Die Diagnose Demenz stellt Betroffene und Angehörige vor große Herausforderungen. Neben der medizinischen Behandlung und der Anpassung des Wohnumfelds rückt die Frage nach einer geeigneten Wohnform in den Fokus. Wohngemeinschaften (WG) für Menschen mit Demenz bieten eine vielversprechende Alternative zu traditionellen Pflegeheimen. Dieser Artikel beleuchtet die Erfahrungen mit der AWO Wohngemeinschaft Demenz Anderland und gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte dieser Wohnform.
Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz: Eine innovative Wohnform
Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz stellen eine relativ neue Wohnform dar, die sich von der traditionellen Arbeitsteilung in Pflege, Betreuung und Versorgung abgrenzt. Das Konzept basiert auf dem Prinzip der Selbstbestimmung und Teilhabe am Alltag. Die Bewohner leben in einer familiären Atmosphäre zusammen und werden entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten unterstützt.
Das Konzept der AWO Wohngemeinschaft Demenz Anderland
Die AWO Wohngemeinschaft Demenz Anderland verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der die Bedürfnisse der Bewohner in den Mittelpunkt stellt. Ziel ist es, ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben in einer Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Wohngemeinschaft bietet:
- Alltagsbegleitung: Die Mitarbeiter verstehen sich als Alltagsbegleiter für Senioren, die Unterstützung bei alltäglichen Verrichtungen benötigen. Entsprechend ihrer Tagesform werden die Mieter in allen Aufgabenbereichen unterstützt. Nachts ist die Anwesenheit einer Präsenzkraft vorgesehen.
- Individuelle Unterstützung: Die Hilfe wird genau auf die Bedürfnisse der Bewohner abgestimmt.
- Gemeinschaftliches Wohnen: Die Wohngemeinschaft bietet Einzelzimmer von ca. 15 bis 17 m². Der eigene Wohnbereich plus Gemeinschaftsanteil entsprechen ca. Die Bewohner leben in einer Gemeinschaft zusammen und können gemeinsam genutzten Pflegeleistungen in Anspruch nehmen.
- Aktivitäten und Teilhabe: Die Bewohner werden, soweit möglich, an den Alltagsaufgaben beteiligt und können in Gemeinschaftsräumen gemeinsame Aktivitäten ausüben.
- Barrierefreiheit: Barrierefreie Zugänge zu allen Räumlichkeiten, Nasszelle und Balkon ermöglichen Bewegungsspielraum.
- Zentrale Anlaufstelle: Die Wohngemeinschaft bietet vielfältige Dienstleistungen für alle Altersgruppen und Bedürfnisse. Ob Beratung, Betreuung oder gemeinschaftliche Aktivitäten - die Einrichtung setzt sich leidenschaftlich für das Wohlergehen der Bewohner ein.
Finanzierung
Es entstehen Kosten für Miete, Nebenkosten, Verpflegung, Betreuung und Pflege. Die Finanzierung erfolgt über die Pflegeversicherung, private Mittel und ggf. ergänzende Sozialleistungen.
Erfahrungen mit Wohngemeinschaften für Demenzkranke
Die Erfahrungen mit Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz sind überwiegend positiv. Viele Angehörige berichten von einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität ihrer Familienmitglieder. Die Bewohner fühlen sich in der Gemeinschaft gut aufgehoben und erleben mehr soziale Interaktion. Die Betreuung durch professionelles Pflegepersonal, das in einem ständigen Team arbeitet und den Demenzkranken einen festen Halt bietet, trägt ebenfalls zum Wohlbefinden bei.
Lesen Sie auch: Demenz-Wohngemeinschaften: Was Sie in Magdeburg wissen müssen
Vorteile von Wohngemeinschaften gegenüber traditionellen Pflegeheimen
Wohngemeinschaften bieten im Vergleich zu traditionellen Pflegeheimen einige Vorteile:
- Familiäre Atmosphäre: Die Bewohner leben in einer kleinen, überschaubaren Gruppe zusammen, was eine familiäre Atmosphäre schafft.
- Individuelle Betreuung: Die Betreuung erfolgt individuell und bedarfsgerecht.
- Selbstbestimmung: Die Bewohner werden in die Alltagsgestaltung einbezogen und können ihre Bedürfnisse und Wünsche äußern.
- Soziale Interaktion: Die Bewohner haben die Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und an gemeinsamen Aktivitäten teilzunehmen.
- Normalität: Leben trotz Pflegebedürftigkeit ist in dieser Wohnform die Maxime. Die Bewohner können so viel Eigenständigkeit wie möglich bewahren und müssen nicht auf ein Leben in einer Gemeinschaft verzichten.
Herausforderungen und Kritikpunkte
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch einige Herausforderungen und Kritikpunkte im Zusammenhang mit Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz:
- Hohe Kosten: Die Kosten für eine Wohngemeinschaft können höher sein als für ein traditionelles Pflegeheim.
