Eine Hirnblutung, medizinisch als intrakranielle Blutung bezeichnet, ist ein ernster medizinischer Notfall, der sofortiger Behandlung bedarf. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte von Hirnblutungen, einschließlich Definition, Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Einführung
Als Hirnblutung werden alle Blutungen innerhalb des Schädels (intrakraniell) bezeichnet. Sie können im Gehirngewebe selbst (intrazerebrale Blutung) oder in den Hirnhäuten (extrazerebrale Blutung) auftreten. Je nach Lokalisation und Ursache variieren die Symptome, die Diagnosemethoden und die Behandlungsansätze.
Arten von Hirnblutungen
Hirnblutungen werden hauptsächlich in zwei Kategorien unterteilt: intrazerebrale und extrazerebrale Blutungen.
Intrazerebrale Blutung (ICB)
Die intrazerebrale Blutung (ICB) tritt direkt im Gehirnparenchym auf. Je nach Ausmaß kann sie erhebliche Schäden am funktionsfähigen Hirngewebe verursachen.
Ursachen intrazerebraler Blutungen
Intrazerebrale Blutungen können spontan auftreten oder sekundär als Folge anderer Erkrankungen entstehen. Man unterscheidet zwischen kryptogenen spontanen Blutungen (Ursache wahrscheinlich, aber nicht nachweisbar) und idiopathischen spontanen Blutungen (kein pathophysiologisches Konzept zur Erklärung).
Lesen Sie auch: Detaillierte Informationen zur Hirnstammblutung
Häufige sekundäre Ursachen sind:
- Arterielle Hypertonie: Bluthochdruck ist eine der Hauptursachen für intrazerebrale Blutungen, insbesondere bei Menschen zwischen 40 und 70 Jahren.
- Erkrankungen der Arterien und Arteriolen: Genetisch bedingte und erworbene Gefäßerkrankungen.
- Zerebrale Amyloidangiopathie: Ablagerung von Amyloid in den Wänden der Hirngefäße.
- Zerebrales Aneurysma: Aussackung in einer Hirnarterie.
- Moya-Moya-Erkrankung: Progressive Verengung der Hirnarterien an der Hirnbasis.
- Vaskulitiden: Entzündungen der Blutgefäße.
- Reversibles Vasokonstriktionssyndrom: Vorübergehende Verengung der Hirngefäße.
- Venöse Erkrankungen: Venen- oder Sinusthrombose.
- Gefäßmalformationen: Arteriovenöse Malformationen, durale arteriovenöse Fisteln, zerebrale kavernöse Malformationen.
- Tumoren, Ischämie: Blutungen in Tumoren oder nach einem ischämischen Schlaganfall.
- Blutgerinnungsstörungen: Auch iatrogen, z.B. durch Vitamin-K-Antagonisten.
- Hämatologische Erkrankungen: Erkrankungen des Blutes.
- Intrazerebrale Blutungen im Kontext anderer Erkrankungen: Infektiöse Endokarditis.
- Intoxikation: Vergiftung.
Extrazerebrale Blutung (ECB)
Extrazerebrale Blutungen betreffen die Hirnhäute (Meningen), die das Gehirn umgeben. Je nach Lokalisation unterscheidet man:
- Epiduralhämatom: Zwischen Schädelknochen und Dura mater.
- Subduralhämatom: Zwischen Dura mater und Arachnoidea.
- Subarachnoidalblutung (SAB): Im Subarachnoidalraum unter der Arachnoidea.
Ursachen extrazerebraler Blutungen
- Subarachnoidalblutung (SAB):
- Traumatisch: Infolge von Schädel-Hirn-Traumata.
- Atraumatisch: Oft durch Ruptur eines Aneurysmas, seltener durch arteriovenöse Malformationen oder andere Gefäßerkrankungen.
- Subduralhämatom (SDH):
- Meist Folge einer Ruptur von Brückenvenen, die die oberflächlichen Hirnvenen mit dem Sinus durae matris verbinden.
- Kann durch Unfälle oder spontan, insbesondere bei Antikoagulation, entstehen.
