Wadenkrämpfe sind ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Menschen betrifft. Sie können plötzlich und unerwartet auftreten, oft nachts im Schlaf, und starke Schmerzen verursachen. Glücklicherweise gibt es viele Möglichkeiten, Wadenkrämpfen vorzubeugen und sie zu behandeln.
Was sind Wadenkrämpfe?
Wadenkrämpfe entstehen, indem sich die Wadenmuskulatur schmerzhaft zusammenzieht. Die Verkrampfung tritt in der Regel plötzlich und ohne Vorwarnung auf, häufig beim Sport oder auch nachts im Schlaf. Dass sich Muskeln anspannen (Kontraktion), ist ein völlig normaler Teil unseres Bewegungsapparats - solange sie sich anschließend auch wieder entspannen. Bei Wadenkrämpfen jedoch bleibt genau diese Entspannung zunächst aus. Die Muskulatur fühlt sich hart an und schmerzt. Tatsächlich ist das Symptom recht häufig.
Über 90 % aller Menschen haben bereits mindestens einmal im Leben einen Wadenkrampf gehabt, während die Häufigkeit ab 65 Jahren deutlich zunimmt. Je nach Studie leiden etwa jeder Dritte bis hin zur Hälfte aller Menschen über 65 regelmäßig an Wadenkrämpfen, also mindestens einmal pro Woche.
Ursachen von Wadenkrämpfen
Die Ursachen von Wadenkrämpfen sind vielfältig. In vielen Fällen ist die genaue Ursache unklar (idiopathische Wadenkrämpfe). Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Wadenkrämpfe begünstigen können:
- Belastung: Starke oder ungewohnte Belastung des Muskels kann einen Krampf auslösen.
- Durchblutungsstörungen: Ein verminderter Blutzufluss zum Muskel kann ebenfalls Krämpfe verursachen.
- Flüssigkeits- und Elektrolytmangel: Insbesondere ein Mangel an Magnesium, Kalium oder Natrium kann die Muskelaktivität beeinträchtigen und Krämpfe auslösen.
- Erkrankungen: Bestimmte Erkrankungen wie periphere arterielle Verschlusskrankheit, Schilddrüsen- und Hormonstörungen, Diabetes mellitus, Parkinson oder das Restless-Legs-Syndrom können Wadenkrämpfe verursachen. Ebenso können nächtliche Wadenkrämpfe Symptom einer beginnenden Varikose bzw. Venenschwäche sein.
- Medikamente: Einige Medikamente, wie z.B. Diuretika oder Statine, können Wadenkrämpfe als Nebenwirkung haben.
- Alter: Mit zunehmendem Alter nimmt die Häufigkeit von Muskelkrämpfen zu, insbesondere in den Beinen.
- Weitere Faktoren: Ungünstige Schlafpositionen, Überanstrengung, Bewegungsmangel, unbequeme Schuhe, Schwimmen in kaltem Wasser, einseitige Belastung, Fehlstellungen an Fuß oder Bein.
Je nach Ursache unterteilt man Wadenkrämpfe in drei übergeordnete Kategorien:
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- Idiopathische Wadenkrämpfe: Sie treten ohne erkennbare Ursache auf, meistens in der Nacht.
- Symptomatische Wadenkrämpfe: Sie sind Folge einer zugrundeliegenden Erkrankung, zum Beispiel einer Nierenschwäche, eines Diabetes oder einer neurologischen Störung.
- Paraphysiologische Krämpfe: Diese Form von Wadenkrämpfen ist oft die Folge von einer Störung des Elektrolythaushalts nach großer Belastung (meist infolge von starkem Schwitzen), oder sie treten in der Schwangerschaft auf. Auch eine Magen-Darm-Grippe oder starke Muskelanspannung beim Sport können zu paraphysiologischen Muskelkrämpfen führen.
Symptome von Wadenkrämpfen
Wadenkrämpfe treten oft plötzlich auf und können mit starken Schmerzen einhergehen, die jedoch nach einer akuten Phase (meist höchstens ein bis zwei Minuten) wieder deutlich nachlassen. Besonders häufig überraschen Wadenkrämpfe uns im Ruhezustand, vor allem nachts im Schlaf.
