Das Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien ist bekannt für seine umfassende medizinische Versorgung, einschließlich einer spezialisierten neurologischen Abteilung. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Neurologie im Kaiser-Franz-Josef-Spital, von der Behandlung der spinalen Muskelatrophie (SMA) bis hin zu den Experten, die in diesem Bereich tätig sind.
Spinale Muskelatrophie (SMA) im Kaiser-Franz-Josef-Spital
Die Diagnose einer spinalen Muskelatrophie (SMA), insbesondere bei sehr jungen Patienten, stellt deren Eltern vor enorme Herausforderungen. SMA ist durch einen fortschreitenden Verlust der Mobilität gekennzeichnet, der bis zu einem Leben im Rollstuhl und einer verkürzten Lebenserwartung führen kann. Muskelerkrankungen sind selten, aber in Österreich sind mehr als die Hälfte der etwa 20.000 Betroffenen Kinder und Jugendliche. Prim. Univ.-Prof. Dr. Günther Bernert, Neuropädiater und Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Kaiser-Franz-Josef-Spital mit Gottfried von Preyer’schem Kinderspital am SMZ Süd, ist ein Experte auf diesem Gebiet.
SMA ist die zweithäufigste autosomal-rezessive Muskelerkrankung im Kindesalter mit einer Inzidenz von etwa 1:7.000 bis 10.000 Lebendgeborenen und die häufigste Todesursache im Säuglings- und Kleinkindalter. Das Leitsymptom der SMA ist das sogenannte „Floppy-Infant-Syndrom“, die infantile Muskelhypotonie. Ursächlich ist ein Defekt im SMN-Protein („survival of motor neuron“), das für die Funktion der Motorneuronen essenziell ist. Ein Defekt im SMA-Protein führt zum Abbau von Alpha-Motoneuronen im Rückenmark, was progressive Muskelatrophie und den Verlust von Mobilität und Motorik zur Folge hat.
Das SMN-Protein wird von zwei Genen codiert: Das SMN1-Gen liefert 90-95 % des Proteins, während das homologe Gen SMN2 unterstützend wirkt, aber nur 5-10 % der Proteinmenge liefert. Dies liegt an einem Nukleotidaustausch in Exon 7, wodurch es für den weiteren Ablauf verloren geht. SMN2 wird nicht korrekt prozessiert, was die reduzierte Produktion von funktionellem SMN-Protein zur Folge hat. Der homozygote Verlust von SMN1 führt zur Manifestation von SMA. SMN2, das im Genom des Patienten in unterschiedlicher Kopienzahl vorliegt, beeinflusst die Ausprägung der klinischen Manifestation.
Es werden vier verschiedene SMA-Typen unterschieden, wobei SMA Typ 1 mit etwa 60 % der häufigste Typus und hat den schwersten Verlauf ist. Unbehandelt versterben alle Kinder mit SMA Typ 1 bis zum Alter von 24 Monaten. Bei der Diskussion über die Behandlung der SMA sollte der Fokus nicht nur auf schwer erkrankten Patienten liegen, sondern auch auf Patienten mit leichteren Formen der Erkrankung (Typ 3 und 4), da auch hier ein progredienter Verlauf vorprogrammiert ist. Eine Stabilisierung ist bei keinem SMA-Typus zu erwarten, weshalb jeder Patient individuell betrachtet werden muss. Für einen Patienten, dessen Gehfunktion stark eingeschränkt ist, die Funktion der oberen Extremitäten wichtiger sein kann als die der Beine.
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Die „Standards of Care“ sind eine wichtige Säule in der Betreuung von SMA-Patienten. Aufgrund der Komplexität der Erkrankung erfordert die umfassende, fächerübergreifende medizinische Betreuung ein Team aus verschiedenen Bereichen. Diese Standards müssen immer wieder evaluiert und angepasst werden. Die proaktive Antizipation der nächsten Schritte ist wichtig, und „Standards of Care“ und medikamentöse Therapie müssen immer zusammengebracht werden, um das volle Potenzial der Therapien zu entfalten.
Moderne Therapieansätze bei SMA
Nusinersen (SpinrazaTM) wurde 2016 als erste ursächliche Therapie für SMA von der EMA zugelassen. Es zielt darauf ab, SMN2 „fit“ zu machen, um mehr funktionelles SMN-Protein zu produzieren und so das mutierte SMN1-Gen nahezu vollwertig zu ersetzen. Dabei wird ein komplementärer RNA-Strang (Antisense-RNA) in die Zellen eingebracht, der sicherstellt, dass Exon 7 nicht ausgelassen wird. Das für diesen Prozess notwendige Molekül ist kurz, stabil, passiert aber nicht die Blut-Hirn-Schranke. Nusinersen hat eine Halbwertszeit von etwa sechs Monaten, was die regelmäßige Verabreichung in Form einer intrathekalen Injektion bedingt.
