Die Behandlung und Diagnostik der Parkinson-Krankheit entwickelt sich ständig weiter. In den letzten Jahren wurden enorme Fortschritte erzielt, die sich in den aktuellen Leitlinien widerspiegeln. Diese Fortschritte zielen darauf ab, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und die Symptome der Krankheit bestmöglich zu behandeln.
Einleitung
Die Parkinson-Krankheit ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch den Abbau von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Die typischen motorischen Symptome treten oft erst auf, wenn bereits ein erheblicher Teil der Nervenzellen abgebaut ist. Obwohl die Parkinson-Krankheit derzeit nicht heilbar ist, gibt es eine Vielzahl von Therapieansätzen, die darauf abzielen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Neue S2k-Leitlinie für Diagnostik und Therapie
Seit November 2023 gibt es eine neue, vollständig überarbeitete S2k-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie der Parkinson-Krankheit. Diese Leitlinie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) koordiniert und unter Mitwirkung von 18 weiteren Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Organisationen erstellt. Ziel der Leitlinie ist es, die klinische, ambulante und stationäre Versorgung von Menschen mit Parkinson durch evidenzbasierte Empfehlungen zu verbessern.
Schwerpunkte der neuen Leitlinie
Die neue Leitlinie legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Diagnose und Früherkennung der Parkinson-Krankheit. Es wird empfohlen, bei ersten Symptomen, die auf ein Frühstadium von Parkinson hindeuten könnten, ergänzende Diagnostik wie Geruchstests oder polysomnographische Untersuchungen im Schlaflabor durchzuführen. Auch eine kraniale Magnetresonanztomographie (MRT) sollte frühzeitig erfolgen, um andere Erkrankungen auszuschließen. Erstmals empfiehlt die Leitlinie auch eine humangenetische Diagnostik, insbesondere wenn Parkinson in der Familie auftritt oder die Krankheitssymptome vor dem 50. Lebensjahr beginnen.
Therapieansätze bei Parkinson
Die Therapie der Parkinson-Krankheit zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Da die Erkrankung bisher nicht heilbar ist, konzentrieren sich die aktuellen Therapieansätze auf die symptomatische Behandlung.
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Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie ist ein wichtiger Bestandteil der Parkinson-Behandlung. Ziel ist es, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen und die motorischen Symptome wie Muskelzittern, Muskelsteifheit und verlangsamte Bewegungen zu reduzieren.
L-Dopa (Levodopa)
L-Dopa ist ein Hauptmedikament, das im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird. Es gilt alsGoldstandard in der Parkinson-Therapie und kann die motorischen Symptome effektiv lindern.
Kombinationstherapie
Wenn eine einzelne Medikamentengruppe nicht ausreicht, können mehrere Medikamente miteinander kombiniert werden, um die Symptome besser zu kontrollieren.
Medizinisches Cannabis
Medizinisches Cannabis kann bei bestimmten Begleitsymptomen wie Zittern, Schmerzen, Schlafstörungen und psychischen Beschwerden in Betracht gezogen werden. Es kann zwar den Krankheitsverlauf nicht aufhalten, aber möglicherweise einige Symptome und Nebenwirkungen der Parkinson-Medikamente lindern.
Invasive Therapien
Im fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Krankheit können invasive Therapien wie die tiefe Hirnstimulation (THS) oder Pumpentherapien in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn die medikamentöse Therapie nicht mehr ausreichend wirkt oder zu starken Nebenwirkungen führt.
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Tiefe Hirnstimulation (THS)
Bei der THS werden Elektroden in bestimmte Hirnareale implantiert, die mit einem unter der Haut liegenden Generator verbunden sind. Durch elektrische Stimulation können die motorischen Symptome reduziert und die Lebensqualität verbessert werden. Die THS wird oft als "Hirnschrittmacher" bezeichnet.
Pumpentherapien
Pumpentherapien ermöglichen eine kontinuierliche Verabreichung von Medikamenten wie L-Dopa oder Apomorphin über eine Sonde oder subkutane Infusion. Dies kann helfen, Wirkfluktuationen und Dyskinesien zu reduzieren und eine gleichmäßigere Wirkung zu erzielen.
