Blutdruckwerte vor Schlaganfall: Was Sie wissen müssen

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das oft mit einer plötzlichen Veränderung des Blutdrucks einhergeht. Da Bluthochdruck ein bekannter Risikofaktor für Schlaganfälle ist, stellt sich die Frage, ob eine sofortige Blutdrucksenkung nach einem Schlaganfall sinnvoll ist. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen Blutdruckwerten und Schlaganfall, basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen und Expertenmeinungen.

Blutdruck und Schlaganfall: Eine komplexe Beziehung

Ein ischämischer Schlaganfall, die häufigste Form, geht oft mit einem akuten Anstieg des Blutdrucks einher. Obwohl ein hoher Blutdruck als Risikofaktor für Schlaganfälle gilt, haben Studien gezeigt, dass eine sofortige Senkung des Blutdrucks nach einem akuten ischämischen Schlaganfall nicht zwangsläufig zu einem besseren Therapieerfolg führt.

Frühe Blutdrucksenkung: Nicht immer von Vorteil

Zahlreiche klinische Studien haben gezeigt, dass eine frühzeitige Senkung des Blutdrucks keinen unmittelbaren Effekt auf den Therapieerfolg nach einem akuten ischämischen Apoplex hat. Bei den bisherigen Untersuchungen wurde jedoch nicht berücksichtigt, ob Patienten bereits vor ihrem Schlaganfall an einer Hypertonie litten und welche Effekte diese Erkrankung auf den Erfolg der frühen Blutdrucksenkung nach dem Schlaganfall hat. Darüber hinaus wurde bislang auch nicht untersucht, ob die frühzeitige Blutdrucksenkung möglicherweise das Risiko eines zweiten Schlaganfalls vermindern kann.

Die CATIS-Studie: Neue Erkenntnisse zur Blutdrucksenkung

Eine wichtige Studie in diesem Zusammenhang ist die China Antihypertensive Trial in Acute Ischemic Stroke (CATIS). In dieser Multicenter-Studie wurden die Daten von über 4.000 Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall und erhöhtem systolischen Blutdruck analysiert. Die Teilnehmer wurden entweder einer Interventionsgruppe, die blutdrucksenkende Medikamente erhielt, oder einer Kontrollgruppe, die keine solchen Medikamente erhielt, zugeteilt.

Die Interventionsgruppe erhielt Antihypertensiva mit dem Ziel, den systolischen Blutdruck innerhalb von 24 Stunden um 10-25% zu senken und innerhalb der nächsten 7 Tage systolische Blutdruckwerte <140mmHG sowie diastolische Blutdruckwerte <90 mmHG zu erreichen. Bei der Kontrollgruppe wurden keine antihypertensive Medikamente eingesetzt, bzw. eine zuvor bestehende antihypertensive Therapie vorerst ausgesetzt.

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Die ursprüngliche CATIS-Studie zeigte keinen signifikanten Unterschied im Therapieergebnis zwischen der Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe. Allerdings ergab eine Sekundäranalyse interessante Ergebnisse in Bezug auf das Risiko von erneuten Schlaganfällen.

Vorbestehende Hypertonie: Ein entscheidender Faktor

Die Sekundäranalyse der CATIS-Daten ergab, dass eine frühe antihypertensive Therapie bei Patienten mit vorbestehender Hypertonie das Risiko eines zweiten Schlaganfalls innerhalb von drei Monaten um 56% senkte. Im Gegensatz dazu traten bei Patienten, die vor ihrem ersten Schlaganfall einen normalen Blutdruck hatten, in der Interventionsgruppe mehr Reinfarkte auf.

Fazit der CATIS-Studie

Weder eine vorbestehende Hypertonie noch eine frühzeitige antihypertensive Therapie haben den Daten von CATIS und anderer großangelegter Studien zufolge Einfluss auf das Sterberisiko oder das Risiko hochgradiger Behinderungen bei Patienten innerhalb von 14 Tagen nach einem ischämischen Schlaganfall.

Blutdruckziele im Alter: Was ist optimal?

Eine weitere wichtige Frage ist, welche Blutdruckwerte bei älteren Erwachsenen am besten vor kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall schützen. Eine Analyse des Cochrane-Netzwerks untersuchte die Effekte höherer Blutdruckziele bei über 65-Jährigen.

