Das Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das den gesamten Körper steuert und koordiniert. Es ist anfällig für Schädigungen durch verschiedene Faktoren, darunter auch Infektionen durch Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Bakterien, die das Nervensystem angreifen können, sowie über die Mechanismen, Symptome, Diagnose und Behandlung dieser Infektionen.
Ursachen und Risikofaktoren für Nervenschädigungen
Neben direkten bakteriellen Angriffen können auch andere Faktoren Nervenschäden verursachen oder das Nervensystem anfälliger für Infektionen machen. Dazu gehören:
- Metabolische Erkrankungen: Diabetes ist ein bekannter Risikofaktor für Nervenschäden, aber auch andere Stoffwechselerkrankungen wie Nierenfunktionsstörungen können negative Auswirkungen haben.
- Durchblutungsstörungen: Eine unzureichende Blutversorgung der Nerven, beispielsweise durch periphere arterielle Verschlusskrankheit, kann zu Nervenschäden führen.
- Autoimmunerkrankungen: Erkrankungen, bei denen das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift, können auch das Nervensystem betreffen.
- Vitaminmangel: Ein Mangel an B-Vitaminen kann Nervenschäden verursachen.
- Alkoholmissbrauch: Chronischer Alkoholkonsum kann das Nervensystem schädigen.
Bakterielle Mechanismen der Nervenschädigung
Bakterien können das Nervensystem auf verschiedene Weise schädigen:
- Direkte Schädigung von Nervenzellen: Einige Bakterien produzieren Toxine, die Nervenzellen direkt schädigen oder zerstören können.
- Auslösung von Entzündungen: Eine bakterielle Infektion kann eine Entzündungsreaktion im Nervensystem auslösen, die zu Nervenschäden führen kann.
- Beeinträchtigung der Immunantwort: Einige Bakterien können die Immunantwort des Körpers unterdrücken, was es ihnen ermöglicht, sich leichter auszubreiten und das Nervensystem zu schädigen.
Beispiele für Bakterien, die das Nervensystem angreifen
Staphylokokken
Staphylokokken, insbesondere Staphylococcus aureus, sind gefürchtete Krankenhauskeime, die Hautgeschwüre und Wundinfektionen verursachen können. US-amerikanische Forscher haben entdeckt, dass Staphylococcus aureus-Bakterien Nervenzellen schädigen, indem sie ein Toxin ausscheiden, das Löcher in die Membranen der Nervenzellen bohrt. Dies führt zur Aktivierung der Nervenzellen und zur Wahrnehmung von Schmerzimpulsen im Gehirn. Interessanterweise führt dieser Schmerzimpuls dazu, dass die Immunantwort gedrosselt wird, was den Bakterien einen Überlebensvorteil verschafft.
Meningokokken
Neisseria meningitidis ist ein weiterer wichtiger bakterieller Erreger, der eine schwere Form der Hirnhautentzündung (Meningitis) verursachen kann. Meningokokken können sich schnell im Körper ausbreiten und zu einer lebensbedrohlichen Sepsis führen.
Lesen Sie auch: Alzheimer: Ursachen und aktuelle Studien
Borrelien
Borrelia burgdorferi ist der Erreger der Lyme-Borreliose, einer durch Zecken übertragenen Krankheit. Die Borrelien können das Nervensystem befallen und eine Neuroborreliose verursachen, die sich in Form von Hirnhautentzündung, Hirnnervenausfällen oder Entzündungen der Nervenwurzeln äußern kann.
Listerien
Listeria monocytogenes ist ein Bakterium, das vor allem bei älteren Menschen, Schwangeren und immungeschwächten Personen zu schweren Infektionen führen kann. Listerien können eine Hirnhautentzündung oder eine Hirnentzündung verursachen.
Tuberkulose-Bakterien
Mycobacterium tuberculosis, der Erreger der Tuberkulose, kann in seltenen Fällen auch das Nervensystem befallen und eine Tuberkulose-Meningitis verursachen.
Virale Erreger
Auch Viren können das Nervensystem angreifen und Entzündungen verursachen:
- Herpes simplex Typ1 (Gesichtsherpes) und Typ2 (Genitalherpes)
- Varizella zoster (Windpocken)
- Zytomegalie-Virus (Zytomegalie)
- Eppstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber)
- FSME-Virus: Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird vor allem von Zecken übertragen.
- West-Nil-Virus: Er löst das West-Nil-Fieber aus.
- SARS-CoV-2-Virus: Seltener ist COVID-19 Auslöser einer Enzephalitis.
- Influenzaviren: Grippeviren können eine Enzephalitis verursachen.
- Japanisches-Enzephalitis-Virus: Die japanische Enzephalitis wird durch ein Virus ausgelöst, das vor allem von Mücken im ländlichen Teil Asiens übertragen wird, und sorgt für eine Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten.