- Epiduralhämatom (EDH):
- Nahezu immer traumatisch bedingt, meist durch Ruptur der Arteria meningea media nach äußerer Gewalteinwirkung.
Risikofaktoren für Hirnblutungen
Mehrere Faktoren können das Risiko einer Hirnblutung erhöhen:
- Bluthochdruck (arterielle Hypertonie): Der häufigste Risikofaktor, kann bis zu 80% der intrazerebralen Blutungen verursachen.
- Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer: Medikamente wie Phenprocoumon, Warfarin, Clopidogrel und Acetylsalicylsäure erhöhen das Blutungsrisiko.
- Fibrinolytika und Heparine: Steigern ebenfalls das Risiko einer ICB.
- Nikotin- und Alkoholabusus: Erhöhen das Risiko für Subarachnoidalblutungen.
- Alter: Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter.
- Genetische Faktoren: Familiäre Vorbelastung mit Aneurysmen.
- Schädel-Hirn-Trauma: Kann zu epiduralen und subduralen Hämatomen führen.
Pathogenese von Hirnblutungen
Die Pathogenese beschreibt die Entstehung und Entwicklung einer Krankheit. Im Falle von Hirnblutungen sind verschiedene Mechanismen beteiligt.
Pathogenese intrazerebraler Blutungen
Intrazerebrale Blutungen entstehen meist durch die Ruptur kleiner Arterien, insbesondere der Arteriae centrales anterolaterales. Diese Rhexisblutung schädigt das Hirngewebe direkt und beeinträchtigt die Blut-Hirn-Schranke, was zur Entstehung eines perifokalen Hirnödems und erhöhtem Hirndruck führt.
Lesen Sie auch: Was tun bei einer Hirnblutung nach einem Sturz?
Pathogenese Subarachnoidalblutung
Eine SAB entsteht meist durch die Ruptur eines Aneurysmas der Hirnbasisarterien, insbesondere im Circulus arteriosus Willisii. Das austretende Blut reizt die Hirngefäße und Hirnhäute, kann das Ventrikelsystem beeinflussen und zu einem Hydrozephalus führen.
Pathogenese Subduralhämatom
Nach der Ruptur einer Vene zwischen Dura mater und Arachnoidea kommt es zur Einblutung zwischen Dura mater und Gehirn. Der steigende Druck im Subduralraum schädigt und verdrängt das Hirngewebe.
Pathogenese Epiduralhämatom
Nach einer traumatischen Schädelkalottenfraktur wird meist die Arteria meningea media verletzt. Die Einblutung breitet sich meist im Temporallappen aus.
Symptome von Hirnblutungen
Die Symptome variieren je nach Lokalisation und Größe des Hämatoms. Häufige Symptome sind:
- Verminderte Vigilanz (Wachheit)
- Kopfschmerzen (plötzlich und heftig)
- Paresen (Teillähmungen)
- Hemiplegien (Halbseitenlähmungen)
- Neurologische Defizite
Da Hirnblutungen häufig die Ursache von hämorrhagischen Schlaganfällen sind, können die Symptome denen eines Schlaganfalls ähneln.
Lesen Sie auch: Symptome und Diagnose epiduraler Blutungen
Symptome intrazerebraler Blutungen
- Plötzliche, heftige Kopfschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Krampfanfälle (fokal oder generalisiert)
- Bewusstseinsverlust
- Kontralaterale Hemiparesen (Lähmungen auf der gegenüberliegenden Körperseite)
- Konjugierte Blickdeviation (Abweichung der Augen zur Seite der Läsion)
- Ophthalmoplegie (Augenmuskellähmung)
- Homonyme Hemianopsie (Gesichtsfeldausfall)
- Aphasie (Sprachstörung)
Je nach betroffener Hirnregion können weitere spezifische Symptome auftreten.
Symptome Subarachnoidalblutung
- Plötzliche, sehr starke Kopfschmerzen ("Vernichtungskopfschmerz")
- Bewusstseinstrübung oder -verlust
- Meningismus (Nackensteifigkeit)
- Fokale neurologische Ausfälle
- Vegetative Störungen
- Hydrozephalus
Symptome Subduralhämatom
- Akutes SDH: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Vigilanzminderung, ipsilaterale Mydriasis (Pupillenerweiterung auf der gleichen Seite), kontralaterale Hemiparese.
