Meningitis, eine Entzündung der Hirnhäute, kann durch verschiedene Erreger wie Bakterien, Viren oder Pilze verursacht werden. Die bakterielle Meningitis, auch Meningoenzephalitis genannt, ist eine akute, eitrige Entzündung der Hirnhäute (Meningen) sowie gegebenenfalls des Hirngewebes (Enzephalitis). Sie ist ein medizinischer Notfall, der eine schnelle Diagnose und Therapieeinleitung erfordert.
Was ist Meningitis?
Bei einer Meningitis entzünden sich die Hirnhäute - die schützende Hülle um das Gehirn und das Rückenmark. Dies kann durch verschiedene Erreger verursacht werden, darunter Bakterien, Viren und seltener Pilze oder Parasiten. Die Erreger können in den Körper eindringen und sich über die Blutbahn in das zentrale Nervensystem ausbreiten, wo sie eine Entzündungsreaktion hervorrufen.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen einer Meningitis sind vielfältig. Bakterien, Viren und in seltenen Fällen Pilze oder Parasiten können die Entzündung auslösen. Die Ansteckung erfolgt auf unterschiedlichen Wegen. Bei der Virusinfektion wird der Erreger klassischerweise von Mensch zu Mensch über den Nasen-Rachen-Raum durch feine Tröpfchen in der Atemluft weitergegeben. FSME-Viren dagegen werden beim Zeckenbiss übertragen. Gleiches gilt für die Borreliose-Erreger. Andere krankheitsauslösende Bakterien, wie Meningokokken, können sowohl in Form einer Tröpfchen- als auch Schmierinfektion über die Hände übertragen werden und so eine Meningokokken-Meningitis auslösen.
Zu den prädisponierenden Faktoren gehören:
- Vorerkrankungen
- Alkoholabhängigkeit
- Operationen im Schädel-/HNO-/Kieferbereich
- Immunsuppression bzw. Immundefekt (z. B. Neutropenie, AIDS)
- Diabetes mellitus
- dentale Infektionen und Läsionen der Mundhöhle
- Endokarditis
- Sinusitis, Otitis media, Parotitis
- offenes Schädel-Hirn-Trauma
- Erhöhte Trägerfrequenz von pathogenen Keimen im Pharynx
- Aufenthalt in Institutionen (Schule, Pflegeeinrichtungen usw.)
- Aufenthalt in Regionen mit endemischem Meningokokken-Vorkommen („Meningokokkengürtel“)
- Kontakt mit einem Indexfall mit bakterieller Meningitis
- Rauchen
- Veränderung der Schleimhaut im Respirationstrakt
- Infektion der Schleimhaut im Nasopharynx in den unteren Atemwegen oder im Mittelohr
- Erkrankungen mit laufender Nase (Rhinorrhö) und Sekretion der Ohren (Otorrhö)
- Erhöhtes Risiko für eine Bakteriämie i. v. Drogenkonsum
Erregerspektrum
Das Erregerspektrum variiert je nach Altersgruppe. Zu den häufigsten Erregern gehören:
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- Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken): Häufigster Erreger weltweit.
- Neisseria meningitidis (Meningokokken): 12 Serotypen, hauptsächlich pathogen sind A, B, C, W, X, Y.
- Haemophilus influenzae Typ B (Hib): Drastischer Rückgang seit Einführung der Impfung.
- Listeria monocytogenes: Besonders relevant für Risikogruppen (Immunsupprimierte, Schwangere, Neugeborene, Personen > 50 Jahre).
- Staphylokokken: Infektion oft sekundär nach Neurochirurgie, Trauma, Fremdkörpern oder Endokarditis.
- Streptococcus agalactiae: Haupterreger der Neugeborenmeningitis (in den ersten 3 Lebensmonaten).
- Enterobacteriaceae (Enterobakterien): Vor allem bei Neugeborenen relevant.
Symptome
Eine Meningitis äußert sich durch eine Reihe von Symptomen, die plötzlich auftreten können. Die Symptome können Kopfschmerzen, Fieber, steifen Nacken, Übelkeit, Lichtempfindlichkeit und in schweren Fällen Verwirrung oder Bewusstseinsverlust umfassen. Bei manchen Patienten kann auch ein Ausschlag auftreten. Dieser Meningitis-Hautausschlag ist charakteristisch rötlich oder lila und verblasst nicht beim Druck - ein Indikator, der das sogenannte „Glas-Test“ genannt wird.