- Organisationsaufwand: Die Gründung und Organisation einer Wohngemeinschaft erfordert einen hohen Aufwand.
- Konfliktpotenzial: In einer Wohngemeinschaft kann es zu Konflikten zwischen den Bewohnern oder den Angehörigen kommen.
- Mangelnde Expertise: Nicht alle Betreiber von Wohngemeinschaften verfügen über die notwendige Expertise im Umgang mit Menschen mit Demenz.
Weitere Unterstützungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen
Neben Wohngemeinschaften gibt es eine Vielzahl weiterer Unterstützungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Dazu gehören:
- Ambulante Pflegedienste: Ambulante Pflegedienste bieten Unterstützung und Pflege im eigenen Zuhause. Die de Schrevel Gesellschaft für Pflegedienste u. Betreuung GmbH & Co. ist ein Beispiel für einen solchen Träger.
- Betreutes Wohnen: Betreutes Wohnen ermöglicht ein selbstständiges Leben in den eigenen vier Wänden mit ambulanter Unterstützung. Die Hohenhonnef GmbH bietet in Bonn, Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis Betreutes Wohnen für Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung an. Betreutes Leben bietet ambulante sozialpsychiatrische Versorgung für Menschen mit körperlicher, seelischer, geistiger oder Sinnesbeeinträchtigung im Rhein-Sieg-Kreis und Bonn an.
- Tagespflege: Tagespflegeeinrichtungen bieten tagsüber Betreuung und Aktivitäten für Menschen mit Demenz.
- Selbsthilfegruppen: Selbsthilfegruppen bieten eine Plattform für den Austausch von Erfahrungen und Informationen. Die Alzheimer Gesellschaft Gelsenkirchen e.V. ist ein Beispiel für eine Organisation, die Selbsthilfegruppen unterstützt.
- Beratungsstellen: Beratungsstellen bieten Informationen und Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Das Sozialpsychiatrische Zentrum Siegburg (SPZ) des Arbeiter Samariter Bunds e.V. bietet niedrigschwellige Hilfen für psychisch erkrankte Menschen, deren Angehörige und Freunde aus dem Rhein-Sieg-Kreis an.
- Sozialpsychiatrisches Zentrum Siegburg: Das SPZ Siegburg bietet Kontakt- und Beratungsstellen, ambulant aufsuchenden Dienst, betreutes Wohnen, tagesstrukturierende Maßnahmen und gerontopsychiatrische Gruppenangebote.
- Bonner Verein für gemeindenahe Psychiatrie e. V.: Der Verein unterstützt psychisch erkrankte Menschen individuell und qualifiziert. Über die Mobilrufnummer besteht eine 24 Stunden-Rufbereitschaft.
- Stellwerk: Stellwerk bietet heilpädagogische und therapeutische Hilfen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einer geistigen Behinderung oder Lernbehinderung.
- Ambulant Betreutes Wohnen (BeWo): BeWo unterstützt Menschen mit Behinderung darin, ein eigenständiges Leben nach individuellen Wünschen und Bedürfnissen zu führen. Ziel ist es, Selbständigkeit zu fördern und zu sichern.
Politische und gesellschaftliche Aspekte
Die Versorgung von Menschen mit Demenz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auch politische Maßnahmen erfordert.
Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegesituation
Um die Pflegesituation in Deutschland zu verbessern, sind folgende Maßnahmen erforderlich:
Lesen Sie auch: Demenz-Wohngemeinschaft Darmstadt: Einblick
- Ausbau der ambulanten und stationären Pflegeangebote: Es müssen ausreichend Plätze in Pflegeheimen und Wohngemeinschaften sowie ambulante Pflegedienste zur Verfügung stehen.
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege: Pflegekräfte brauchen gute Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung, um den Personalmangel zu beheben.
- Unterstützung pflegender Angehöriger: Pflegende Angehörige brauchen ein vor Armut schützendes Grundeinkommen und eine Lohnersatzleistung in (Familien-)Pflegezeit.
- Flexibles Entlastungsbudget: Die Verhinderungs- und Kurzzeitpflege, die Tagespflege sowie der Entlastungsbetrag und die Pflegehilfsmittelpauschale müssen zu einem Entlastungsbudget zusammengefasst werden, das einfach und flexibel in Anspruch genommen werden kann.
- Stärkung der Selbstbestimmung Pflegebedürftiger: Pflegebedürftige und pflegende Angehörige müssen bei der Gestaltung der Pflege und ihrer Rahmenbedingungen angehört werden und mitbestimmen können.
Kampf gegen Ausgrenzung und Diskriminierung
Es ist wichtig, jegliche Form von Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen mit Demenz zu bekämpfen. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Initiativen, Einrichtungen und Verbände setzen sich für Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder psychischer Beeinträchtigung ein.
Lesen Sie auch: Voraussetzungen & Kosten: Demenz-WG Chemnitz
tags: #awo #wohngemeinschaft #demenz #anderland #erfahrungen