Physikalische Therapien
Physio- und Ergotherapien spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Parkinson. Sie sollen die Beweglichkeit und das Wohlbefinden der Patienten erhalten oder wiederherstellen. Dazu werden individuelle Interessen der jeweiligen Person berücksichtigt, um die Behandlung möglichst abwechslungsreich zu gestalten.
Gangtraining
Ein schlurfender Gang, kleine Schritte und stockende Bewegungen können zu schweren Stürzen führen. Mithilfe von ergo- und physiotherapeutischen Maßnahmen wird die Beinmuskulatur gestärkt und ein Gangtraining absolviert.
Stimm- und Sprechtherapie
Stimm- und Sprechtherapien zielen darauf ab, die Kommunikationsfähigkeit zu verbessern und eventuelle Stimmprobleme zu lindern.
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Schlucktherapie
Eine Schlucktherapie wird für Patienten mit Parkinson-bedingten Schluckstörungen empfohlen.
Weitere Therapieansätze
- Künstlerische Therapien: Kunst-, Mal- oder Tanztherapien können in Erwägung gezogen werden.
- Psychotherapie: Eine Psychotherapie bietet die Möglichkeit, sich aktiv mit der Erkrankung auseinanderzusetzen und den Umgang mit ihr zu erlernen.
Alternative Therapien
Alternative Behandlungen wie Akupunktur, Magnetstimulation oder Massage können im Einzelfall geeignet sein, um Muskelverspannungen zu lockern und das Wohlbefinden zu verbessern.
Umgang mit Komplikationen und Begleiterscheinungen
Im Verlauf der Parkinson-Krankheit können verschiedene Komplikationen und Begleiterscheinungen auftreten, die die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigen können. Dazu gehören motorische Komplikationen wie Dyskinesien, aber auch nicht-motorische Symptome wie Schlafstörungen, Depressionen, kognitive Beeinträchtigungen und autonome Störungen.
Motorische Komplikationen
Motorische Komplikationen wie Dyskinesien (unwillkürliche Überbewegungen) können im Laufe der Parkinson-Erkrankung auftreten, insbesondere beiLangzeitbehandlung mit L-Dopa. Sie entstehen durch eine Überempfindlichkeit der Dopaminrezeptoren gegenüber dem Medikament.
Nicht-motorische Symptome
Nicht-motorische Symptome wie Depressionen, Angstzustände, Schlafstörungen, kognitive Beeinträchtigungen und autonome Störungen (z.B.Verstopfung,Blasenschwäche, sexuelle Funktionsstörungen) können die Lebensqualität von Parkinson-Patienten erheblich beeinträchtigen. Es ist wichtig, diese Symptome frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Palliativpflege im Endstadium
Im Parkinson-Endstadium benötigen Patienten in der Regel umfassende Unterstützung bei täglichen Aktivitäten wie Essen, Anziehen und Körperpflege. Eine Palliativpflege kann in dieser Phase sehr wertvoll sein, um die Lebensqualität zu verbessern und die Symptome zu lindern.
Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass die medizinischen Wünsche des Patienten auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so die Selbstbestimmung. Dieses Dokument entlastet zudem die Angehörigen von schwierigen Entscheidungen, vermeidet Missverständnisse und schützt vor unerwünschter Über- oder Unterbehandlung.
Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit
Die Behandlung der Parkinson-Krankheit erfordert eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen wie Neurologen, Neurochirurgen,Physiotherapeuten, Ergotherapeuten,Logopäden,Psychologen und Pflegekräfte. Durch eine interdisziplinäre Betreuung können die individuellen Bedürfnisse der Patienten optimal berücksichtigt und die bestmöglichen Therapieergebnisse erzielt werden.
Forschungsperspektiven
Die Parkinson-Forschung hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Es werden zunehmend die genetischen Ursachen der Parkinson-Krankheit erforscht, um neue Ansatzpunkte für die Behandlung zu entwickeln, die auf molekulare Ursachen abzielen und so in die Entstehung der Parkinson-Krankheit eingreifen, statt nur die Symptome zu behandeln. Ziel ist es, Therapien zu entwickeln, die das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit bremsen, ihren Ausbruch verzögern oder ihn sogar verhindern können.
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