Die Symptome können sich je nach Alter und Art des Erregers unterscheiden. Allgemeine Symptome können Kopfschmerzen, Fieber, steifer Nacken, Übelkeit, Lichtempfindlichkeit und geistige Verwirrung sein. Einige Formen der Meningitis können auch Hautveränderungen wie Ausschlag oder Flecken verursachen.
Symptome bei speziellen Patientengruppen
- Ältere Patient*innen: Atypische Präsentation ohne oder mit nur geringen Leitsymptomen möglich.
- Neugeborene und Säuglinge: Unspezifische Beschwerden wie Fieber, Hypothermie, Müdigkeit, Trinkschwäche, Erbrechen, Diarrhö, Krampfanfälle.
Symptome bei bakterieller Meningitis
- Rasante Symptomverschlimmerung innerhalb von Stunden
- Nackensteifigkeit mit starken Bewegungsschmerzen
- Hohes Fieber
- Neurologische Ausfälle, Störungen des zentralen Nervensystems
- Kleine rote oder bräunliche Hautveränderungen durch Einblutungen
- Einblutungen auch an den inneren Organen (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom)
- Blutdruckabfall
- Schock und Koma
Symptome bei viraler Meningitis
- Mildere Symptome
- Langsame Krankheitsentwicklung im Verlauf von mehreren Tagen
- Häufig eine Besserung ohne Behandlung
- Abklingen der Symptome innerhalb einer Woche, aber danach nur langsame Erholung
- Schwere Verläufe meist nur bei Kleinkindern und Personen mit geschwächtem Immunsystem
Symptome bei Babys und Kleinkindern
- Starke Müdigkeit, Fieber und Teilnahmslosigkeit
- Gereiztheit und schrilles Schreien
- Trinkschwäche
- Bauchschmerzen
- Krampfanfälle
- Manchmal leicht aufgewölbte Fontanelle (Knochenspalte auf dem Schädeldach der Babys)
- Aber häufig keine Anzeichen der sonst typischen Nackensteifheit
Symptome bei tuberkulöser Meningitis und Meningitis bei Neuroborreliose
- Zunächst Fieber als einziges Krankheitssymptom
- Vergleichsweise langsames Fortschreiten der Krankheit
- Erst spätes Auftreten von Kopfschmerzen und Nackensteife
Stadien der bakteriellen Meningitis
Die bakterielle Hirnhautentzündung beginnt in der Regel prodromal mit einem kurzen allgemeinen Krankheitsgefühl. Darauf folgen rasch heftigste Kopfschmerzen, häufig mit Nackensteifigkeit. Die Betroffenen reagieren sehr empfindlich auf Licht, Geräusche und Berührung. Zudem treten Übelkeit und Erbrechen auf, mitunter auch neurologische Symptome wie Reizbarkeit, Schläfrigkeit und Bewusstseinseintrübung sowie Krampfanfälle und Hirnnervenlähmungen.
Diagnose
Die Diagnosestellung basiert auf klinischer Symptomatik, Liquordiagnostik, zerebraler Bildgebung und Erregernachweis aus Liquor oder Blut. Bei Verdacht auf eine Meningitis oder Enzephalitis ist eine unverzügliche Krankenhauseinweisung erforderlich.
Anamnese
- Akuter Beginn und rasch progrediente Symptomatik meist < 24 Stunden zwischen Symptombeginn und Krankenhauseinweisung
- Hauptsymptome: deutlich beeinträchtigter Allgemeinzustand, Kopfschmerzen, (hohes) Fieber, Nackensteife (Meningismus), Übelkeit und Erbrechen, Lichtscheu (Photophobie), Verwirrtheit, Bewusstseinsstörung (Vigilanzminderung)
- Weitere Symptome: Hautveränderungen (insbesondere bei Meningokokken petechiales Exanthem), Hirnnervenbeteiligung, z. B. Fazialisparese, Hörminderung/-verlust, Sepsis (v. a. bei Meningokokken), fokal-neurologische Defizite, z. B. Sprach- und Sprechstörungen, epileptische Anfälle
Klinische Untersuchung
- Vitalparameter (Herzfrequenz, Blutdruck, Temperatur, Atemfrequenz)
- Allgemeine körperliche Untersuchung (Auskultation von Herz und Lunge)
- Hautveränderungen (makulopapulöses Exanthem, Petechien, Ekchymosen, Purpura, Hautnekrosen)
- Otoskopie (eitriger Ausfluss? Otitis media?)