Niedrigere Blutdruckwerte sind vorteilhaft

Die Analyse ergab, dass niedrigere Blutdruckwerte für über 65-Jährige vorteilhaft sind. Werte von 140/90 mmHg oder geringer reduzieren das Schlaganfallrisiko und das Risiko für ernste kardiovaskuläre Ereignisse.

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Die Rolle von Bluthochdruck und Vorhofflimmern

Bluthochdruck und Vorhofflimmern sind zwei wichtige Risikofaktoren für Schlaganfälle, die oft zu spät erkannt und nicht konsequent behandelt werden.

Bluthochdruck: Ein stiller Killer

Bluthochdruck, auch arterielle Hypertonie genannt, ist eine Erkrankung des Gefäßsystems, bei der die Blutdruckwerte dauerhaft zu hoch sind. Ein chronisch hoher Blutdruck verursacht Schäden an den Gefäßwänden und fördert die Entstehung der Arteriosklerose (Arterienverkalkung). Betroffene wissen oft nichts von ihrer Erkrankung. Dagegen hilft die regelmäßige Selbstmessung zu Hause. Nach den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie gelten bereits Werte von 120 bis 139 zu 70 bis 89 mmHg als erhöht. Ab Werten von 140/90 mmHg oder darüber liegt eine Hypertonie vor, die behandelt werden sollte.

Vorhofflimmern: Eine Herzrhythmusstörung mit Folgen

Vorhofflimmern ist eine besondere Form der Herzrhythmusstörung, die ebenfalls das Risiko für einen Schlaganfall erhöht. Einmal nachgewiesen, gibt es effektive Methoden, die zu einer Senkung des Risikos für einen Schlaganfall führen. Hierzu zählt in erster Linie die Anwendung sogenannter Antikoagulanzien, die, vereinfacht gesagt, zu einer Blutverdünnung führen und damit die Bildung von Gerinnseln verhindern sollen.

Prävention ist der beste Schutz

Viele Schlaganfälle wären durch das eigene Verhalten vermeidbar. Ein gesunder Lebensstil, regelmäßige Blutdruckkontrollen und die konsequente Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Vorhofflimmern können das Schlaganfallrisiko deutlich reduzieren.

Regelmäßige Blutdruckmessung

Für den Blutdruck gilt, dass er regelmäßig gemessen werden sollte. Dies kann in der betreuenden hausärztlichen Praxis oder auch mit einem eigenen Blutdruckgerät zu Hause erfolgen. Im Optimalfall misst man den Blutdruck morgens und abends jeweils zwei- bis dreimal in sitzender Position nach einer Ruhezeit von circa fünf Minuten. Mit den hierbei aufgeschriebenen Werten und einer eventuell noch ergänzten Langzeit-Blutdruckmessung über einen oder mehrere Tage, wofür entsprechende Geräte existieren, können die betreuenden Hausärzt:innen entscheiden, ob ein Bluthochdruck vorliegt und eine Behandlung notwendig ist.

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Was tun im Notfall?

Im Falle eines Schlaganfalls überprüft die behandelnde Schlaganfallspezialstation die typischen Risikofaktoren und ergänzt in Abhängigkeit von den Begleiterkrankungen auch noch eine Suche nach seltenen Ursachen. So wird langfristig ein Blutdruck von weniger als 140/90 angestrebt. Bei guter Verträglichkeit kann der Blutdruck sogar auf systolische Werte von 120 bis 130 gesenkt werden, wofür mehrere Präparate innerhalb der Gruppe der sogenannten Antihypertensiva zur Verfügung stehen.

Blutdruck und Demenz: Ein Zusammenhang?

Wissenschaftler sind sich einig: Ein normaler Blutdruck schützt definitiv das Gehirn vor einem Schlaganfall. Dementsprechend wird versucht, erhöhte Werte konsequent unter 140/90 mmHg - am besten auf 120/70 mmHg - zu senken. Kontrovers wird hingegen diskutiert, ob eine Bluthochdruck-Therapie auch das Risiko senkt, eine Demenz zu entwickeln.

Studien zeigen positive Effekte

Eine Auswertung von fünf Studien mit insgesamt über 28.000 Patienten ergab, dass bereits das medikamentöse Absenken des Blutdrucks um 10 mmHg systolisch und 4 mmHg diastolisch das Demenz-Risiko um über zehn Prozent verringern kann. Und: Je ausgeprägter die Blutdrucksenkung war, desto mehr wurde das Risiko einer Demenz vermindert. Dieser lineare günstige Effekt war bis zu einem Blutdruck von 100/70 mmHg nachweisbar.

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