Die ersten Studien mit Nusinersen zeigten große Erfolge, die in nachfolgenden Real-Life-Studien bestätigt wurden. Die Geschwindigkeit und das Ausmaß des Ansprechens auf die Therapie ist abhängig vom Alter der Patienten bei Therapiebeginn, wobei besonders jene Kinder profitierten, die präsymptomatisch behandelt wurden. Im Preyer’schen Kinderspital werden rund 20 Patienten im Alter zwischen zwei Monaten und 15 Jahren mit Nusinersen behandelt.
Eine andere Strategie verfolgt die Genersatztherapie mit AVXS-101 (Onasemnogene Abeparvovec, ZolgensmaTM), bei der ein rekombinantes, fehlerfreies SMN1-Gen mithilfe eines „adeno-associated virus“ (Serotyp AAV9) in den Körper eingebracht wird. Dieses Virus hat einen besonderen Tropismus für das zentrale Nervensystem. Es vermehrt sich dort ohne Modifikation oder Integration in die DNA des Patienten und liegt episomal als zirkuläres, eigenständiges Molekül in der Zelle des Patienten vor. So stellt es eine dauerhafte und zielgerichtete Quelle der SMN-Proteinexpression sicher. Diese Partikel sind so klein, dass sie die Blut-Hirn-Schranke passieren können, was eine einmalige Gabe i.v. möglich macht. Eine zweite Gabe ist wegen der zu erwartenden hohen Titer gegen das Virus nicht möglich.
In die Zulassungsstudie für Onasemnogene Abeparvovec wurden 12 Patienten mit SMA Typ 1 eingeschlossen. Beim 2-Jahres-Follow-up waren alle zwölf Patienten am Leben und ohne permanente Beatmung. Elf von ihnen konnten eigenständig sitzen, zwei Kinder krabbelten, konnten sich an Gegenständen hochziehen, stehen und selbstständig gehen. Die Nebenwirkungen dieser Gentherapie waren sehr gut zu managen. Transiente Transaminasenerhöhungen wurden durch die Begleittherapie von Steroiden vor und nach der Injektion sehr gut managebar. Andere Komplikationen waren vorhanden und in Ausmaß und Schweregrad von der Grunderkrankung abhängig.
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Experten und Referenten im Bereich Neurologie
Das Kaiser-Franz-Josef-Spital profitiert von der Expertise zahlreicher Fachleute im Bereich der Neurologie. Hier sind einige der Referenten und ihre Spezialgebiete:
- Dr. Peter Bader: Neurologischer Chefarzt in der Fachklinik Bad Heilbrunn und zertifizierter FEES-Ausbilder.
- Susanne Bauer: Sprachheilpädagogin mit Erfahrung in der neurologischen Erwachsenenrehabilitation und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Dysphagie (SGD).
- Sarah Baumgarten: Spezialisiert auf Dysphagiediagnostik und -therapie, tätig im REHAB Basel, hauptsächlich auf der Wachkomastation.
- Silvia Binder: Dipl. Krankenschwester für Neurologie und Psychiatrie am Universitätsklinikum Tulln an der Donau, Praxisbegleiterin für Basale Stimulation® in der Pflege.
- Ulrich Birkmann: Diplom-Sprachheilpädagoge und Leiter der Abteilung für Dysphagiologie und der Schluckambulanz Troisdorf-Sieglar.
- PDDr. Tobias Braun: Oberarzt in der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Gießen, spezialisiert auf Schlaganfallmedizin und zertifizierter FEES-Ausbilder.
- Karin Brinkmann: Niedergelassene Logopädin in Eindhoven (NL), Instruktorin für das PROMPT-Institute (USA).
- Ralf E. Cramer: Selbstständiger Unternehmensberater mit Erfahrung in der betriebswirtschaftlichen Beratung therapeutischer Praxen.
- Irina Dick: Logopädin an der HNO-Abteilung am Kaiser-Franz-Josef Spital in Wien, spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren und Trachealkanülenmanagement.
- Alexandra Ell: Leiterin der Abteilung für Logopädie der Helios Amper-Kliniken, spezialisiert auf die Behandlung von betagten und hochbetagten Menschen mit demenziellen Prozessen.
- Nicole Büßelberg: Logopädin mit Schwerpunkt Dysphagie und Trachealkanülenmanagement bei neurologisch erkrankten Patienten.
- Dr. Julia Büttner-Kunert: Klinische Linguistin spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie von neurologischen Kommunikationsstörungen.
- Irmgard David: Klinische Neuropsychologin mit Erfahrung in der Rehabilitation von Schädel-Hirn-Verletzten und in altersmedizinischen Zentren.
- Björn Degen: Logopäde mit Schwerpunkt in der logopädischen Betreuung von Patienten mit Dysphagie und Tracheostomierten.
