Blutgerinnsel im Gehirn: Symptome, Ursachen und Behandlung

Ein Blutgerinnsel im Gehirn, auch Hirnvenenthrombose genannt, ist eine ernste Erkrankung, die durch den teilweisen oder vollständigen Verschluss einer Vene im Gehirn durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) entsteht. Hirnvenenthrombosen sind selten, können aber schwerwiegende Folgen haben. Es ist wichtig, die Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten zu kennen, um im Notfall schnell handeln zu können.

Was ist eine Hirnvenenthrombose?

Bei einer Hirnvenenthrombose kommt es durch ein Blutgerinnsel (Blutpfropf, Thrombus) zu einem teilweisen oder vollständigen Verschluss einer Vene im Gehirn. Die Hirnvenen durchziehen das gesamte Gehirn wie eine Art Netz. Sie sammeln das sauerstoffarme Blut aus dem Gewebe und transportieren es ab in Richtung Herz. Wenn eines der Gefäße ganz oder teilweise durch ein Gerinnsel verschlossen ist, fließt das Blut im entsprechenden Bereich nicht mehr ab und staut sich.

Oft kommt es gleichzeitig auch an einer anderen Stelle zu einem Blutstau. Eine Hirnvenenthrombose tritt häufig gemeinsam mit einer Sinusthrombose auf. Das ist ein gerinnselbedingter Verschluss (Thrombose) von einem oder mehreren Hirnblutleitern (Hirnsinus). Die Hirnblutleiter sind Hohlräume zwischen zwei Blättern der harten Hirnhaut (Dura mater). Sie leiten venöses Blut aus dem Gehirn, den Hirnhäuten und den Augenhöhlen in die innere Drosselvene (diese nimmt auch das Blut aus diversen Hirnvenen auf). Im Gegensatz zu Venen haben Hirnblutleiter starre Wände, sie können sich also nicht komprimieren, und es fehlen ihnen Venenklappen. Die Kombination aus Hirnvenenthrombose und Sinusthrombose bezeichnen Mediziner als Sinusvenenthrombose. Zusammengefasst spricht man von zerebralen Sinus- und Venenthrombosen (engl. cerebral venous sinus thrombosis, CVST).

Mögliche Folgen des gestörten venösen Abflusses

Die Hirnvenenthrombose, beziehungsweise Sinusvenenthrombose, verhindert den Abfluss von venösem Blut. Das kann schwerwiegende Folgen haben:

  • Der Blutstau lässt den Druck im Gehirn ansteigen, wodurch Hirnarterien „zusammengepresst“ werden. Diese versorgen die nachgeschalteten Hirnareale nicht mehr ausreichend mit frischem, sauerstoffreichem Blut. Dann droht ein sogenannter ischämischer Schlaganfall (Schlaganfall durch Minderdurchblutung).
  • Außerdem kann durch den Blutstau und den entstehenden Druckanstieg Flüssigkeit aus den Gefäßen in das umliegende Gewebe übertreten. Das zieht eine Hirnschwellung (Hirnödem) nach sich.
  • Durch das angestaute Blut kann es auch zu einer Blutung (Stauungsblutung) kommen. Das liegt daran, dass der Blutstau das Blut aus den kleinsten venösen Gefäßen presst.

Häufigkeit

Angaben zur Häufigkeit von Hirnvenenthrombosen beziehungsweise Sinusvenenthrombosen variieren. Beispielsweise kamen Untersuchungen an verstorbenen Patientinnen und Patienten zu schätzungsweise drei bis vier Fällen von zerebralen Sinus- und Venenthrombosen pro Million Einwohnern und Jahr. Dagegen ergaben klinische Untersuchungen zehnfach höhere Fallzahlen. Unabhängig von den genauen Zahlen gilt: Hirnvenenthrombosen beziehungsweise Sinusvenenthrombosen sind seltene Ereignisse. Ein gehäuftes Vorkommen beobachtet man unter Kindern, jungen Erwachsenen, Frauen im fruchtbaren Alter sowie in Ländern mit geringem Einkommen. Ein Schlaganfall infolge einer Hirnvenenthrombose beziehungsweise Sinusvenenthrombose ist eine seltene Sonderform der Erkrankung - er macht nur etwa 0,5 bis ein Prozent aller Schlaganfälle aus. Weitaus häufiger (mit ca. 80 Prozent) ist der klassische ischämische Schlaganfall, der auf dem gerinnselbedingten Verschluss einer Hirnarterie beruht. Am zweithäufigsten sind Schlaganfälle durch Hirnblutung.