- Druckschmerz/Schwellung retroaurikulär (Mastoiditis)
- Neurologische Untersuchung:
- Vigilanz (Glasgow Coma Scale)
- Orientierung (Zeit, Ort, Person, Situation)
- Meningismus: schmerzhafte Nackensteifigkeit bei passiver Anteflexion des Kopfes
- Weitere meningeale Reizzeichen (Brudzinski-Zeichen, Kernig-Zeichen)
- Hirnnervenausfälle (v. a. III., VI., VII. und VIII. Hirnnerv)
- Sprach- oder Sprechstörungen
- Motorische oder sensible Ausfälle
Laborchemische Diagnostik
- Procalcitonin im Serum (hilfreich zur Differenzierung zwischen akuter bakterieller Meningitis und viraler Meningitis)
- Liquordiagnostik:
- Aussehen: eitrig-trüb
- Zellzahl: > 1.000 /μl
- Zytologie: granulozytär
- Liquor-Serum-Glukose-Index: stark erniedrigt
- Laktat: > 3,5 mmol/l
- Gesamteiweiß: > 100 mg/dL
- Blut-Liquor-Schranke: schwer gestört
- Intrathekale Ig-Synthese: im Verlauf IgA, IgG
Mikrobiologische Diagnostik
- Ziel: Diagnosesicherung durch Erregernachweis im Liquor und/oder in der Blutkultur
- Empfehlungen:
- Min. 2 Blutkultur-Sets sollen vor Antibiotikatherapie abgenommen werden.
- Gramfärbung und Versuch des kulturellen Erregernachweises sollen erfolgen.
- Multiplex-PCR (Meningitis-Panel) sollte ergänzend zum Einsatz kommen.
- Eingesetzte Verfahren:
- Mikroskopisch mittels Gramfärbung (oder Methylenblau-Färbung)
- Molekulargenetisch mittels PCR (Einzel-PCR, Multiplex-PCR-Meningitis-Panels)
- Bakteriologisch mittels Kultur (Goldstandard)
Bildgebende Untersuchungen
- Kraniale Computertomographie (CCT) soll in der Akutphase bei klinischem Verdacht auf einen erhöhten intrakraniellen Druck vor der LP erfolgen.
- Kraniale Magnetresonanztomographie (cMRT) sollte bei nicht erklärbaren klinischen Zeichen, unklaren CT-Befunden bzgl. des Infektionsfokus oder bei klinischer Verschlechterung unter Antibiotikatherapie durchgeführt werden.