- Prof. Dr. Stefanie Duchac: Professorin für Logopädie an der SRH Hochschule für Gesundheit, Campus Karlsruhe.
- Katrin Eibl: Spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie von Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen bei neurologischen und nicht-neurologischen Erkrankungen.
- Kathleen Geißler: Logopädin mit Schwerpunkt in der Therapie unterstützt kommunizierender Jugendlicher und Erwachsener.
- Holger Grötzbach: Leitender Sprachtherapeut in einer neurologischen Rehabilitationsklinik.
- Katja Emmerich: Logopädin mit Interesse für palliativmedizinische Behandlungsansätze und medizinethische Fragestellungen.
- Dr. Ulrike Frank: Diplom-Patholinguistin mit Schwerpunkten Frührehabilitation, Dysphagie und Trachealkanülenmanagement.
- Ulrike Fricke: Logopädin, Sprecherzieherin und systemische Coachin.
- Elisabet Haas: Sprachtherapeutin und Doktorandin mit Arbeitsschwerpunkt auf den kindlichen Dysarthrien.
- Chiara Hanser: Logopädin im Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche.
Weitere Schwerpunkte und Angebote im Kaiser-Franz-Josef-Spital
Neben der spezialisierten Versorgung von SMA-Patienten und der Expertise in verschiedenen neurologischen Bereichen bietet das Kaiser-Franz-Josef-Spital auch umfassende Leistungen in anderen medizinischen Disziplinen. Das St. Josefskrankenhaus, bekannt als traditionsreiches "Stadtkrankenhaus", bietet seit mehr als 130 Jahren eine umfassende, hochqualitiative medizinische Versorgung im Freiburger Raum. Neben einer hervorragenden Not- und Dringlichkeitsversorgung wird ein breit gefächertes Leistungspektrum für alle Generationen angeboten.
Als rundum Versorger und akademisches Lehrkrankenhaus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg setzt das Krankenhaus nicht nur auf moderne, innovative und hochspezialisierte Diagnostik- und Therapieverfahren, sondern auch auf eine individuelle, auf Zuwendung ausgerichtete Betreuung der Patienten. Das Team aus hochmotivierten Ärzten, Krankenschwestern und Pflegern, Physiotherapeuten und Sozialdienst arbeitet Hand in Hand und pflegt eine enge Kooperation mit dem nahegelegenen Loretto-Krankenhaus.
Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin blickt als Fortführung des ehemaligen Kinderkrankenhauses St. Hedwig auf eine langjährige Tradition und viel Erfahrung zurück. Um Patienten auch in einer immer älter werdenden Gesellschaft eine optimale Versorgung anbieten zu können, hat das St. Josefskrankenhaus seinen Schwerpunkt für Altersmedizin ausgebaut. Die eigens hierfür eingerichtete IDA-Station (Interdisziplinäre Altersmedizin) bündelt exzellente fächerübergreifende Kompetenzen in einer interdisziplinären Einrichtung, die im Großraum Freiburg die einzige ihrer Art ist.
Das St. Josefskrankenhaus ist eine zentrale Anlaufstelle für die kompetente medizinische Betreuung aller Generationen, mit herausragender Expertise in den Fachbereichen der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, der Gynäkologie und der Geburtshilfe, der Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin, der Inneren Medizin sowie der Orthopädie und Unfallchirurgie.
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Aktuelle Entwicklungen und Veranstaltungen
Das St. Josefskrankenhaus ist stets bemüht, seine Leistungen zu verbessern und innovative Konzepte zu entwickeln. Im August 2025 verstärkte Prof. Dr. Hans-Peter Allgaier als Senior Consultant das gastroenterologische Team mit Fokus auf moderne, minimalinvasive Tumortherapien. Im Juli 2025 setzte das Haus mit einer neuen Station und innovativen Pflegekonzepten ein starkes Signal für die Zukunft der geriatrischen Versorgung. Das "ZNA-Symposium - von der Präklinik in die Klinik" im Juli 2025 war ein voller Erfolg und zeigte die Wichtigkeit der engen Zusammenarbeit von Rettungsdienst und Klinik für eine gelingende Notfallversorgung.
Das St. Josefskrankenhaus bietet regelmäßig Patientenveranstaltungen an, um über wichtige Gesundheitsthemen zu informieren. Im November 2025 fanden Veranstaltungen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Beckenbodentherapien statt. Im Dezember 2025 informierte die Klinik für Geburtshilfe und Perinatologie über ihre Leistungen.
Kontakt und Anreise
Das St. Josefskrankenhaus ist unter der Adresse Sautierstraße 1 in 79104 Freiburg im Breisgau zu erreichen. Parkplätze stehen in der Tiefgarage zur Verfügung. Die Anreise mit der Straßenbahn Linie 3 (Haltestelle "Tennenbacher Straße") ist ebenfalls möglich.
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