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Symptome einer Hirnvenenthrombose

Die Symptome bei einer Hirnvenenthrombose stellen sich meist schleichend ein. Dazu gehören beispielsweise:

  • Kopfschmerzen variabler Stärke oder Region (häufigstes Symptom)
  • Epileptische Anfälle (Krampfanfälle)
  • Neurologische Ausfälle je nach Ort der Thrombose, z.B. motorische Störungen (wie Hemiparese, also Halbseitenlähmung, oder Monoparese, also Schwäche/Lähmung in einer Extremität oder einem Extremitätenteil), Sprachstörung (Aphasie)
  • Sehstörung, Stauungspapille (Schwellung der Papille, das ist die Stelle am Augenhintergrund, wo der Sehnerv entspringt)
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Bewusstseinsstörungen

Das Beschwerdebild einer Hirnvenenthrombose beziehungsweise Sinusvenenthrombose fällt sehr unterschiedlich aus. Das betrifft nicht nur die Art, sondern auch die Stärke der Symptome. Wenn Sie solche Beschwerden bei sich selbst oder einer anderen Person bemerken, suchen Sie umgehend einen Arzt oder eine Klinik auf. Der Zustand kann lebensbedrohlich sein! Oftmals ist starker Kopfschmerz ein häufiges Anzeichen. Generalisierte und/oder fokale epileptische Anfälle sind mit ca. Umschriebene neurologische Symptome sind meist die Folge eines lokalen Ödems, eines venösen Stauungsinfarkts oder einer Einblutung. Hierzu gehören vor allem Lähmungen, zentrale Gefühlsstörungen, Störungen der Sprache oder des Gesichtsfelds. Meist besteht ein schleichender Beginn mit langsam über Tage zunehmenden Kopfschmerzen. Letztendlich ist das Ausmaß weiterer Symptome und auch der Folgebehinderung an das Vorliegen von Komplikationen wie Stauungsischämien, Stauungsblutungen und des Hirnödems gebunden.

Prof. Steinbrecher: Mechanisch betrachtet führt die Thrombose zu einer Abflussstörung des Blutes - das Blut kann demnach nicht mehr richtig aus dem Schädelinneren abfließen. Dieser erhöhte Hirndruck führt zu Kopfschmerzen, die das häufigste Erstsymptom sind. Ein anderes häufiges Symptom sind epileptische Anfälle. Durch den Stau des Blutes kann es zu Blutungen im Gehirn kommen. Diese können dann, wie andere Hirnblutungen auch, zu neurologischen Ausfällen wie Lähmungen, Gefühlsstörungen oder Sehstörungen führen.

Bei Gesunden bilden sich nur sehr selten Gerinnsel in den Blutgefäßen. Bestimmte Erkrankungen, Verhaltensweisen und erbliche Veranlagungen können aber das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen. Dazu gehören zum Beispiel Rauchen, Bluthochdruck, ein erhöhter Cholesterinspiegel und Vorhofflimmern.Wenn typische Schlaganfall-Symptome auftreten, die nach einigen Stunden von selbst wieder verschwinden, kann es sich um eine transitorische ischämische Attacke handeln (TIA). Dabei bildet sich ein Blutgerinnsel, das sich aber von allein wieder auflöst, bevor das Gehirn stärker geschädigt wurde.