Symptome bakterieller Infektionen des Nervensystems
Die Symptome bakterieller Infektionen des Nervensystems können je nach Art der Infektion und betroffenem Bereich variieren. Häufige Symptome sind:
Lesen Sie auch: Alles über Meningitis
- Kopfschmerzen
- Fieber
- Nackensteifigkeit
- Übelkeit und Erbrechen
- Verwirrtheit
- Bewusstseinsstörungen
- Epileptische Anfälle
- Neurologische Ausfälle wie Lähmungen oder Sprachstörungen
- Verhaltensänderungen
- Halluzinationen
Diagnose bakterieller Infektionen des Nervensystems
Die Diagnose bakterieller Infektionen des Nervensystems umfasst in der Regel eine Kombination aus:
- Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt wird nach den Symptomen und der Krankengeschichte fragen und eine körperliche Untersuchung durchführen, um neurologischeDefizite festzustellen.
- Liquoruntersuchung: Eine Lumbalpunktion (Entnahme von Rückenmarksflüssigkeit) ist entscheidend, um den Erreger zu identifizieren und Entzündungszeichen festzustellen.
- Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können helfen, bakterielle Erreger und Entzündungsmarker nachzuweisen.
- Bildgebende Verfahren: Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns können helfen, Entzündungen oder andere Anomalien im Gehirn zu erkennen.
- EEG: Sind häufige epileptische Anfälle ein Symptom der Enzephalitis, wird meist zusätzlich eine Elektroenzephalografie (EEG) durchgeführt.
Behandlung bakterieller Infektionen des Nervensystems
Die Behandlung bakterieller Infektionen des Nervensystems umfasst in der Regel:
- Antibiotika: Die Art des Antibiotikums hängt von dem identifizierten Erreger ab. Es ist entscheidend, frühzeitig mit einer Antibiotikatherapie zu beginnen, um irreversible Schäden zu verhindern.
- Unterstützende Maßnahmen: Zusätzliche Maßnahmen können erforderlich sein, um Symptome wie Fieber, Schmerzen und Krampfanfälle zu lindern. In schweren Fällen kann eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich sein.
- Impfung: Gegen einige bakterielle Erreger, wie Meningokokken, gibt es Impfungen, die einen wirksamen Schutz bieten können.
Prävention bakterieller Infektionen des Nervensystems
Einige Maßnahmen können helfen, das Risiko bakterieller Infektionen des Nervensystems zu verringern:
- Impfungen: Lassen Sie sich gegen Meningokokken und andere impfpräventable bakterielle Erkrankungen impfen.
- Gute Hygiene: Achten Sie auf eine gute Händehygiene, um die Ausbreitung von Bakterien zu verhindern.
- Zeckenschutz: Schützen Sie sich vor Zeckenstichen, um das Risiko einer Lyme-Borreliose zu verringern.
- Vermeidung von Rohmilchprodukten: Vermeiden Sie den Verzehr von Rohmilchprodukten, um das Risiko einer Listeriose zu verringern.
Weitere Faktoren, die das Nervensystem beeinflussen
Neben bakteriellen Infektionen gibt es noch weitere Faktoren, die das Nervensystem beeinflussen können:
Parasiten
Parasiten können ebenfalls Schädigungen im Nervensystem hervorrufen. Ein besonders bemerkenswertes Beispiel ist Toxoplasma gondii, ein Einzeller, der das Verhalten seiner Zwischenwirte verändert, um seine Überlebenschancen zu erhöhen.
Lesen Sie auch: Zusammenhang zwischen Alzheimer und oralen Bakterien
Autoimmunerkrankungen
Autoimmunologische Prozesse, bei denen der Organismus nicht in der Lage ist, bestimmte Strukturen als körpereigene zu erkennen, können am Nervensystem Entzündungen hervorrufen. Das Immunsystem produziert Antikörper gegen Gewebestrukturen des eigenen Körpers, zum Beispiel gegen bestimmte Teile des Nervensystems. Eine der bekanntesten Autoimmunerkrankungen ist die Multiple Sklerose (MS).
Entzündliche Erkrankungen
Entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) spielen eine zunehmende Rolle in der Neurologie. Entzündliche Erkrankungen können erregerbedingt durch Bakterien, Pilze, Protozoen und Viren sowie nicht erregerbedingt/autoimmun (wie Multiple Sklerose, Vaskulitis) auftreten.
Prionen
Abnormal gefaltete Eiweißpartikel können zudem Hirnentzündungen auslösen, die mit neurologischen Symptomen und Verhaltensänderungen einhergehen ▸ Prionen: Eiweiße, die wahnsinnig machen.
Psychische Faktoren
Die Psyche an sich kann zwar keine Nervenschädigung auslösen, aber sie hat großen Einfluss darauf, wie stark wir die Schmerzen wahrnehmen, die durch die Nervenschädigungen ausgelöst werden. Experten sprechen vom Schmerzgedächtnis.