Typischerweise dauert ein Krampf in der Wade einige Sekunden bis mehrere Minuten. Kräftiges Dehnen sorgt dafür, dass der Krampf nachlässt. Wichtig: Wadenkrämpfe sind nicht zu verwechseln mit anderen Beschwerden in den Beinen wie dem Syndrom der unruhigen Beine (Restless Legs Syndrom).
Was tun bei akuten Wadenkrämpfen?
Es gibt verschiedene Sofortmaßnahmen, die bei akuten Wadenkrämpfen helfen können:
- Dehnen: Die meisten Menschen reagieren schon instinktiv richtig. Sie dehnen die schmerzende Wadenmuskulatur, indem sie die Zehenspitzen im Liegen oder Sitzen in Richtung des Körpers strecken. Im Stehen kann man das betroffene Bein nach hinten strecken und die Ferse fest auf den Boden drücken. Strecken Sie das betroffene Bein und ziehen Sie die Zehen sanft zu sich heran. Dies hilft, die Wadenmuskulatur zu dehnen und den Krampf zu lösen. Die Streckung entspannt den Muskel wieder.Viele Sportler reagieren bei einem Krampf ohnehin schon intuitiv mit Dehnen, weil sie den Schmerz auf diese Weise am schnellsten lindern können.
- Massage: Massieren Sie die verkrampfte Muskulatur vorsichtig mit den Händen. Auch leichtes Massieren der Wade lockert sich die Muskulatur, das steigert die Durchblutung und kann entspannen.Ein sanftes Massieren mit Latschenkiefernöl wirkt beim Wadenkrampf besonders wohltuend. Das ätherische Öl fördert die Durchblutung, wärmt und lindert Muskel- und Gelenksbeschwerden.
- Wärme: Auch eine warme Dusche oder eine auf die betroffene Stelle gelegte Wärmflasche können hilfreich sein. Wärme entspannt die Muskeln. Indem sie die Durchblutung anregt, löst Wärme die Verspannung des verkrampften Muskels. Sie können dafür ein warmes Bad nehmen oder wärmende Auflagen bzw.
- Bewegung: Stehen Sie auf und laufen Sie ein paar Schritte. Dies kann helfen, den Krampf zu lösen.
- Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie ausreichend Wasser oder isotonische Getränke, um den Elektrolythaushalt auszugleichen.
- Ruhe bewahren: Panik kann den Krampf verschlimmern. Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und sich auf einen Punkt zu konzentrieren.
Behandlung von Wadenkrämpfen
Bei starken Beschwerden kann eine medikamentöse Therapie sinnvoll sein, zum Beispiel mit Magnesium oder Chininsulfat. Es ist jedoch ratsam, bei hartnäckigen oder häufig wiederkehrenden Muskelkrämpfen einen Arzt aufzusuchen, bevor Sie sich nach einer Selbstdiagnose rezeptfreie Präparate aus einer Drogerie oder Apotheke holen. Ob bestimmte Medikamente wie Chinin gegen Muskelkrämpfe in Ihrem Fall hilfreich sind, besprechen Sie am besten mit Ihrem behandelnden Arzt.
Magnesium
Ein Magnesiummangel kann Krämpfe begünstigen. Magnesium hemmt die Muskelkontraktion in gesundem Maße. Ein Mangel von Magnesium kann dazu führen, dass der Muskel zu vielen Reizen ausgesetzt ist. Vermutlich helfen Magnesium-Präparate nur, wenn ein Magnesiummangel vorliegt. Bei Muskelkrämpfen in der Schwangerschaft hat sich Magnesium dagegen vielfach bewährt, zumal der Magnesiumbedarf vor allem im letzten Schwangerschaftsdrittel ansteigt. Organische Verbindungen wie Magnesium-Aspartat, -Orotat oder -Citrat werden vom Körper besonders gut aufgenommen.