Ursachen und Risikofaktoren einer Hirnvenenthrombose

Man unterscheidet zwei Hauptgruppen von Hirnvenenthrombose beziehungsweise Sinusvenenthrombose - je nach der zugrundeliegenden Ursache:

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Aseptische (blande) Hirnvenenthrombose

Meistens wird eine Hirnvenenthrombose (Sinusvenenthrombose) nicht durch eine Infektion verursacht. Ärzte bezeichnen sie dann als aseptisch oder bland. In den meisten Fällen spielen bei der Krankheitsentstehung hormonelle Faktoren ursächlich oder begünstigend eine Rolle: So sind oft Frauen betroffen, die hormonelle Verhütungsmittel („Pille“) einnehmen, schwanger oder im Wochenbett sind. Auch diejenigen, die aufgrund von Wechseljahresbeschwerden eine orale Hormonersatztherapie erhalten, erkranken häufiger als Frauen, die sich für eine transdermale Behandlung entscheiden. Besonders riskant ist die Anwendung von oral eingenommenen Hormonpräparaten in Kombination mit Rauchen und/oder Übergewicht. Häufiger tritt eine aseptische Sinus- bzw. Hirnvenenthrombose auch bei angeborener oder erworbener Neigung zur Blutgerinnselbildung (Thrombophilie) auf. Davon betroffen sind zum Beispiel Patientinnen und Patienten mit der Erbkrankheit Faktor-V-Leiden (APC-Resistenz). Manchmal tragen Blut-Erkrankungen (hämatologische Erkrankungen wie Sichelzellanämie und Polycythaemia vera) oder bösartige Gewebsneubildungen (Malignome) zu einer aseptischen Sinus- bzw. Hirnvenenthrombose bei. Außerdem begünstigen Gefäßentzündungen (Vaskulitiden) sowie Autoimmunerkrankungen die Thrombosebildung. So verursachen sie im Gehirn einen venösen Blutstau. Bei etwa einem Viertel der Betroffenen lässt sich kein Grund für eine aseptische Sinus- oder Hirnvenenthrombose finden. Das bezeichnet man als idiopathisch. Ganz selten treten Sinus- beziehungsweise Hirnvenenthrombosen nach einer Corona-Impfung auf.

Septische Hirnvenenthrombose

Eine septische (infektiöse) Hirnvenenthrombose oder Sinusvenenthrombose wird, wie der Name sagt, durch eine Infektion ausgelöst. Manchmal ist eine lokale Infektion im Kopfbereich die Ursache, zum Beispiel:

  • Mittelohrentzündung (Otitis media)
  • Mandelentzündung (Tonsillitis)
  • Entzündung des Warzenfortsatzes des Schläfenbeins (Mastoiditis)
  • Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis)
  • Entzündung der Mundschleimhaut (Stomatitis)
  • Entzündung und/oder Abszess im Bereich des Kiefers und der Zähne
  • Hirnabszess
  • Hirnhautentzündung (Meningitis)

Daneben verursachen auch systemische Infektionen, die den ganzen Körper betreffen, eine Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose, zum Beispiel:

  • „Blutvergiftung“ (Sepsis)
  • Herzinnenhautentzündung (Endokarditis)
  • Typhus
  • Tuberkulose
  • Malaria
  • Masern
  • Infektionsbedingte Leberentzündung (Hepatitis)
  • Infektionen mit Herpes-simplex-Viren
  • Zytomegalie
  • Covid-19
  • Aspergillose (Pilzerkrankung)
  • Trichinose (Wurmerkrankung)
  • Offenes Schädel-Hirn-Trauma

Hormone spielen eine große Rolle. So sind das weibliche Geschlecht sowie Schwangerschaft und Wochenbett wichtige Faktoren. Prof. Steinbrecher: Sinusvenenthrombosen sind eine eher seltene Hirngefäßerkrankung. Frauen erkranken häufiger, was vermutlich hormonelle Gründe hat. Sicher ist, dass die Einnahme der Pille das Risiko erhöht. In Kombination mit dem Rauchen wird das Risiko zusätzlich erhöht. Die aseptische zerebrale Sinus-/Venenthrombose hat unterschiedlichste Risikofaktoren:Rauchen, Weibliches Geschlecht, Hormonelle Empfängnisverhütung, „Pille” (bis zu 13-fach erhöhtes Risiko), Schwangerschaft (besonders letztes Schwangerschaftsdrittel und Wochenbett), Genetische Erkrankungen der Blutgerinnung wie z. B. Faktor-V-Leiden-Mutation, Hormonersatztherapie in den Wechseljahren, Krebserkrankungen, Tumor des Gehirns, der Hirnhäute, der Hirnnerven oder der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), Sichelzellanämie und andere Erkrankungen des blutbildenden Systems. In mindestens 10 % der Fälle lässt sich keine Ursache finden.

