missempfindungen von verschiedenen Angeboten wie Aquagymnastik oder Gehtraining profitieren.

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