- Chronisches SDH: Uncharakteristische Symptome wie Druckgefühl im Kopf, Schwindel, psychomotorische Einschränkungen, Konzentrationsschwäche, Orientierungsverlust, Lähmungen, sensible Störungen, Krampfanfälle.
Symptome Epiduralhämatom
- Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Unruhe
- Latenzintervall (symptomfreies Intervall) nach initialer Bewusstlosigkeit
- Erneuter Bewusstseinsverlust
- Anisokorie (ungleiche Pupillengröße) infolge ipsilateraler Mydriasis
- Kontralaterale Fokaldefizite
Diagnose von Hirnblutungen
Die Diagnose basiert auf der Anamnese, dem klinischen Bild und dem neurologischen Status. Eine neuroradiologische Bildgebung ist unerlässlich, um die Diagnose zu bestätigen und die Lokalisation und Größe der Blutung zu bestimmen.
- Computertomographie (CT): Standardverfahren in der Akutphase, da es schnell verfügbar ist und Blutungen gut darstellen kann.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Kann in der Akutphase diagnostisch gleichwertig sein, wird aber aufgrund der längeren Untersuchungsdauer und eingeschränkten Patientenüberwachung nicht immer bevorzugt.
- Digitale Subtraktionsangiographie (DSA): Zur Darstellung von Aneurysmen und anderen Gefäßanomalien.
Zusätzlich zur Bildgebung wird eine laborchemische Blutanalyse durchgeführt, um Gerinnungsstatus und andere relevante Parameter zu bestimmen.
Therapie von Hirnblutungen
Die Therapie ist ein Notfall und erfordert eine multidisziplinäre Versorgung. Ziel ist es, die Blutung zu stoppen, den Hirndruck zu senken und Folgeschäden zu minimieren.
Die Behandlung kann konservativ oder operativ erfolgen, abhängig von der Art, Größe und Lokalisation der Blutung sowie dem Zustand des Patienten.
- Konservative Therapie:
- Überwachung auf der Intensivstation
- Blutdruckmanagement
- Senkung des Hirndrucks (z.B. durch Mannitol)
- Behandlung von Komplikationen (z.B. Krampfanfälle)
- Operative Therapie:
- Kraniotomie: Öffnung des Schädels zur Entfernung des Hämatoms und Stillung der Blutung.
- Kathetergestützte Verfahren: Bei Aneurysmen können diese durch Coiling (Einbringen von Platinspiralen) oder Clipping (Abklemmen mit einem Clip) behandelt werden.
Rehabilitation nach Hirnblutung
Nach der Akutbehandlung ist eine umfassende Rehabilitation wichtig, um verlorene Fähigkeiten wiederzuerlangen und die Lebensqualität zu verbessern. Die Rehabilitation kann folgende Bereiche umfassen:
- Physiotherapie: Verbesserung der Motorik, Koordination und des Gleichgewichts.
- Ergotherapie: Wiederherstellung der Selbstständigkeit im Alltag.
- Logopädie: Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen.
- Neuropsychologie: Behandlung von kognitiven Störungen (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, exekutive Funktionen).
- Psychosoziale Betreuung: Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung und der Anpassung an die neue Lebenssituation.
Prävention von Hirnblutungen
Einige Risikofaktoren für Hirnblutungen können beeinflusst werden:
- Blutdruckkontrolle: Regelmäßige Überprüfung und Behandlung von Bluthochdruck.
- Verzicht auf Nikotin und Alkohol: Reduziert das Risiko für Subarachnoidalblutungen.
- Vermeidung von Kopfverletzungen: Tragen von Schutzhelmen bei Risikosportarten.
- Sorgfältige Überwachung bei Antikoagulation: Regelmäßige Kontrolle der Gerinnungswerte.
tags: #blutung #im #gehirn #fachbegriff #definition