Hirnvenenthrombose als Impfnebenwirkung

In sehr seltenen Fällen tritt eine Hirnvenenthrombose beziehungsweise Sinusvenenthrombose als Nebenwirkung der Impfung gegen das Coronavirus auf. Entsprechende Meldungen gibt es hauptsächlich zum Impfstoff von AstraZeneca. In manchen Ländern gibt es auch vereinzelte Berichte zu dem Impfstoff von Janssen (Johnson & Johnson). In beiden Fällen handelt es sich um einen sogenannten Vektorimpfstoff. Untersuchungen zufolge entwickelt sich bei einzelnen Betroffenen nach der Verabreichung eines dieser Impfstoffe ein sogenanntes Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS). Das sind Thrombosen in Kombination mit einem Blutplättchenmangel: Der Körper bildet vermehrt spezielle Antikörper, die an den Blutplättchen (Thrombozyten) andocken. Diese werden dadurch aktiviert und verklumpen miteinander. Diese „Klumpen“ können dann die feinen Gefäße verstopfen - zum Beispiel die Hirnvenen. Bei dieser Reaktion handelt es sich um eine sogenannte „Vakzin-induzierte prothrombotische Immunthrombozytopenie“ (VIPIT). Sie heißt in Fachkreisen auch VITT (impfstoffinduzierte immunthrombotische Thrombozytopenie). Der Zusammenhang zwischen den Vektorimpfstoffen und der beschriebenen immuninduzierten thrombotischen Thrombozytopenie ist inzwischen nachgewiesen. Trotzdem handelt es sich hierbei um eine extrem seltene Komplikation der Impfung, die weniger als einmal pro 10.000 Menschen vorkommt, die mit einem Vektor-Impfstoff behandelt wurden. Die Sinusvenenthrombose und die Hirnvenenthrombose konnte man nur als Nebenwirkung von Vektor-Impfstoffen beobachten. Bei den anderen Arten von Impfstoffen (z.B. mRNA-Impfstoffe und proteinbasierte Impfstoffe) ist diese Nebenwirkung nicht beschrieben. Das Risiko einer Sinus-/Hirnvenenthrombose ist bei einer Coronavirus-Erkrankung (COVID-19) höher als nach einer Corona-Impfung. Das ergab eine Studie der Universität Oxford. Seit Corona und der Impfkampagne sind assoziierte Schlaganfälle und Hirnvenenthrombosen viel diskutierte „Angstthemen“.

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Diagnose einer Hirnvenenthrombose

Die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) kann wertvolle Hinweise darauf geben, wodurch Beschwerden wie starke Kopfschmerzen und motorische Schwäche verursacht werden. Kann der Patient wegen Bewusstseinsstörungen keine Auskunft geben, fragt der Arzt nach Möglichkeit die Angehörigen nach den notwendigen Informationen. Wichtige Fragen sind zum Beispiel:

  • Seit wann haben Sie Beschwerden?
  • Welche Beschwerden sind das genau?
  • Leiden Sie an Vorerkrankungen?
  • Besteht derzeit eine Infektion, zum Beispiel mit Bakterien, Viren oder Parasiten?
  • Hatten Sie vor Kurzem einen Infekt, etwa einen Schnupfen, eine Mittelohr- oder Nasennebenhöhlenentzündung?
  • Wurden Sie vor Kurzem gegen das Coronavirus geimpft?

Bei Anzeichen einer Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose muss schnellstens eine bildgebende Untersuchung des Schädels erfolgen!

Computer- bzw. Computertomografie (CT)

Die Computertomografie (CT) des Schädels mit Hilfe von Kontrastmittel zeigt mögliche Thrombosen im Gehirn. Bei der Untersuchung dreht sich eine Röntgenröhre um den ruhig liegenden Patienten. Mithilfe der Röntgenstrahlen werden detaillierte Schnittbilder des Schädels erstellt. Die Hirngefäße sind besonders deutlich sichtbar, wenn vor der Untersuchung ein Kontrastmittel in eine Vene gespritzt wird. Auf diese Weise kann man gut erkennen, ob eine Thrombose eine Hirnvene und/oder einen Hirnsinus ganz oder teilweise verschließt.