Ergänzende Untersuchungen
- HNO-ärztliche Untersuchung (Suche nach parameningealem Infektfokus, z. B. Mastoiditis, Sinusitis oder Otitis media)
- Überprüfung des Hörvermögens (Audiometrie)
- Weitere Infektfokussuche (z. B. Röntgenaufnahmen des Thorax, Abdomen-Sonographie/CT, Echokardiographie)
- Transkranielle Dopplersonographie (TCD) bei zerebrovaskulärer Komplikationen (zerebrale arterielle Vaskulopathie)
Therapie
Ein frühzeitiger, schneller Behandlungsbeginn ist entscheidend für die Prognose. Die Therapieziele sind:
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- Letalen Verlauf verhindern
- Infektion sanieren
- Komplikationen vermeiden
Allgemeines zur Therapie
- Ggf. präklinische Stabilisierung der Vitalparameter z. B. Flüssigkeitssubstitution bei Hypotonie oder Sauerstoffgabe bei Hypoxie
- Behandlung auf einer Intensivstation in der Initialphase einer bakteriellen Meningitis
- Engmaschige klinische Überwachung (erste Woche der Erkrankung als kritische Phase)
Medikamentöse Therapie
- Antibiotikatherapie:
- Frühzeitiger Therapiebeginn (unmittelbar nach Lumbalpunktion bzw. Blutkulturen)
- Initiale, empirische Antibiotikatherapie bei Erwachsenen mit ambulant erworbener bakterieller Meningitis: Cephalosporin Gruppe 3a (z. B. Ceftriaxon oder Cefotaxim) + Ampicillin
- Bei bekanntem Erreger und ggf. vorliegender Resistenzprüfung (Antibiogramm) Anpassung auf eine gezielte antibiotische Therapie
- Dauer der Antibiotikatherapie abhängig von Erregerart und Therapieansprechen
- Dexamethason:
- Wirkung: adjuvanter Therapie mit Kortikosteroiden signifikante Reduktion von Letalität und Komplikationen bei Pneumokokkenmeningitis, Reduktion von Hörschäden bei Meningokokkenmeningitis
- Empfehlung: soll bei Erwachsenen zusätzlich zu Antibiotika in der Initialtherapie gegeben werden
- Beginn unmittelbar vor Gabe des Antibiotikums (oder zeitgleich)
Weitere Therapien
- Operative Fokussanierung (z. B. Sinusitis, Mastoiditis, Otitis media)
Umgebungsschutz
- Maßnahmen bei Meningokokkenerkrankung:
- Isolation bei Verdacht auf Meningokokken-Meningitis (bis 24 Stunden nach Beginn einer wirksamen Antibiotikatherapie)
- Prophylaxe bei Kontaktpersonen (Chemoprophylaxe mit Rifampicin, Ciprofloxacin, Ceftriaxon und Azithromycin, ggf. zusätzlich postexpositionelle Meningokokkenimpfung)
Meldepflicht
- Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod an Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis sind meldepflichtig.
- Meldung durch die Leiter*innen des untersuchenden Labors (namentliche Meldung bei Krankheitserregern, die auf eine akute Infektion hinweisen).
Komplikationen
Meningitis kann eine Reihe von langfristigen Folgen haben, darunter Hörverlust, Lernschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme und in seltenen Fällen sogar psychische Probleme. Leider kann Meningitis Spätfolgen haben und zu einer Reihe von Komplikationen führen, einschließlich einem Hirnödem, Sepsis, ARDS, Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, Hörverlust, Gedächtnisproblemen, Lernschwierigkeiten, Epilepsie, Nierenversagen und sogar Tod. Einige dieser Komplikationen können dauerhaft sein, auch nach erfolgreicher Behandlung der Krankheit.
Prognose
Bei bakterieller Meningitis ist trotz Behandlung die Sterblichkeitsrate noch immer hoch, mit Schätzungen von 10-15%. Die Prognose für virale Meningitis ist im Allgemeinen besser, mit den meisten Patienten, die eine vollständige Genesung ohne spezifische Behandlung erfahren.
Prävention
Impfstoffe sind gegen einige der häufigsten bakteriellen Ursachen von Meningitis verfügbar, einschließlich Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis und Haemophilus influenzae Typ b (Hib). Eine Studie hat 2013 die Wirkung der Meningitis Impfung in Tschad untersucht und stellte hierbei fest, dass die Impfung dazu beitrug, die Verbreitung der Krankheit erheblich zu reduzieren. In Situationen, in denen eine Person einem hohen Risiko ausgesetzt war, mit Meningitis infiziert zu werden, wie z.B. nach engem Kontakt mit einer Person, die an bakterieller Meningitis erkrankt ist, kann eine prophylaktische Antibiotikabehandlung verabreicht werden.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt in Deutschland folgende Impfungen:
- Monovalente Meningokokken-C-Konjugatimpfung für alle Kinder im Alter von 12 Monaten (versäumte Impfungen sollten spätestens bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden).
- Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B für alle Säuglinge ab dem Alter von 2 Monaten (Impfung soll bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden).
- Impfung mit einem altersgerecht zugelassenen Meningokokken-ACWY-Konjugatimpfstoff sowie mit einem Meningokokken-B-Impfstoff für Personen mit einem erhöhten Risiko für invasive Meningokokken-Erkrankungen.
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