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Chinin
Bei häufigen sehr schmerzhaften nächtlichen Wadenkrämpfen kann eventuell eine zeitlich begrenzte und ärztlich kontrollierte Einnahme von Chinin-Präparaten infrage kommen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Beschwerden durch andere Maßnahmen wie Physiotherapie nicht verbessert haben. Die Ärztin oder der Arzt muss außerdem mögliche Erkrankungen und eine bestehende Schwangerschaft ausschließen. Denn wer schwanger ist oder stillt oder zum Beispiel bestimmte Herzrhythmusstörungen hat, darf keine Chinin-Präparate einnehmen. Belegt ist außerdem die Wirksamkeit einer Behandlung mit 200 bis 400 Milligramm Chininsulfat oder Hydrochinin zur Nacht. In seltenen Fällen können jedoch Störungen der Blutgerinnung und andere schwere Nebenwirkungen auftreten. Daher wird Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt Chinin nur bei sehr schweren Krämpfen verschreiben.
Hausmittel
Eine mögliche Alternative zur Magnesium-Brausetablette ist Gewürzgurkenwasser. Laut einer - sehr kleinen - US-Studie mit zehn Teilnehmern an der Brigham Young University verkürzte die essighaltige Flüssigkeit die Krampfdauer bei Testpersonen nach einem 30-minütigen Training auf einem Fahrradergometer um fast die Hälfte. Bereits durch geringe Mengen an Gurkenwasser (die Probanden nahmen einen Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht zu sich) löste sich der Krampf in der Studie im Durchschnitt nach 85 Sekunden. Da die Flüssigkeit in dieser kurzen Zeit nicht über den Magen aufgenommen werden kann, müssen hierbei andere Wirkmechanismen eine Rolle spielen. Es gibt einzelne Studien, die einen Effekt von Gurkenwasser bei Wadenkrämpfen bei Menschen mit Leberzirrhose zeigen. Forscherinnen und Forscher vermuten, dass sich das Trinken der salzigen und essighaltigen Flüssigkeit positiv auf die Nerven auswirkt und dazu führt, dass sich die Muskeln entkrampfen.
Wärme oder Kälte?
Die persönliche Vorliebe kann ein guter Indikator dafür sein, welche Form der Thermotherapie besser für Ihre Beschwerden geeignet ist. Denn die Temperatur-Behandlung funktioniert auf zwei Arten: als Wärmetherapie und Kryotherapie.
Wärme löst mit ihrem entspannenden Effekt zum Beispiel schmerzhafte Verkrampfungen, Kälte hingegen wirkt durchblutungsmindernd, kann Schwellungen vermindern und Entzündungen schwächen.
- Wärme: Bei Muskelverspannungen und Krämpfen ist Wärme oft wohltuend. Sie weitet die Gefäße, regt die Durchblutung an und verbessert die Versorgung der betroffenen Stelle. Die Nervenbahnen werden entlastet, das Gewebe flexibler.
- Kälte: Bei akuten Entzündungen oder Sportverletzungen kann Kälte helfen, die Durchblutung zu mindern und Entzündungsprozesse zu dämpfen. Mit zunehmender Abkühlung wird das Gewebe obendrein unempfindlicher und das subjektive Schmerzempfinden ist entscheidend herabgesetzt. Einige Menschen empfinden auch Kälte als lindernd bei Wadenkrämpfen.
Vorbeugung von Wadenkrämpfen
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, Wadenkrämpfen vorzubeugen:
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- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung und Dehnung der Waden verschaffen oft schon Linderung und sind zugleich eine gute Präventionsmaßnahme. Wer regelmäßig die Wadenmuskulatur dehnt und sich gesund ernährt, tut bereits einiges gegen Muskelkrämpfe.
- Ausreichend trinken: Genauso wichtig ist es, ausreichend zu trinken. Am besten eignen sich stilles Wasser oder Saftschorlen mit etwa einem Drittel Saftanteil. Nicht ideal sind Getränke, die Alkohol, viel Zucker und Kohlensäure enthalten.
- Magnesiumreiche Ernährung: Setzen Sie magnesiumreiche Lebensmittel auf den täglichen Speiseplan. Reich an Magnesium sind grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen sowie Fisch und Meeresfrüchte. Geringere Mengen an Magnesium stecken in Bananen, Kartoffeln, Milch- und Milchprodukten und in Fleisch.