Magnetresonanztomografie (MRT)

Bei einer Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie) des Schädels mit Kontrastmittelgabe werden die Blutgefäße im Gehirn und mögliche Verschlüsse ebenfalls gut sichtbar. Der Patient wird beim MRT auf einer Liege in das röhrenförmige MRT-Gerät gefahren und muss dort möglichst still liegen. Der Computer erstellt dann präzise Aufnahmen des Kopfes. Das macht er nicht mithilfe von Röntgenstrahlen, sondern mit Magnetfeldern und Radiowellen. Anders als bei der Computertomografie ist der Patient bei der MRT also keiner Strahlenbelastung ausgesetzt. Deshalb klären Ärzte den Verdacht auf eine Hirnvenen- beziehungsweise Sinusvenenthrombose vor allem bei jüngeren Patienten und bei schwangeren Frauen lieber mittels MRT ab.

Bildgebende Diagnostik der Wahl ist die Magnetresonanztomographie (MRT) mit zusätzlicher Angiographie (MRA). MRT und CT sind gleichwertig. Eine MRT kommt ohne Strahlenbelastung aus. Sie wird oft bevorzugt eingesetzt in der Schwangerschaft und bei jüngeren Patient*innen. Die Beschwerden der betroffenen Person werden festgestellt. Es wird geklärt, ob die Person von einer Grunderkrankung betroffen ist und welche Medikamente sie einnimmt. In der Regel werden Puls, Blutdruck und Atemfrequenz gemessen. Die betroffene Person wird neurologisch untersucht. Auch eine Untersuchung der Augen kann sinnvoll sein.

D-Dimere

D-Dimere sind Spaltprodukte von Fibrin, einem Eiweiß der Blutgerinnung. Sie entstehen, wenn sich ein Blutgerinnsel auflöst. Den Blutwert der D-Dimere bestimmen Mediziner vor allem bei Verdacht auf einen gerinnselbedingten Gefäßverschluss (Thrombose, Embolie). Hauptsächlich ist das bei einer möglichen Beinvenenthrombose oder Lungenembolie der Fall. Der Stellenwert der D-Dimere bei der Diagnose einer Hirnvenenthrombose beziehungsweise Sinusvenenthrombose ist allerdings umstritten. Dieser Blutwert reicht daher nicht aus, um eine solche venöse Thrombose im Gehirn ohne zerebrale Bildgebung sicher nachzuweisen oder auszuschließen. Der D-Dimer-Test kann höchstens die Diagnose unterstützen - unter Berücksichtigung des erwähnten unklaren Stellenwerts. Bei Verdacht auf SVT kann ein Bluttest auf den Thrombosemarker „D-Dimere“ erfolgen. Dieser Test ist in der Regel sehr zuverlässig, ersetzt die Bildgebung aber nicht und kann falsch negativ sein, z. B. bei langen Verläufen und bei geringen Symptomen, sowie falsch positiv, z. B. Digitale Subtraktionsangiografie (DSA; in Einzelfällen): Dabei werden Aufnahmen mit und ohne Kontrastmittel erstellt.

Weitere Untersuchungen bei Spezialist*innen

Zusätzliche Untersuchungen sind beispielsweise in diesen Fällen sinnvoll:

  • Bei Verdacht auf eine septische Sinus- oder Venenthrombose
  • Bei unklarer Thromboembolie (verlegtes Gefäß durch einen eingeschwemmten Thrombus)
  • Bei unbekannter Ursache
  • Bei epileptischen Anfällen

Mögliche Maßnahmen sind z. B. Untersuchungen von Blut und Hirnwasser, Ultraschall-, CT- und Röntgenuntersuchungen sowie eine Messung der Hirnströme (EEG).

Therapie einer Hirnvenenthrombose

Die Akut-Behandlung der Sinus- beziehungsweise Hirnvenenthrombose erfolgt am besten auf einer sogenannten Stroke Unit. Das ist eine auf die Behandlung von Schlaganfall spezialisierte Abteilung in einem Krankenhaus. Dort überwacht das medizinische Personal die Vitalzeichen (z.B. Puls, Sauerstoffsättigung im Blut) der Patientinnen und Patienten engmaschig per Monitor. So sehen die behandelnden Ärzte rechtzeitig, wenn sich der Zustand eines Betroffenen verschlechtert oder Komplikationen auftreten. Sie können dann schneller reagieren. Spätestens bei Anzeichen für einen erhöhten Hirndruck (z.B. starke Kopfschmerzen, Nüchtern-Erbrechen, Hirnnervenstörungen, verlangsamter Herzschlag) sollten Betroffene in ein Zentrum mit interventioneller Neuroradiologie und Neurochirurgie verlegt werden. Die interventionelle Neuroradiologie ist ein Teilgebiet der Radiologie. Dabei führen Ärzte gezielte Eingriffe am Nervensystem im Rahmen radiologischer Bildgebungsverfahren wie MRT durch. Zumindest am Anfang sollten alle Patienten auf einer Stroke Unit, Überwachungsstation oder ggf.

Medikamentöse Gerinnungshemmung (Antikoagulation)

Bei einer Hirnvenenthrombose bzw. Sinusvenenthrombose verabreichen Ärzte gerinnungshemmende Medikamente. Diese verhindern, dass ein Blutgerinnsel immer weiter wächst und sich neue Gerinnsel bilden.

Heparin

In der Akutphase einer Thrombose geben Ärzte zur Antikoagulation Heparin - auch wenn gleichzeitig eine Hirnblutung vorliegt. Dafür verwendet man bevorzugt niedermolekulares (fraktioniertes) Heparin (NMH). Es gibt nämlich Hinweise auf eine bessere Wirksamkeit. Therapie der Wahl bei der SVT ist die umgehende Antikoagulation (Blutgerinnungshemmung) mit Heparinen nach Diagnosesicherung. Medikamente:Die betroffene Person erhält sofort gerinnungshemmende Medikamente. Zur Akutbehandlung dient meist niedermolekulares Heparin (NMH).

Vitamin-K-Antagonisten

Auf die Akutbehandlung folgt die Erhaltungstherapie mit Tabletten, die die Blutgerinnung hemmen. Die Erhaltungstherapie dauert meist 3-12 Monate. Personen mit einem erhöhten Risiko für erneute Thrombosen müssen teils lebenslang behandelt werden. In der klinischen Praxis werden mittlerweile auch direkte orale Antikoagulanzien im individuellen Heilversuch bzw. als sog. Bei einer SVT in der Schwangerschaft eignet sich am besten die Behandlung mit niedermolekularen Heparinen. Eine Spontangeburt wird nicht empfohlen. Die Pausierung der Therapie zur Sectio sollte eng mit den behandelnden Geburtsmedizinern abgesprochen werden. Die Dauer richtet sich nach dem mutmaßlichen Wiederholungsrisiko und beträgt mindestens 3 Monate, in der Regel eher 6 Monate, und kann unter Umständen lebenslang empfohlen werden, wenn eine Gerinnungsstörung mit hohem Thromboserisiko vorliegt.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

  • Operation zur Ausräumung des Infektionsherdes (mit gleichzeitiger Antibiotikatherapie)
  • Entfernung des Thrombus durch das Blutgefäß (endovaskuläre Thrombektomie)
  • Offene Operation (bei erhöhtem Hirndruck müssen ggf. Teile des Schädelknochens entfernt werden)

Bei den seltenen infektös bedingten SVTs ist eine antibiotische Therapie notwendig und wenn möglich eine operative Sanierung eines Infektfokus. Bei komplizierten und schweren Verläufen kann in spezialisierten Zentren z. B. eine katheterbasierte Rekanalisation des thrombosierten Gefäßes versucht werden oder eine operative Entlastung des Hirndrucks notwendig werden.

Behandlung bei epileptischen Anfällen

Nach einem epileptischen Anfall kann eine Behandlung gegen weitere Anfälle sinnvoll sein. Sie sollte meist 3-6 Monate dauern. Bei einem hohen Risiko kann sie bis zu 1 Jahr oder länger dauern.

Rehabilitation

Wenn es zu einem Schlaganfall gekommen ist, so kann zunächst in jedem Fall auf eine völlige Wiederherstellung. Die Rehabilitation dient der Wiederherstellung der durch die Schädigung des Gehirngewebes beeinträchtigten Funktionen.