- Bequeme Schuhe: Tragen Sie bequeme Schuhe, die Ihren Füßen guten Halt geben und nicht drücken.
- Vermeiden Sie abrupte Wechsel von Warm zu Kalt: Vor allem im Sommer ist es nicht ratsam, sich überhitzt ins kalte Wasser zu stürzen.
- Trainingsverhalten anpassen: Treibt man viel Sport und wird vermehrt von Krämpfen in den Waden gebremst, empfiehlt es sich, das Trainingsverhalten unter die Lupe zu nehmen. Es kann dann sinnvoll sein: einen Gang runterzuschalten und Pausen einzulegen, die Trainingsintensität nur langsam zu steigern, Ausgleichsübungen einzubauen, die Waden gezielt zu dehnen, die Trink- und Essgewohnheiten anzupassen. Neben einer ausgewogenen Ernährung ist es wichtig, genügend zu trinken - vor allem, wenn man Durst verspürt.
Wadenkrämpfe und Venenschwäche
Wadenkrämpfe können auch ein Anzeichen für eine Venenschwäche sein. Bei einer Venenschwäche werden die Venenwände durch den erhöhten Druck porös und durchlässig. Tagsüber tritt Flüssigkeit ins Gewebe aus und sammelt sich dort an. Nachts, wenn die Beine hochgelagert sind, fließt diese Flüssigkeit mitsamt Elektrolyten und anderen Stoffen plötzlich zurück in die Blutbahn. Diese rasche Verschiebung kann zu Krämpfen führen - unabhängig vom Magnesiumspiegel.
Typische Symptome einer Venenschwäche:
- Geschwollene Beine (Ödeme)
- Besenreiser
- Schwere, müde Beine am Abend
- Spannungsgefühle
- Juckreiz an den Unterschenkeln
- Verschlimmerung der Beschwerden bei Wärme
Was hilft bei venös bedingten Wadenkrämpfen?
Kalte Wadenwickel oder Wechselduschen sind bewährte Hausmittel bei venös bedingten Wadenkrämpfen. Die Kälte bewirkt eine Kontraktion der Venen, wodurch die Venenklappen besser schließen und der Blutrückfluss zum Herzen verbessert wird. Dies reduziert Stauungen und damit auch die nächtlichen Krämpfe. Weitere effektive Maßnahmen sind das Hochlagern der Beine, regelmäßige Venengymnastik und das Tragen von Kompressionsstrümpfen tagsüber.
Wann zum Arzt?
Meist ist die Ursache jedoch harmlos. So können schon eine ungünstige Schlafposition oder eine Überanstrengung der Beinmuskulatur zu Krämpfen führen. Nur selten stecken ernsthafte Erkrankungen wie Nierenprobleme, neurologische Störungen oder Muskelerkrankungen dahinter.
Einen Arzt sollten Sie dann kontaktieren, wenn die Muskelkrämpfe gehäuft auftreten, sie länger als ein paar Sekunden anhalten oder wenn sie sich nicht einfach durch Dehnen auflösen lassen. Dann könnten sie ein Anzeichen für eine Stoffwechsel- oder Nervenerkrankung sein.
Weitere Warnzeichen:
- Lähmungserscheinungen im Bein
- Kribbeln und Taubheitsgefühle
- Häufige oder plötzliche Schmerzen im Bein, Fuß oder in der Leiste
- Schwellungen an Bein oder Fuß
- Rückenschmerzen, Nachtschweiß
- Muskelkrämpfe in anderen Körperteilen
- Ein Schwächegefühl in den Muskeln
- Gang- oder Bewegungsunsicherheiten
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Hautveränderungen und Fieber
Die Ärztin oder der Arzt sollte Muskelkrämpfe zudem immer abklären, wenn Sie schon Vorerkrankungen haben, wie:
- Einen zu hohen Blutdruck
- Diabetes
- Eine Nierenkrankheit
Erste Anlaufstelle bei häufigen Wadenkrämpfen ist die hausärztliche Praxis. Je nach Befund wird die Ärztin oder der Arzt Sie selbst behandeln oder in eine fachärztliche Praxis überweisen.