Vorbeugung

  • Verzicht auf hormonelle Empfängnisverhütung: Wenn Frauen bereits eine Sinus- oder Venenthrombose erlitten haben, die im Zusammenhang mit Hormonpräparaten oder einer Schwangerschaft stand, sollten sie auf Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Empfängnisverhütung verzichten.
  • Schwangerschaft: Der Einfluss von Schwangerschaften auf das Risiko ist unklar. Das Risiko ist gering, wenn keine zusätzlichen Risikofaktoren vorliegen. Bei Frauen mit Risikofaktoren oder einer vorhergehenden Thrombose kann eine Vorbeugung mit niedermolekularem Heparin (NMH) während der Schwangerschaft sinnvoll sein. Sie sollte mindestens 6 Wochen nach der Geburt fortgeführt werden.
  • Risikosituationen: Für Personen mit einem hohen Risiko aufgrund einer Grunderkrankungen oder vorhergehenden Thrombosen wird in Risikosituationen (z. B. lange Reisen, Krankheit mit langem Liegen, bestimmte Operationen …) eine Vorbeugung mit Medikamenten empfohlen.

Eine weitere Reduktion der genannten Risikofaktoren ist sinnvoll. Für Frauen im gebärfähigen Alter unter therapeutischer Antikoagulation ist eine Verhütung für die Dauer der Therapie zwingend erforderlich.

Prof. Steinbrecher: Eine Vorsorgeuntersuchung gibt es nicht. Sie ist aufgrund der Seltenheit der Erkrankung nicht erforderlich. Ein Warnsymptom sind zum Beispiel starke Kopfschmerzen bei Menschen die sonst keine Kopfschmerzen haben. Diese verschwinden nach einigen Tagen nicht einfach wieder. Anhaltende Kopfschmerzen können unterschiedliche Ursachen haben, die nicht immer gefährlich sind. Es sollte jedoch untersucht werden.

Prognose

Die Erkrankung kann akut bis chronisch verlaufen. Mögliche Komplikationen sind Blutungen innerhalb des Schädels, Schlaganfälle und erneute Thrombosen. Bei den meisten Personen öffnet sich die verschlossene Stelle wieder ganz oder teilweise (Rekanalisation). Es besteht aber oft kein Zusammenhang mit den Beschwerden, da diese mehr durch die Blutung, die Blutversorgung oder Hirndruck ausgelöst werden. Insgesamt ist die Prognose gut. Mehr als 75 % der Patient*innen erholen sich (nahezu) vollständig. In etwa 15 % der Fälle führt die Thrombose zu Pflegebedürftigkeit oder verläuft tödlich. Im ersten Jahr nach der Thrombose beträgt die Wahrscheinlichkeit für erneute Thrombosen etwa 2,5 %. Danach ist sie geringer. Einige Dinge wirken sich ungünstig aus. Dazu gehört ein hohes Alter, aber auch Infektionen von Hirn und Rückenmark sowie Thrombosen in tiefen Venen. Männer haben eher schlechtere Prognosen als Frauen. Die Weiterbehandlung und Verlaufskontrollen finden in der Regel ambulant statt. In manchen Fällen ist eine weitere Abklärung sinnvoll, z. B. auf Thrombophilie (Thromboseneigung). Die SVT ist eine akute Erkrankung und keine chronische, d. h. Die Prognose der SVT ist generell gut; ca. drei Viertel der Patienten werden wieder nahezu oder komplett beschwerdefrei. Einen intensivpflichtigen Verlauf erleiden nur max. 10-20 % aller SVT-Patienten und die Langzeit-Sterberate liegt bei maximal 10 %. Selbst schwerwiegende initiale neurologische Defizite können sich erstaunlich gut zurückbilden. Wird eine solche Thrombose diagnostiziert, muss ähnlich wie bei einer tiefen Beinvenenthrombose eine Blutverdünnung (Antikoagulation) durchgeführt werden. Darüber hinaus wird bezweckt, dass die körpereigenen Mechanismen zur Auflösung von Blutgerinnseln (Fibrinolyse) den Thrombus langsam wieder auflösen können. In den meisten Fällen lassen sich Sinusvenenthrombosen erfolgreich behandeln, häufig mit vollständiger Wiederherstellung.

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